5. Tagung der 3. Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen (BEK) der DDR
1. Oktober 1981
Information Nr. 496/81 über die 5. Tagung der III. Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen (BEK) in der DDR vom 18. bis 22. September 1981 in Güstrow
Nach dem MfS vorliegenden internen Informationen über die Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR1 erscheinen nachstehend wiedergegebene Einzelheiten zum Verlauf der Synode und zu ihren Ergebnissen bedeutsam.
An der Synodaltagung nahmen 62 Synodale, sechs ausländische ökumenische Gäste und 15 Vertreter von Massenmedien nichtsozialistischer Staaten teil.
Im Mittelpunkt der Synodaltagung standen folgende Berichte:2
- –
Tätigkeitsbericht der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen (KKL)3
- –
Bericht des Vorsitzenden der KKL, Bischof Schönherr,4 Berlin
- –
Bericht der Kommission kirchlicher Jugendarbeit (KKJ)
- –
Bericht des Diakonischen Werkes – Innere Mission und Hilfswerk5
Inhaltlich waren die Berichte, besonders auch die Aussagen mit gesellschaftlichen Bezugspunkten, zutreffend, sachlich.
In den Berichten der KKL und der KKJ wurden strukturelle, finanzielle und innerkirchliche Sachfragen angesprochen. Diese Berichte enthielten keine politisch-negativen Bezugspunkte.
Im Bericht des Vorsitzenden der KKL, Bischof Schönherr, der offensichtlich als sein »politisches Testament« konzipiert war, waren sowohl die positive Bilanz als auch »die Erschwernisse« im Verhältnis Staat – Kirche seit der Gründung des BEK in der DDR im Jahre 1969 enthalten. Sein als realistisch einzuschätzender Bericht war als eine Art Rückblick ohne deutliche Orientierung für die Gestaltung des zukünftigen Verhältnisses zwischen Staat und Kirche angelegt.
In dem von Oberkirchenrat Petzold6 (Berlin), Direktor des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirchen in der DDR, vorgetragenen Bericht wurde die konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen des Gesundheits- und Sozialwesens und den Diakonischen Einrichtungen in der DDR gewürdigt.
In den Diskussionen zu diesen Berichten versuchten vor allem Kirchenpräsident Natho7 (Dessau), Superintendent Große8 (Saalfeld) und Pfarrer Wutzke (Gartz) die realistischen Aussagen im Bericht von Bischof Schönherr zu unterminieren. Sie meldeten sich mehrfach zu Wort; von ihren dort vertretenen Auffassungen sind hervorzuheben:
- –
Das vertrauensvolle Verhältnis von Christen und Marxisten wurde infrage gestellt.
- –
Eine »Überfütterung« durch den Marxismus-Leninismus dürfe nicht zugelassen werden.
- –
In diesem Zusammenhang wurde die Einführung eines Unterrichtsfaches »Christlicher Glaube« gefordert.
- –
Angeblich nicht begründete Verweigerungen von Urlaubsreisen für Jugendliche wurden als staatliche Unzulänglichkeiten bei der Realisierung der Schlussakte von Helsinki dargestellt.9
- –
Es wurde auf eine Forcierung von Gesprächen zu Fragen der kommunistischen Erziehung und der vormilitärischen Ausbildung »mit kompetenten Vertretern« des Ministeriums für Volksbildung gedrängt.
- –
Es wurde eine Stellungnahme über die Situation in der VR Polen gefordert.
Vonseiten der KKL war in den Entgegnungen durch Bischof Schönherr, Oberkirchenrat, Stolpe10 und andere leitende kirchliche Personen das Bemühen erkennbar, sachlich zu antworten und die Vorwürfe zurückzuweisen.
