Prozess gegen den Fluchthelfer Schubert
17. Januar 1976
Information Nr. 50/76 über die im Zusammenhang mit dem Prozess gegen den kriminellen Menschenhändler und Geheimdienstagenten Schubert stehenden bzw. vorgesehenen Maßnahmen
In Übereinstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der DDR und dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten ist – basierend auf der zentralen Entscheidung – vorgesehen, ab 20. Januar 1976 vor dem 1. Strafsenat des Stadtgerichts von Groß-Berlin die Hauptverhandlung gegen den Geheimdienstagenten, den Leiter selbstständiger krimineller Menschenhändlerbanden und stellvertretenden Leiter der kriminellen Menschenhändlerbande »ARAMCO AG«,1 den ständigen Einwohner von Berlin (West), Schubert, Rainer, alias Robert K. Leitner; geboren am [Tag] 1946; Beruf: ohne, zuletzt professioneller Menschenhändler, wohnhaft in Berlin (West), Kurfürstendamm [Nr.], öffentlich durchzuführen.
Der sich seit dem 8. Januar 1975 in Untersuchungshaft befindende Schubert ist seit Herbst 1972 professioneller Menschenhändler, der aus seiner feindlichen Einstellung heraus hohe Aktivitäten zur Schädigung der DDR entwickelte. Als Leiter selbstständiger krimineller Menschenhändlerbanden und als Stellvertreter der kriminellen Menschenhändlerbande »ARAMCO AG« organisierte er fortgesetzt und im engen Zusammenwirken mit dem Bundesnachrichtendienst und dem Bundesamt für Verfassungsschutz sowie mit Duldung, Unterstützung und aktiver Förderung offizieller Behörden der BRD und Westberlins unter permanentem Missbrauch des Transitabkommens die Abwerbung und Ausschleusung von nachweislich mindestens 128 Bürgern der DDR sowie von zwei Bürgern der ČSSR. Darunter befinden sich 30 Hoch- und Fachschulkader aus dem Bereich des Gesundheitswesens. Schubert stellte zur Durchführung der Verbrechen für sich und weitere mindestens 15 von ihm geworbene Bandenangehörige unrechtmäßig BRD-Reisepässe aus.
Durch Aussagen von Zeugen, durch als Beweismittel geeignete Dokumentationen und auf der Grundlage eigener Einlassungen kann im Prozess bewiesen werden, dass Schubert als Agent des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes der BRD sowie als professioneller Menschenhändler umfangreiche Straftaten gemäß
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§ 105 StGB (Staatsfeindlicher Menschenhandel) in Tateinheit mit § 101 StGB (Terror),
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§§ 104 und 110 StGB (Sabotage im schweren Fall),
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§ 97 StGB (Spionage),
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§ 213,1 StGB (Nichteinhaltung von Reisewegen),
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§ 240 StGB (Urkundenfälschung)
begangen hat.
Im Verlaufe des Prozesses gegen den Schubert kann überzeugend bewiesen werden:
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Die kriminelle Menschenhändlerbande »ARAMCO AG« ist ein von entspannungsfeindlichen Kräften der BRD und Berlin (West) in der Schweiz etabliertes feindliches Zentrum,
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die enge Verflechtung dieser Bande mit staatlichen Einrichtungen der BRD und Behörden in Berlin (West) sowie dem Bundesnachrichtendienst und dem Bundesamt für Verfassungsschutz der BRD und deren fortgesetzte aktive Duldung und Förderung des Transitmissbrauchs,
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die von bestimmten imperialistischen Massenmedien betriebene Glorifizierung der Bande und der damit verfolgten gezielten Störung der weiteren Normalisierung der Beziehungen und der Entspannungspolitik in Europa,2
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dass von der kriminellen Menschenhändlerbande fortgesetzt und intensiv die Abwerbung, Ausschleusung und Verschleppung von DDR-Bürgern unter permanentem Missbrauch des Transitabkommens und unter Anwendung umfangreicher krimineller und gemeingefährlicher Mittel und Methoden bis hin zum Einsatz von Schusswaffen betrieben werden.
Die Ergebnisse des Prozesses gegen Schubert werden – entsprechend dem damit verfolgten Ziel – geeignet sein,
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die völkerrechtswidrigen, kriminellen und geheimdienstlichen Praktiken der kriminellen Menschenhändlerbande »ARAMCO AG« und deren Duldung, Unterstützung und Förderung durch offizielle Behörden und Einrichtungen der BRD und des Senats von Berlin (West) weiter zu entlarven,
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die Wirksamkeit dieser kriminellen Menschenhändlerbande weiter einzuengen und zu helfen, die durch imperialistische Massenmedien bislang erfolgte Glorifizierung der verbrecherischen Aktivitäten dieser Bande bloßzustellen.
Es ist vorgesehen, den Prozess gegen Schubert vor dem Strafsenat I a des Stadtgerichtes von Groß-Berlin, Littenstraße, in der Zeit vom 20. Januar 1976 (Beginn 9.00 Uhr im Saal 385) bis 26. Januar 1976 durchzuführen.3 Den Vorsitz bei der Hauptverhandlung soll der amtierende Direktor des Stadtgerichtes von Groß-Berlin, Genosse Propst, führen. Als Vertreter der Anklage ist der Generalstaatsanwalt von Groß-Berlin, Genosse Dr. Simon, vorgesehen.
