Tod eines DDR-Bürgers beim Fluchtversuch
9. November 1977
Information Nr. 703/77 über das Auffinden der Leiche eines DDR-Bürgers in einer Maschine (Ölwanne), die in die BRD exportiert wurde
Durch eine Mitteilung der ständigen Vertretung der DDR in der BRD wurde bekannt, dass am 7.11.1977, gegen 18.30 Uhr, bei der Montage eines vom VEB Plastmaschinenbau Freital nach Kaufbeuren zu der Firma Schlotter exportierten Spritzgussautomaten in der Ölwanne (Größe: 1555 × 1020 × 480 mm/Fassungsvermögen 650 Liter) der Maschine die Leiche des [Name, Vorname], geb. am [Tag] 1949 in Dresden, wohnhaft: Dresden, [Adresse], Diplomingenieur im VEB Plastmaschinenbau Freital, geschieden, 1 Kind, aufgefunden wurde.
[Name], der in der Vergangenheit rechtswidrige Ersuchen zur Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR stellte, die am 28.12.1976 endgültig abgelehnt wurden, hatte vom 6.9. bis 21.9.1977 Urlaub und war seitdem seiner Arbeit ferngeblieben. Am 21.9.1977 informierte eine bisher nicht identifizierte Person den Betrieb von einem angeblichen Unfall des [Name] in Leipzig (er habe sich angeblich ein Bein gebrochen und liege stationär in einem Leipziger Krankenhaus) und am 27.9.1977 traf von dort ein entsprechender Krankenschein ein, der sich als gefälscht herausstellte.
Nach bisherigen ersten Untersuchungen, die endgültige gutachterliche Einschätzung liegt noch nicht vor, wurde der Brief mit dem gefälschten Krankenschein auf der in der Wohnung des [Name] befindlichen Schreibmaschine geschrieben.
Wie die weiteren bisherigen Ermittlungen ergaben, wurde der Spritzgussautomat am 29.9.1977 zum Export in die BRD vom VEB Plastmaschinenbau Freital nach Kaufbeuren/Bayern zum Versand gebracht. Der Automat ist am 7.10.1977 bei der Firma Schlotter eingetroffen und stand bis zu seiner Inbetriebnahme am 7.11.1977 auf dem Firmengelände. Unmittelbar nach der Ingangsetzung des Automaten, an der ein Spezialist des VEB Plastmaschinenbau Freital teilnahm, setzte dieser aus. Bei der Suche nach dem Defekt wurde in der Ölwanne – die unmittelbar vor Inbetriebnahme des Automaten mit 550 Liter Öl aufgefüllt worden war – die Leiche entdeckt. Neben der Leiche befanden sich in der Ölwanne eine Gasmaske, Schlafsack, Wasserbehälter, einige Packungen Kekse, ein Handbohrer sowie eine Aktentasche mit persönlichen Papieren.
Die bisherigen Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass [Name] auf diese Art und Weise versucht hat, die DDR ungesetzlich zu verlassen. Offenkundig ist er von der Annahme ausgegangen, dass der Automat unmittelbar nach dem Eintreffen in der BRD entladen und ausgepackt wird, sodass für ihn die Möglichkeit besteht, das Versteck zu verlassen.
Die Untersuchungen über die weiteren Zusammenhänge, insbesondere wann und auf welchem Wege der [Name] in die Ölwanne des Automaten gelangte, die näheren Umstände sowie der Zeitpunkt des Eintritts seines Todes werden durch das MfS fortgesetzt.
Wie weiter bekannt wurde, hat am 8.11.1977 auf Weisung der BRD-Staatsanwaltschaft in Kempten eine Obduktion der Leiche im Gerichtsmedizinischen Institut der Universität München stattgefunden. Über das Ergebnis liegen noch keine Informationen vor.
Im Zusammenwirken der zuständigen Organe mit dem MfAA sind über die ständige Vertretung der DDR in der BRD Maßnahmen zur Zurückführung der Leiche und zur Lösung weiterer damit im Zusammenhang stehender Probleme eingeleitet worden.