Westliche Aktionen zur Unterstützung einer Opposition in der SED (2)
31. Dezember 1977
Hinweise auf Bestrebungen gegnerischer Kräfte, die Hetz- und Verleumdungskampagne gegen die DDR unter Nutzung angeblicher »oppositioneller« Kräfte in der SED erneut zu verschärfen [Bericht K 3/24b – Kurzfassung]
Nach vorliegenden Informationen werden von entspannungsfeindlichen Kräften in der BRD verstärkte Versuche unternommen, eine angebliche Existenz von »oppositionellen« Kräften in den Reihen der SED nachzuweisen und dies zum Ausgangspunkt einer erneuten Forcierung der Hetz- und Verleumdungskampagne gegen die DDR zu nehmen.
Aus weiteren vorliegenden Erkenntnissen ist bekannt, dass sich diese entspannungsfeindlichen Kräfte bei der Durchsetzung ihrer Ziele besonders des Bundesnachrichtendienstes (BND) der BRD bedienen. Ihm kommt bei der Planung und Realisierung der diesbezüglichen Aktivitäten eine wesentliche Schlüsselstellung zu. Dabei nutzt der BND vor allem seine wesentlich erweiterten, umfangreichen Positionen in Organisationen und Einrichtungen der BRD und Westberlin, um seine Tätigkeit entsprechend zu tarnen und das Wirksamwerden derartiger Kräfte als offiziell und rechtmäßig erscheinen zu lassen.
Aus Materialien des BND gehen u. a. folgende Aufgabenstellungen hervor:
- –
»Es müsse in der DDR nach schwachen Stellen gesucht werden, um das System zu erschüttern und zu desorganisieren.«
- –
»Man müsse, um eine breite Opposition in der DDR zu schaffen, jegliche Unzufriedenheit, ganz gleich wie bedeutsam sie sei und wie sie sich äußere, beeinflussen und diese Leute zusammenschließen.«
- –
»Ziel muss es sein, diesen Kreis so groß zu entwickeln, dass er mit Petitionen, Unterschriftensammlungen und Manifestationen gegen das DDR-Regime vorgehen kann.«
- –
»Oppositionelle Gruppen zu schaffen und diese zu beeinflussen, eine Veränderung des politischen Regimes in der DDR, den Aufbau eines demokratischen Sozialismus, die Lösung von der Sowjetunion und die Entwicklung einer unabhängigen Wirtschaft zu fordern.«
Aufträge des BND an Agenten enthalten des Weiteren Fragestellungen danach,
- –
»Welche Ziele werden von oppositionellen Kräften angestrebt?«
- –
»Wird die Gruppe Perspektive haben?«
- –
»Gibt es Voraussetzungen für eine spätere Konfrontation mit dem Regime der DDR?«
- –
»Wie kann die oppositionelle Gruppe erhalten, arbeitsfähig gestaltet und zielgerichtet geleitet werden?«
- –
»Wie ist die gegenwärtige Lage in Kreisen der Intelligenz zu beurteilen, welche Lageentwicklung ist möglich, welche Tendenzen sind erkennbar?«
- –
»Welche Teile der Intelligenz befinden sich im direkten Gegensatz zur Politik der Partei und Regierung und wie äußert sich diese Gegensätzlichkeit? Gibt es Anzeichen für direktes aktives Gegenwirken?«
Wesentliche Aktivitäten in den vorgenannten Richtungen gehen u. a. von der als »Arbeitsgruppe für Vergleichsuntersuchungen in Rationalisierungsfragen«1 getarnten BND-Dienststelle in Berlin-Tegel, Gabrielenstraße 51, aus. Sie arbeitet dabei unmittelbar mit dem »Gesamtdeutschen Institut – Bundesstelle für Gesamtdeutsche Aufgaben, Abteilung IV«2 in Westberlin, Bundesallee 216, zusammen, wobei in dieser Einrichtung eine Reihe von Mitarbeitern bzw. Agenturen des BND speziell zur Lösung solcher Aufgaben eingesetzt sind.
Nach vorliegenden Informationen hat der BND zur Realisierung seiner Zielstellung entsprechende Pläne entwickelt, mittels spezieller Veröffentlichungen, u. a. von »offenen Briefen«, »Programmen«, »Konzeptionen«, »Plattformen«, den »Nachweis« zu erbringen, wonach es in der DDR und in der SED solche organisierten Kräfte gebe, die von derartigen Positionen aus gegen die Politik der Partei auftreten würden und sich zu diesem Zweck zusammengeschlossen hätten.
Aus führenden Kreisen des Bundesnachrichtendienstes wurde weiter bekannt, dass vom BND, teilweise inspiriert durch Kräfte der CDU/CSU außerhalb und innerhalb des Organs, zielgerichtet entsprechende »interne Einschätzungen« gefertigt und verbreitet werden, in denen über »starke innerparteiliche Auseinandersetzungen in der SED«, »Widersprüche und Differenzierungserscheinungen in der Partei- und Staatsführung« und »zunehmenden Widerstand gegen die Politik und Maßnahmen von Partei und Regierung« berichtet wird. Obwohl nach ihren eigenen Erklärungen eine begründete Beweisführung für derartige »Feststellungen« nicht möglich sei, werden diese Berichte als durch entsprechende Informationen belegbar deklariert.
Dabei erfolgt ein enges Zusammenwirken mit dem Bundeskanzleramt, das sowohl entsprechende Aufträge zur Erarbeitung derartiger »Einschätzungen« erteilt, als auch für deren weitere »Auswertung« hauptsächlich verantwortlich zeichnet. Seitens des Bundeskanzleramtes erfolgt im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Orientierung, Anleitung und Kontrolle des BND auch eine weitgehende Unterstützung seiner Tätigkeit in den vorgenannten Richtungen.
Der Bundesnachrichtendienst der BRD wirkt bei der Durchsetzung seiner Ziele unmittelbar mit westlichen Massenmedien und bestimmten in der DDR akkreditierten Journalisten zusammen. Nach vorliegenden Informationen misst er dabei der Zusammenarbeit mit dem Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« eine besondere Bedeutung zu. Unter Nutzung dieser Möglichkeiten hat er seine Bestrebungen wesentlich verstärkt, in der DDR eine sog. SED-Opposition zu organisieren.
Der in der DDR akkreditierte Korrespondent des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel«, Ulrich Schwarz, wirkte dabei als Überbringer von Aufträgen, Instruktionen und Materialien, wobei geheimdienstliche Mittel und Methoden zur Anwendung kommen.
Auch der »Spiegel«-Redakteur, Dr. Romain Leick, ist dazu eingesetzt, der, gleichfalls wie Schwarz, konspirative Zusammenkünfte durchführt und Aufträge für weitere subversive Aktivitäten übermittelt.
In diese Aktivitäten werden auch die in der DDR akkreditierten Korrespondenten des BRD-Fernsehens »ARD« und »ZDF«, Lutz Lehmann und Dirk Sager, einbezogen.
Die vorgenannten grundsätzlichen Praktiken des Bundesnachrichtendienstes werden auch durch die große Anzahl festgenommener Spione des BND aus der BRD und Westberlin bestätigt.