Austragung eines nicht genehmigten deutsch-deutschen Fußballspiels
28. März 1981
Information Nr. 151a/81 über die Austragung eines nichtgenehmigten Fußballspiels zwischen einer Mannschaft der BSG Wismut Altenburg und der BRD-Mannschaft »Gulf Atletico 71 – Frankfurt«
Am 21. März 1981 wurde ab 15.30 Uhr auf dem »Postsportplatz« der BSG Wismut Altenburg in Altenburg, Leipzig, Münsaer Straße, ein Fußballspiel zwischen einer Mannschaft »Alte Herren« der BSG Wismut Altenburg und einer unter dem Namen »Gulf Atletico 71 – Frankfurt« angetretenen Mannschaft aus Frankfurt/M., BRD, ausgetragen. Dieses Spiel war nicht entsprechend der Direktive des DTSB für den internationalen Sportverkehr angemeldet sowie genehmigt und muss als Unterlaufen der Vereinbarungen über den Sportverkehr zwischen der DDR und der BRD gewertet werden.1
Die durch das MfS geführten Untersuchungen ergaben:
Initiatoren und Organisatoren dieses Fußballspiels waren die Bürger der DDR [Name 1], 40, Schichtleiter im Baukombinat Leipzig, BT Altenburg, Mitglied der SED, und [Name 2], 44, Kraftfahrer beim Rat des Kreises Altenburg – beide als fanatische Fußballanhänger und insbesondere als Anhänger des BRD-Fußballs bekannt – sowie der Bürger der BRD [Name 3], 35, Kraftfahrer aus Frankfurt/M.
Nach bisherigen Feststellungen lernte [Name 1] als Zuschauer eines internationalen Fußballspiels in der ČSSR mit Beteiligung einer BRD-Mannschaft im Jahre 1979 den BRD-Bürger [Name 3] kennen, der sich ebenfalls als Fußballanhänger ausgab. Zwischen beiden Personen entwickelten sich daraufhin feste persönliche Kontakte. In der Folgezeit bereitete [Name 1] – ohne andere Personen davon in Kenntnis zu setzen – ein Fußballspiel zwischen Bürgern der BRD, die zu diesem Zweck in die DDR einreisen sollten, und nicht mehr aktiven Sportlern aus Altenburg vor.
(Bei den von [Name 1] in Betracht gezogenen Spielern handelte es sich um ihm aus seiner langjährigen Tätigkeit in der BSG Wismut Altenburg bekannte ehemalige aktive Fußballspieler verschiedener Mannschaften.)
Unter Verschleierung des tatsächlichen Charakters dieser Sportbegegnung meldete [Name 1] in seiner Eigenschaft als offizieller Spielführer einer Volkssportmannschaft der BSG Wismut Altenburg am 26. Februar 1981 für den 21. März 1981 beim Staffelleiter des Kreisfachausschusses Fußball ohne konkrete Angaben (eine Benennung der teilnehmenden Mannschaften wird bei derartigen Freundschaftsspielen nicht gefordert) über beteiligte Mannschaften ein »Freundschaftsspiel« an. Unmittelbar vor dem Spieltermin informierte [Name 1] den [Name 2] über das von ihm vorbereitete Fußballspiel mit einer Mannschaft aus der BRD und bezog ihn in die Auswahl, Aufstellung und Verständigung geeigneter Spieler ein. (Einem Teil der Spieler wurde mitgeteilt, dass es sich bei dem geplanten Fußballspiel um ein Freundschaftsspiel gegen eine Mannschaft aus Hettstedt handeln würde, während ein anderer Teil davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass es sich bei der gegnerischen Mannschaft um Fußballspieler aus der BRD handele.)
