Aktivitäten westalliierter Soldaten in Ostberlin (Juni 1977)
6. Juli 1977
Information Nr. 449/77 über Aktivitäten, Vorkommnisse und rechtswidrige Handlungen von Angehörigen der in Westberlin stationierten westlichen Besatzungstruppen bei der Einreise und dem Aufenthalt in der Hauptstadt der DDR, Berlin, im Zeitraum vom 1.6. bis 30.6.1977
Im Monat Juni 1977 reisten 1 537 Angehörige der in Westberlin stationierten Besatzungstruppen der USA, Großbritanniens und Frankreichs mit 452 Militärfahrzeugen in die Hauptstadt der DDR, Berlin, ein. (Vormonat 1 641 Besatzer mit 485 Kfz) Darunter befanden sich 673 Angehörige (189 Kfz) (Vormonat 683/194) der in Westberlin stationierten Militärinspektionen (MI) der USA, Großbritanniens und Frankreichs, davon 423 Angehörige der MI der USA (121 Kfz), 138 Großbritanniens (36 Kfz) und 112 Frankreichs (32 Kfz).
Durch die Angehörigen der drei westlichen MI wurden auch im Monat Juni in 84 Fällen (Vormonat 115 Fälle) unter Missachtung der ihnen eingeräumten Befugnisse Gesetze und Ordnungen der DDR verletzt, woran Angehörige der MI der USA in 45 Fällen, Großbritanniens in 33 Fällen und Frankreichs in sechs Fällen beteiligt waren.
Von den Angehörigen der drei westlichen MI wurden im genannten Zeitraum u. a. in 35 Fällen (Vormonat 54 Fälle) die Straßenverkehrsordnung (StVO) der DDR durch Begehung von Ordnungswidrigkeiten verletzt und wiederum Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet sowie die Sicherheit im Straßenverkehr beeinträchtigt.
Diese Verletzungen beinhalten im Wesentlichen:
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Befahren gesperrter bzw. für den Durchgangsverkehr gesperrter Straßen
(Verstoß gegen §§ 3, 4 und 9 StVO)1 – (14 Fälle),
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verkehrswidriges Abbiegen, gebotswidriges Einordnen
(Verstoß gegen §§ 4, 6 und 15 StVO) – (10 Fälle),
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Halten im Halteverbot
(Verstoß gegen § 19 StVO) – (6 Fälle).
Hierzu folgende Beispiele:
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Am 7.6.1977, 8.40 Uhr, befuhr das Aufklärungsfahrzeug der MI der USA, BC 225, besetzt mit drei Angehörigen der US-Armee, in Berlin-Lichtenberg die Normannenstraße und bog erneut (siehe Dokumentation zur Information Nr. 332/77) unter Missachtung des Verkehrszeichens »Linksabbiegen verboten« sowie des Überfahrens einer Sperrfläche entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung in die als Einbahnstraße gekennzeichnete Schottstraße ein und
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am 6.6.1977, 12.40 Uhr, verstieß das mit vier Angehörigen der US-Armee besetzte Aufklärungsfahrzeug der MI der USA, BC 227, in gleicher Art und Weise gegen die StVO der DDR. (Verstoß gegen §§ 4, 6, 9 und 15 StVO) – (vgl. Dokumentation zur Information Nr. 394/77)
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Am 28.6.1977, 8.53 Uhr, fuhr das mit drei Angehörigen der US-Armee besetzte Aufklärungsfahrzeug der MI der USA, BC 221, in Berlin-Friedrichshain vom Strausberger Platz kommend, bei rot geschalteter Lichtsignalanlage in die Lichtenberger Straße. (Verstoß gegen §§ 2, 4 und 15 StVO)
