Zentralkonferenz der Methodistischen Kirche in Karl-Marx-Stadt
3. Juli 1976
Information Nr. 488/76 über die Zentralkonferenz und Jährliche Konferenz der »Evangelisch-methodistischen Kirche in der DDR« vom 15. bis 20. Juni 1976 in Karl-Marx-Stadt
Dem MfS wurde bekannt, dass in der Zeit vom 15. bis 20. Juni 1976 in der Friedenskirche in Karl-Marx-Stadt die turnusmäßige Zentralkonferenz und Jährliche Konferenz der »Evangelisch-methodistischen Kirche in der DDR«1 unter dem Thema »Weise mir, Herr, Deinen Weg« stattfand.
An der Konferenz nahmen 213 Delegierte, Pastoren und Laien aus der DDR und Gäste aus der Schweiz, der BRD, Österreich, Dänemark, der VR Ungarn, der SSR Estland und der ČSSR teil. Prominentester Gast war Bischof Dr. Schäfer, Franz, Zürich/Schweiz.
Dieser Konferenz ging die vom 27. April bis 8. Mai 1976 in Portland/USA durchgeführte Generalkonferenz der »Evangelisch-methodistischen Kirche« voraus, an der aus der DDR teilnahmen:
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Bischof Härtel, Arnim, Dresden,
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Superintendent Meier, Karl, Zwickau,
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Superintendent Hawemann, Gerhard, Berlin,
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Laie [Name], Berlin,
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Laie [Name], Rostock.
Die in Karl-Marx-Stadt vom 15. bis 16. Juni 1976 stattgefundene Zentralkonferenz diente in erster Linie der Wahl der leitenden Gremien. Der bisherige Bischof Härtel, Dresden, wurde mit 198 von 213 abgegebenen gültigen Stimmen erneut für weitere vier Jahre in das Bischofsamt gewählt.
Am 16. Juni 1976 wurde eine Bischofsbotschaft an die Tagung der Zentralkonferenz durch Bischof Härtel zum Thema: »Gott weist weiter« verlesen.
In dieser Botschaft wird betont, nur durch einen strengen Glauben an Gott könne die Kirche ihrer Verantwortung nachkommen, und trotz gesellschaftlichem Engagement der Gläubigen müsse die Kirche in erster Linie Kirche bleiben. Dabei wandte sich Bischof Härtel gegen Erscheinungen einer »Fanatisierung der Frömmigkeit«. Unter der Bezeichnung des »menschlichen Zusammenlebens« ging er auf folgende gesellschaftspolitische Probleme ein.
Als »Kardinalproblem der gegenwärtigen Epoche« betonte er die Notwendigkeit, das friedliche Miteinander aller Völker zu realisieren. Dafür sei die Durchführung der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa im August 1975 in Helsinki ein hoffnungsvolles Ereignis gewesen, das zu seiner Verwirklichung der öffentlichen Unterstützung bedürfe. Die »Evangelisch-methodistische Kirche in der DDR« teile die Überzeugung der »Konferenz Europäischer Kirchen«, die diese im Oktober 1975 während ihrer Konsultation in Buckow/DDR dargelegt habe, und wonach die Ergebnisse von Helsinki die Kirchen daran erinnerten, dass sie in ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Kontext zu einem Zeugnis berufen seien, welches konstruktiv und kritisch im Interesse der Menschen formuliert und praktiziert werden müsse.2 Es käme darauf an, wie Christus Partei zu ergreifen für den konkreten Menschen und für Menschlichkeit. In der Botschaft wird zum politischen Engagement der Christen weiter erklärt, der Umstand, dass es keine ideologische Koexistenz zwischen Christen und Marxisten geben könne, mache das Engagement von Christen in der sozialistischen Gesellschaft problematisch. Die Ideologie sei jedoch nicht der einzige Bereich der gesellschaftlichen Mitverantwortung, und der sozialistische Alltag weise Wirkungsbereiche nach, in denen konstruktive Mitarbeit von Christen unbeschadet ihrer glaubensmäßigen Überzeugung möglich sei. Diese Tatsache sei im Programm des IX. Parteitages der SED verbrieft,3 das die Basis zur Mitgestaltung einer menschlichen Gesellschaft sei.
