Tagung der Synode der Evangelischen Kirche in Görlitz
11. April 1977
Information Nr. 226/77 über die Synode der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes vom 25.3. bis 27.3.1977 in Görlitz
In der Zeit vom 25.3. bis 27.3.1977 fand in Görlitz die 3. Tagung der 7. Provinzialsynode des Görlitzer Kirchengebietes statt.
Das Hauptthema lautete: »Gemeinschaft in Christus – Geschenk und Aufgabe«. Als Gäste nahmen u. a. an der Synode teil:
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Oberkonsistorialrat Stolpe, Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR,1
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Kirchenrat Fischer, Evangelische Kirche der Union (EKU),2
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Hickel, Unitätsdirektor Herrnhut,3
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Präses Affeld, Evangelische Landeskirche Greifswald;
als Vertreter der katholischen Kirche
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Ordinariatsrat Müller, Apostolische Administratur Görlitz.4
Aus der BRD waren als Gäste erschienen:
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Bischof Harms, Hans-Heinrich, Oldenburg, Mitglied des Rates der »EKD«,5
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Präses Immer, Karl, Düsseldorf, Mitglied des Rates der »EKD«,
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Präses Dr. Ende, Eberhard, Bielefeld, Jurist, Landeskirchenrat Ev. Kirche Westfalen.
Im Mittelpunkt der Synode standen
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der Tätigkeitsbericht der Kirchenleitung,
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der Bericht von Bischof Fränkel,
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das Referat von Bischof Krusche und
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die Begrüßungsansprachen der Gäste aus der BRD.
Vor der Synode wurde intern bekannt, dass Pfarrer Wähner6/Görlitz mit provokatorischen Anfragen aufzutreten beabsichtigte, »um den Bischof von seiner loyalen Haltung gegenüber dem Staat abzubringen«. Durch gezielte Maßnahmen konnte diese Provokation, die insbesondere die Politik auf dem Gebiet der Volksbildung und das Problem »Einhaltung« der Menschenrechte betreffen sollte, verhindert werden.
Am 1. Beratungstag wurde zunächst der Tätigkeitsbericht der Kirchenleitung verlesen. Er war politisch vorsichtig formuliert und enthielt keine wesentlichen Bezüge zu gesellschaftlichen Problemen. Zur Angelegenheit Brüsewitz7 wurden die bekannten Vorwürfe gegen den Staat erhoben, jedoch in sehr zurückhaltender Form. Probleme zu Bildungsfragen wurden nur indirekt angesprochen.
Anschließend fanden die Wahlen der Synodalen für die Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR statt. Es wurden Pfarrer Hellmann, Niesky, und Ing.-Ökonom Walther gewählt. Bei der anschließenden Nachwahl zur Kirchenleitung erhielt Pfarrer Reese, Martin, Gablenz, die Mehrheit der Stimmen.
In der Abendsitzung gab Bischof Fränkel seinen Bericht. Fränkel ging zu Beginn seines Vortrages auf die KSZE ein und hob die Bedeutung der Schlussakte hervor. Hier komme klar die Einheit von Frieden und Menschlichkeit zum Ausdruck, die für die friedliche Koexistenz der Völker unerlässlich sei. Er bezeichnete die in Helsinki formulierten zehn Prinzipien8 als unteilbare Einheit. Fränkel stellte fest, dass sich das Ergebnis der Konferenz positiv auf das Verhältnis von Staat und Kirche hinsichtlich des Klimas der Gespräche – jedenfalls auf der Ebene der Leitung – ausgewirkt habe.