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Am 28.6.1977, 11.03 Uhr, ordnete sich das Aufklärungsfahrzeug der MI der USA, BC 226, besetzt mit drei Angehörigen der US-Armee, in Berlin-Friedrichshain, Torellstraße, in die Rechtsabbiegespur ein und fuhr verkehrswidrig geradeaus weiter. (Verstoß gegen §§ 4, 6 und 15 StVO)
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Am 29.6.1977, 9.46 Uhr, bog das mit drei Angehörigen der US-Armee besetzte Aufklärungsfahrzeug der MI der USA, BC 225, in Berlin-Friedrichshain entgegen dem Verkehrszeichen »Linksabbiegen verboten« von der Alfred-Kowalke-Straße nach links in die Straße Am Tierpark ein. (Verstoß gegen §§ 4, 6 und 15 StVO)
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Das gleiche Aufklärungsfahrzeug (4 Insassen) fuhr am 30.6.1977, 12.19 Uhr, in Berlin-Malchow von der Dorfstraße aus in einen für Fahrzeuge aller Art (außer Anlieger) gesperrten Feldweg ein. (Verstoß gegen §§ 3 und 4 StVO)
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Am 1.6.1977, 11.13 Uhr, befuhr das Aufklärungsfahrzeug der MI Großbritanniens, 54 XB 76, besetzt mit vier Angehörigen der britischen Armee, in Berlin-Friedrichsfelde die ab Merler Weg für eine Fahrtrichtung oder Einfahrt gesperrte Beilsteiner Straße. Außerdem besteht hier Verkehrsverbot für Fahrzeuge aller Art (außer Anlieger). Das gleiche Fahrzeug ordnete sich 11.28 Uhr in Berlin-Prenzlauer Berg, Dimitroffstraße, in die Geradeausspur ein und bog verkehrswidrig nach rechts in die Prenzlauer Allee ein. (Verstöße gegen §§ 3, 4, 6, 9 und 15 StVO)
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Am 2.6.1977, 9.41 Uhr, fuhr das Aufklärungsfahrzeug der MI Großbritanniens, 53 XB 97, besetzt mit vier Angehörigen der britischen Armee, in Berlin-Pankow bei gelb-rot geschalteter Lichtsignalanlage über die Kreuzung Prenzlauer Promenade/Am Steinberg.
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Das gleiche Aufklärungsfahrzeug bog um 12.00 Uhr in Berlin-Mitte, vom Parkplatz Rathauspassagen kommend, entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung nach rechts in die mit dem Verkehrsschild »Verbot einer Fahrtrichtung oder Einfahrt« (außer Dienstfahrzeuge des Magistrates) ausgeschilderte Jüdenstraße ein und parkte dort bis 12.25 Uhr. (Verstöße gegen §§ 3, 4 und 9 StVO)
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Am 27.6.1977, 10.45 Uhr, befuhr das mit vier Angehörigen der britischen Armee besetzte Aufklärungsfahrzeug der MI Großbritanniens, 59 XB 11, in Berlin-Weißensee die Klement-Gottwald-Allee. Das Kfz ordnete sich vor der Rennbahnstraße in die Linksabbiegespur ein und fuhr verkehrswidrig geradeaus weiter. (Verstoß gegen §§ 4, 6 und 15 StVO)
Durch die Insassen des Aufklärungsfahrzeuges der MI Frankreichs, 651 – 0476, wurde wie folgt gegen die StVO der DDR verstoßen:
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Am 2.6.1977, 14.34 Uhr, ordnete sich das mit drei Angehörigen der französischen Armee besetzte Kfz in Berlin-Weißensee, Klement-Gottwald-Allee/Ecke Rennbahnstraße, in die Linksabbiegespur ein und fuhr verkehrswidrig geradeaus weiter und
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14.59 Uhr bog der Pkw ebenfalls in Berlin-Weißensee von der Klement-Gottwald-Allee entgegen dem Verkehrszeichen »Linksabbiegen verboten« nach links in die Falkenberger Straße ein.
