Straftaten im Zusammenhang mit der Ausbürgerung Biermanns
22. November 1976
Information über Straftaten von Bürgern der DDR im Zusammenhang mit der Aberkennung der Staatsbürgerschaft der DDR von Biermann, der »Gemeinsamen Erklärung« und weiteren feindlich-negativen Aktivitäten [Bericht O/34]
Unter Ausnutzung der Situation im Zusammenhang mit der Aberkennung der Staatsbürgerschaft der DDR von Biermann, der »Gemeinsamen Erklärung« und weiteren »Protestaktionen«1 ist eine Reihe von feindlich-negativen Kräften, die dem MfS größtenteils bereits seit längerer Zeit bekannt sind und unter operativer Kontrolle standen, dazu übergegangen,
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auf der Grundlage der »Gemeinsamen Erklärung« weitere Personen zur Unterschriftsleistung zu veranlassen und sie zu inspirieren, weitere derartige »Protestaktionen« zu organisieren,
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diese Aktivitäten mit offener staatsfeindlicher Hetze gegen die Partei- und Staatsführung und die getroffenen Maßnahmen zu verbinden, unter anderem auf der Grundlage entsprechender Erklärungen von Havemann und der Hetzkampagne der westlichen Massenmedien, wobei sie diese Aktivitäten auch als »legale Möglichkeiten« bezeichnen, »den Willen zur Veränderung der Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR zu dokumentieren«,
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Verbindungen zu westlichen Massenmedien und ihren in der DDR akkreditierten Journalisten aufzunehmen bzw. bereits bestehende Verbindungen auszunutzen, um über diese ihre »Protestresolutionen« und andere Hetzmaterialien zu verbreiten und in die Hetzkampagne gegen die DDR einfließen zu lassen,
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Hetzflugblätter zu fertigen und zu verbreiten sowie entsprechende Hetzlosungen an öffentlichen Orten anzubringen, in provokatorisch-demonstrativer Weise mit Hetzplakaten in der Öffentlichkeit (mit Pkw/Lkw in Straßen von Berlin und Dresden, Poliklinik Brandenburg) aufzutreten und die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung sowie die Maßnahmen der Partei- und Staatsführung zu verleumden,
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im Zusammenhang mit anderen rowdyhaften Handlungen durch entsprechende Ausrufe ihre »Sympathie« für Biermann zu bekunden und seine »Rückkehr zu fordern«.
Im Zusammenhang mit derartigen, gegen die Strafgesetze der DDR verstoßenden Handlungen wurden bisher durch das MfS und die DVP gegen insgesamt 18 Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet, davon gegen 14 Personen mit Haft und gegen 4 Personen ohne Haft. Die Einleitung der Ermittlungsverfahren erfolgte gemäß Paragraf 106 StGB (Staatsfeindliche Hetze) und Paragraf 220 (Staatsverleumdung).
Entsprechende Ermittlungsverfahren werden geführt:
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in Berlin: gegen vier Personen mit Haft [und] zwei Personen ohne Haft,
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in Gera (Jena und Greiz): gegen sechs Personen mit Haft [und] zwei Personen ohne Haft,
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in Potsdam (Brandenburg und Jüterbog): gegen zwei Personen mit Haft,
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in Dresden: gegen eine Person mit Haft,
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in Leipzig (Wurzen): gegen eine Person mit Haft.
Die Untersuchungen gegen diese Personen sind mit darauf ausgerichtet, die Organisatoren und Hintermänner der konterrevolutionären Bestrebungen und Aktivitäten und das Zusammenwirken dieser Kräfte untereinander sowie zu feindlichen Organisationen und Einrichtungen weiter aufzuklären.
Im Zuge der Bearbeitung dieser Ermittlungsverfahren und den Maßnahmen zur Aufklärung weiterer feindlich-negativer sowie rowdyhafter Handlungen wurden eine Reihe weiterer Personen zugeführt und befragt.2 Gegen mehrere dieser Personen wurden Ordnungsstrafen ausgesprochen und andere erzieherische Maßnahmen veranlasst (Auswertung mit Eltern und Arbeitskollektiv); in allen Fällen wurden die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet, um die operative Kontrolle dieser Personen zu verstärken und vorbeugend ein weiteres Tätigwerden im feindlich-negativen Sinne zu verhindern.3
Die 1. Sekretäre der Bezirks- und Kreisleitungen der SED wurden entsprechend informiert, um die erforderlichen politisch-ideologischen und erzieherischen Maßnahmen einleiten und durchsetzen zu können.