Einleitung 1981
Einleitung 1981
Matthias Braun und Bernd Florath
1. Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Matthias Braun
Seit Ende der 1970er Jahre standen sich die beiden Machtblöcke, zusammengeschlossen in der NATO auf der einen Seite und dem Warschauer Pakt auf der anderen Seite, in neuer Feindseligkeit gegenüber. Die im Nordatlantikvertrag vereinten europäischen und nordamerikanischen Staaten hatten die beabsichtigte Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen in Ost- und Mitteleuropa mit dem NATO-Doppelbeschluss beantwortet. Der fortwährende Rüstungswettlauf hatte auf beiden Seiten eine vielfache atomare Overkill-Kapazität angehäuft und die Staatshaushalte in Ost und West zusätzlich belastet. Die Ausgaben für den Militär- und Sicherheitsbereich in der DDR erreichten in den 1980er Jahren einen Anteil von mehr als zehn Prozent am produzierten Nationaleinkommen. »Damit absorbierte dieser Bereich in einem Maße Güter und Dienstleistungen, wie das nur in wenigen europäischen Ländern der Fall gewesen sein dürfte.«1 In Genf gerieten Ende 1981 die Verhandlungen über eine Reduzierung der in Europa stationierten atomaren Mittelstreckenraketen der USA und der UdSSR in eine Sackgasse. Die Reagan-Administration plante den Krieg im Weltraum und amerikanische Militärstrategen debattierten über die Frage, ob ein atomarer Schlagabtausch nicht doch »gewinnbar« wäre. Der Einmarsch der Roten Armee in Afghanistan und die darauf folgende Boykottierung der Sommerolympiade 1980 in Moskau durch westliche Staaten hatten zu einer weiteren Verschärfung der Ost-West-Konfrontation beigetragen und die Furcht vor einer militärischen Zuspitzung vergrößert. In diesem Kontext sahen westdeutsche Politiker in der Destabilisierung der kommunistischen Herrschaft in Polen einen weiteren Baustein zur Erhöhung der Kriegsgefahr. Vor allem bei den Linken stieß die polnische Freiheitsbewegung, die wegen ihres nationalkatholischen Charakters in der Bundesrepublik als politisch rechts stehend wahrgenommen wurde, auf Skepsis und Ablehnung. In der DDR und den anderen sozialistischen Staaten in Europa sah man dagegen die polnische Freiheitsbewegung als die größte Herausforderung für den eigenen Herrschaftsanspruch seit dem Prager Frühling von 1968. Schließlich waren die Prinzipien der Solidarność mit denen der kommunistischen Diktaturen nicht in Übereinstimmung zu bringen. Folgerichtig drängten vor allem die Parteiführungen der polnischen Nachbarstaaten (DDR und ČSSR) frühzeitig auf die gewaltsame Beendigung dieses Zustandes durch den Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts. Diese Intervention hätte ohne Zweifel zu einer weiteren Verschärfung der Spannungen zwischen Ost und West geführt. Trotz des Drängens von SED und KSČ schreckte die sowjetische Führung vor solch einer Aktion jedoch zurück. Anders als in Ungarn 1956 und 1968 in Prag mussten die potenziellen Invasoren im Falle Polens mit einem langen und zugleich breiten Volkswiderstand rechnen. »Eine Intervention des Warschauer Pakts in Polen nur wenige Monate nach dem Einmarsch der Roten Armee in Afghanistan hätte die Aussicht auf Wiederherstellung eines gedeihlichen Verhältnisses zum Westen auf absehbare Zeit zerstört – ein Risiko, das auch sowjetische ›Hardliner‹ tunlichst vermeiden wollten.«2 Die sowjetische Führung favorisierte als »polnische Lösung« die Zerschlagung der Gewerkschaft Solidarność durch die polnische Staatsmacht, die letztendlich mit der Verhängung des Kriegsrechts durch General Jaruzelski und der Einsetzung eines Militärischen Rates der Nationalen Rettung am 13. Dezember 1981 eingeleitet wurde.