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Am 22.6.1977, 12.54 Uhr, wendete das Aufklärungsfahrzeug, besetzt mit vier Angehörigen der französischen Armee, in Berlin-Friedrichsfelde im Stauraum der Kreuzung Massower Straße/Straße der Befreiung. (Verstoß gegen §§ 4, 6, 15 und 16 StVO)
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Am 3.6.1977, 10.14 Uhr, wendete das Aufklärungsfahrzeug der MI Frankreichs, 651 – 0477, besetzt mit drei Angehörigen der französischen Armee, in Berlin-Karlshorst im Bereich des Bahnübergangs in der Köpenicker Allee und überfuhr dabei die Sperrlinie. (Verstoß gegen §§ 6, 16 StVO)
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Am 13.6.1977, 16.30 Uhr, bog das Aufklärungsfahrzeug der MI Frankreichs, 291 – 0628, besetzt mit fünf Angehörigen der französischen Armee, in Berlin-Lichtenberg von der Normannenstraße in den für Fahrzeuge aller Art (außer Anlieger) gesperrten Teil der Ruschestraße ein. In Höhe Hoenerweg wurde das Kfz von einem Verkehrsposten der Deutschen Volkspolizei gestoppt und zum Wenden aufgefordert. Diese Aufforderung wurde vom Fahrzeugführer befolgt und der Pkw fuhr zurück in die Normannenstraße. (Verstoß gegen §§ 3 und 4 StVO)
Die Angehörigen der in Westberlin stationierten MI der USA, Großbritanniens und Frankreichs hielten sich im Monat Juni 1977 zur Durchführung von Aufklärungsfahrten insgesamt in
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50 Fällen bis zu 2 Stunden,
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127 Fällen von 2 bis 4 Stunden,
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12 Fällen über 4 Stunden
in der Hauptstadt der DDR, Berlin, auf.
Aufenthaltsdauer | bis 2 Std. | 2–4 Std. | über 4 Std. |
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MI der USA | 50 Kfz | 71 Kfz | – |
MI Großbritanniens | – | 25 Kfz | 11 Kfz |
MI Frankreichs | – | 31 Kfz | 1 Kfz |
Zur Durchführung von Aufklärungsfahrten in der Hauptstadt der DDR, Berlin, wurden durch die MI der USA fünf, Großbritanniens sieben und Frankreichs sechs verschiedene Kfz eingesetzt. Nach wie vor werden durch Angehörige der MI zu Aufklärungszwecken vorwiegend Fahrtrouten bevorzugt, an denen sich Objekte der Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR und der GSSD befinden.
Im Monat Juni 1977 wurden in 607 Fällen (Vormonat 687 Fälle) Angehörige der drei westlichen MI an Objekten der Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR und der GSSD in der Hauptstadt der DDR, Berlin, festgestellt, darunter in
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343 Fällen an Objekten des MfS,
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103 Fällen an Objekten der Grenztruppen der DDR,
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66 Fällen an Objekten der NVA,
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37 Fällen an Objekten der GSSD,
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14 Fällen an Objekten des MdI.
Beteiligt waren daran Angehörige der MI der USA in 421 (69 %), Großbritanniens in 137 (23 %) und Frankreichs in 49 (8 %) Fällen.
Weiteren Feststellungen zufolge drangen im Monat Juni 1977 in 49 Fällen (Vormonat 61 Fälle) Angehörige der drei westlichen MI rechtswidrig in für sie gesperrte Gebiete ein. Das rechtswidrige Eindringen in Sperrgebiete erfolgte von Angehörigen der MI der USA in 36 Fällen und Großbritanniens in 13 Fällen, u. a. in
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23 Fällen in Berlin-Niederschönhausen, Buchholzer Straße,
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9 Fällen in Berlin-Treptow, Bouchéstraße,
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5 Fällen in Berlin-Johannisthal, Groß-Berliner Damm,
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5 Fällen in Berlin-Rahnsdorf, Fahlenbergstraße,
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4 Fällen in Berlin-Buch, Hobrechtsfelder Chaussee.
(Verstoß gegen die Sperrgebietsordnung vom 21.6.1963)2
Diese Aufklärungsfahrten wurden erneut zur Beobachtung und Dokumentierung von militärischen u. a. Objekten, Einrichtungen sowie Kfz- und Personenbewegungen genutzt.
Hierzu folgende Beispiele:
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Am 14.6.1977, 13.50 Uhr, fuhr das Aufklärungsfahrzeug der MI der USA, BC 224, besetzt mit drei Angehörigen der US-Armee, in Berlin-Rahnsdorf von der Fürstenwalder Allee kommend, zur Durchführung von Aufklärungshandlungen und unter Missachtung eines MVM-Verbotsschildes in die Fahlenbergstraße ein.
