Verbleib des Skisportlers Tuchscherer in Österreich
18. Februar 1976
Information Nr. 135/76 über das Verbleiben des Mitgliedes der Olympiamannschaft der DDR, Klaus Tuchscherer, in der Bundesrepublik Österreich
Am 15. Februar 1976 wurde festgestellt, dass der Tuchscherer, Klaus, geboren am [Tag] 1955, wohnhaft: Schönheide, Kreis Aue, Bezirk Karl-Marx-Stadt; Unterwachtmeister der DVP und Angehöriger des SC Dynamo Klingenthal, das Wohnobjekt der DDR-Olympiamannschaft in der Nordischen Kombination »Inthaler Hof« in Mösern bei Seefeld in Österreich verlassen hat.
Daraufhin umgehend eingeleitete Untersuchungen ergaben, dass sich Tuchscherer bei den Eltern der 17-jährigen österreichischen Staatsbürgerin [Name], [Adresse], aufhält und in der Bundesrepublik Österreich verbleiben will. Wie zwischenzeitlich bekannt wurde, hat Tuchscherer vom Generalkonsulat der BRD in Graz einen BRD-Pass entgegengenommen.
Tuchscherer besuchte nach der Grundschule in Schönheide die Kinder- und Jugendsportschule Klingenthal. Aufgrund sportlicher Erfolge in der Disziplin Nordische Kombination wurde er zunächst Mitglied der DDR-Nachwuchsmannschaft und später aufgrund guter sportlicher Leistungen sowie einer positiven politisch-ideologischen Entwicklung und Einstellung auch in die Nationalmannschaft der DDR berufen.
Im September 1975 wurde er Angehöriger der DVP und mit dem Dienstgrad Unterwachtmeister eingestellt. Außer seiner Mitgliedschaft im DTSB ist er in der FDJ und in der DSF organisiert.
Als Mitglied vorgenannter Nationalmannschaften ging Tuchscherer bereits in den Jahren zwischen 1972 und 1976 in mehreren nichtsozialistischen Staaten an den Start und verhielt sich dort untadelig. Dieser Umstand und seine sportlichen Leistungen waren auch ausschlaggebend für seine Berufung in die DDR-Olympiamannschaft.
Wie die bisher geführten Untersuchungen ergaben, hat Tuchscherer im Oktober 1975 bei einem Trainingsaufenthalt in Österreich in dem von der DDR-Delegation bewohnten Hotel die dort wohnhafte und als Serviererin tätige österreichische Staatsbürgerin [Name] kennengelernt, woraus sich tiefe Liebesbeziehungen entwickelt haben, die Tuchscherer jetzt offensichtlich ursächlich dazu veranlassten, die Olympischen Winterspiele in Innsbruck auszunutzen und in der Bundesrepublik Österreich zu verbleiben.1
In Verbindung und in gegenseitiger Abstimmung mit den zuständigen Organen des DTSB wurden in der Zwischenzeit Maßnahmen eingeleitet, um Tuchscherer zu einer Rückkehr in die DDR zu veranlassen.
Dazu wurden bereits entsprechende Kontakte zwischen den Eltern […] und dem Tuchscherer hergestellt. Der Verlauf bisher mit Tuchscherer geführter Gespräche lässt erkennen, dass er rationalen Argumenten gegenüber aufgeschlossen ist, jedoch um eine bestimmte Bedenkzeit bittet.
Die Maßnahmen zur Zurückführung Tuchscherers werden zielstrebig weitergeführt. Sie werden jedoch dadurch erschwert, dass Tuchscherer offensichtlich mit dem Ziel abgeschirmt wird, Kontakte mit Beauftragten der DDR nach Möglichkeit zu verhindern.
Da Tuchscherer entsprechend dem Staatsbürgerschaftsgesetz nach wie vor Staatsbürger der DDR ist, kann ihm im Zusammenhang mit den vorgesehenen Rückführungsmaßnahmen der DDR-Pass ausgehändigt werden. Dazu wurden unverzüglich die erforderlichen Schritte eingeleitet.
Zur Unterstützung aller Rückführungsmaßnahmen sind dem Tuchscherer Straf- und Bewegungsfreiheit bei einer Rückkehr in die DDR zugesichert worden.2