Vollversammlung des Ökumenischen Jugendrates in Europa in Höchst
10. November 1976
Information Nr. 776/76 über die VIII. Vollversammlung des Ökumenischen Jugendrates in Europa (ÖJRE) vom 10. Oktober bis 16. Oktober 1976 in Höchst/BRD
Im Folgenden wird zusammengefasst über den wesentlichen Verlauf der VIII. Vollversammlung des Ökumenischen Jugendrates in Europa, die vom 10. Oktober bis 16. Oktober 1976 in Höchst (Landeskirche Nassau) tagte, berichtet. (Der Ökumenische Jugendrat in Europa umfasst eine Vielzahl von kirchlichen Jugendverbänden aus europäischen Staaten – darunter sozialistischen – und ist organisatorisch dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf angegliedert.)
Vorsitzender dieses Gremiums ist Pfarrer Wolf-Dietrich Gutsch/DDR/Berlin.
Die Vollversammlung tritt jährlich zusammen. An der diesjährigen Tagung nahmen 75 leitende Mitarbeiter der kirchlichen Jugendarbeit, davon 20 aus sozialistischen Staaten, teil.
Teilnehmer aus der DDR waren:
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Pfarrer Wolf-Dietrich Gutsch, Berlin,
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Landesjugendpfarrer Köhler, Eisenach,
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Jugendpfarrer Hickel, Leipzig,
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Jugendpfarrer Straka, Zwickau,
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Landesjugendsekretärin Wellmann, Schwerin,
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Frau Salzwedel, Berlin, Sekretärin beim ökumenischen Jugenddienst in der DDR.
Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 1975/76 wurde vom Exekutivsekretär Joachim Ludwig/Frankreich verlesen. Er enthielt keine Angriffe gegen die DDR und andere sozialistische Staaten. Im Wesentlichen wurden die vom ÖJRE unterhaltenen ökumenischen Kontakte eingeschätzt. Besonders hervorgehoben wurde, dass der ÖJRE auf der Vollversammlung 1975 in Les Diablevets/Schweiz die studentische Jugend der russisch-orthodoxen Kirche als vollberechtigtes Mitglied aufgenommen und ihrem Vertreter Josiph Poustvoutov die Arbeit im Exekutivausschuss anvertraut hat. (1976 weilte eine Jugenddelegation aus der Sowjetunion in Genf.)
Eingehend auf die Beschlüsse der KSZE wurde auf die richtungsweisenden Referate der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) in Buckow/DDR im Oktober 19751 und in Moskau im Mai 1976 verwiesen. Es wurde betont, die Beziehungen zwischen der KEK und dem ÖJRE hätten sich im vergangenen Jahr weiter positiv entwickelt.
(Der Vorsitzende des ÖJRE, Gutsch, nahm an der Konsultation der KEK zu Fragen der KSZE im Oktober 1975 in Buckow/DDR teil; der Exekutivsekretär Joachim Ludwig/Frankreich war Teilnehmer an der gemeinsamen Sitzung des Präsidiums und des Beratenden Ausschusses der KEK im Mai 1976 in Moskau. Auf der Sitzung in Moskau wurde beschlossen, die Verbindungen zwischen der KEK und dem ÖJRE zu vertiefen.)
Zur Zusammenarbeit mit der Christlichen Friedenskonferenz2 (der Vorsitzende des ÖJRE Gutsch ist gleichzeitig Internationaler Sekretär der Christlichen Friedenskonferenz) wurde zum Ausdruck gebracht, diese sei durch die Mitarbeit verschiedener Mitglieder des ÖJRE in Gremien der Christlichen Friedenskonferenz gewährleistet.
Weiter wurde im Bericht Stellung genommen zu den durch die Militärjunta in Chile Verfolgten; es wurde zur Solidarität mit den Männern und Frauen – gleich ob Christen oder nicht –, die in Chile unter Lebensgefahr für die Wiederherstellung der Menschenwürde kämpfen, aufgerufen. Darüber hinaus wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Solidarität sich nicht nur auf das chilenische Volk, sondern auch auf viele andere Völker Lateinamerikas beziehe.
Der Exekutivsekretär Ludwig informierte die Anwesenden, der ÖJRE habe eine Einladung zur Teilnahme am Weltkongress der religiösen Friedenskräfte 1977 in Moskau erhalten. Es wurde einstimmig beschlossen, eine vierköpfige Delegation zu entsenden. Als Vertreter des ÖJRE aus sozialistischen Ländern wurden Wolf-Dietrich Gutsch/DDR und Josiph Poustvoutov/UdSSR benannt. Zwei Vertreter aus kapitalistischen Ländern sollen auf der Sitzung des Exekutivrates des ÖJRE im Februar 1977 in Rom benannt werden.
Zu der VIII. Vollversammlung des ÖJRE waren Vertreter westdeutscher Massenmedien wie RIAS, Hessischer Rundfunk und Hessisches Fernsehen, NDR, Süddeutscher Rundfunk, DPA, Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Rundschau anwesend. Sie bemühten sich stark um Kontakte zu Vertretern der kirchlichen Jugendarbeit in der DDR und versuchten, diese zu Meinungsäußerungen über »Behinderung des kirchlichen Lebens« in der DDR zu provozieren.
In Bezug auf die geplante Durchführung der IX. Vollversammlung des ÖJRE 1977 in der DDR wurde z. B. die Frage gestellt, ob solche Veranstaltungen eventuell dazu dienen könnten, die Menschen in der DDR für die Arbeit der Kirche zu interessieren und die Kirche aus ihrem »Winkeldasein« herauszuführen.
Die Teilnehmer aus der DDR gingen auf diese provokatorischen Fragen nicht ein, sondern verwiesen auf das Exekutivkomitee als Leitungsorgan der Vollversammlung, in dem auch der Vorsitzende des ÖJRE, Gutsch/DDR, vertreten ist. Gutsch bezeichnete die Fragestellung der Journalisten als hinterhältig und verwies auf die Großzügigkeit der Regierung der DDR in Bezug auf die Durchführung internationaler kirchlicher Tagungen in der DDR.
Die Information ist nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.