Austragung eines nicht genehmigten deutsch-deutschen Fußballspiels
2. April 1981
Information Nr. 151b/81 über die Austragung eines nichtgenehmigten Fußballspiels zwischen einer Mannschaft der BSG Wismut Altenburg und der BRD-Mannschaft »Gulf Atletico 71 – Frankfurt«
Am 21. März 1981 wurde auf dem »Postsportplatz« der BSG Wismut Altenburg in Altenburg, Leipzig, Münsaer Straße, ein Fußballspiel zwischen einer Mannschaft »Alte Herren« der BSG Wismut Altenburg und einer unter dem Namen »Gulf Atletico 71 – Frankfurt« angetretenen Mannschaft aus Frankfurt/M. – BRD ausgetragen.
Dieses Spiel war nicht entsprechend der Direktive des DTSB für den internationalen Sportverkehr angemeldet sowie genehmigt und muss als Unterlaufen der Vereinbarungen über den Sportverkehr zwischen der DDR und der BRD gewertet werden.
Die durch das MfS geführten Untersuchungen ergaben:
Initiatoren und Organisatoren dieses Fußballspiels waren die Bürger der DDR [Name 1], 40, Schichtleiter im Baukombinat Leipzig, BT Altenburg, Mitglied der SED, und [Name 2], 44, Kraftfahrer beim Rat des Kreises Altenburg, bis 1980 Schiedsrichterobmann des Kreisfachausschusses Fußball Altenburg und Schiedsrichter in der Bezirksliga – beide als fanatische Fußballanhänger und insbesondere als Anhänger des BRD-Fußballs bekannt – sowie der Bürger der BRD [Name 3], 35, Kraftfahrer aus Frankfurt/M.
Nach bisherigen Feststellungen lernte [Name 1] als Zuschauer eines internationalen Fußballspiels in der ČSSR mit Beteiligung einer BRD-Mannschaft im Jahre 1979 den BRD-Bürger [Name 3] kennen, der sich ebenfalls als Fußballanhänger ausgab. Zwischen beiden Personen entwickelten sich daraufhin feste persönliche Kontakte. (Im Jahre 1980 trafen sich [Name 1] und [Name 3] in Altenburg sowie während des Europapokalfußballspiels zwischen den Mannschaften von Brno und Frankfurt/M. in der ČSSR.)
In der Folgezeit bereitete [Name 1] – ohne andere Personen davon in Kenntnis zu setzen – ein Fußballspiel zwischen Bürgern der BRD, die zu diesem Zweck in die DDR einreisen sollten, und nicht mehr aktiven Sportlern aus Altenburg vor. (Bei den von [Name 1] in Betracht gezogenen Spielern handelte es sich um ihm aus seiner langjährigen Tätigkeit in der BSG Wismut Altenburg bekannte ehemalige aktive Fußballspieler verschiedener Mannschaften.)
Unter Verschleierung des tatsächlichen Charakters dieser Sportbegegnung meldete [Name 1] in seiner Eigenschaft als offizieller Spielführer einer Volkssportmannschaft der BSG Wismut Altenburg am 26. Februar 1981 für den 21. März 1981 beim Staffelleiter des Kreisfachausschusses Fußball ohne Nennung eines Gegners (eine Benennung der teilnehmenden Mannschaften wird bei derartigen Freundschaftsspielen nicht gefordert) ein »Freundschaftsspiel« an. Unmittelbar vor dem Spieltermin informierte [Name 1] den [Name 2] über das von ihm vorbereitete Fußballspiel mit einer Mannschaft aus der BRD und bezog ihn in die Auswahl, Aufstellung und Verständigung geeigneter Spieler ein.
(Einem Teil der Spieler wurde mitgeteilt, dass es sich bei dem geplanten Fußballspiel um ein Freundschaftsspiel gegen eine Mannschaft aus Hettstedt handeln würde, während ein anderer Teil davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass es sich bei der gegnerischen Mannschaft um Fußballspieler aus der BRD handele.)
Gemeinsam reservierten [Name 1] und [Name 2] am 20. März 1981 beim Platzwart mit unwahren Angaben die genannte Sportstätte. Vor Spielantritt vereinbarten die beteiligten DDR-Bürger, initiiert von [Name 1] und [Name 2], zur Verschleierung des tatsächlichen Charakters, offiziell das geplante Fußballspiel als Freundschaftsspiel gegen eine Mannschaft aus Hettstedt auszugeben.
