Asylersuchen eines westdeutschen Schlossers bei Marienborn
27. April 1977
Information Nr. 274/77 über ein Asylersuchen durch den Bürger der BRD, [Name 1, Vorname 1], am 24.4.1977
Am 24.4.1977, gegen 13.20 Uhr, wurde durch die Grenztruppen der DDR der BRD-Bürger [Name 1, Vorname 1] (35), geb. am [Tag] 1942, wohnhaft: Dortmund, [Adresse], Beruf: Kfz-Schlosser, zuletzt ohne Beschäftigung, Familienstand: verheiratet, 3 Kinder, festgenommen, als er im Bereich der Grenzübergangsstelle Marienborn auf dem Gleiskörper der Bahnlinie Helmstedt–Marienborn widerrechtlich in das Staatsgebiet der DDR eindrang. Er ersuchte um Aufnahme in die DDR.
Die durch das MfS bisher geführten Untersuchungen ergaben:
[Name 1] lebt seit 1947 mit seinen Eltern in der BRD. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er den Beruf eines Kfz-Schlossers und meldete sich im Jahre 1960 aus Abenteuerlust freiwillig zur französischen Fremdenlegion, aus der er 1965 nach Ablauf der Verpflichtung ausschied. Im Juni 1965 ersuchte er um Aufnahme in die DDR. Nach seinen Angaben habe er sich mit seiner Ehefrau und den Eltern nicht verstanden. Aufgrund der ungeklärten Familienverhältnisse und der ehemaligen Zugehörigkeit zur Fremdenlegion wurde er in die BRD zurückgewiesen. Mit der Begründung, nicht in die Bundeswehr eingezogen zu werden, wollte [Name 1] 1966 erneut in die DDR übersiedeln. Dem Aufnahmeersuchen wurde, da keine zweifelsfreie Klärung der tatsächlichen Beweggründe sowie der familiären Verhältnisse möglich war, nicht stattgegeben.
Seinen Angaben zufolge arbeitete [Name 1] anschließend bis 1967 als Kfz-Schlosser bei MAN, danach bis 1970 bei der Firma Hoesch und bis 1975 erneut bei MAN in Dortmund. In der Folgezeit war er arbeitslos, führte jedoch Gelegenheitsarbeiten als Installateur durch und half zeitweilig im Restaurant seiner Eltern in Dortmund.
Im Februar 1976 hielt sich [Name 1] mit seinem Vater für sechs Tage besuchsweise bei seiner Tante, [Name 2, Vorname], wohnhaft in Züllsdorf, Kreis Herzberg, auf, mit der er und seine Eltern in ständiger persönlicher und telefonischer Verbindung stehen.
Infolge der ständigen Arbeitslosigkeit und seiner Unzufriedenheit mit den Lebensverhältnissen in der BRD entschloss er sich Mitte April 1977, erneut um Aufnahme in die DDR zu ersuchen. Nachdem er am 20.4.1977 mit seinen Eltern übereingekommen sei, in die DDR überzusiedeln, begab er sich am Vormittag des 23.4.1977 mit dem Zug nach Hannover, übernachtete dort und fuhr am 24.4.1977 mit dem Omnibus über Braunschweig nach Helmstedt und drang – wie schon erwähnt – auf dem Gleiskörper der Bahnstrecke Helmstedt–Marienborn in die DDR ein.
[Name 1] gibt an, weder vorbestraft noch verschuldet zu sein. Er werde von den BRD-Behörden auch nicht gesucht. Im Jahre 1965 heiratete er in der BRD die [Vorname 2 Name 1]. Weiter gibt [Name 1] an, seit 1968 von seiner Frau getrennt zu leben, da sie ihn mit zwei Kindern mit unbekanntem Aufenthaltsort verlassen habe. Das dritte Kind aus dieser Ehe befindet sich bei seinen Eltern, denen auch das Sorgerecht übertragen worden sei.
Im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens werden durch das MfS im Zusammenwirken mit den anderen zuständigen staatlichen Organen sorgfältig die Umstände und Beweggründe seines Aufnahmeersuchens in die DDR geprüft und danach Vorschläge für die weitere Verfahrensweise unterbreitet.