Westliche Reaktionen auf die Verhaftung von Rudolf Bahro (1)
26. August 1977
Zusammenfassung westlicher Reaktionen vom 26.8.1977 auf die Verhaftung von Bahro [Bericht K 3/18b]
Die Reaktionen der gegnerischen Massenmedien auf den Fall Bahro sind gegenüber den Vortagen im Umfang etwa gleichgeblieben. Im Mittelpunkt standen dabei Stellungnahmen zur erfolgten Verhaftung Bahros. Wesentliche »Argumente« waren: Die Verhaftung Bahros
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werde für die SED »kein Mittel gegen die DDR sein, sondern Anlass, die Entspannung zwischen beiden deutschen Staaten … voranzutreiben und zu vertiefen« (Jahn – SPD – Bundestagsfraktion);
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werde die bevorstehenden Verhandlungen mit der DDR nicht erschweren (Mischnick – FDP);
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sei eine »Willkürmaßnahme und weiterer Tiefpunkt des SED-Staatsbürokratismus« (Jungsozialisten1 – Gesellschaft für Menschenrechte2);
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habe die »fragwürdige Fähigkeit« der DDR »unter Beweis gestellt, mit Kritikern im eigenen Lande umzugehen« (Jungdemokraten);3
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sei »ein Signal für die innere Verfassung dieses Staates« (Dirk Sager – ZDF, 25.8.77);
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ein »Zeichen der Schwäche« der DDR;
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»beste Bestätigung« der Analyse Bahros über die DDR (Nöldechen – Westf. Rundschau);4
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demonstriere den Willen der SED, »jede Form der Opposition zu unterdrücken« (Pragal – »Süddeutsche Zeitung«);5
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dass Bahro geheimdienstlich tätig war, sei unwahrscheinlich. An seinem Schicksal trage die Presse der BRD Schuld, »die ihn durch Interviews in diese unglückliche Lage gebracht habe« ([Name], Lektorin der »Europäischen Verlagsanstalt«);
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Bahro habe »nur getan, was die Ostpolitik der Bonner Koalition nahegelegt hatte« (»Die Welt«, 26.8.77);6
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BRD-Kanzler Schmidt soll sich bei der DDR unverzüglich für Bahro einsetzen (Junge Union);
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»Ob hinter Bahros publizistischen Aktionen bedeutendere Kräfte des Partei- und Wirtschaftsetablissements stehen, ist ungewiss« (Günter Zehm, »Die Welt«, 26.8.77);7
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Bahros Buch sei in »eine interne DDR-Situation hineingeplatzt, in der ein einzelnes Buch tatsächlich etwas bewegen kann. Einen gewissen Problemdruck und eine sich verbreiternde Diskussion über Vorgänge in der DDR gibt es durchaus« (»Frankfurter Rundschau«, 26.8.77);8
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»Ostberliner Stellen machten auf Anfrage keine Angaben darüber, ob inzwischen von einem Richter Haftbefehl erlassen wurde.« Nach der StPO sei »eine solche richterliche Entscheidung über die weitere Inhaftierung innerhalb von 48 Stunden zu treffen«.9