Reaktionen in der Botschaft Indiens zum Staatsbesuch Indira Gandhis
1. Juli 1976
Information Nr. 489/76 über bekannt gewordene Reaktionen unter Mitarbeitern der Botschaft Indiens in der DDR im Zusammenhang mit dem Staatsbesuch Indira Gandhis
Nach vorliegenden Hinweisen herrsche im Zusammenhang mit dem Staatsbesuch Indira Gandhis unter Mitarbeitern der Botschaft Indiens in der DDR eine gewisse Verärgerung. Dieser Umstand sei auf verschiedene Ursachen zurückzuführen.1
Ein Teil der Mitarbeiter, besonders solche, die aktive Verbindungen nach Westberlin und zu dort lebenden Indern unterhalten, befürchten, dass aufgrund des DDR-Besuches Indira Gandhis eine Verschlechterung der Beziehungen Indiens zu Großbritannien und den USA eintreten könne. Andere Mitarbeiter der Botschaft seien über Protokollfragen verärgert, beispielsweise darüber, dass Botschafter Deo nur 30 Minuten für ein Zusammentreffen mit Indira Gandhi erhalten habe. Als unbefriedigend wurde vor allem die bisherige Informierung über Einzelheiten des Staatsbesuches Indira Gandhis durch die indische Regierung bezeichnet.
Unzufriedenheit bestehe auch darüber, dass sich Indira Gandhi während ihres Besuches ausschließlich mit Problemen der Beziehungen Indiens mit der DDR beschäftigen werde und keine Zeit für Probleme der Lebensbedingungen der in der DDR lebenden Inder vorgesehen sei. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass von Mitgliedern der Berliner Sektion des »Indischen Vereins in der DDR« Forderungen nach sozialen Verbesserungen erhoben wurden, die jedoch die Mehrheit der Mitglieder ablehnte und deren Berechtigung auch Botschafter Deo anzweifelte. Von der Leitung des Vereins wird alles unternommen, um zu verhindern, dass derartige Forderungen an Indira Gandhi herangetragen werden. Der »Indische Verein in der DDR« ist von Botschafter Deo aufgefordert worden, Teilnehmer für ein Treffen mit Indira Gandhi am 2. Juli 1976, 18.30 Uhr, in der Residenz zu benennen.
Bei einem Teil der Mitarbeiter der indischen Botschaft in der DDR sei auch bereits im Zusammenhang mit dem Besuch Indira Gandhis in der UdSSR eine gewisse Ablehnung festzustellen gewesen. Es werde befürchtet, dass Indien von den sozialistischen Staaten – besonders von der DDR – für die gesellschaftliche Entwicklung relevante Probleme übernehmen könnte.
Ausgehend von der Kenntnis der Lage in ihren Heimatstaaten werden von Mitarbeitern der Botschaft solche Meinungen geäußert, dass von der Bevölkerung der indischen Nordstaaten die Besuche Indira Gandhis in den sozialistischen Staaten gebilligt würden, während in den Staaten im Süden Indiens die Auffassungen darüber unterschiedlich seien.2
Zu ökonomischen Problemen wurde bekannt, dass Mitarbeiter der indischen Botschaft kein Interesse am Abschluss von Verträgen mit der DDR auf elektrotechnischen und elektronischen Gebiet hätten. Sie vertreten die Auffassung, dass führende Firmen der BRD in der technischen Entwicklung weiter fortgeschritten seien, als Betriebe der DDR auf diesem Gebiet.
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