Gemeinsam reservierten [Name 1] und [Name 2] am 20. März 1981 beim Platzwart mit unwahren Angaben die genannte Sportstätte. Zwischen den beteiligten DDR-Bürgern wurde vor Spielantritt vereinbart, zur Verschleierung des tatsächlichen Charakters offiziell das geplante Fußballspiel als Freundschaftsspiel gegen eine Mannschaft aus Hettstedt auszugeben.
Die am Fußballspiel beteiligten zehn BRD-Bürger – zwischen 22 und 35 Jahre alt, fast ausschließlich in Frankfurt/M. wohnhaft – reisten am 21. März 1981, gegen 10.30 Uhr, mit vier Pkw über die Grenzübergangsstelle Wartha in die DDR ein, wobei sie als Ziel den Besuch der Leipziger Messe angaben.2
Während der Zollkontrolle wurden bei ihnen Sportjerseys mit der Aufschrift »BSG Wismut Altenburg« auf dem Rückenteil und »adidas« auf dem Vorderteil festgestellt. Bei der Befragung dazu gab der BRD-Bürger [Name 3] an, dass die BRD-Bürger während ihres Aufenthaltes am nachfolgenden Tag (22.3.1981) in Altenburg ein »kleines Trainingsspiel« durchzuführen beabsichtigen. Weitere Angaben dazu wurden von ihnen nicht gemacht.
Unmittelbar nach den Feststellungen der Zollverwaltung wurden Maßnahmen zur Überprüfung eingeleitet. Aufgrund der Verschleierungstaktik konnten zunächst keine Feststellungen über die Organisierung eines Fußballspieles mit Beteiligung einer Mannschaft aus der BRD getroffen werden. Bei weiterführenden Kontrollen auf allen möglicherweise in Betracht kommenden Sportplätzen wurde noch am 21. März 1981, gegen 16.20 Uhr, auf dem »Postsportplatz« in Altenburg eine Fußballbegegnung festgestellt. Aus der Sportbekleidung der beteiligten Spieler war erkennbar, dass es sich um ein Fußballspiel der vorgenannten Mannschaften handelte. Anwesend waren ca. zehn Zuschauer (Familienangehörige der am Spiel beteiligten DDR-Bürger).
Zur Vermeidung von Komplikationen und unter Beachtung dessen, dass das Spiel kurz vor dem Abpfiff stand und nur eine geringe Öffentlichkeitswirksamkeit gegeben war, wurde auf einen Abbruch des Fußballspiels mit polizeilichen Mitteln verzichtet.
Wie weiter festgestellt wurde, kam es nach dem Fußballspiel noch zu einer Zusammenkunft der beteiligten Spieler aus der DDR und der BRD in einer Gaststätte in Altenburg, wobei in den dort geführten Gesprächen dieses Treffen als »gesamtdeutsche Sportbegegnung« bezeichnet wurde. Die Rückreise der BRD-Bürger erfolgte am 22.3.1981. Zuvor kam es noch einmal zu einem Zusammentreffen einiger dieser Personen mit einzelnen DDR-Bürgern.
Durch das MfS wurden die zuständigen Organe der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, des DTSB sowie der Trägerbetrieb der BSG Wismut Altenburg vom Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. Im Ergebnis erster Auseinandersetzungen innerhalb der BSG Wismut Altenburg wurden [Name 1] und [Name 2] am 26. März 1981 aus der BSG ausgeschlossen (Beschluss des Vorstandes).
Am 1. April 1981 wird auf einer Sekretariatssitzung des DTSB-Kreisvorstandes Altenburg über den Ausschluss beider Personen aus den DTSB beraten.
Wie bekannt wurde, ist seitens der KPKK der SED-Kreisleitung Altenburg beabsichtigt, mit zwei beteiligten Spielern, die Mitglied der SED sind, politische Auseinandersetzungen zu führen, mit dem Ziel, gegen sie Parteiverfahren einzuleiten.
Gegen [Name 2] werden durch den Vorsitzenden des Rates des Kreises Altenburg Disziplinarmaßnahmen eingeleitet.