In dieser Gemengelage versuchte die SED-Führung Anfang der 1980er Jahre mit untauglichen Mitteln die Volkswirtschaft der DDR wieder voranzubringen, die Instabilität des Systems zu überwinden, außenpolitische Erfolge zu erringen und ihre Beziehungen zur Bundesrepublik trotz vieler Probleme weiter zu festigen. In diesem Sinne wurde auf dem X. Parteitag der SED im April 1981 die Generallinie der Partei, die »Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik« im Inneren, die »Friedenspolitik« und das absolute Bekenntnis zur UdSSR nach außen sowie die weitere Verstärkung der »führenden Rolle« der SED in allen Bereichen der Gesellschaft fortgeschrieben. Vollkommen ausgeblendet wurde von der Parteiführung, dass der Konsumsozialismus unter SED-Generalsekretär Erich Honecker die DDR Anfang der 1980er Jahre an den Rand des Bankrotts geführt hatte. Ein viel zu großer Anteil der Kredite westlicher Banken war in den Import von Getreide und Futtermitteln sowie Konsumgütern geflossen bzw. musste zur Finanzierung der Zinsen und Tilgung der Altschulden verwendet werden. Die Erhöhung des Lebensstandards und die Verbesserung der Sozialleistungen in den 1970er Jahren beruhten nicht auf eigener Wirtschaftskraft, sondern auf einem Rückgang der Investitionsquote und zunehmender Verschuldung vor allem im Westen.3 Die Überzeugung der SED-Führung, durch die Erhöhung des Lebensstandards die werktätigen Massen zu höheren Arbeitsleistungen anzuspornen und durch ein höheres Konsumangebot die staatliche Gängelung zwischen Kap Arkona und Fichtelberg vergessen zu machen, ging nicht in Erfüllung. Die großzügige Verteilungspolitik hatte bei der Bevölkerung große Erwartungen geweckt,4 die angesichts der angespannten wirtschaftlichen und ökonomischen Lage nicht zu verwirklichen waren. In dieser Situation wurde die DDR von den Auswirkungen der zweiten Ölpreiskrise hart getroffen. Auf die Ankündigung der Sowjetunion, in den kommenden Jahren statt der vereinbarten 19 nur noch 17 Millionen Tonnen Rohöl zu liefern, reagierte die SED-Führung mit Entsetzen. »Damit würden die Grundpfeiler der Existenz der Deutschen Demokratischen Republik«5 untergraben, schrieb Honecker an den KPdSU-Generalsekretär Breschnew. Dieser schickte im Oktober seinen ZK-Sekretär Russakow nach Ostberlin, um Honecker klarzumachen, dass die Sowjetunion von diesem Schritt nicht abrücken werde. »Jetzt bitten wir Euch um Hilfe. Wir wissen uns keinen anderen Ausweg.« Honecker entgegnete darauf dem sowjetischen ZK-Sekretär, dass man sich »dem revanchistischen Westen gegenüber befinde, der mit fünf Fernsehkanälen und über 35 Rundfunkstationen pausenlos« auf die DDR einstürme, und gleichzeitig habe man »hinter unserem Rücken die Konterrevolution« in Polen. In einem Monat wolle das Zentralkomitee den Fünfjahresplan bis 1985 beschließen. »Was sollen wir dort erklären? Wenn wir die Fonds kürzen, wird die Bevölkerung sagen, ihr habt uns betrogen. Nicht nur das. Es geht ja um mehr […] Wenn die Kürzung eintritt, müssen wir ganze Betriebe stilllegen. […] Ich bitte Dich, Genossen Leonid Iljitsch Breshnew offen zu fragen, ob es 2 Millionen Tonnen Erdöl wirklich wert sind, die DDR zu destabilisieren und das Vertrauen der Menschen in die Partei- und Staatsführung zu erschüttern?«6 Doch alles Insistieren hatte keinen Erfolg. Die Sowjetunion befand sich selbst in einer ziemlich prekären wirtschaftlichen Lage. Sie benötige wegen der Missernten Devisen, erklärte Russakow dem SED-Generalsekretär und führte fort, »sonst ihre eigene Stellung in der Welt nicht halten« zu können und das habe »dann Folgen für die ganze sozialistische Gemeinschaft«.7 Von dieser Krise, welche die Sowjetunion u. a. von einem Nettoexporteur von Getreide zum weltgrößten Getreideimporteur hatte werden lassen, dem es immer schwerer fiel, das eigene Sozialsystem zu finanzieren, war, wie von vielen anderen ernsthaften Problemen auf dem XXVI. Parteitag der KPdSU im Februar 1981 in Moskau, nichts zu hören.