Er ging dann auf den Programmentwurf zum IX. Parteitag9 und die Besorgnis der Kirchen wegen der anfänglich fehlenden Formulierung der »Glaubens- und Gewissensfreiheit«10 ein. In der endgültigen Fassung des Programms sei diesem Bedenken Rechnung getragen worden, und somit sei entsprechend der Verfassung die Glaubens- und Gewissensfreiheit in Übereinstimmung mit den bedeutsamen Beschlüssen von Helsinki garantiert. Damit finde er seine Aussagen vor der Synode von 1976 bestätigt, wo er festgestellt hatte:
»Ich darf wohl der von mir vertretenen Weltanschauung die Macht zutrauen, dass sie sich durchsetzt, ich darf sie aber nicht mit Macht durchsetzen wollen. Damit würde ich die in Helsinki erklärte Einheit von Frieden und Menschlichkeit preisgeben.«11
Besondere Beachtung verdiene nach seiner Meinung die Konferenz der europäischen kommunistischen und Arbeiterparteien.12 Wichtig erschienen ihm dabei die Ausführungen der Konferenz über den Dialog und die Zusammenarbeit mit den anderen demokratischen und friedliebenden Kräften, verbunden mit der Beseitigung von Misstrauen und Vorurteilen.
Wörtlich führte Fränkel dazu weiter aus:
»Das, was hier über Dialog und kritische Haltung gesagt wird, ist als ausgesprochen hilfsbereit anzusehen, gerade auch dann, wenn es darum geht, in loyaler Wahrhaftigkeit Spannungen und Konflikte in unserer Gesellschaft anzusprechen und nach verantwortbaren Lösungen zu suchen. Die Veröffentlichung der von den Vertretern der Parteien gehaltenen Reden, die eine erhebliche Bandbreite unterschiedlicher Auffassungen zeigen, ist ein Beispiel guter Information, die die Möglichkeit und Urteilsfähigkeit der Bürger ernst nimmt. Seit der Anerkennung der DDR, aber auch seit den Beschlüssen von Helsinki ist bei all denen, die sich weder von Opportunismus, noch Gleichgültigkeit, noch Resignation bestimmen lassen, das Selbstbewusstsein als Bürger der DDR gewachsen. Das zeigt sich auch in dem Wunsch nach einer stärkeren eigenständigen Mitverantwortung in der Gesellschaft. Dieses Selbstbewusstsein drängt nach Freiräumen eigener Gestaltung und will an der Lösung weltweiter Probleme aufgrund sachgerechter Informationen in klärendem Dialog mitarbeiten. Die Überzeugung ist im Wachsen, dass die von allen geteilte Sorge um den Menschen den freien Meinungsaustausch verlangt. Es mag ein Wagnis sein, dass die Veröffentlichung der auf der erwähnten Konferenz in Berlin gehaltenen unterschiedlichen Reden die Bürger am Dialog der marxistischen Parteien teilhaben zu lassen.13 Aber gerade in diesem Wagnis legitimiert sich der Führungsanspruch der Partei als echte Autorität, die zu Freiheit und Mündigkeit entbindet, was ganz auf der Linie der Beschlüsse von Helsinki liegt.«
Anschließend beschäftigte sich Fränkel mit der Angelegenheit Brüsewitz. Hier sei nach seiner Ansicht zum Ausdruck gekommen, was an tiefem Unbehagen, Kritik, Vorwürfen und Anklagen längst unterschwellig angestaut war. Dabei wäre auffällig, dass sich die »Stoßrichtung« im Zusammenhang mit dem Verhältnis Kirche – Staat in erster Linie gegen die Kirchenleitungen richtete. Wörtlich führte er aus:
»Wir stehen in der Gemeinschaft aller Landeskirchen im Bund vor der Tatsache einer tiefen Kluft zwischen Basis und Leitung sowohl innerkirchlich als auch im Verhältnis beider zu Staat und Gesellschaft. Dem musste sich die Konferenz der Kirchenleitungen14 stellen, zumal sie in vielen Eingaben direkt angesprochen war. Es war unmöglich, angesichts dieser, infolge unguter Presseveröffentlichungen15 sich noch ständig verschärfenden Reaktionen aus Pfarrerschaft und Gemeinde zu schweigen. Das wäre Preisgabe der geistlichen Verantwortung für die kirchliche Gemeinschaft aller Landeskirchen gewesen und hätte dazu führen können, dass dann freie Kreise sich stellvertretend zum Sprecher für alle Gemeinden gemacht hätten. Eine solche Entwicklung dürfte weder im Interesse der Kirche noch im Interesse der Gesellschaft liegen. So ist es zu dem schon erwähnten, einmütig von der Konferenz der evangelischen Kirchenleitungen in der DDR angenommenen Brief an die Gemeinden16 gekommen. Dieser Brief wäre in seiner ganzen Intention, wie auch im Wortlaut, völlig missverstanden, wenn auf ihn auch nur der geringste Schatten des Verdachts fiele, ein konterrevolutionäres Dokument zu sein.«
Eine rasche und sachgemäße Information der Gemeinden nannte Fränkel als eine Form, die Kluft zwischen Leitung und Basis zu überwinden. Wichtig wären auch häufigere Begegnungen zwischen Kirchenleitungen und Gemeinden.
