Weitere Reaktionen auf die Ausbürgerung Biermanns
26. November 1976
Information Nr. 828/76 über weitere Reaktionen von Verbindungen Biermanns in der DDR
Dem MfS wurden interne Äußerungen von Unterzeichnern der sogenannten Protestresolutionen gegen die Aberkennung der DDR-Staatsbürgerschaft Biermanns bekannt, die Hinweise auf ihr Verhalten, besonders im Hinblick auf die Mitgliederversammlung der Parteiorganisation des Berliner Schriftstellerverbandes am 26. November 1976,1 zum Inhalt haben.
Christa und Gerhard Wolf würden in ihrer für die Mitgliederversammlung vorbereiteten Stellungnahme zum Ausdruck bringen, dass sie »nichts zurücknehmen wollen«, und erklären, das »Ausmaß der Folgen ihrer Handlung nicht vorausgesehen und gewollt zu haben«. Es gehe ihnen vor allem darum, »ihr Gesicht nicht zu verlieren«.
Sarah Kirsch ziehe in Erwägung, in der Mitgliederversammlung nicht zur Diskussion zu sprechen.2 Sie vertrete nach wie vor die Auffassung, dass »die Methode der Ausbürgerung Biermanns nicht richtig war«, und sie sei nicht bereit, ihren »Protest« zu widerrufen. Sie bewundere die »Standhaftigkeit« Jurek Beckers, in dem sie ein »gewisses Ideal« sehe. Wenn sie – wie sie weiter äußerte – in der Versammlung »beleidigt« oder »durch ungerechtfertigte Angriffe gereizt« werde, wolle sie nicht klein beigeben, sondern offensiv reagieren. Sie würde sich eher von einigen Freunden trennen, als in der Versammlung ihren Standpunkt revidieren.
In diesem Zusammenhang wurde bekannt, dass Sarah Kirsch ihren früheren Ehemann Rainer Kirsch (Mitunterzeichner der 2. »Protestresolution«)3 in einem mit ihm geführten Gespräch in seiner Haltung bestärkt habe, in der mit ihm für den 29. November 1976 vorgesehenen »offiziellen Aussprache« nichts zurückzunehmen.
Aus vorliegenden Hinweisen über mehrere Gespräche von Unterzeichnern sogenannter Protestresolutionen geht hervor, dass sie durch die Veröffentlichung der Stellungnahme Volker Brauns4 »überrascht« wurden und dass sich Tendenzen der Verunsicherung zeigen. Rolf Schneider äußerte gegenüber Stefan Heym, dass er, nachdem er das »ND« gelesen habe, »die Welt nicht mehr verstehe«, und er überlege sich, ob er noch darauf reagieren soll. Stefan Heym habe im gleichen Gespräch zum Ausdruck gebracht, er wisse nicht mehr, was vor sich gehe; man müsse feststellen, »ob das Volker Braun erlaubt wurde«. Sarah Kirsch und Gerhard Wolf erklärten, dass Volker Braun sie über seine Veröffentlichung vorher nicht informiert habe.
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