Durchsetzung der neuen Visumspflicht für Einreisen nach Ostberlin
3. Januar 1977
Information Nr. 1/77 über erste Hinweise im Zusammenhang mit der Durchsetzung der seit 1.1.1977 eingeführten Visapflicht für Einreisen von Westberlin aus zum Tagesaufenthalt in die Hauptstadt der DDR, Berlin, durch Bürger anderer Staaten und Staatenlose
Die von der Regierung der DDR mit dem Erlass der 13. Durchführungsbestimmung zum Passgesetz der DDR getroffenen Maßnahmen zur Schaffung einheitlicher und ordnungsgemäßer Grundlagen für den Reiseverkehr in die DDR und ihre Hauptstadt, Berlin, werden seit dem 1.1.1977, 0.00 Uhr, an den Grenzübergangsstellen Friedrich-/Zimmerstraße und Bahnhof Friedrichstraße konsequent durchgesetzt.1
Die von den zuständigen Organen der DDR in diesem Zusammenhang getroffenen gründlichen Vorbereitungen (u. a. Ausgabe von Merkblättern in deutscher, englischer, französischer, italienischer, türkischer, griechischer, serbo-kroatischer und arabischer Sprache an den Grenzübergangsstellen zur erforderlichen Informierung der Einreisenden) waren zweckmäßig und ausreichend und gewährleisten – wie die bisherigen Ergebnisse beweisen – eine jederzeit zügige und reibungslose Abfertigung und Kontrolle der betreffenden Reisekategorien.
In der Zeit vom 1.1.1977, 0.00 Uhr, bis 2.1.1977, 24.00 Uhr, reisten insgesamt 2 757 Ausländer, überwiegend Bürger arabischer Staaten und Türken, (außer BRD- und Westberliner Bürger) von Westberlin aus mit Visum zum Tagesaufenthalt in die Hauptstadt der DDR, Berlin, ein. Der Umfang dieses Reiseverkehrs entspricht in Gegenüberstellung zum gleichen Zeitraum des Vorjahres (3 804) einem Rückgang um 27 %.
Bis auf wenige Ausnahmen (8 Personen) reisten bisher alle Personen, wie die gesetzlichen Bestimmungen das vorsehen, bis 24.00 Uhr wieder aus der Hauptstadt der DDR, Berlin, nach Westberlin aus. (Zu diesen nicht zur vorgesehenen Zeit ausgereisten Personen wurden entsprechende Fahndungsmaßnahmen eingeleitet und durchgesetzt.) Ein geringer Teil der Personen, die verspätet zur Ausreise erschienen, wurde an den betreffenden Grenzübergangsstellen durch die zuständigen Organe der DDR entsprechend belehrt. Wie erwartet, reiste ein bestimmter Teil dieser Personen (432) nach der bis 24.00 Uhr erfolgten Ausreise nach Westberlin ab 0.00 Uhr des folgenden Tages sofort wieder auf Visa zum Tagesaufenthalt in die Hauptstadt der DDR ein. Das entspricht 16 % der an beiden Tagen (1.1. und 2.1.1977) eingereisten Personen dieser Kategorie.
Im Zusammenhang mit der Einführung der Visapflicht für Ausländer und Staatenlose wurden von Bürgern verschiedener Staaten die unterschiedlichsten Meinungsäußerungen bekannt.
Während sich Personen, die aus touristischen Gründen von Westberlin aus in die Hauptstadt der DDR, Berlin, einreisten, zu den getroffenen Maßnahmen kaum äußerten, brachten Personen, die in der Hauptstadt der DDR familienähnliche bzw. feste intime Verhältnisse zu Bürgerinnen der DDR unterhalten, überwiegend ablehnende Haltungen zum Ausdruck. Diese Personen sehen in den getroffenen Maßnahmen zusätzliche finanzielle Belastungen und bezeichnen durch die festgelegte Ausreisepflicht bis 24.00 Uhr die Aufrechterhaltung ihrer »Verhältnisse« als »nicht mehr lohnend«.
Von diesen Personen werden die Maßnahmen der DDR auch als antihuman bezeichnet, da ihnen dadurch die Möglichkeit genommen werde, bei ihrer »Familie« zu übernachten. Von diesen Personen wurden auch dahingehende Äußerungen getätigt, ein Dauervisum zu beantragen, um damit die Festlegung, bis 24.00 Uhr auszureisen, zu umgehen.
Ein geringer Teil der eingereisten Personen betrachtet die von der DDR getroffene Maßnahme nur als eine zeitweilige Regelung, da nach ihrer Meinung aufgrund der Erhebung von Visagebühren die Anzahl der einreisenden Personen zurückgehen und damit für die DDR eine finanzielle Einbuße eintreten werde.
In Einzelfällen äußerten Personen, die in der getroffenen Maßnahme persönliche Härten sehen, die Absicht einer Übersiedlung in die DDR. Mit der gleichen Begründung erfolgten Äußerungen solcher Personen, dass durch mit ihnen befreundete DDR-Bürgerinnen Antrag auf Übersiedlung nach Westberlin gestellt werden soll. Diesbezügliche Äußerungen liegen auch von einzelnen DDR-Bürgerinnen vor.
Die von der Regierung der DDR getroffenen Maßnahmen werden weiter konsequent durchgesetzt und sich daraus ergebende Probleme durch die zuständigen Organe unter Kontrolle gehalten.