Nach weiteren Ausführungen zum Selbstverständnis der Christen unter der Herrschaft Jesu Christi erklärte Fränkel, dass diese Herrschaft für alle Bereiche gelte.
»Vergessen wir nicht: Eben weil wir diese Herrschaft auch über unsere Gesellschaft glauben dürfen, können wir unsere sozialistische Gesellschaft als den Raum unserer Bewährung im Glauben annehmen. Die Kirche ist nicht die Kontrolleurin der Gesellschaft, aber sie trägt eine öffentliche Verantwortung, die in der Botschaft von der Versöhnung der Welt begründet ist. Religion ist nicht Privatsache, denn Christus ist nicht Privatperson, sondern der, dem alle Gewalt gegeben ist.«
In diesem Zusammenhang zitierte er einen Satz aus einer Rede von Paul Verner aus dem Jahre 1971: »Eine Sozialisierung der kirchlichen Lehre hat es bisher nicht gegeben und wird es auch in Zukunft nicht geben.«17
Fränkel betonte weiter: »Damit wird deutlich ein Verzicht von Herrschaft des Sozialismus und seiner Ideologie über die Kirche ausgesprochen und damit die Wahrung ihrer Identität zuerkannt. Dafür dürfen wir dankbar sein. Dann aber sollte die bekannte Formel über die Kirche im Sozialismus18 besser so lauten; Kirche nicht gegen den Sozialismus, sondern im Sozialismus, aber nicht unter ihm, und nicht in seinem Geiste. So kommt beides, der Dienst der Kirche an dem Menschen unserer Gesellschaft wie ihre Freiheit zu solchem Dienst angemessen zum Ausdruck. Eine Kirche, die sich so versteht, wird grundsätzlich zu Gesprächen mit Vertretern des Staates bereit sein und die ihr gebotenen Möglichkeiten wahrnehmen.«
Die Kontakte und Gespräche auf zentraler und landeskirchlicher Ebene bezeichnete Fränkel als positiv. Neben wichtigen Informationen gebe es auch Gelegenheit »auf Erörterung von grundsätzlichen Sachfragen«, um sie einer Lösung zuzuführen.
Von den Pfarrern und Kirchengliedern forderte er dazu einen »Vorschuss an Vertrauen«, ohne den der aufgetragene Dienst in den Gesprächen mit Vertretern des Staates nicht getan werden könne.
Ein Beispiel für die Grenzen, die sich für den Gebrauch von »offenen Worten« ergeben, nannte Fränkel die Angelegenheit Biermann.19
»Ich bin z. B. gedrängt worden, in der Angelegenheit Biermann in einem offenen Wort an die Seite der Schriftsteller und Künstler zu treten, die sich für ihn eingesetzt haben. Im Wissen darum, dass hier im Hintergrund schwerwiegende Fragen stehen, die sich nicht administrativ lösen lassen, sondern des Dialogs bedürfen, habe ich mich nicht in der Lage gesehen, diesem Ansinnen zu entsprechen, und zwar aus folgendem Grunde: Ein solcher Schritt hätte unweigerlich bei der Regierung den Eindruck erwecken müssen, als bilde sich hier eine oppositionelle Front von Kirche und kritisch fragenden Schriftstellern wie Künstlern.
