Öffentliche Aktion der linksextremen chilenischen Organisation MIR
9. Mai 1977
Information Nr. 306/77 über die am 7.5.1977 geplant gewesenen Aktionen von Vertretern der chilenischen linksextremistischen Organisation MIR in der Hauptstadt der DDR, Berlin
Wie dem MfS zuverlässig bekannt wurde, verbreitete eine angebliche Vertretung der Bewegung der Revolutionären Linken (MIR)1 in der DDR, Berlin, – es handelt sich dabei um eine chilenische linksextremistische Organisation –, unter chilenischen politischen Emigranten in der DDR ein Flugblatt, in dem für den 7.5.1977 zur Teilnahme an einem »Solidaritätsarbeitseinsatz« in Berlin aufgerufen wurde.
Alle chilenischen politischen Emigranten in Berlin und den Bezirken der DDR, die dazu bereit seien, wurden aufgefordert, sich am 7.5.1977, um 6.30 Uhr, an der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz zu treffen, um anschließend den mit der FDJ-Grundorganisation des VEB IHB Berlin vereinbarten Arbeitseinsatz an einigen Objekten in Berlin durchzuführen.
Für den Nachmittag des 7.5.1977 war eine gemeinsame politisch-kulturelle Veranstaltung von Vertretern des VEB IHB (Direktor des Betriebes Spezialarbeiten und Vertreter der FDJ-Grundorganisation) sowie der MIR geplant. U. a. war vorgesehen, dass ein Vertreter der MIR sprechen sollte.
Der finanzielle Erlös des Arbeitseinsatzes sollte nach Darstellung von Vertretern der MIR für »innere und äußere Aktivitäten« der MIR und für den »Kauf von Büromaterial für die MIR-Leitung in Kuba« verwendet werden.
Als Organisatoren des Arbeitseinsatzes und der politisch-kulturellen Veranstaltung traten der chilenische Emigrant Rubinek Mazur (Vertreter der MIR bei der UP) und der Vertreter der kubanischen Luftfahrtgesellschaft Air Cubana, der Chilene [Vorname Name 1], in Erscheinung.
In Vorbereitung des Arbeitseinsatzes wurden folgende weitere Aktivitäten von Vertretern der MIR bekannt:
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An der Universität Jena warb die Ehefrau des Rubinek Mazur, [Vorname Name 2], unter vietnamesischen und kubanischen Studenten für die Teilnahme an diesem Einsatz.
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An der Universität Leipzig wurden sowjetische Studenten zu diesem Einsatz eingeladen.
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Mitarbeiter kubanischer diplomatischer Einrichtungen in der DDR wurden ebenfalls eingeladen.
Die meisten Chilenen und andere Ausländer, die zur Teilnahme an dem Arbeitseinsatz und an der politisch-kulturellen Veranstaltung bereit waren, sowie die Leitung der FDJ-Grundorganisation des VEB IHB Berlin glaubten, es handele sich um Solidaritätsaktionen zum Nutzen der gesamten chilenischen Emigration. Sie verstanden nicht, dass es hierbei um Aktionen ging, die den Zielen der MIR dienen sollten.
Durch sofort eingeleitete politische und politisch-operative Maßnahmen wurden die vorgesehenen Veranstaltungen unterbunden.
Da es in der DDR keine zugelassene Organisation der MIR gibt, der Chilene Rubinek Mazur nicht als Vertreter der MIR anerkannt wird, Solidaritätsaktionen von chilenischer Seite zwischen dem Büro Chile Antifascista2 und dem Solidaritätskomitee der DDR3 abgestimmt und vom ZK der SED bestätigt werden müssen, waren die Veranstaltungen als illegal zu betrachten. Der Sekretär der FDJ-Grundorganisation des VEB IHB Berlin wurde entsprechend informiert. Außerdem konnte kein Interesse daran bestehen, die linksextremistische Organisation MIR, die während der Zeit der UP-Regierung4 in Chile mit terroristischen Aktionen in Erscheinung getreten war, propagandistisch herauszustellen. Es hätte mit einer Teilnahme von 150 bis 200 Ausländern gerechnet werden müssen.
In der DDR befindet sich eine geringe Anzahl von Mitgliedern der MIR (etwa acht), die feste Verbindungen zu vorwiegend jugendlichen Vertretern der chilenischen politischen Emigration in der DDR – meist zu Mitgliedern der Sozialistischen Jugend5 und der Sozialistischen Partei6 – unterhalten sowie enge Verbindungen zur Organisation der MIR in Westberlin und in der BRD, u. a. über gegenseitige Besuche, haben.
Die vorgesehenen Reisen von Teilnehmern aus den Bezirken der DDR nach Berlin wurden verhindert. Den Genossen der Abteilung Internationale Verbindungen des ZK der SED gelang es, die noch etwa 50 chilenischen Emigranten aus Berlin, die sich am 7.5.1977 an der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz trafen, durch politische Aufklärung zu überzeugen, dass die Veranstaltungen in dieser Form nicht stattfinden können. Die Auflösung erfolgte ohne Komplikationen und ohne Widerspruch seitens dieser Kreise. Unter diesen Kreisen befanden sich sieben Chilenen, die über die Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße aus Westberlin eingereist waren, um an den Veranstaltungen teilzunehmen.