Ungeachtet dessen, dass die Diskussion zur Initiative »Sozialer Friedensdienst« (SoFd)11 kein Tagesordnungspunkt der Synodaltagung war, wurden die Synodalen durch mehrere Eingaben von mittlerer und unterer kirchlicher Ebene an die Landeskirchen mit diesem Problemkreis konfrontiert. Diesem Umstand Rechnung tragend, unterstrich Präses Wahrmann12 (Wismar) – der zu den realistisch denkenden Kräften gehört – in seinen Begrüßungsworten bei Eröffnung der Tagung die Notwendigkeit eines Austausches über Fragen, »wie man besser dem Frieden dienen kann« und setzte damit eine Diskussion zu diesem Problem in Gang.
In diesem Zusammenhang wurde am 2. Beratungstag eine »nichtöffentliche Sitzung« durchgeführt, in der eine Diskussion zur Initiative »SoFd« stattfand. (Die Durchführung einer geschlossenen Sitzung hatte in erster Linie zum Ziel, durch den Ausschluss der Vertreter der westlichen Massenmedien eine tendenziöse und entstellende Berichterstattung über diese Diskussion auszuschließen und damit einer öffentlichkeitswirksamen Konfrontation mit dem Staat entgegenzuwirken.)
Mit dem Hinweis auf den »staatlich sanktionierten Sozialen Friedensdienst« in der VR Polen13 und die Gefahren einer Verschärfung im Verhältnis zwischen Staat und Kirche in der DDR brachten einige der Diskussionsredner – u. a. Heilmann (Caputh), Teichmann (Karl-Marx-Stadt), Bischof Rathke14 (Schwerin) – ihre Bedenken zur Initiative »SoFd« zum Ausdruck.
Im Ergebnis der Diskussion wurde von der Synode der Beschluss gefasst (26 Zustimmungen, 25 Gegenstimmen, sieben Stimmenthaltungen), die Behandlung der Problematik »SoFd« an den Berichtsausschuss der Synode zu verweisen.
In den Sitzungen des Berichtsausschusses kam es danach zu langwierigen Diskussionen über »SoFd«, wobei eine gesonderte Vorlage zum »SoFd« zwar in Erwägung gezogen, aber nicht durchgesetzt wurde.
Die Vertreter der Landeskirchen Sachsens, insbesondere Kirchenpräsident Domsch15 (Dresden), Präses Cieslak16(Dresden) sowie die Synodalen Runge (Halle-Neustadt), Superintendent Große (Saalfeld) und Konsistorialrätin Cynkiewicz (Berlin), versuchten, die Problematik des »Sozialen Friedensdienstes« vordergründig aufzuwerten und ein Votum der gesamten Synode zu erreichen. Generalsuperintendent Forck17 (Cottbus) sprach sich für verschärfende Formulierungen aus. Die Vertreter der Landeskirche Berlin/Brandenburg (Bischof Schönherr, Oberkirchenrat Stolpe und Pfarrer Heilmann) hatten großen Anteil an einer konstruktiven Einarbeitung realistischer Gedanken.
In die Vorlage 21 des Berichtsausschusses, in der zu Fragen des Friedens Stellung genommen wird, wurden die Ergebnisse der Diskussion zum »Sozialen Friedensdienst« eingegliedert.
Mit den in der Vorlage 21 getroffenen Formulierungen zur Problematik »SoFd« wird versucht, einer offenen Konfrontation mit staatlichen Einrichtungen auszuweichen.18
Durch die Einfügung des Dokumentes 2.2.3. des Zentralausschusses des ökumenischen Rates der Kirchen (Dresden, August 1981) über die »zunehmende Bedrohung des Friedens und die Aufgaben der Kirche« unterstützte die Bundessynode der Evangelischen Kirche in der DDR die Ergebnisse der Tagung des Weltkirchenrates.19
Während der Synodaltagung fanden außerdem folgende Rahmenveranstaltungen statt: Gemeindeabend in der Pfarrkirche in Güstrow am 19.9.1981, geselliger Abend aller Synodalen am 20.9.1981, Empfang des Staatssekretärs für Kirchenfragen, Genossen Gysi,20 für alle Synodalen, die Synodengäste sowie für die auf der Bundessynode anwesenden Mitarbeiter des Sekretariats des BEK in der DDR am 21.9.1981.