Unter einem solchen Einfluss würden jedoch durchaus ernst zu nehmende Sachanliegen unter den Aspekt der Machtfrage gerückt werden. Damit wäre für die Staatsführung jede Möglichkeit des auch von mir für wünschenswert gehaltenen Dialogs mit den betreffenden Schriftstellern und Künstlern blockiert.«
Fränkel sprach den Wunsch aus, dass sich jene Offenheit, die in den Gesprächen von Vertretern des Staates mit denen der Kirchenleitungen herrsche, auf allen Ebenen bis in die einzelnen Gemeinden hinein durchsetze.
»Ich messe dem freien offenen Wort, auch wenn es kritisch ist, aber aus echter, am Wohle interessierter Mitverantwortung kommt, große Bedeutung zu. Ich meine natürlich nicht, dass man alles sagen kann. Kriegshetze und faschistische Propaganda müssen natürlich ausgeschlossen sein. Aber ich bin überzeugt, dass die Grenzen des freien Wortes weiter sein können, als es jetzt der Fall ist, ohne die zu wahrende Sicherheit des Staates zu gefährden. Es gibt eine gemeinsame Verantwortung von Staat und Kirche für die Wahrhaftigkeit aller Güter der Gesellschaft. Dabei könnten die Massenmedien eine nicht unerhebliche Hilfe leisten, wenn man die etwas zu große Sorge um unsere Loyalität überwände und uns grundsätzlich und generell auch den weniger erfreulichen Teil der Wahrheit wissen ließe. Es sollte auch nicht sein, dass Menschen aus Furcht vor Nachteilen oder Opportunismus durch Heuchelei ihren Staat täuschen.«
Im Anschluss daran ging Fränkel auf Bildungs- und Erziehungsfragen ein. Er betonte, dass von staatlicher Seite erklärt würde, die Generallinie des Staates sei keine Diskriminierung und Benachteiligung christlicher Kinder. Dies könne auch an ganz konkreten Fällen nachgewiesen werden. Das Hauptproblem bei der Lösung dieses Problems sei das Erziehungsziel des sozialistischen Staates.
»Wir sehen noch nicht recht, wie sich das vereinbaren lässt mit dem gegenwärtig immer wieder ausgesprochenen Prinzip der Gewissens- und Glaubensfreiheit, der Gleichberechtigung und der Verfassung.«
»Wenn es darum geht, dass sich in unserer Gesellschaft Achtung und Respekt vor der Überzeugung des anderen auf allen Ebenen durchsetzen, so kann dafür nicht nur der Staat in Anspruch genommen werden, sondern [es] muss auch von den Gliedern unserer Gemeinden ein Beitrag geleistet werden. Vertreter des Staates haben geltend gemacht: Die Kirchenleitungen sollten nicht von der Angst reden, sondern vielmehr von den Christen mehr Zivilcourage verlangen. Auch wenn ich wohl weiß, wie viel Angst aus negativen Erfahrungen kommt, so kann ich doch diesem Hinweis eine gewisse Berechtigung nicht absprechen. Aus was für innerpolitischen Wurzeln diese Angst auch immer kommen mag: Du hast nicht das Recht, zu einer Atmosphäre der Angst mit schaffen zu helfen, durch die der Staat diffamiert wird, dessen Bürger du bist. Wir sollten aber von den Staatsfunktionären nicht verlangen, dass sie uns die durch die Verfassung garantierten und in Helsinki erklärten Rechte und Freiheiten auf Silbertabletts servieren, sondern wir sollten uns in heiterer und loyaler Entschlossenheit selbst bedienen.«
Der Bericht von Bischof Fränkel wurde mit starkem Beifall aufgenommen.