Am 21. März 1981 wurde auf dem »Postsportplatz« in Altenburg eine Fußballbegegnung festgestellt. Aus der Sportbekleidung der beteiligten Spieler war erkennbar, dass es sich um ein Fußballspiel der vorgenannten Mannschaften handelte. Überprüfungen ergaben, dass die Jerseys beider Mannschaften, die die Aufschriften »Gulf Atletico 71 – Frankfurt« bzw. »BSG Wismut Altenburg« (Rückenteil) und »adidas« (Vorderteil) trugen, in der BRD gefertigt und von den Spielern aus der BRD mitgebracht wurden.
Beim genannten Spiel waren ca. zehn Zuschauer (Familienangehörige der am Spiel beteiligten DDR-Bürger) anwesend.
Wie festgestellt wurde, kam es nach dem Fußballspiel noch zu einer von [Name 1] organisierten Zusammenkunft der beteiligten Spieler aus der DDR und der BRD in einer Gaststätte in Altenburg, wobei in den dort geführten Gesprächen dieses Treffen als »unpolitische gesamtdeutsche Sportbegegnung« bezeichnet wurde. Die Rückreise der BRD-Bürger erfolgte am 22. März 1981. Zuvor kam es noch einmal zu einem Zusammentreffen einiger dieser Personen mit einzelnen DDR-Bürgern.
Durch das MfS wurden die zuständigen Organe der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, des DTSB sowie der Trägerbetrieb der BSG Wismut Altenburg vom Sachverhalt in Kenntnis gesetzt.
Zur Klärung des Sachverhaltes sowie zur Führung politisch-ideologischer Auseinandersetzungen wurden unmittelbar nach dem Vorkommnis Aussprachen geführt, in deren Ergebnis disziplinarische Maßnahmen eingeleitet und durchgeführt wurden.
Am 27. März 1981 fand mit [Name 1] beim Vorsitzenden der KPKK der SED-Kreisleitung Altenburg eine Aussprache statt, bei der sich [Name 1] äußerst unparteilich und unehrlich verhielt. Auf Veranlassung des Vorsitzenden der KPKK der SED-Kreisleitung Altenburg wurde am 31. März 1981 durch die Grundorganisation der SED im Betrieb des [Name 1] gegen ihn ein Parteiverfahren eingeleitet.
Gleichfalls am 27. März 1981 führte der Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates für Inneres beim Rat des Kreises Altenburg mit [Name 2] ein Gespräch. [Name 2] trug durch sein positives Verhalten wesentlich zur weiteren Klärung der näheren Umstände der Vorbereitung und Durchführung der genannten Sportbegegnung bei. Gegen ihn werden durch den Vorsitzenden des Rates des Kreises Altenburg Disziplinarmaßnahmen eingeleitet.
Auf Beschluss des Vorstandes wurden [Name 1] und [Name 2] am 26. März 1981 aus der BSG Wismut Altenburg ausgeschlossen. Während einer Mannschaftssitzung der Mannschaft »Alte Herren« der BSG Wismut Altenburg – unter denen sich auch Spieler der vorgenannten Fußballbegegnung befanden – am 27. März 1981 (unter Teilnahme des Vorsitzenden des DTSB-Kreisvorstandes Altenburg und verantwortlicher Funktionäre der BSG Wismut Altenburg) verurteilte zwar die Mehrheit der Spieler die Tatsache, dass sie von den zwischenzeitlich aus der BSG Wismut ausgeschlossenen [Name 1] und [Name 2] getäuscht und angeblich »überrumpelt« wurden, bezog jedoch keine eindeutige Stellung zur Abgrenzungsproblematik auch auf sportlichem Gebiet (wiederholt wurde die Auffassung vom »unpolitischen Sport« vertreten).
Anfang April 1981 wird auf einer Sekretariatssitzung des DTSB-Kreisvorstandes Altenburg über den Ausschluss beider Personen aus dem DTSB beraten.
Gegen zwei weitere, an der Fußballbegegnung aktiv beteiligte Mitglieder der SED werden differenzierte parteierzieherische Maß nahmen eingeleitet.