Aktivitäten oppositioneller Künstler und Intellektueller (2)
28. Juni 1977
Hinweise über einige Probleme im Zusammenhang mit feindlich-negativen Aktivitäten von Personenkreisen auf dem Gebiet Kunst und Kultur [Bericht K 3/13]
Nach dem MfS vorliegenden Hinweisen hat der Gegner in der letzten Zeit seine Versuche, gegen die sozialistischen Staaten gerichtete konterrevolutionäre, subversive Aktivitäten zu organisieren und durchzuführen, wesentlich intensiviert. Damit verfolgt er das Ziel, eine Schwächung der sozialistischen Staaten von innen heraus zu erreichen, eine »offene innere Opposition« in den einzelnen Ländern zu formieren und dafür die erforderlichen Voraussetzungen und Bedingungen zu schaffen.
Wie die dem MfS bekannt gewordenen Pläne des Gegners zeigen, geht er davon aus, dass sich ihm für die Verwirklichung dieser Zielstellung unter den neuen Lagebedingungen, besonders nach der KSZE und im Zusammenhang mit der Belgrader Nachfolgekonferenz,1 günstige Möglichkeiten bieten würden.
Von dieser Beurteilung der Lagebedingungen ausgehend unternimmt der Gegner wesentlich verstärkte Anstrengungen, feindlich-negative Kräfte in den sozialistischen Ländern, insbesondere auch in der DDR, zu staatsfeindlichen Handlungen und Aktivitäten zu mobilisieren und mehr als bisher politisch nicht gefestigte, labile, schwankende Personen in derartige Machenschaften einzubeziehen.
Mit diesem Vorgehen verfolgt er gleichzeitig das Ziel, entsprechenden Einfluss auf das Bewusstsein und das Verhalten größerer Bevölkerungskreise und ausgewählter Personengruppen in sozialistischen Staaten zu erlangen und im Innern einen Druck auf die Partei- und Staatsführung zu erzeugen.
Der Gegner setzt keine völlige politische und ideologische Übereinstimmung der Anschauungen dieser Kräfte voraus. Es geht ihm in erster Linie darum, dass diese Kräfte in eine bestimmte Konfrontationsstellung zum sozialistischen Staat gebracht werden und in einer bestimmten Situation von ihm mobilisiert werden können.
Eine besondere Bedeutung misst der Gegner dabei der Erlangung wachsenden Einflusses auf Künstler und Kulturschaffende der DDR bei. Diese Personenkreise sind nach seiner Auffassung besonders dazu geeignet, von angeblich »sozialistischen« Positionen aus gegen die DDR aufzutreten. Sie würden über besonders günstige Voraussetzungen verfügen, ihre Äußerungen, Forderungen und Handlungen als im Interesse der »Verbesserung des Sozialismus und der gesellschaftlichen Verhältnisse« liegend darzustellen, um den feindlichen und negativen Charakter ihrer Aktivitäten und der ihnen zugrunde liegenden Pläne und Absichten des Gegners zu verschleiern.
Um diese Kreise für die Öffentlichkeit attraktiver zu machen und damit ihre ideologische Wirksamkeit zu erhöhen, ist der Gegner immer mehr dazu übergegangen, bestimmte Personen, die mehr oder weniger offiziell in diesem Sinne wirksam werden sollen, breit zu popularisieren, sie in äußerst starkem Maß aufzuwerten und zu glorifizieren. Verstärkt werden deshalb in der BRD »Werke« solcher Schriftsteller verlegt, die in bestimmtem Maße im negativ-feindlichen Sinne gegen die DDR in Erscheinung getreten sind.
Insbesondere seit dem 2. Halbjahr 1976 zeigte sich immer deutlicher, dass in der DDR bestimmte Kräfte, insbesondere unter Künstlern und Kulturschaffenden, entsprechend den gegnerischen Plänen und Absichten wirksam zu werden beabsichtigten. Ihre Haltung und ihre Aktivitäten ließen erkennen, dass sie in wesentlichen Teilen den vom Gegner verfolgten Zielen und Absichten zur Unterwanderung der DDR und zu ihrer Zersetzung von innen heraus, zur Schaffung und Aktivierung einer sogenannten inneren Opposition, zur Konfrontation mit der sozialistischen Staatsmacht bzw. zur Forcierung der politischen Untergrundtätigkeit entsprachen bzw. damit übereinstimmten.
Konkreter Ausdruck dafür sind »Forderungen« und Handlungen bestimmter Personenkreise in der DDR, die eindeutig darauf gerichtet sind,
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in der DDR eine Basis für eine reformistische bzw. revisionistische, gegen die Beschlüsse des VIII. und IX. Parteitages der SED2 und damit gegen die Grundpositionen des Sozialismus gerichtete Linie zu schaffen,
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schrittweise die Forderungen nach »Liberalisierung«, nach größerer »Freizügigkeit«, nach einem »demokratischen Sozialismus« u. a.m. durchzusetzen.
Negativ-feindliche Personengruppen, bei denen die politischen Auffassungen von Havemann und Biermann eine wesentliche Rolle spielten, setzten sich aus Kulturschaffenden, vor allem Schriftstellern, und anderen »oppositionell eingestellten« Personen zusammen, die auf der Grundlage ihrer feindlich-negativen Positionen wechselseitig zusammenwirkten und vorgingen (z. B. Heym, Hermlin, Becker, Kunert, Schlesinger, Plenzdorf).