Die während des Gemeindeabends am 19.9.1981 ausschließlich von dem ehemaligen Jugendpfarrer Lietz21 (Güstrow), Pastor Nath22 (Kessin) und um sie gruppierte Jugendliche an die Vertreter der KKL gerichteten Fragen bezogen sich auf die Probleme »SoFd«, Jugendweihe und Wehrunterricht, Verhältnis Staat – Kirche zur Jugendproblematik sowie zum Verlauf der Bundessynode. Bei der Beantwortung der Fragen durch die Mitglieder der KKL war das Bemühen zu erkennen, die politisch-negativen Fragen sachlich zu klären und eine offene Konfrontation zwischen Staat und Kirche zu verhindern.
Eine sehr große Resonanz unter den Synodalen fand der vom Staatssekretär Gysi gegebene Empfang und die von ihm speziell an Bischof Schönherr und Krusche23 gerichtete Ansprache. Sowohl Bischof Schönherr als auch Bischof Krusche unterstrichen in ihren Erwiderungen die Notwendigkeit der Fortführung des auf der Grundlage der Respektierung der Identität des anderen basierenden Verhältnisses zwischen Staat und Kirche in der DDR.
Die Berichterstattung der Vertreter der westlichen Massenmedien über die Bundessynode war auf die in Vorbereitung der Synodaltagung am 16.9.1981 in Berlin durchgeführte Pressekonferenz und das am 19.9.1981 in Güstrow stattgefundene Pressegespräch konzentriert. Durch das demonstrativ auf die Durchführung einer Pressekonferenz abgerichtete Verhalten der BRD-Journalisten wurde das von der KKL geplante Pressegespräch am 19.9.1981, das einen individuellen Gesprächscharakter tragen sollte, in eine Pressekonferenz umfunktioniert. Den Schwerpunkt legten die westlichen Journalisten auf Fragen der nichtöffentlichen Sitzung am 19.9.1981, auf die Problematik »SoFd«, auf den Dienst als Bausoldat und auf die kommunistische Erziehung in der DDR.
- –
Die Aktivitäten der westlichen Korrespondenten waren darauf gerichtet,
im Tagungsverlauf angeblich erkannte »Schwachstellen« im Verhältnis Staat – Kirche betont in den Mittelpunkt der Berichterstattung zu stellen,
zielgerichtet hervorzuheben, auch künftig würden Spannungen zwischen Staat und Kirche fortbestehen,
- –
die Aktivitäten zur Initiierung des sogenannten »Sozialen Friedensdienstes« als eine Bewegung mit Massencharakter und die Friedensdienstproblematik als die »brisanteste Thematik« darzustellen,
- –
die innerkirchlichen Auseinandersetzungen und die weitere Gestaltung des Verhältnisses Staat – Kirche als das entscheidende Feld für die Bewährung der Kirche und ihrer Glaubwürdigkeit darzustellen,
- –
die Akkreditierung dafür zu missbrauchen, mit feindlich-negativen Personen zusammenzutreffen und sie zu initiieren, die Friedensdienst-Thematik zu forcieren und hochzuspielen.
Bei einigen BRD-Journalisten (Horstmeyer/SFB, Röder/EPD) war ein Trend zur sachlicheren Berichterstattung über die Bundessynode in Güstrow spürbar.
Dem gegenüber versuchten andere westliche Journalisten (u. a. Röntgen, Bethke/ARD-Hörfunk) auf der Bundessynode nach wie vor kirchliche Vertreter zu beeinflussen und zu Provokationen zu animieren.
Die Mehrheit der zur Pressekonferenz anwesenden Mitglieder der KKL (Bischof Schönherr, Bischof Krusche, Kirchenpräsident Domsch, Präses Wahrmann) antworteten auf die Fragen der Journalisten mit realistischen Beiträgen. Lediglich Generalsuperintendent Forck nutzte das Pressegespräch, um sich von den Beiträgen der Mitglieder der KKL zu distanzieren und sie zu unterminieren.