Intern wurden dem MfS Meinungsäußerungen zu dem Bericht von Bischof Fränkel bekannt.
Mehrfach kam zum Ausdruck, dass man sich alle Dinge gründlich durchdenken müsse, die angesprochen wurden. Superintendent Ernst, Gersdorf, hatte Bedenken gegen den Bischofsbericht und meinte, dass dieser zu taktisch und advokatisch sei. Er müsse aufmerksam gelesen werden, um festzustellen, ob der Bischof eine »gekonnte Wendung vollzogen« habe oder ob das eine andere Form seiner bisherigen Haltung sei. Pfarrer Kohli, Görlitz, bezeichnete den Bericht als ein »Zugehen auf den Staat«, ohne sich selbst etwas zu vergeben.
Insgesamt war die Meinungsbildung zum Bericht während der gesamten Synode recht vorsichtig, jedoch kam überwiegend eine positive Wertung zum Ausdruck.
Zu Beginn des 2. Beratungstages hielt der Bischof der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Krusche, einen Vortrag zum Thema der Synode. Krusche ging in seinem Vortrag davon aus, dass heute
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der Mensch nur noch in seinen Funktionen für wichtig genommen werde und deshalb seine emotionale Seite verkümmere,
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der Mensch durch anonyme Machtmechanismen verkümmere und hilflos einer »Apparatur« ausgeliefert sei.
Deshalb bestehe ein großer Drang nach Kommunikation und einer nicht verordneten, sondern sich selbst schaffenden Gemeinschaft. Hier sollten die innerkirchlichen Gemeinschaften wirksam werden. Solche »Kommunitäten« wie Bruder- und Schwesternschaften (als Beispiel führte er Taizé20 an) sollten auch in der DDR entstehen, zumal die Jugend einen »nonkonformistischen Lebensstil« wünsche.
Das Miteinander von Christen und Marxisten sei heute noch keine echte Gemeinschaft. Es handele sich um eine Repräsentiergemeinschaft durch Verhandlungen und gemeinsame Interessen an kommunalen Problemen. Die Kommunikationsform sei die gemeinsame Arbeit, wobei die ideologischen Unterschiede verschwiegen oder vernachlässigt würden. Wirkliche Gemeinschaft werde es vermutlich erst dann geben, »wenn die Generation der heute 20-Jährigen maßgebliche Bedeutung gewonnen haben wird«. Diese Generation würde pragmatisch denken und nicht immer gleich das Ganze repräsentieren wollen. Die wesentliche Form der Kommunikation wäre dann »das gemeinsame Leben, bei dem jedem Freiheit zu Eigenem zugestanden wird«. Ein Dialog zwischen Christentum und Marxismus sei durchaus möglich und werde mitunter schon gepflegt. Es sei ein »unausgesprochener Dialog« da.
Die Diskussionen zu Krusches Vortrag zeigten sehr unterschiedliche und widersprüchliche Meinungen. Mehrfach wurde zum Ausdruck gebracht, dass der Wunsch nach Gemeinsamkeit im innerkirchlichen Raum nicht oder kaum erkennbar sei.
Nach Krusches Ausführungen trugen die Gäste aus der BRD ihre Grußworte vor. Alle drei sprachen über Entwicklungsprobleme in ihren Landeskirchen. Politisch relevante oder gegen die DDR gerichtete Aussagen wurden nicht getroffen.
Am Nachmittag wurde die Tätigkeit der Synode in den Arbeitsgruppen fortgesetzt.
Zum Berichtsausschuss wurde intern bekannt, dass sich dort ein kirchenleitender Mitarbeiter (kein Synodaler) »über mögliche Beschwernisse der Brüder« informieren sollte. Offenbar sollte dadurch verhindert werden, dass bei der Berichterstattung vor dem Plenum Probleme hochgespielt werden.