Die negativen Auffassungen dieser Kräfte, die in Wort und Schrift ihren Niederschlag finden, richteten sich teils offen, teils pseudomarxistisch verbrämt, gegen
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die Kulturpolitik der DDR,
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die sozialistische Staatsmacht der DDR,
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die führende Rolle der Partei der Arbeiterklasse und ihre führenden Repräsentanten,
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den Sozialismus in der DDR, da dieser »antikommunistisch« und »revisionsbedürftig« sei,
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die politisch-moralische Einheit des Volkes der DDR,
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die Sicherheitsorgane der DDR und anderer sozialistischer Staaten sowie gegen
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die Grenzsicherungsmaßnahmen sozialistischer Staaten.
Um diese Personengruppen, zu denen im erweiterten Sinn noch andere, vor allem bei den Vorgängen um Biermann3 besonders engagiert aufgetretene, in der Vergangenheit jedoch mit unterschiedlicher Intensität beteiligte Personen wie Christa und Gerhard Wolf, Braun, Kirsch, Jakobs,4 de Bruyn, Stade u. a. gehörten, gruppierten sich wiederum Personengruppen,
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die unter einem bestimmten Einfluss dieser Gruppierung oder einzelner Angehöriger derselben standen,
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auf die von diesen Kräften und ihrem Wirken ganz offensichtlich eine bestimmte »Vorbildwirkung« ausging,
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die ähnliche politische Positionen/Auffassungen vertreten und das Wirken negativer Kräfte als günstige Gelegenheit für eigene Aktivitäten und die Durchsetzung eigener feindlich-negativer Ziele und Absichten betrachteten.
Als gegen Biermann staatliche Maßnahmen beschlossen wurden, hielten diese feindlich-negativen Kräfte den Zeitpunkt und die Bedingungen für günstig, mit offenen, teilweise demonstrativen Handlungen unmittelbar gegen die sozialistische Partei- und Staatsmacht und Gesellschaftsordnung vorzugehen und zu versuchen, diese unter Druck zu setzen.
Wie ist die Lage jetzt?
Grundsätzlich ist einzuschätzen, dass der Gegner seine Ziele nicht erreicht hat. Durch die seitens der Partei entfaltete politisch-ideologische Offensive ist es gelungen, die entsprechenden Angriffe abzuwehren. Es ist gelungen, die Pläne und Handlungen des Feindes sowie seine Kräfte weiter aufzudecken und damit wesentliche Voraussetzungen zu ihrer weiteren wirksamen Bekämpfung zu schaffen.
Im Ergebnis der eingeleiteten offensiven politischen und ideologischen Maßnahmen der Partei wurde unter den feindlich-negativen Kräften eine weitergehende Differenzierung erreicht und eine stärkere Polarisierung ihrer politischen Standpunkte festgestellt. Es kristallisierten sich bestimmte Kräfte heraus, die nach wie vor einen verfestigten feindlich-negativen Standpunkt vertreten. (Es sollte auch nicht übersehen werden, dass der Gegner bestimmte Wirkungen unter einzelnen Personengruppen und Personen im Zusammenhang mit der gesamten Entwicklung im Bereich der Kulturschaffenden und infolge ständigen Einwirkens auf diese Kreise erzielt hat.)
Die negativen Kräfte haben eingeschätzt, dass gegenwärtig kaum Chancen bestehen, mit den von ihnen gewählten, gewissermaßen »offenen« Angriffen zu Erfolgen zu gelangen. Ein Teil dieser Kräfte hat sich zunächst zurückgezogen. Sie geben sich nach außen den Anschein, als ob sie ihre Ziele aufgegeben haben. (Hermlin, Christa und Gerhard Wolf, Fühmann, Plenzdorf) Ihre »Diskussionen« beziehen sich nicht mehr ausschließlich auf Zusammenhänge um Biermann. Es ist z. T. ihr Bemühen sichtbar, sich ernsthaft ihrer Arbeit zuzuwenden. Sie äußern sich in der Öffentlichkeit nicht mehr vordergründig zu politisch-ideologischen Fragen und sind bestrebt, ihr Verhältnis zur Partei und zum Staat nicht stärker zu belasten. In vertraulichen Gesprächen und in ihrem Verhalten in den verschiedensten Gremien des Schriftstellerverbandes5 ist jedoch zu erkennen, dass sie nach wie vor zu ihrer Unterschrift und ihren in diesem Zusammenhang bekannt gewordenen Meinungen stehen.
Ein anderer Teil tritt nach wie vor im Zusammenwirken mit feindlichen Kräften von außen aktiv in Erscheinung. (Heym, Becker, Kirsch, Schneider, Kunert, Schlesinger, Schädlich, Hans Joachim) Aus ihren Äußerungen geht klar hervor, dass sie nach wie vor die gleichen politisch-ideologischen Ansichten vertreten wie vor den mit ihnen durch Vertreter der Partei- und Staatsführung geführten differenzierten Aussprachen. Ihre Standpunkte haben sich verhärtet, obwohl sie damit keine Massenbasis in der DDR und auch keine kompakte Unterstützung erreichen. Sie unterhalten verstärkt Kontakte zu westlichen Korrespondenten und zum Teil zu Mitarbeitern der verschiedensten Botschaften kapitalistischer Länder, wobei sie diese über die Entwicklung der Kulturpolitik in der DDR im abwertenden Sinne informieren und mit ihnen dazu »Gedanken austauschen«.