Insbesondere Bischof Schönherr, Bischof Krusche, Pressereferent Günther (Potsdam) und Oberkirchenrat Schultze (Dessau) versuchten vor und während der Synode aktiven Einfluss auf eine objektive Berichterstattung von Vertretern westlicher Massenmedien zu nehmen.24
Die Synode des BEK fasste im Ergebnis ihrer fünftägigen Beratung folgende zu beachtende Beschlüsse:
- 1.
Annahme der im Mittelpunkt der Synodaltagung stehenden Berichte
- –
der KKL
- –
des Vorsitzenden der KKL, Bischof Schönherr
- –
der KKJ
- –
des Diakonischen Werkes – Innere Mission und Hilfswerk –
- –
- 2.
Beschluss eines Stufenplanes zur weiteren Herausbildung einer »Verbindlicheren Gemeinschaft« (VEK)25 sowie diesbezügliche Änderungen des Kirchengesetzes. (Internen Einschätzungen zufolge ist jedoch in nächster Zeit nur mit geringen Veränderungen zu rechnen, da nach wie vor keine Einigung über strukturelle Fragen der »Verbindlicheren Gemeinschaft« erzielt werden konnte.)
- 3.
Es sollten Gespräche kirchlicher Vertreter auf allen Ebenen mit staatlichen Einrichtungen geführt und auf folgende besondere Gesprächsgegenstände aufmerksam gemacht werden:
- –
Verhältnis von kommunistischer Erziehung zur Gewissens- und Glaubensfreiheit und zum Grundsatz von Gleichberechtigung und Gleichachtung
- –
Hilfssendungen von Materialien und Ausstattungen wie auch Paketaktionen zur Unterstützung polnischer Gemeinden
- –
Verbesserung der Besuchsmöglichkeiten zwischen Menschen in Ost und West
- –
Reisen von Jugendlichen in das sozialistische Ausland
- –
Seelsorge im Strafvollzug für diejenigen Menschen, die erst während der Haft diesen Wunsch geltend machen
- –
Übernahme des kirchlichen Fernsehens in das I. Programm des Fernsehens der DDR.
- –
- 4.
Die KKL wählte in geschlossener Sitzung Bischof Krusche (Magdeburg) zum neuen Vorsitzenden der KKL.
Ersten internen Hinweisen zufolge sei Bischof Krusche gewillt, den Kurs vom 6.3.197826 im Verhältnis Staat – Kirche kontinuierlich fortzuführen.
Folgende verbindliche Termine für kommende Synodaltagungen des BEK in der DDR wurden festgelegt:
- –
11./12. Dezember 1981: Außerordentliche Tagung der III. Synode des BEK in Berlin
- –
29.–31. Januar 1982: Konstituierende Tagung der IV. Synode des BEK in Herrnhut (Krs. Löbau)
- –
24.–28. September 1982: Tagung der IV. Synode des BEK in der Kirchenprovinz Sachsen.
Durch gezielten Einsatz und das Auftreten progressiver Kräfte während der Bundessynode gelang es,
- –
die von Pfarrer Wutzke (Gartz) in der Diskussion geforderte Stellungnahme der Synode zur aktuellen Situation in der VR Polen zu unterbinden;
- –
die von Superintendent Große (Saalfeld) verfolgten Bestrebungen, eine breite Diskussion über Reisebeschränkungen für Jugendliche ins sozialistische Ausland auszulösen, zu verhindern;
- –
das Vorhaben politisch-negativer Kräfte in der »Mecklenburger Kirchenzeitung«, einen entstellenden Kommentar zum Bericht von Bischof Schönherr zu veröffentlichen, zu unterbinden;
- –
den in der Vorlage 21 der Bundessynode getroffenen Formulierungen zur Problematik »SoFd« eine Form zu geben, die einer offenen Konfrontation mit staatlichen Einrichtungen ausweichen;
- –
provokatorische Absichten des ehemaligen Jugendpfarrers Lietz (Güstrow), des Leiters des »Friedensdienstes« der ESG Rostock, Utpatel,27 des Pastors Nath (Kessin) und einer mit ihnen liierten Gruppierung Jugendlicher, mit dem Ziel, die Diskussion zur Initiative »SoFd« zu forcieren, zu neutralisieren.
