Bevölkerungsreaktionen anlässlich des X. Parteitages der SED (3)
13. April 1981
Weitere Hinweise zur Reaktion der Bevölkerung der DDR [Bericht O/96c]
Weitere Meinungsäußerungen und Reaktionen zum bisherigen Verlauf des X. Parteitages1 beinhalten Genugtuung über die eindrucksvolle Demonstration der Einheit und Geschlossenheit der Partei. Es wird betont, die Teilnahme von 125 Delegationen kommunistischer und Arbeiterparteien, revolutionär-demokratischer und sozialistischer Parteien und Organisationen bestätige die Rolle und Bedeutung der DDR und der SED im internationalen Maßstab.2
Im Zusammenhang damit wird erneut die Frage aufgeworfen, warum am Jubiläums-Parteitag der SED (X.) so wenig Generalsekretäre bzw. 1. Sekretäre von Bruderparteien teilnehmen würden.
Der überwiegende Teil bekannt gewordener Meinungsäußerungen beinhaltet weiterhin volle Zustimmung zum festgelegten Kurs der weiteren Politik für Frieden und Abrüstung.
Enttäuschungen über nichterfüllte Erwartungen werden z. T. aus Kreisen von Rentnern, mittlerem medizinischen Personal, kaufmännischer Angestellter u. a. deutlich. In Einzelfällen wurde geäußert, diese »Enttäuschung« könnte zu den bevorstehenden Volkswahlen Auswirkungen haben.
Bisher vorliegende erste Hinweise zur Rede des Genossen Honecker beinhalten:
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Zustimmung zur Sachlichkeit,
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Anerkennung der Kontinuität der Fortführung der Friedenspolitik und der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik, insbesondere des Wohnungsbauprogramms.
In geringem Umfang wurde geäußert,
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die Ausführungen würden im Wesentlichen keine neuen Gesichtspunkte beinhalten;
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im gesamten Bericht würden nur die Erfolge hervorgehoben, wirkliche Probleme und Schwierigkeiten jedoch verschwiegen;
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im Gegensatz zum Bericht der KPdSU auf dem XXVI. Parteitag3 sei der Bericht des Genossen Honecker »zu problemlos« und orientiere dadurch nicht genügend auf die Überwindung von Schwächen;
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der Bericht mache deutlich, dass keine weiteren Sozialmaßnahmen zu erwarten seien, zunächst würde von den Arbeitern ein Leistungsanstieg verlangt;
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indirekt werde »zugegeben«, dass die gestellten wirtschaftlichen Ziele nicht erreicht worden seien, der Bericht ermögliche jedoch keine Einblicke in Detailfragen.
In Einzelfällen werden die im Bericht angeführten erreichten Planzahlen angezweifelt. So wird geäußert, die z. B. unter dem Hauptkomplex II angeführten Zahlen über den Umsatz von Haushaltswäsche, Bettwäsche, Haushaltsporzellan, Kühltruhen u. a. würden nicht den Realitäten des Angebots in den Geschäften entsprechen. Es ergebe sich ein Widerspruch zwischen dem angeführten erhöhten Einzelhandelsumsatz, den beträchtlich erhöhten Steigerungsraten bei sogenannten Mangelwaren und dem tatsächlichen Angebot in den Verkaufsstellen. Die Ursachen dieses Widerspruchs seien aus dem Bericht nicht klar zu erkennen. Offensichtlich bestehe zwischen dem Bedarf der Bevölkerung und den Planzahlen ein spürbarer Unterschied.4
Weitere erste Meinungen beinhalten, die Berichterstattung von Rundfunk und Fernsehen sei in zu großem Maße auf den Parteitag festgelegt, sodass beliebte Musik-, Unterhaltungs- und Sportsendungen einfach in Wegfall geraten wären bzw. stark gekürzt worden seien. Insbesondere der Ausfall der Konferenzsendung vom Fußball-Oberligaspieltag sei von Sportanhängern bemängelt worden.
In geringem Umfang beinhalten Äußerungen (besonders aus der Hauptstadt), der Aufwand für die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in der Öffentlichkeit und in Betrieben sei zu hoch, der Kräfteeinsatz sei enorm, für die Öffentlichkeit vielerorts erkennbar und stehe in keinem richtigen Verhältnis zum Nutzeffekt.