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Am 24.6.1977, 10.30 Uhr, durchfuhr das Aufklärungsfahrzeug der MI der USA, BC 227, besetzt mit vier Angehörigen der US-Armee, in Berlin-Treptow die Bouchéstraße bzw. um 10.33 Uhr die Elsenstraße unter Missachtung von MVM-Verbotsschildern.
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Am 30.6.1977, 11.44 Uhr, durchfuhr das Aufklärungsfahrzeug der MI der USA, BC 225, besetzt mit vier Angehörigen der US-Armee, in Berlin-Pankow die Buchholzer Straße bzw. um 12.00 Uhr die Hobrechtsfelder Chaussee unter Missachtung von MVM-Verbotsschildern.
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Am 16.6.1977, 12.55 Uhr, befuhr das Aufklärungsfahrzeug der MI Großbritanniens, 63 XB 97, besetzt mit vier Angehörigen der britischen Armee, in Berlin-Rahnsdorf den für Fahrzeuge aller Art (außer Anlieger) gesperrten und mit einem MVM-Verbotsschild versehenen Lagunenweg. (Verstoß gegen §§ 3 und 4 StVO)
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Am 20.6.1977, 10.40 Uhr, durchfuhr das Aufklärungsfahrzeug der MI Großbritanniens, 59 XB 11, besetzt mit vier Angehörigen der britischen Armee, in Berlin-Treptow die Elsenstraße, wobei ein MVM-Verbotsschild missachtet wurde. Um 10.50 Uhr fuhr der Pkw in Berlin-Johannisthal unter Missachtung eines MVM-Verbotsschildes in den Groß-Berliner Damm ein, wo er gegenüber der Einfahrt zum Objekt der Grenztruppen der DDR hielt. Nach der Durchführung von Beobachtungshandlungen durch die Insassen erfolgte die Weiterfahrt in Richtung Segelfliegerdamm. Am gleichen Tag, 12.01 Uhr, befuhr das Kfz den für Fahrzeuge aller Art (außer Anlieger) gesperrten und mit einem MVM-Verbotsschild versehenen Lagunenweg in Berlin-Rahnsdorf. (Verstoß gegen §§ 3 und 4 StVO)
Des Weiteren wurde durch die Insassen des gleichen Fahrzeuges der MI Großbritanniens, jeweils mit vier Angehörigen der britischen Armee besetzt, am 21.6.1977, 12.50 Uhr, bzw. am 27.6.1977, 10.30 Uhr, in Berlin-Hohenschönhausen, Ferdinand-Schultze-Straße, im Halteverbot stehend (Verstoß gegen § 19 StVO), ein Objekt des MfS fotografiert und am 28.6.1977, von 16.30 Uhr bis 16.45 Uhr, fuhr das Kfz von Berlin-Schönefeld bis Berlin-Schöneweide einer Fahrzeugkolonne der Grenztruppen der DDR hinterher, wobei durch die Insassen Beobachtungshandlungen, Aufzeichnungen und Fotoaufnahmen vorgenommen wurden.
Anlage zur Information Nr. 449/77
Zur persönlichen Information des Genossen Chotulew3
Am 28.6.1977, 8.15 Uhr, ereignete sich in Berlin-Prenzlauer Berg, Parkplatz vor der Werner-Seelenbinder-Halle, ein Verkehrsunfall zwischen dem Aufklärungsfahrzeug der MI der USA, BC 221, besetzt mit drei Angehörigen der US-Armee und einem Pkw aus der Hauptstadt der DDR, Berlin.
Der Unfall wurde schuldhaft vom Fahrer des DDR-Pkw verursacht, da dieser beim Befahren des Parkplatzes nicht die vorgezeichnete Fahrspur einhielt und dadurch mit dem MI-Fahrzeug zusammenstieß. Personen wurden nicht verletzt. Am Pkw der MI der USA entstand ein Sachschaden von ca. 600 M und am Pkw des DDR-Bürgers von ca. 400 M.
Der Unfall wurde durch die Verkehrsunfallbereitschaft der Deutschen Volkspolizei aufgenommen.