Im Ergebnis eingeleiteter geeigneter Maßnahmen vor und während der Synode ist festzustellen, dass die Anzahl realistisch denkender, loyal eingestellter und progressiver Kräfte in den evangelischen Kirchen der DDR weiter angewachsen ist. Mit ihrem Auftreten und Wirken haben die Leitungen des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirchen (VELK),28 der Evangelischen Kirchen der Union (EKU)29 und der Landeskirchen im Verlauf der Synode ihren Willen bekundet, das Verhältnis Staat – Kirche auf der Grundlage des Gespräches vom 6.3.1978 zwischen dem Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Genossen Erich Honecker, und dem Vorstand der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen weiterzuführen.
Diese Tendenz wurde auch in den offiziellen Ausführungen des in Güstrow neu gewählten Vorsitzenden der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen, Bischof Krusche, Magdeburg, deutlich.
Dies ist insofern von Bedeutung, da Bischof Krusche in der Vergangenheit mehrfach politisch-negativ und aggressiv gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der DDR in Erscheinung getreten ist.
(Internen Hinweisen zufolge vertrete Bischof Krusche die Meinung, dass man die führende Rolle der Partei und die Macht der Arbeiterklasse in der DDR akzeptieren müsse.)
Auch die Haltung der überwiegenden Anzahl der übrigen Bischöfe ließ erkennen, dass sie Konfrontationssituationen und Konfliktstoffe während der Synode nicht entstehen lassen wollten. Sie übten in diesem Bestreben Einfluss dahingehend aus, dass die von einigen Kräften während der Synode hochgespielte Initiativbewegung »Sozialer Friedensdienst« sich nicht zu einer öffentlichen Aktion entwickelte, sondern in stärkerem Maße als innerkirchliches Problem eingeordnet wurde.
In diesem Sinne sind auch eine Reihe positiv profilierter Aussagen im Bericht von Bischof Schönherr und in einer Reihe von Diskussionsbeiträgen, wie z. B. von Oberkirchenrat Dr. Petzold, Leiter des Diakonischen Werkes in der DDR, und von Bischof Leich,30 Eisenach, zu werten.
Mit der Gegenstimme von Oberkirchenrat Dr. Petzold zum »Sozialen Friedensdienst« wurde seit Langem wieder das Prinzip der Einstimmigkeit von Beschlussfassungen (was schon einmal durch Bischof Mitzenheim31 durchbrochen worden war) nicht eingehalten. Oberkirchenrat Dr. Petzold erklärte intern, dass die Diskussion zu »SoFd« für ihn »unerträglich« gewesen sei.
Hervorzuheben ist weiter die anwachsende kritische Haltung evangelischer kirchenleitender Kräfte gegenüber Korrespondenten westlicher Massenmedien, die offensichtlich Ausdruck des Unwillens über in der Vergangenheit entstellende Berichterstattungen zu kirchlichen Tagungen und innerkirchlichen Prozessen in der Westpresse ist. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass sich in Güstrow Bischof Schönherr, Pfarrer Günter,32 Leiter der Pressestelle des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, u. a. offiziell eine »einseitige, tendenziöse Berichterstattung« bzw. das »Hineinzerren« kirchlicher Probleme der DDR in die Praktiken des Kalten Krieges verbaten.
Im Vergleich zur Synode des Bundes 1980 in Leipzig33 entstand aus dem Synodenablauf heraus diesmal kein prinzipieller Konfliktstoff. Dies ist entscheidend mit auf die verstärkten staatlichen politisch-offensiven Maßnahmen seit der Synode 1980 zurückzuführen. Dadurch waren u. a. innerkirchliche Auseinandersetzungen über die Konsequenzen, »Kirche im Sozialismus« sein zu wollen, in Gang gekommen.
