Verhaftung zweier Westberliner Grenzverletzer in Berlin-Mitte
15. April 1977
Information Nr. 243/77 über das widerrechtliche Eindringen in die Hauptstadt der DDR durch zwei ständige Einwohner von Westberlin am 14.4.1977
Am 14.4.1977, gegen 17.00 Uhr, drangen im Grenzgebiet Berlin-Mitte, Ackerstraße, die Einwohner von Berlin (West), [Name 4, Vorname], geb. am [Tag] 1951, Beruf: ohne, zuletzt ohne Beschäftigung, wohnhaft: Berlin (West)-Wedding, [Adresse], und [Name 5, Vorname], geb. am [Tag] 1958, Beruf: ohne, zuletzt ohne Beschäftigung, wohnhaft: Berlin (West)-Wedding, [Adresse], durch Überklettern der Grenzsicherungsanlagen widerrechtlich in das Gebiet der Hauptstadt der DDR ein. Sie wurden ohne Anwendung der Schusswaffe durch Sicherungskräfte der Grenztruppen der DDR festgenommen.
Die Personalangaben zu [Name 4] und [Name 5] entstammen ihren eigenen Angaben und mitgeführten Lohnsteuerkarten sowie einer Bescheinigung über den Verlust des Personalausweises. Beide sind nicht im Besitz ordentlicher Personaldokumente.
Die Handlungen beider Personen wurden von Westberliner Seite aus von einer männlichen Person fotografiert. (In der Westpresse vom 15.4.1977 »Morgenpost« und »Tagesspiegel« sind zu diesem Vorkommnis kurze Meldungen ohne Angaben von Namen erfolgt.)1
Die durch das MfS geführten Untersuchungen ergaben:
Nach achtjährigem Besuch der Hilfsschule arbeitete [Name 4] bei verschiedenen Firmen in Westberlin als Gelegenheitsarbeiter. [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben.]
[Name 4] und [Name 5] kennen sich seit etwa zwei bis drei Wochen. Am 14.4.1977 gegen Mittag besuchten beide einen Bekannten und nahmen in dessen Wohnung im Beisein weiterer Personen erhebliche Mengen Alkohol zu sich. In der Folgezeit, etwa 14.30 Uhr, begaben sich beide in eine in Berlin (West), Ackerstraße, befindliche Gaststätte und konsumierten weiter Alkohol.
Gegen 16.30 Uhr verließen sie die Gaststätte in Richtung Staatsgrenze der DDR, die sich etwa in einer Entfernung von 300 Metern befindet. [Name 4] beauftragte eine weibliche Person, die er während des Aufenthaltes in der Gaststätte kennengelernt hatte, seine Verlobte zu holen. Nach ca. 15 Minuten erschien die Verlobte des [Name 4] mit der bereits genannten weiblichen Person. Er teilte beiden mit, dass er die Absicht habe, die in unmittelbarer Nähe befindlichen Grenzsicherungsanlagen zu überklettern und in die DDR einzudringen. [Name 5] erklärte sich mit dem Vorhaben von [Name 4] einverstanden, ebenfalls auf diese Weise in die DDR einzudringen. Beide wollten damit ihren »Mut« beweisen.
Unmittelbar darauf begaben sich [Name 4] und [Name 5] zu den Grenzsicherungsanlagen, überkletterten diese und drangen im bereits genannten Abschnitt in das Gebiet der DDR ein.
Über ihre demonstrativ-provokatorische Handlung wollen [Name 4] und [Name 5] keine weiteren Personen informiert haben. Ihnen war voll bewusst, dass sie mit ihren Handlungen die Staatsgrenze der DDR verletzen.
Es wird vorgeschlagen, gegen [Name 4] und [Name 5] Ermittlungsverfahren gemäß § 213 Absatz 1 und 2 Ziffer 3 StGB (Ungesetzlicher Grenzübertritt)2 einzuleiten, Haftbefehle zu erwirken und die Untersuchungen mit einer gerichtlichen Hauptverhandlung Ende April 1977 abzuschließen sowie eine entsprechende Presseveröffentlichung vorzunehmen.
Gegen die in der Information Nr. 215/77 vom 6.4.1977 genannten [Name 1, Vorname] und [Name 2, Vorname] wurden entsprechend den getroffenen Entscheidungen die gerichtlichen Hauptverhandlungen am 7.4.1977 bzw. 14.4.1977 durchgeführt und die Veröffentlichungen in der Presse wie vorgesehen vorgenommen.3 Die gerichtliche Hauptverhandlung gegen den in der o. g. Information genannten [Name 3, Vorname] und die entsprechende Presseveröffentlichung sind ebenfalls für Ende April 1977 vorgesehen.4