Reaktionen auf Preisveränderungen in der ČSSR (2)
2. August 1977
Weitere Hinweise über Reaktionen im Zusammenhang mit den in der ČSSR vorgenommenen Preisveränderungen bei Einzelhandelspreisen [Bericht O/43]
Von den Passkontroll- und Zollorganen der DDR an der Staatsgrenze zur ČSSR wurden auch im Zeitraum seit dem 28.7.1977 (1. Information)1 keine Veränderungen im Verkehrsdurchlauf und in der Ausfuhr von Waren festgestellt. Die bei der Ein- und Ausfuhr mitgeführten Waren liefen weiterhin im Rahmen des persönlichen Bedarfs. Die Anzahl der Einreisen von ČSSR-Bürgern entspricht im Wesentlichen den Werten des gleichen Zeitraumes des Vorjahres.
Nach weiter vorliegenden Informationen ist einzuschätzen, dass die Diskussionen unter der DDR-Bevölkerung über Veränderungen der Einzelhandelspreise in der ČSSR das Stimmungsbild insgesamt nur unwesentlich beeinflussen. Das bezieht sich auf alle Bevölkerungsschichten.
Die von der ČSSR-Regierung vorgenommenen Maßnahmen2 finden im Allgemeinen bei den Werktätigen Verständnis, wobei die Meinung vertreten wird, dass eine Preiserhöhung für Kaffee und Kakao aufgrund der enorm gestiegenen Weltmarktpreise nichts Außergewöhnliches sei. Verschiedentlich wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Preisveränderungen in der ČSSR nicht »unser Problem« wären, da die Preise in der DDR stabil seien.
Neben den positiven Meinungsäußerungen halten nach wie vor in allen Bevölkerungskreisen Spekulationen und Gerüchte über eventuelle Preiserhöhungen in der DDR an. Verbreitet wird die Meinung vertreten, dass bestimmte Direktiven der Partei- und Staatsführung der DDR zur Einsparung von Kaffee, Kakao und Kakaoerzeugnissen sowie Südfrüchten und anderen Produkten3 der Anfang umfangreicher Sparmaßnahmen seien. In diesem Zusammenhang wird relativ weitverbreitet die Meinung geäußert, dass auch in der DDR mit Preiserhöhungen zu rechnen sei. Bisher bekannt gewordene Äußerungen, in denen konkrete Spekulationen und Gerüchte zum Ausdruck kommen, traten nur in geringem Umfang auf. Sie beinhalten im Wesentlichen solche »Argumente« wie:
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Erhöhung der Preise für Kaffee, Kakao, Tabakwaren und Alkohol (möglicherweise bereits ab 1.9.1977),
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Anhebung der Mieten und Fahrpreise,
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Verteuerung aller Importwaren, insbesondere von Schuhen und Lederwaren (ab 1.1.1978),
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Einführung von Benzinmarken.
In Einzelmeinungen wird u. a. zum Ausdruck gebracht:
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Ein interner Beratungsgegenstand der letzten Treffen des Genossen Breschnew mit Repräsentanten anderer sozialistischer Staaten (so u. a. auch beim Krimtreffen der Genossen Honecker und Breschnew)4 sei die Entwicklung der Weltmarktpreise und die entsprechend zu treffenden Maßnahmen gewesen. Die ČSSR habe mit Preiserhöhungen den Anfang gemacht, andere sozialistische Länder würden folgen.
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Die jüngste Entwicklung in der ČSSR deute darauf hin, dass auch die Beschlüsse des IX. Parteitages der SED über die Beibehaltung stabiler Verbraucherpreise in der DDR5 nicht realisiert werden können.
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In der DDR würden notwendige Preiserhöhungen auf Umwegen durch »schleichende Preiserhöhungen« vorgenommen.
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Die sozialistischen Staaten ständen vor der Notwendigkeit, die Höhe der Solidaritätsaufkommen und die finanzielle Unterstützung westlicher kommunistischer Parteien neu zu überdenken und die freiwerdenden Mittel für die eigene Bevölkerung zu nutzen.
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Die Senkung der Preise einiger Waren in der ČSSR stehe in keinem Verhältnis zur Erhöhung der Preise für andere Waren.
Weiterhin werden Befürchtungen geäußert, dass Kaffee, Kakao und Kakaoerzeugnisse zu einem Spekulationsobjekt für Bürger der ČSSR werden könnten, die in die DDR einreisen.
In Einzelfällen wurde bekannt, dass DDR-Bürger in Kaufhallen und Einzelgeschäften größere Mengen Kaffee aufkauften.