Nach Kenntnis des Ministeriums für Staatssicherheit ist durch den Generalstaatsanwalt der DDR die Hauptabteilung Konsularische Angelegenheiten im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten über das Stattfinden dieses Prozesses gegen Schubert in Kenntnis gesetzt worden. Durch die Hauptabteilung Konsularische Angelegenheiten wurde am 15. Januar 1976 – in der gleichen wie bisher üblichen Form – mittels Note die Ständige Vertretung der BRD in der DDR über das Stattfinden des Prozesses gegen Schubert in Kenntnis gesetzt.
Nach mehreren in der Zeit vom 12. bis 15. Januar 1976 erfolgten Vorabsprachen zwischen den für die Agitationsarbeit des Ministeriums für Staatssicherheit zuständigen Genossen und dem beauftragten Mitarbeiter des ZK der SED, Genossen Erwin Kellermann, wurde am 15. Januar 1976 der im Ergebnis dieser Abstimmung entstandene Vorschlag für die Durchführung publizistischer Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Prozess gegen den professionellen Menschenhändler Schubert an Genossen Erwin Kellermann mit der Bitte um Herbeiführung einer entsprechenden Entscheidung übergeben. Nach Auskunft des Genossen Erwin Kellermann vom 16. Januar 1976 wurde der Plan der publizistischen Maßnahmen vom Genossen Werner Lamberz gebilligt und bestätigt. Mit der Durchführung der publizistischen Maßnahmen wird das Ziel verfolgt, insbesondere in der Öffentlichkeit der BRD und Westberlins die verbrecherischen Praktiken der kriminellen Menschenhändlerbanden und den systematischen und geduldeten Missbrauch des Transitabkommens, die im Interesse entspannungsfeindlicher Kräfte liegen, erneut und nachdrücklich anzuprangern.
Für die Durchführung publizistischer Maßnahmen wird vorgeschlagen:
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Die Teilnahme von Vertretern der Publikationsorgane der DDR und der UdSSR – ADN, Neues Deutschland, TASS, Aktuelle Kamera/ Fernsehen der DDR, ADN-Zentralbild. Die Einladung dazu sollte durch die Abteilung Agitation des ZK der SED erfolgen.
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Die Einladung von Vertretern folgender Publikationsorgane der BRD, aus anderen nichtsozialistischen Staaten und aus Westberlin:
Korrespondenten der Nachrichtenagenturen:
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DPA – BRD
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Reuter – Großbritannien
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AFP – Frankreich
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AP – USA
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ANSA – Italien
Korrespondenten folgender Zeitungen:
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Frankfurter Rundschau – BRD
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Süddeutsche Zeitung – BRD
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Vorwärts – BRD
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UZ (Unsere Zeit) – BRD
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L’Humanité – Frankreich
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Unita – Italien
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Tagesspiegel – Westberlin
Nach unseren Kenntnissen ist der Leiter der Hauptabteilung Presse im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Genosse Wolfgang Meyer, vom Inhalt dieses Vorschlages informiert worden. Dementsprechend ist – soweit bekannt – vorgesehen, dass die Einladung dieser ausländischen Journalisten offiziell durch die Hauptabteilung Presse des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten erfolgt. Für die Betreuung dieser Journalisten wurde der Vorschlag des Einsatzes des Genossen Dr. Werner Claus, Sektorleiter BRD der Abteilung Journalistische Beziehungen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten unterbreitet. Hinsichtlich ausländischer Journalisten, die offiziell keine Einladung erhalten haben, sich jedoch im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden des Stattfindens dieses Prozesses noch um eine Teilnahme bemühen, wurde vorgeschlagen, dass diese Personen an die Hauptabteilung Presse des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten verwiesen und durch diese darauf aufmerksam gemacht werden sollten, dass ihre Teilnahme aus Platzgründen leider nicht mehr möglich ist.
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- 3.
An publizistischen Maßnahmen innerhalb der DDR sieht der Vorschlag vor,
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dass seitens der Nachrichtenagentur ADN am 1. Verhandlungstag (20.12.1976) eine Kurzmeldung mit wesentlichen Aussagen zur Anklageerhebung erarbeitet und darüber durch die Massenmedien der DDR berichtet wird.4 Analog sollte die Berichterstattung über den Abschluss des Prozesses mit der Urteilsverkündung erfolgen. Des Weiteren ist im Vorschlag vorgesehen, dass für das gesamte Ausland täglich ausführliche Meldungen über den Prozessverlauf erarbeitet und verbreitet werden sowie gleichlaufend durch ADN-Zentralbild Bildmaterial mit Fotos des Angeklagten während der Beweisaufnahme und der Urteilsverkündung,
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dass durch das Fernsehen der DDR am 1. Verhandlungstag die von ADN erarbeitete und verbreitete Nachricht in Verbindung mit einem kurzen Filmbeitrag gesendet wird. Gleichlautend ist im Vorschlag vorgesehen, dass – zum Zweck des Verkaufs an ausländische Fernsehanstalten – vom Fernsehen der DDR ausführliche Filmbeiträge (ohne Ton und kommentiert durch einen Sprecher der »Aktuellen Kamera«) fertiggestellt werden.
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- 4.
Eine weitere im Vorschlag enthaltene publizistische Maßnahme besteht darin, dass dafür Vorsorge getroffen wurde, um zielgerichtet und nach Prüfung individueller Wünsche der Pressevertreter zum geeigneten Zeitpunkt im Prozess verwendete Dokumente und Beweismittel in schriftlicher und fotodokumentarischer Form übergeben zu können.