Die offiziellen negativen Meinungsäußerungen während der Güstrower Synodaltagung sind Ausdruck dafür, dass in den Kirchen noch Kräfte vorhanden sind, die grundsätzlich mit der Politik von Partei und Regierung nicht einverstanden sind und prowestliche Auffassungen vertreten. Solche Personen, wie Superintendent Große, Saalfeld, und Pfarrer Wutzke, (Gartz/Landeskirche Greifswald), sind als permanente Kritiker und als Vertreter überholter kirchenpolitischer Positionen (z. B. Wächteramt) seit längerer Zeit bekannt. Sie nehmen jedoch in ihren Landeskirchen isolierte Positionen ein.
Von Bedeutung ist, dass im Verlauf der Bundessynode und der vielfältigen Diskussionen mit gesellschaftspolitischen Bezügen eine weitere Differenzierung unter kirchenleitenden Kräften und kirchlichen Mitarbeitern festzustellen war bzw. erreicht wurde.
Als realistisch denkend traten während der Synode auf:34
Bischof Schönherr (Evang. Kirche Berlin-Brandenburg)
Bischof Gienke35 (Evang. Landeskirche Greifswald)
Bischof Leich (Evang.-Luth. Kirche Thüringen)
Oberkonsistorialrat Stolpe (Evang. Kirche Berlin-Brandenburg)
Oberkirchenrat Plath36 (Evang. Landeskirche Greifswald)
Oberkirchenrat Müller37 (Evang.-Luth. Landeskirche Mecklenburg)
Oberkirchenrat Petzold (Evang. Kirche Berlin-Brandenburg)
Präsens Wahrmann (Evang.-Luth. Landeskirche Mecklenburg)
Prof. Hertzsch38 (Evang.-Luth. Kirche Thüringen)
Widersprüchlich und indifferent traten in Erscheinung:
Bischof Rathke (Evang.-Luth. Landeskirche Mecklenburg)
Bischof Krusche (Evang. Kirche der Kirchenprovinz Sachsen ab 1.10.1981 Vorsitzender der KKL)
Politisch-negative Haltungen vertraten:
Kirchenpräsident Natho (Evang. Landeskirche Anhalt)
Generalsuperintendent Forck (Evang. Kirche Berlin-Brandenburg, ab 1.10.1981 Bischof der Evang. Kirche Berlin-Brandenburg)
Superintendent Große (Evang.-Luth. Kirche Thüringen)
Präses Cieslak (Evang.-Luth. Landeskirche Sachsen)
KKL-Mitglied Teichmann (Evang.-Luth. Landeskirche Sachsen)
Missionsdirektor Blauert39 (Evang. Kirche Berlin-Brandenburg)
Pfarrer Wutzke (Evang. Landeskirche Greifswald)
Sogenannte gesamtdeutsche Aktivitäten wurden während der Synode nicht festgestellt. Die offiziellen Gäste aus den BRD-Kirchen gliederten sich in die Reihe der anderen ökumenischen Gäste ein.40
Wesentlich ist jedoch die Feststellung, dass von akkreditierten Korrespondenten westlicher Massenmedien und Vertretern diplomatischer Missionen versucht wurde, weitere Kontakte zu kirchlichen Angestellten (Sekretariat des Bundes) und kirchenleitenden Personen herzustellen bzw. diese auszubauen.
Die Teilnahme des Stellvertreters des Leiters der Ständigen Vertretung der BRD, Dr. Hellbeck, und des politischen Mitarbeiters Girardet41 wurde von den kirchlichen leitenden Personen mit großem Unbehagen registriert.
Die der Synode vorgelegenen Berichte und Beschlüsse sowie während der Tagung erarbeiteten Vorlagen liegen dem MfS vor und können bei Bedarf angefordert werden.
Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt!