Verhaftung eines westdeutschen Grenzverletzers im Bezirk Rostock
26. April 1977
Information Nr. 248/77 über die Ergebnisse der Untersuchung des am 14.1.1977 erfolgten rechtswidrigen Eindringens einer Person von der BRD aus in das Staatsgebiet der DDR
Am 14.1.1977 drang eine männliche Person von der BRD aus durch Überwinden der Grenzsicherungsanlagen im Raum Selmsdorf, Bezirk Rostock, in das Staatsgebiet der DDR ein. Die Person, die nicht im Besitz von Personaldokumenten war, wurde durch Grenzsicherungskräfte der DDR festgenommen. Die Person gibt an, der [Name, Vorname], geb. am [Tag] 1944 in Nürnberg, wohnhaft: keinen festen Wohnsitz in der BRD, Beruf: ohne, zuletzt tätig als Fensterputzer in Hamburg, zu sein.
Durch das MfS wurde gemäß § 213 (1) StGB (Ungesetzlicher Grenzübertritt)1 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und auf gleicher Rechtsgrundlage Haftbefehl erlassen.
[Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben.]
Die Untersuchungen des MfS erbrachten keinerlei Hinweise zur Identitätsbestätigung des [Name].
Im Ergebnis der Untersuchungen des MfS ist festzustellen: Die Person gab zum Motiv des erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritts in die DDR an, dass sie in der DDR leben wolle, da sie sich in der BRD verfolgt fühle. Des Weiteren sagt die Person aus, dass sie bereits 1975 beabsichtigt habe, von der BRD aus in die ČSSR einzureisen, was von den Grenzsicherungsorganen der ČSSR wegen fehlender Personaldokumente verweigert worden sei. Sie wäre daraufhin wieder in die BRD abgeschoben worden. Aufgrund dieser Angaben erfolgten bei den Sicherheitsorganen der ČSSR und auch der Volksrepublik Polen weitere Identifizierungsmaßnahmen, einschließlich daktyloskopischer Überprüfungen,2 die ebenfalls ergebnislos verliefen.
Aus diesen Gründen konnte eine Benachrichtigung der Ständigen Vertretung der BRD oder einer anderen Auslandsvertretung in der DDR über die Inhaftierung des [Name] nicht erfolgen.
Die Untersuchungen ergaben des Weiteren, dass die Person nach ihren Aussagen bis 1946 in Nürnberg, [Adresse], gelebt habe und sich danach bis 1974 in Belgien, angeblich bei namentlich nicht bekannten Stiefeltern, aufgehalten haben will. Eine schulische oder berufliche Ausbildung will die Person nicht erhalten haben. Die Person spricht nicht deutsch, beherrscht jedoch zum Teil die französische Sprache, die sie durch die Stiefeltern erlernt haben will. Sie habe bis 1974 ohne festen Wohnsitz in der BRD gelebt […]
[Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben.]
Es wird vorgeschlagen, das Ermittlungsverfahren […] einzustellen und die Person am 28.4.1977 über die Grenzübergangsstelle Herrnburg (Eisenbahn) in die BRD abzuschieben sowie unverzüglich Ein- und Durchreisesperre einzuleiten.
Weiter wird vorgeschlagen, den in der Anlage befindlichen Text einer ADN-Meldung (Freigabe am 28.4.1977, 19.00 Uhr) zu veröffentlichen.
Anlage zur Information Nr. 248/77
[Entwurf einer Pressemitteilung]
In die BRD abgeschoben
Berlin (ADN) Von den zuständigen Organen der DDR wurde der in der BRD ansässige [Vorname Name] am [Tag] 1977 in die BRD abgeschoben. [Name] hatte sich ohne erforderliche Genehmigung im Gebiet der DDR aufgehalten und war im Bezirk Rostock aufgegriffen worden.3