Bemerkenswert ist, dass sich diese Kräfte in erheblichem Maße darauf konzentrieren, »literarische Werke« zu produzieren, die von vornherein darauf angelegt sind, nicht in der DDR, aber in der BRD verlegt zu werden.
Nach dem MfS weiter vorliegenden Hinweisen ist davon auszugehen:
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Die überwiegende Anzahl der Unterzeichner der »Protesterklärung« hält weiter an ihrer feindlich-negativen Position fest, sie sind durch die politisch-ideologische Offensive der Partei zwar zurückgedrängt worden, vermeiden gegenwärtig weitgehend öffentlichkeitswirksame Aktivitäten, haben ihre Ziele aber nicht aufgegeben;
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der Gegner unternimmt vielfältige Aktivitäten, um die bestehenden und neu geschaffenen Kontakte aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen;
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der Gegner und seine »Stützpunkte« sammeln im Untergrund Kräfte, die ihre konspirative Tätigkeit darauf ausrichten, neue öffentlichkeitswirksame Aktionen gegen uns vorzubereiten, wobei die feindlich-negativen Kräfte im Ergebnis der durch die Partei eingeleiteten politisch offensiven und differenzierten Maßnahmen nicht mehr geschlossen und einheitlich in Erscheinung treten und ihr Verhältnis in wachsendem Maße vom gegenseitigen Misstrauen geprägt wird.
In der weiteren differenzierten Auseinandersetzung mit Unterzeichnern der »Protesterklärungen« muss auch davon ausgegangen werden, dass nur ein geringer Teil dieser Personen tatsächlich von ihrer Unterschrift abgerückt ist – trotz der mit ihnen mehrfach – z. T. von führenden Repräsentanten – geführten politisch-ideologischen Auseinandersetzungen.
Die negative Vorbildwirkung solcher »Schriftsteller mit Namen« wie Heym, Hermlin, Becker, Wolf u. a. spielt eine wesentliche Rolle, dass auch andere, weniger profilierte Kulturschaffende und Sympathisanten an ihrer bisherigen Haltung festhalten und ihre Unterschrift nicht zurücknehmen. Die wahre Haltung dieser Kräfte kommt auch darin zum Ausdruck, dass sie ihre Probleme nicht mit Partei- oder Kulturfunktionären beraten, sondern ihre »Berater« und Verbündeten beim Gegner und entsprechenden Mittelspersonen suchen. Dieser Personenkreis ist bestrebt, die bestehenden Verbindungen zu Vertretern, Korrespondenten westlicher Presse- und Publikationsorgane, zu Mitarbeitern westlicher Verlage und Botschaften nichtsozialistischer Staaten nicht abreißen zu lassen, sondern sie weiter zu vertiefen.
Vielfältig sind die Aktivitäten feindlicher Kräfte von außen, um die Kontakte zu ihren Stützpunkten in der DDR aufrechtzuerhalten und zu festigen. Aus vorliegenden internen Hinweisen ist ersichtlich, dass sich die Kontaktbestrebungen, Abschöpfungs- und Beeinflussungsversuche des Gegners nach wie vor hauptsächlich auf die Personen konzentrieren, die auch als Unterzeichner und Sympathisanten der Protesterklärung gegen die Aberkennung der Staatsbürgerschaft Biermanns in Erscheinung getreten sind.
So geben z. B. Heym, Becker, Schneider, Kunert, Schlesinger, Hermlin u. a. Interviews bzw. machen bereitwilligst Aussagen an westliche Pressevertreter über den Inhalt von Aussprachen mit führenden Vertretern von Partei und Staat, über bestimmte Vorgänge/Erscheinungen in kulturellen Einrichtungen (z. B. Schriftstellerverband), über das künstlerische Schaffen von Schriftstellern und Lyrikern sowie über die kulturpolitische Situation in der DDR insgesamt.
Aktive »Kontaktpartner« sind gegenwärtig u. a. besonders
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Schwarz – Korrespondent des »Spiegel«
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Nöldechen – Korrespondent der »Westfälischen Rundschau«
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Sager – Korrespondent des ZDF
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Schulz – Korrespondent der DPA
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Nette – Korrespondent der ARD
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Menge – Korrespondent »Die Zeit«
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Vickers – Korrespondent von BBC
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Johnson – Korrespondent von BBC
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Sudau – Korrespondent der »Frankfurter Rundschau«
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Barkow – Korrespondent des »Stern«
Mitarbeiter von BRD-Verlagen suchen gezielt Schriftsteller auf, die Unterzeichner von »Protestresolutionen« waren, und führen mit ihnen längere »Beratungen«. (So z. B. Ingrid Grimm/Bertelsmann-Verlag, Elisabeth Borchers/Suhrkamp-Verlag, Ingrid Krüger/Luchterhand-Verlag.) Der Charakter und der Inhalt dieser Kontakte insbesondere mit Schriftstellern besteht vor allem darin, diese in ihren Vorbehalten und in ihrer negativen Haltung gegenüber der Kulturpolitik der DDR zu bestärken. Gleichzeitig werden im Detail persönliche Probleme des »literarischen Schaffens« und der Veröffentlichung ihrer »Werke« in der BRD beraten.