Am 17. Juni 1976 begann die »Jährliche Konferenz« mit der Abgabe von Tätigkeitsberichten der »Evangelisch-methodistischen Kirche in der DDR«. In ihnen wird die Besorgnis über die rückläufige Mitgliederzahl deutlich. Zur Überwindung dieses Zustandes wird, ausgehend von der Generalkonferenz in den USA, eine Aktivierung der gesamten Tätigkeit der Evangelisch-methodistischen Kirche gefordert. Ein Schwerpunkt soll bis 1980 die Durchführung von Evangelisationen sein.
Infolge der sinkenden Mitgliederzahlen, die sich in den letzten Jahren um 50 Prozent verringert hätten, wurde darauf orientiert, einige Gemeinden zusammenzulegen. Das habe zur Folge, dass ab 1977 mit einem Pastorenüberschuss gerechnet werden müsse. Trotz rückläufiger Tendenzen der Mitgliederzahlen würden die Geldeinnahmen der Kirchen aus Spenden der Anhänger steigen.
In den anschließenden Diskussionen stand das vorgegebene Thema: »Pluralität der Kirche und Gemeinde im Spannungsfeld theologischer Meinungen« im Mittelpunkt. Superintendent Hawemann, Berlin, fasste die Diskussionen in dem Sinne zusammen, dass man in den nächsten Jahren lernen müsse, im Spannungsfeld unterschiedlicher theologischer Meinungen zu leben. Zu Korrekturen sollten, wenn sie notwendig seien, alle bereit sein.
Auf der Sitzung der Laiendelegierten unter Leitung des Konferenzlaienführers Fritzsch, Gotthard, Lauter, Kreis Aue, wurden Probleme des politischen Engagements behandelt. Dabei wurden die Widersprüche zwischen Pastoren und Laien deutlich. Während die Pastoren sich häufig von einer politischen Haltung distanzierten, seien die Laien unmittelbar mit den gesellschaftspolitischen Problemen täglich konfrontiert und engagiert. Die Laiendelegierten vertraten den Standpunkt, dadurch gehe die Bindung zwischen den Pastoren und Laien mehr und mehr verloren.
Von der Laienversammlung gingen während der Konferenz Bestrebungen aus, künftig auch Laien zu Jährlichen Konferenzen der Evangelisch-methodistischen Kirche des Auslandes zu delegieren. Ein entsprechender Beschluss ist jedoch erst für 1977 vorgesehen.
Auf der diesjährigen Konferenz wurden für die Teilnahme an Konferenzen im Ausland jeweils zwei Pastoren als Delegierte gewählt und zwar für die
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Süddeutsche Konferenz,
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Südwestdeutsche Konferenz,
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Nordwestdeutsche Konferenz,
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Schweizer Konferenz,
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Österreichische Konferenz,
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Skandinavische Konferenz,
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Polnische Konferenz.
Während der Tagung wurde bekanntgegeben, dass der Kirchenvorstand beabsichtigt, voraussichtlich noch im Jahre 1976 in Scheibenberg, Kreis Annaberg, eine Tagung des »Methodistischen Jugendrates Europa« durchzuführen, der unter dem Thema »Kirche und Gesellschaft« stehen soll.
Für die weitere Tätigkeit der »Evangelisch-methodistischen Kirche in der DDR« sind die von Bischof Härtel zur Problematik der Ökumene gemachten Ausführungen von Bedeutung. Er betonte, die Ökumene sei mehr als nur die Summe von Konfessionen. Das Ziel der mannigfaltigen Kontakte im ökumenischen Rahmen bestehe in der gegenseitigen Hilfe und der Überwindung provinziellen Denkens und Handelns. Es komme darauf an, das Bewusstsein des globalen Charakters christlichen Zeugnisses und Dienstes wach zu halten.
Am 19. Juni fand um 18.00 Uhr in der Friedenskirche der Abend der Jugend zum Thema »Mit Christus unterwegs« statt. Es nahmen ca. 650 Jugendliche im Alter bis ca. 25 Jahren teil. Der Gottesdienst wurde durch Darbietungen einer kirchlichen Beat-Gruppe umrahmt. Dabei vorgeführte Lichtbilder wiesen auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit anderen Religionsgemeinschaften und Gemeinden anderer Länder hin.
Am 20. Juni 1976 wurde die Konferenz mit dem »Ordinationsgottesdienst« und dem Sendungsgottesdienst beendet. Die Jährliche Konferenz 1977 soll in Plauen stattfinden.
Die Information ist nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.