Aufträge des dänischen Verlages Lademann für Druckereien der ČSSR und DDR
18. Juni 1981
Information Nr. 313/81 über Vorhaben der dänischen Verlagsgesellschaft Lademann im Rahmen kommerzieller Beziehungen mit Betrieben der ČSSR und der DDR
Dem MfS wurden zuverlässig Hinweise auf Vorhaben bekannt, die die Lademann-Verlagsgesellschaft, 1361 Kopenhagen, [Straße, Nr.], (Inhaber Lademann, Jørgen1) durch Vergabe von Aufträgen an Betriebe des Druckereiwesens der ČSSR und der DDR zu realisieren beabsichtigt.
Diesen Hinweisen zufolge, hat Lademann im Mai 1981 dem staatlichen Druckereiwesen der ČSSR den Vorschlag unterbreitet, in Kooperation eine 30-bändige Enzyklopädie2 herauszugeben.
Die Enzyklopädie soll in der Druckerei Martin (Slowakei) auf einer aus dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet im Jahre 1980 importierten Druckereimaschine gedruckt, und anschließend von Dänemark aus in westeuropäische Länder verkauft werden. (Der dadurch erzielte finanzielle Gewinn der ČSSR würde die Ausgaben des Ankaufs der Druckmaschine decken.) Der Verleger Lademann stellte jedoch Bedingungen dahingehend, den vorgeschlagenen Text der Enzyklopädie nicht zu verändern. Er habe zugesichert, die Anonymität der Herausgabe (keine Angaben zum Herstellungsland und zur Druckerei) zu wahren.
Wie in diesem Zusammenhang bekannt wurde, soll die Enzyklopädie u. a. biographische Angaben über namhafte Persönlichkeiten der kommunistischen und Arbeiterbewegung enthalten sowie Angaben zu internationalen Ereignissen, darunter die »Krisen« in der Ungarischen VR im Jahre 19563 und in der ČSSR im Jahre 1968,4 die aus antisowjetischer bzw. opportunistischer Sicht kommentiert werden.
Seitens der ČSSR sei bisher keine Entscheidung über einen Vertragsabschluss mit Lademann getroffen worden. Hinweisen zufolge wären Wirtschaftskader der ČSSR aus finanziellen Überlegungen bereit, die Bedingungen Lademanns zu akzeptieren und zu einem Geschäftsabschluss zu kommen, obwohl dies durch zuständige Mitarbeiter im ZK der KPTsch nicht befürwortet werde. Sollte die tschechoslowakische Seite die Unterzeichnung des Vertrages ablehnen, beabsichtige Lademann, sich diesbezüglich an eine Druckerei mit entsprechenden Möglichkeiten in Leipzig zu wenden.
In diesem Zusammenhang erscheint bedeutsam, dass zwischen der Lademann-Verlagsgesellschaft und dem Außenhandelsbetrieb (AHB) der DDR Zimex5 – Betrieb der Zentrag6 – seit ca. 15 Jahren kommerzielle Verbindungen bestehen. Im Auftrage der Lademann-Verlagsgesellschaft – übernahm der AHB Zimex bisher vorwiegend Druckaufträge.
Unter anderem erklärte sich der AHB Zimex im Jahre 1980 bereit, den Druck von zwei Bänden der überarbeiteten Ausgabe eines 25-bändigen Lexikons – erschien in zurückliegender Zeit als Ausgabe für die skandinavischen Länder – in einer Auflage von je 100 000 Exemplaren zu übernehmen. Zur Bedingung wurde gemacht, nur solche Bände des Lexikons zu drucken, die politischen Auffassungen der DDR nicht widersprechen. Ein Vertragsabschluss erfolgte bisher nicht. Erneute Gespräche zwischen Vertretern des AHB Zimex und der Lademann-Verlagsgesellschaft sollen für September 1981 in Leipzig vorgesehen sein.
(Das Jahreseinkommen von Zimex aus Geschäften mit Lademann würde durchschnittlich ca. 5 Mio. Valutamark betragen.)
Gegenwärtig soll die Lademann-Verlagsgesellschaft Kopenhagen gegenüber dem AHB Zimex finanzielle Verpflichtungen in Höhe von 760 000 Valutamark haben.
Neben dem letztgenannten Problem ist bei Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem dänischen Unternehmen weiter zu beachten, dass sich die Lademann-Verlagsgesellschaft Kopenhagen – größter Buchklub-Verlag Dänemarks und Besitzer mehrerer Verlage, Kinos und einer Kaufhauskette – nach dem MfS vorliegenden Hinweisen zurzeit in erheblichen ökonomischen Schwierigkeiten befindet. Ausdruck dafür ist der Verkauf einer bis vor Kurzem diesem Unternehmen gehörenden Filmgesellschaft und mehrerer Kinos. Darüber hinaus kam es zu Entlassungen von Arbeitern und Angestellten und zum Abbau von Sozialleistungen. Der Verkauf von Verlagen soll ebenfalls vorgesehen sein.