Einzuordnen in die Gesamtheit der gegnerischen Aktivitäten sind die zunehmenden Kontaktbestrebungen und Beeinflussungsversuche seitens der Botschaften nichtsozialistischer Staaten, insbesondere der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR.6 Seit Anfang Dezember 1976 sind verstärkt gegenseitige Besuche und Gespräche zwischen Mitarbeitern der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR (hervorzuheben sind besonders der Leiter, Gaus, und der Referent für Kultur und Sport, Winfried Staar), der Botschaft der Republik Österreich und Personen aus Kreisen negativer Kunst- und Kulturschaffender der DDR festzustellen.
Es erfolgen systematische Einladungen seitens westlicher Botschaften und der BRD-Vertretung zur Teilnahme an Empfängen, Essen und Gesprächen an Schriftsteller und Kulturschaffende der DDR in den Vertretungen – ohne dass in jedem Falle entsprechend den diplomatischen Gepflogenheiten das MfAA informiert wird – und in Privatwohnungen, an denen Heym, Jurek Becker, Hermlin, Schlesinger, Kunert, Schneider u. a. beteiligt sind. (Nach vorliegenden Hinweisen kommt dieser Personenkreis den Einladungen regelmäßig nach bzw. entwickelt selbst Initiativen, um Einladungen zu erhalten.) Bei derartigen Zusammenkünften, besonders in den Privatwohnungen, werden im Wesentlichen die gleichen »Probleme« beraten wie vorgenannt.
Bestandteil der gegnerischen Bestrebungen zur Abschöpfung, Beeinflussung, Zersetzung sowie zur Schaffung einer »inneren Opposition« unter Kulturschaffenden und Schriftstellern in der DDR sind insbesondere auch die Aktivitäten solcher Personen, wie z. B. Schwenger, Hannes, Vorsitzender des Westberliner Schriftstellerverbandes7 und Sekretär des sogenannten Komitees »Freiheit und Sozialismus«,8 und Dr. Zipser, Richard, Germanistik-Dozent am Oberlin-College/USA.
Schwenger sucht – auch in der Gegenwart – einzelne DDR-Schriftsteller – vorwiegend Unterzeichner der Protesterklärung – auf, um diese über die vom Komitee »Freiheit und Sozialismus« initiierten nationalen und internationalen Aktivitäten zur Unterstützung und Befreiung in der DDR inhaftierter Feinde des Sozialismus zu informieren und zur Aufrechterhaltung ihrer feindlich-negativen Position sowie zur Fortsetzung entsprechender Handlungen zu inspirieren.
Dr. Zipser, der dem MfS seit geraumer Zeit als Kontaktpartner zu feindlich-negativen DDR-Schriftstellern bekannt ist, die ihm bereitwillig umfassende Informationen über die Lage unter diesen Personenkreisen zur Verfügung stellen, hatte im Juni 1977 erneut mehrere zweiseitige Zusammenkünfte mit Unterzeichnern der Protesterklärung (Kirsch, Plenzdorf u. a.).
Die aktivsten feindlich-negativen Kräfte unter Schriftstellern und Kulturschaffenden der DDR organisieren in den letzten Monaten verstärkt Zusammenkünfte in Privatwohnungen unter den verschiedensten Varianten und Abdeckungen (Geburtstagsfeiern, sogenannte Abschiedsfeiern bei Personen, die in die BRD übersiedelten u. Ä.), meist unter Beteiligung von Diplomaten aus Vertretungen nichtsozialistischer Staaten in der DDR, Journalisten, Schriftstellern und Verlagsmitarbeitern aus nichtsozialistischen Staaten, insbesondere der BRD und Westberlin. An einer Reihe dieser Zusammenkünfte ist in letzter Zeit Günter Grass/Schriftsteller BRD beteiligt.
Ziel und Inhalt dieser Zusammenkünfte bestehen offensichtlich darin, »aus ihrer Isolierung herauszukommen«, sich gegenseitig in ihrer negativen und schwankenden Haltung zu bestärken, ihre Lage zu erörtern und ihre Verhaltensweisen und Handlungen gegenüber Maßnahmen der Partei, staatlichen Organen und gesellschaftlichen Einrichtungen sowie bei Gesprächen mit führenden Repräsentanten von Partei- und Staatsführung zu beraten, westliche Kontaktpartner besonders über die Lage unter den Schriftstellern und Kulturschaffenden der DDR und deren Absichten zu informieren, Halbwahrheiten, unüberprüfte Meldungen und Unterstellungen von angeblichen Maßnahmen der Partei- und Sicherheitsorgane, die sogenannten Unterzeichner betreffend, auszutauschen und zu verbreiten, sodass eine gewisse Psychose gegen die Partei- und Sicherheitsorgane geschürt wird.
Diese Kräfte vertreten die Auffassung, weiterhin im bisherigen Sinne literarisch wirksam zu werden. Sie wollen versuchen, »annehmbare« Arbeiten solchen DDR-Verlagen anzubieten, von denen sie aufgrund ihrer Verbindungen zu gleichgesinnten Lektoren annehmen, dass eine Veröffentlichung erfolgt.
Andererseits sind einige damit beschäftigt, solche Manuskripte zu verfassen (z. B. Tagebuchaufzeichnungen über ihre feindlich-negativen Aktivitäten), über deren Nichtveröffentlichung in der DDR sie sich von vornherein im Klaren sind. In diesem Zusammenhang wird auf die von Heym beabsichtigte Herausgabe einer Anthologie »Auskunft II«9 verwiesen. (Siehe Information des MfS Nr. 406/77 vom 14.6.1977)
Unter den negativen Kräften besteht darüber Übereinstimmung, mit entsprechenden Forderungen nicht »zurückzuweichen«. Das betrifft insbesondere Forderungen und »Ansprüche« nach
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»mehr Freiheit« in ihrem schriftstellerischen und künstlerischen Schaffen,
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»unzensierte« Veröffentlichungen ihrer »Werke«,
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breite und »ungehinderte« Popularisierung ihrer »Arbeiten« (höhere Auflagen für bestimmte »Arbeiten« u. a.),
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»ungehindertes« Verlegen ihrer »Arbeiten« auch in kapitalistischen Ländern,
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uneingeschränktes Auftreten mit ihren »Werken« in Lesungen vor einem breiten Publikum,
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überdurchschnittliche Bezahlung ihrer »Arbeiten«,
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volle »Freizügigkeit« hinsichtlich Reisen – teilweise mit Familienangehörigen – ins nichtsozialistische Ausland,
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weitere »Zugeständnisse« bei der Erfüllung persönlicher Wünsche.
Progressive Kulturschaffende gelangten in diesem Zusammenhang z. T. zu der Ansicht, bestimmte Kräfte legten es offensichtlich darauf an, »Zugeständnisse« von der Parteiführung zu erhalten bzw. die Staatsmacht »zu zwingen«, bestimmte Forderungen zu erfüllen. Es sei jedoch – so weitere Meinungen – wenig ermutigend für positive Kulturschaffende, wenn negative Kräfte gefördert werden, die anderen aber keine »Privilegien« erhalten.
Im Folgenden werden einige Gesichtspunkte, unter denen eine weitere politisch-ideologisch differenzierte Arbeit im Sinne unserer Kulturpolitik mit Kunst- und Kulturschaffenden erfolgen sollte, aus der Sicht einer Reihe progressiver Kräfte, die in diesen Bereichen tätig sind, wiedergegeben.
Ein wesentliches Anliegen wird darin gesehen, die Positionen politisch progressiver Kunst- und Kulturschaffender zielstrebig weiter zu stärken. Durch stärkeres Hervorheben und Veröffentlichen ihrer Arbeiten sollten sie öffentlichkeitswirksamer gefördert und damit auch in materieller Hinsicht stimuliert werden. Gleichzeitig sollte die ständige Arbeit und das politische Gespräch mit negativen und schwankenden Kräften verstärkt werden, um sie mehr in den Prozess der politisch-ideologischen Auseinandersetzung einzubeziehen. Gleichzeitig wird es für notwendig erachtet, für die progressiven Kräfte bessere Bedingungen zu schaffen und ihre Verantwortlichkeit noch besser zu bestimmen, mit ihnen im ständigen Gespräch zu bleiben, Fragen der Politik auf dem Gebiet der Kunst und Kultur mit ihnen gemeinsam zu erörtern und sie systematisch mit einzubeziehen in Diskussionen und Auseinandersetzungen mit negativen und noch schwankenden Kräften. Damit sollte das Ziel verfolgt werden, die prinzipielle Linie der Partei im breiten Maße von progressiven Kräften, die bis in die unteren Ebenen wirken, durchsetzen zu helfen.
Progressive Kräfte bringen zum Ausdruck, der von der Partei eingeschlagene Weg der differenzierten politischen Aussprache sei richtig, wünschen aber gleichzeitig, dass er verstärkt weitergeführt und nach einheitlichen Prinzipien bis in mittlere und untere Ebenen durchgesetzt wird.
Es sollte angestrebt werden, dass offensive politische Gespräch so zu führen, dass im bestimmten Maße aufkommende und sich entwickelnde Unzufriedenheiten, Schwankungen von vornherein abgebaut werden. (Ein Teil der Mitwirkenden an den DEFA-Filmen »Das Versteck« und »Feuer unter Deck«10 versteht z. B. nicht, warum mit ihnen nicht rechtzeitig über die Ursachen der Absetzung der geplanten Uraufführungen gesprochen und ihnen der Weg aufgezeigt wurde, wie weiter verfahren wird. Negative und schwankende Kräfte nahmen dies zum Anlass zu starken Anwürfen gegen die Kulturpolitik; bei progressiven Kräften kam Unzufriedenheit und teilweise Unverständnis auf.) Anstehende Probleme sollten kurzfristig geklärt werden unter Einbeziehung der Beteiligten, sodass jeweils eine abgestimmte Entscheidung getroffen wird.
Solche Veranstaltungen wie zur Eröffnung der Akademie der Künste,11 die der Festigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kulturschaffenden und Partei dienten, wurden von progressiven Kräften als außerordentlich gut und fruchtbringend beurteilt; sie sollten in ähnlicher Form Wiederholung finden und auch auf den anderen Leitungsebenen stärker praktiziert werden.
Nach Auffassung progressiver Kräfte ist die politische Führungs- und Leitungstätigkeit, insbesondere des Schriftstellerverbandes der DDR, in der Vergangenheit oftmals nicht den Anforderungen zur Verwirklichung der Parteibeschlüsse gerecht geworden. Insbesondere mangele es an einer politisch-ideologischen Einflussnahme durch den Verband der Schriftsteller und an der prinzipiellen ideologischen Auseinandersetzung mit feindlich-negativen Auffassungen. (Als Schwerpunkt wird dahingehend der Berliner Schriftstellerverband genannt.)
Es sollte deshalb vorrangig angestrebt werden – unter Mitwirkung und Kontrolle der Parteiorganisation des Schriftstellerverbandes – den leitenden Gremien und Sekretären des Verbandes mehr Verantwortung bei gleichzeitiger Hebung ihrer Autorität zu übertragen und die hauptamtlichen und gewählten Funktionäre politisch und in ihrer Wirksamkeit zu stärken sowie bei Nichterfüllung ihrer Aufgaben personelle Veränderungen vorzunehmen.
Die ideologischen Auseinandersetzungen mit politisch-negativen Auffassungen, auch in anderen Künstlerverbänden sowie auch in anderen kulturellen Einrichtungen, sollten durch die Parteiorganisationen zur Durchsetzung unserer Kulturpolitik weiterentwickelt und konsequent fortgeführt werden. Ausgangspunkt dieser Auseinandersetzungen sollten die politisch-progressiven Entwicklungstendenzen in diesen Gremien sein. (Vorrangig sollte das geschehen in der Akademie der Künste, in der Redaktion »Sinn und Form«,12 in den Verlagen, im Deutschen Theater, im Berliner Ensemble, an Hoch- und Fachschulen auf kulturellem Gebiet, im Komitee für Unterhaltungskunst,13 in den Fachabteilungen des Ministeriums für Kultur.)
Nach den vorliegenden Erkenntnissen sollten in der weiteren Arbeit im kulturellen Bereich folgende Probleme besonders beachtet werden:
Künstler und Kulturschaffende, die Mitglieder unserer Partei sind, können aufgrund ihrer Tätigkeit keine Sonderrechte für das Parteileben beanspruchen. Sie sind als Genossen anzusprechen und zu behandeln, die Parteidisziplin hat auch für sie volle Gültigkeit.
In der Vergangenheit entstand unter progressiven Kräften verbreitet der Eindruck, dass politisch-negativen Kulturschaffenden Zugeständnisse gemacht werden, anstatt sich prinzipiell mit ihnen auseinanderzusetzen.
Für ihr Vorgehen sei typisch, dass sie sich mit ihren Anliegen meistens unmittelbar an höchste Partei- und Staatsorgane wenden (z. B. bei Westreisen) und entsprechende Entscheidungen erwirken. Dadurch kam es zu Entscheidungen, die im Gegensatz zu denen nachgeordneter Organe standen oder ohne jede Konsultation mit ihnen erfolgten. (Stefan Heym z. B. gab grundsätzlich bei Einladungen zu Lesereisen in das westliche Ausland erst seine Zusage und wandte sich danach unter Umgehung des Schriftstellerverbandes wegen des notwendigen Visums direkt an den Leiter der HV Verlage und Buchhandel, Genossen Höpcke. Ohne Konsultation mit dem Schriftstellerverband wurden von diesem Reisen genehmigt. Damit wurde die Autorität des Schriftstellerverbandes untergraben, Heym aber in seinem erpresserischen Vorgehen bestärkt. Ähnliche Beispiele sind auch aus anderen kulturellen Bereichen bekannt.)
Weitestgehend einheitliche Entscheidungen für alle Kulturschaffenden würden in den dafür vorgesehenen und kompetenten Gremien zu einer Festigung des Vertrauensverhältnisses Partei – Kulturschaffende wesentlich beitragen. Es sollte unterbunden werden, dass Kulturschaffende persönliche Gespräche mit Genossen aus den zentralen Partei- und Staatsorganen dazu ausnutzen können, kulturelle Institutionen bzw. zuständige staatliche Organe gegeneinander auszuspielen und untere Entscheidungsebenen als nicht kompetent für bestimmte Entscheidungen hinzustellen. Wesentliche Bedeutung ist einer größeren Einheitlichkeit des Vorgehens der verschiedensten kulturpolitischen Institutionen und zuständigen staatlichen Organen beizumessen. Das heißt, in allen staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen der DDR eine einheitliche, aufeinander abgestimmte Durchsetzung der Beschlüsse von Partei und Regierung auf dem Gebiet der Kulturpolitik zu gewährleisten, um die progressiven, der Partei treu ergebenen Schriftsteller und Künstler sowie Kulturschaffenden weiter zu stärken, die Einflüsse und Aktivitäten feindlich-negativer Kräfte gemeinsam zurückzudrängen und damit dem Gegner zugleich die Möglichkeiten zur Schaffung feindlicher Stützpunkte zu entziehen.
Das aufeinander abgestimmte einheitliche Vorgehen sollte insbesondere gesichert werden durch
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die staatlichen Einrichtungen wie
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das Ministerium für Kultur mit seinen Nachfolgeeinrichtungen wie Verlage, Filmstudios, Theater, Komitee für Unterhaltungskunst, VEB Deutsche Schallplatte, Akademie der Künste, Künstleragentur,14 Konzert- und Gastspieldirektionen, staatliche Kulturhäuser, Abteilungen Kultur der Räte der Bezirke und Kreise;
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das Staatliche Komitee für Fernsehen15 und das Staatliche Komitee für Rundfunk;16
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dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen unterstellte Bildungseinrichtungen auf dem Gebiet der Kunst und Kultur;
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die gesellschaftlichen Institutionen und Verbände wie Schriftstellerverband, Künstlerverbände, die FDJ mit ihren kulturellen Einrichtungen, Kulturbund, Gewerkschaft Kunst u. a.
Schwerpunkte sollten dabei sein:
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Verstärkte politisch-ideologische Auseinandersetzungen mit negativen und anderen von der Politik der Partei abweichenden Auffassungen und Verhaltensweisen;
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die Stärkung der Autorität und Verantwortung der vorgenannten staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen, einschließlich deren personelle Besetzung sowie
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die Durchsetzung der vorhandenen und Schaffung neuer staatlicher Normative zur einheitlichen Durchsetzung der Kulturpolitik der Partei in einer Reihe staatlicher Institutionen.
Die einheitliche Durchsetzung der Kulturpolitik der Partei erfordert, umgehend und perspektivisch im verstärkten Maße parteiverbundene und fachlich gut ausgebildete Kader im kulturellen Bereich einzusetzen bzw. heranzubilden.
Es handelt sich dabei sowohl um solche Kader, die in staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen in hauptamtlichen oder Wahlfunktionen tätig sind, wie z. B. Verlagslektoren, Dramaturgen, Redakteure und Regisseure, Kader für die internationale Arbeit, Sekretäre und Vorstandsmitglieder von Verbänden, Mentoren und Betreuer im Bereich der Unterhaltungskunst, Klubhausleiter, Klubräte und andere, als auch um Schriftsteller, Künstler und Kulturschaffende, die die DDR im In- und Ausland würdig repräsentieren.
Die Zulassung zum Studium, vor allem aber die Ausbildung an den entsprechenden Einrichtungen, trägt den kulturpolitischen Erfordernissen noch nicht genügend Rechnung. Bei der Auswahl von Kadern und Förderung von Talenten muss neben ihrer künstlerischen Veranlagung stärker als bisher ihre politische Haltung, ihr Persönlichkeitsbild und gesellschaftliches Engagement beachtet werden.
Das erfordert, den gesamten politisch-ideologischen Erziehungsprozess bei den für die Ausbildung verantwortlichen Kadern wie Professoren, Dozenten und Assistenten an den Ausbildungsstätten für Kader, die in kulturellen Bereichen zum Einsatz kommen, durchgängig zu verstärken. Die gesellschaftlichen Erziehungsträger in den Ausbildungsstätten sollten analog stärker wirksam werden. Mit Beendigung der Ausbildung muss kontinuierlich eine weitere einheitliche Entwicklung durch ein aufeinander abgestimmtes Vorgehen beim Einsatz der Kader erfolgen.
Die künftige Arbeit der Verlage erfordert, möglichst kurzfristig mehr Lektoren mit einer klaren politischen Haltung auszubilden und einzusetzen, die befähigt sind, das literarische Schaffen und öffentliche Wirken der Schriftsteller und Autoren besonders politisch positiv zu beeinflussen und dauerhaft zu stabilisieren. (Das betrifft insbesondere die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur, den Hinstorff-Verlag Rostock, den Aufbau Verlag Berlin/Weimar, den Buchverlag »Der Morgen«.)
Die internationale Arbeit, insbesondere die Reisetätigkeit in das nichtsozialistische Ausland, sollte im kulturellen Bereich straffer organisiert werden. Konsequente Anwendung der existierenden staatlichen Normative und Richtlinien sind Voraussetzungen. Maßstab ist die Repräsentation der sozialistischen Nationalkultur der DDR im Ausland. Reisen, die diesem Zweck nicht dienen (ausgenommen Reisen aus kommerziellen Gründen und Studienreisen), sollten nicht genehmigt werden. Mit Kulturschaffenden, die sich während Auslandsaufenthalten nicht entsprechend den an sie zu stellenden politischen Anforderungen verhalten, sollten prinzipielle politisch-ideologische Auseinandersetzungen geführt und weitere Ausreisen von ihrem Verhalten abhängig gemacht werden.
Die Auswahl der Kader, die im Ausland auftreten, sollte grundsätzlich verbessert werden. (Es sollte vermieden werden, dass, wie in der Vergangenheit, die DDR-Literatur in den USA ausschließlich durch solche Schriftsteller wie Christa und Gerhard Wolf, Ulrich Plenzdorf und Günter Kunert repräsentiert wird. Die Auslandsarbeit des Schriftstellerverbandes basierte in vielen Fällen praktisch auf persönlichen Wünschen und Vorstellungen einzelner Schriftsteller.) Es sollten konkrete Konzeptionen für die Reisetätigkeit zur Repräsentation unserer sozialistischen Kultur im westlichen Ausland erarbeitet werden, in denen in erster Linie klassenbewusste, parteiverbundene, progressive Kulturschaffende zu berücksichtigen sind.
Nach vorliegenden Hinweisen progressiver Kräfte wird die Mitarbeit des DDR-PEN im Internationalen PEN ausschließlich durch Hermlin, Prof. Kamnitzer u. a. wahrgenommen. Es fehle eine klare politische Konzeption, wie das DDR-PEN im Internationalen PEN wirksam werden solle. Dadurch sei es z. B. zu solchen Erscheinungen gekommen, dass Hermlin während der Tagung des Internationalen PEN im September 1976 in London einer Petition zustimmte, in der zur Solidarität mit in der Sowjetunion und anderen sozialistischen Ländern inhaftierten Feinden aufgerufen wird.17
Ideelle und materielle Privilegien begünstigten in der Vergangenheit teilweise feindlich-negative Kräfte. Sie sollten ihnen in geeigneter Weise systematisch entzogen werden und progressiven Kräften zugute kommen. Die Stipendienpolitik der Künstlerverbände und die Verteilung von Studienreisen sollten überprüft werden und vor allem dazu dienen, talentierte progressive Kräfte gezielt zu fördern.
Stärkere Differenzierung als bisher ist bei der Förderung und Publizierung der materiellen Unterstützung in Form von Stipendien oder Förderungsverträgen im Zusammenhang mit Beat-Gruppen, Combos, Laienkapellen und anderen Formationen in Erwägung zu ziehen. Von ihrem politischen Verhalten und Auftreten, ihren Programmen und ihrer Persönlichkeit sollten grundsätzlich die Zulassung für öffentliche Auftritte und Spielgenehmigungen, Erteilung von Berufsausweisen sowie Genehmigung für Auslandsgastspiele abhängig gemacht werden.
Probleme ähnlicher Art, die einer Lösung bedürfen, betreffen einen Großteil freischaffender Künstler und Schriftsteller, die sich jeglicher Einflussnahme durch staatliche oder gesellschaftliche Einrichtungen entziehen. Es ist zu erwägen, dass – ähnlich der Verfahrensweisen bei freischaffenden Journalisten – über die Zulassung für eine freischaffende Tätigkeit durch eine Kommission entschieden wird und Voraussetzungen dafür zugleich der Nachweis der festen Bindung an einen Verlag bzw. andere Einrichtung ist.
Ähnliche Überlegungen sind bei der weiteren Verleihung von Kunst- und Literaturpreisen der DDR erforderlich, die ebenfalls gezielt zur Förderung und Anerkennung progressiver Kräfte eingesetzt werden sollten. Mit ihrer Verleihung muss gleichzeitig dem Hochspielen feindlich-negativer Kräfte durch den Gegner differenziert entgegengetreten werden. Es sollte Klarheit darüber geschaffen werden, dass Literatur- und Kunstpreise aus dem westlichen Ausland klassengebunden und nicht ideologiefrei sind.
Literatur- und Kunstkritik sollten qualifiziert werden und dürfen nicht wie in der Vergangenheit ideologischen Fragen zum großen Teil ausweichen und sich nur auf ästhetische Kategorien beschränken.
Es ist damit zu rechnen, dass die Bestrebungen vieler Kulturschaffender, in der BRD und anderen westlichen Ländern zu veröffentlichen bzw. ausstellen zu wollen usw., anhalten und von feindlich-negativen Kräften zu verstärkten Angriffen gegen den realen Sozialismus genutzt werden. Die gegenwärtigen Regelungen des Urheberrechtes, die Statuten des Büros für Urheberrechte sowie andere staatsrechtliche Regelungen sichern keine wirksamen Sanktionen, wenn unter Umgehung des Büros für Urheberrechte18 oder gegen dessen Stellungnahme Manuskripte Verlagen in nichtsozialistischen Staaten zum Druck übergeben werden.
Neben der konsequenten Durchsetzung vorhandener Normative sollte geprüft werden, ob diese noch mit den gegenwärtigen Lagebedingungen übereinstimmen und sich gegebenenfalls Neuregelungen erforderlich machen. Analog dazu empfiehlt es sich, den Inhalt der Statuten oder Satzungen der Künstlerverbände zu überprüfen, zu ergänzen oder zu verändern.
In der Vergangenheit wurden Buchlesungen von feindlich-negativen Kräften ausgenutzt, um aus politisch-ideologisch fragwürdigen »Werken« zu lesen. Es sollte geprüft werden, ob und welche Möglichkeiten bestehen bzw. geschaffen werden können, derartige Aktivitäten zu unterbinden.
Die Verantwortung der Publikationsorgane und Massenmedien zur Durchsetzung der sozialistischen Kulturpolitik ist weiter zu erhöhen. Die Möglichkeiten zur Popularisierung talentierter progressiver Kräfte müssen im einheitlichen Vorgehen stärker genutzt werden, um eine positive Massenbeeinflussung zu erreichen und den Einfluss negativer Idole zurückzudrängen. Es sollte verhindert werden, dass Publikationsorgane und Massenmedien politisch-negativ in Erscheinung getretene Künstler und Kulturschaffende popularisieren, mit denen zur gleichen Zeit politische Auseinandersetzungen geführt werden.
Solche Organe wie »Sinn und Form«, »Neue Deutsche Literatur«,19 »Filmspiegel«, illustrierte Zeitschriften, »Weimarer Beiträge«20 und andere sollten politisch und personell gestärkt und in parteiliche Auseinandersetzungen mit politisch-negativen Theorien wirksamer einbezogen werden.