Zu Beginn des 3. Beratungstages hielt Superintendent Müller einen Gottesdienst. Nach der Lesung von Haushaltsplan und Predigergesetz begann im Plenum die Diskussion zum Bischofsbericht. Superintendent Ernst dankte dem Bischof besonders für die seelsorgerische Weise des Berichtes. Das Hauptproblem sei das Verhältnis Leitung – Basis. Dazu könne noch viel mehr gesagt werden.
Der Vorsitzende des Berichtsausschusses, Pfarrer Hellmann, verlas im Anschluss den Text einer anonymen Stellungnahme eines Synodalen. Darin wird bezweifelt, dass der Staat ernsthaft um die Durchsetzung der vom Bischof genannten Generallinie bemüht sei. Der Bischof hätte in seinem Bericht den Staat auf seine Verantwortung in dieser Frage hinweisen müssen. Stattdessen hätte er den Gemeinden den »Schwarzen Peter« zugeschoben.
Pfarrer Hellmann trug den Text ohne jede Wertung vor. Er dankte Fränkel dafür, dass er die Probleme angesprochen habe, die die Gemeinden bewegen. Vom Bericht gehe eine starke Ermutigung aus. Er müsse in den Gemeinden intensiv ausgewertet werden.
Der Laie Skoddow bezeichnete den Bischofsbericht als großartig.
Bischof Fränkel schloss die Diskussion ab und erklärte, dass er sich verstanden sehe. Der anonyme Synodale habe offensichtlich nicht richtig hingehört. Die Kirchenleitung habe nicht die Absicht, den Gemeinden den »Schwarzen Peter« zuzuschieben. Aber es ginge zum Beispiel nicht an, dass Eltern mit ihren Beschwernissen in der Schule nicht zum Klassenleiter oder Direktor gehen, aber gegenüber Besuchern aus der BRD erklären, dass sie unterdrückt würden und nicht hier leben können.
Über ein Gruppengespräch in der Mittagspause des 3. Beratungstages, an dem die Gäste aus der BRD beteiligt waren, wurde intern Folgendes in Erfahrung gebracht:
Im Zusammenhang mit einer Diskussion um die Tätigkeit der Superintendenturen meinte Präses Immer, es wäre falsch, wenn ein Bischof zu große Machtbefugnisse hätte. Es wäre gut, wenn die Synode in der Lage wäre, den Bischof zu überstimmen. Superintendent Müller meinte, dass sich hier manches geändert habe. Die Kirchenleitung sei jung und die Synode nicht mehr so bischofshörig wie früher. Präses Immer meinte, bei seinem nächsten Besuch würde er sich gern weiter darüber unterhalten. Dass er jetzt nach Görlitz kommen könne, liege auch daran, dass Bischof Fränkel eine »gleichmäßige Meinung innerhalb der Kirchen« erreicht habe.
Zu Beginn des 4. Beratungstages eröffnete Bischof Fränkel eine Ausstellung über Karl Barth (ehem. Ökumenischer Rat, Genf).
Im Plenum gab der Bischofsausschuss Stellungnahmen zum Tätigkeitsbericht der Kirchenleitung und zum Bischofsbericht. Zum Bischofsbericht heißt es, erst dann könne von einem verbesserten Klima zwischen Staat und Kirche gesprochen werden, wenn sich diese Entwicklung auch deutlich an der Basis zeige. Der Ausschuss respektiere die Forderung nach »Vorschuss an Vertrauen«, halte aber eine umfassende und schnelle Information der Gemeinden für erforderlich.
In der Stellungnahme zum Tätigkeitsbericht wird u. a. bedauert, dass der Brief der Konferenz der Kirchenleitungen an die Gemeinden im Zusammenhang mit Brüsewitz in der kirchlichen Presse nicht veröffentlicht wurde.
Die Berichte der vier Arbeitsgruppen zum Synodenthema, die zum Schluss vorgetragen wurden, enthielten keine wesentlichen Gesichtspunkte, die über das bereits Gesagte hinausgingen. Es wurde gefordert, den Bischofsbericht den Gemeinden zuzuleiten.
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