Verhinderung einer Fluchthilfeaktion an der GÜST Marienborn
5. Juli 1977
Information Nr. 447/77 über die Verhinderung einer Schleusungsaktion und die Festnahme von Angehörigen krimineller Menschenhändlerbanden sowie von Bürgern der DDR
Am 2.7.1977, gegen 18.35 Uhr, wurden an der Grenzübergangsstelle Marienborn zwei Angehörige einer in Westberlin etablierten kriminellen Menschenhändlerbande bei dem Versuch festgenommen, im Kofferraum eines Pkw versteckt zwei Bürger der DDR (26 und 25 Jahre alt) und deren gemeinsames Kind (6 Monate alt) unter Missbrauch des Transitabkommens1 in die BRD auszuschleusen. Das Kind wurde bei der Festnahme im Kofferraum des Fahrzeuges tot aufgefunden. Bei der am 3.7.1977 durchgeführten gerichtsmedizinischen Obduktion wurde als Todesursache Erstickung infolge dem Säugling zuvor verabreichter Medikamente, Sauerstoffmangel im Kofferraum und Wärmestau festgestellt. Der Tod ist laut ärztlicher Feststellung zweifelsfrei vor Eintreffen des Schleusungsfahrzeuges an der Grenzübergangsstelle eingetreten.2
Nach Aussagen der Kindesmutter habe sie während des Aufenthaltes im Kofferraum bemerkt, dass das Kind unter Atembeschwerden litt. Sie war jedoch der Auffassung, dass die Schleusungsaktion »schnell und zügig« verlaufe und habe deshalb nichts unternommen.
Gegen alle an der versuchten Ausschleusungsaktion beteiligten Personen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet und Haftbefehle erlassen.
Bei einem der festgenommenen DDR-Bürger handelt es sich um [Name 1, Vorname 1], dessen Vater, Prof. Dr. [Name 1], Mitglied der SED, an der Sektion für […] der [Name]-Universität [Ort] tätig ist. Die Mutter des [Name 1] ist Ärztin. Sie ist parteilos. Zwischen dem [Vorname 1 Name 1] und dessen Eltern gab es nach den bisherigen Untersuchungen keine familiären Spannungen. Über das geplante ungesetzliche Verlassen der DDR hatten die Eltern des [Name 1] nach den gegenwärtig vorliegenden Überprüfungsergebnissen keine Kenntnis.
Im Zusammenhang mit dieser verbrecherischen Aktion erfolgte am 4.7.1977 die Publizierung einer kurzen Meldung über ADN.3 Über die weitere Auswertung wird der Vorschlag noch vorgelegt.