Die Sowjetunion war entgegen ihrer Propaganda der technologischen Herausforderung der USA in der Rüstungspolitik nicht gewachsen. Deshalb versuchte die Kreml-Führung, Einfluss auf die politischen Entscheidungen des Westens nicht nur durch bilaterale Verhandlungen zu nehmen. Bestandteil ihrer Strategie war es auch, gezielt und verdeckt auf außerparlamentarische Bewegungen und die öffentliche Meinung in westeuropäischen Ländern einzuwirken und beide Ebenen miteinander zu kombinieren. In diesem Zusammenhang schwenkte die SED-Parteiführung im Gegensatz zu ihrer bisherigen Abgrenzungspolitik gegenüber der Bundesrepublik auf dem Gebiet der Friedenspolitik auf eine Zusammenarbeit mit der westdeutschen und westeuropäischen Friedensbewegung ein. Durch diesen Kurswechsel hoffte die SED zum einen, die Rüstungspolitik der NATO-Staaten propagandistisch wirksam von der eigenen Friedenspolitik abgrenzen zu können, und zum anderen, den politischen Gegner mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu schwächen. Als im Sommer 1981 die Nachrüstungsdebatte in vollem Gange war, beschloss das SED-Politbüro in dieser Situation, seiner Rolle als Vorposten des sowjetischen Machtimperiums folgend, im Juli Maßnahmen zur Unterstützung der westdeutschen Friedensbewegung. Gleichzeitig bemühte sich die SED um eine europaweite Vernetzung der Friedensbewegung und deren konsequente antiamerikanische Ausrichtung.8 Vor diesem Hintergrund begannen dann auch die Vorbereitungen für die im Dezember stattfindende »Berliner Begegnung zur Friedensförderung« von Künstlern und Wissenschaftlern am Berliner Alexanderplatz.9
Vom Westen wenig beachtet, dafür aber vom SED-Sicherheitsapparat umso stärker observiert und kontrolliert, hatte sich in der DDR viel früher als in der Bundesrepublik eine zumeist christlich motivierte Friedensbewegung unter dem Dach der evangelischen Kirchen entwickelt. Die Einführung des Wehrkundeunterrichts und andere paramilitärische Maßnahmen forcierten die Militarisierung der DDR-Gesellschaft und führten vor allem für christliche Bürger des Landes immer wieder zu Konflikten mit der Staatsmacht. Gepaart mit den internationalen politischen Entwicklungen wuchs diese »inoffizielle« Friedensbewegung in der DDR, die sich im Gegensatz zur staatlichen Friedenspolitik sowohl von den amerikanischen als auch sowjetischen Atomraketen bedroht fühlte. Der Forderung nach einem Sozialen Friedensdienst, der nach staatlicher Auffassung gegen die Verfassung der DDR verstieß, führte nicht nur zu innerkirchlichen Auseinandersetzungen, sondern vor allem zu einer echten Belastungsprobe des Verhältnisses zwischen Staat und evangelischer Kirche.10 Nicht nur unter dem Dach der Kirche, sondern in der gesamten Bevölkerung verbreitete sich der Eindruck, dass Partei und Regierung ihre Sorgen und Nöte überhaupt nicht mehr wahrnahmen. Das MfS registrierte aber sehr wohl Probleme bei der weiteren Durchsetzung der Partei- und Staatspolitik etwa in den Bereichen der Friedens-, Umwelt-, Bildungs- und Informationspolitik. Als besonders gefährdet galten dabei »die geistig kulturellen Bereiche«, zu denen das MfS hauptsächlich Angehörige »der wissenschaftlichen, medizinischen und künstlerischen Intelligenz« sowie »religiös gebundene, jugendliche und studentische Personenkreise« zählte. Um der »Gefahr einer sich früher oder später organisierenden Untergrundbewegung in der DDR«11 in Zukunft besser begegnen zu können, wurde beispielsweise in der Hauptabteilung XX extra eine neue Struktureinheit (HA XX/9) installiert.
Schon die Gründung der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność in Polen und die dort seit dem Sommer 1980 immer wieder stattfindenden Streiks hatten die Ostberliner Führung stark beunruhigt. Hinzu kam die offenkundige Führungsschwäche der PVAP, die auch durch die Einsetzung Stanisław Kanias als neuen 1. Sekretär der PVAP nicht zur Entspannung der Lage beitrug. Stets alarmiert über die Entwicklung von Demokratiebewegungen in Nachbarländern wegen des möglichen Ansteckungseffektes im eigenen Land sah sich im Falle der polnischen Entwicklungen die DDR-Führung zusätzlich mit dem Ausbleiben polnischer Steinkohlelieferungen konfrontiert und darüber hinaus zu wirtschaftlicher und finanzieller Hilfe für Polen verpflichtet.12
Anfang der 1980er Jahre schwankte die SED-Politik gegenüber der Bundesrepublik zwischen Abgrenzung und Annäherung. Zum einen ging Honecker mit seinen »Geraer Forderungen«13, die u. a. die Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft und die Schließung der Zentralen Erfassungsstelle in Salzgitter für Straftaten von Behörden und Organen der DDR forderte, auf deutliche Distanz zur Bundesregierung. Zugleich aber gaben sich SED-Politiker auf den Messen in Hannover und Leipzig14 betont gesprächsbereit. Letztendlich wollten beide Seiten trotz der Verschärfung des amerikanisch-sowjetischen Konfliktes, der sowjetischen Intervention in Afghanistan und der Debatten um die Nachrüstung den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen. In diesem Umfeld war auch Bundeskanzler Schmidt entschlossen, die deutsch-deutsche Entspannung nicht zum Opfer des verschärften Gegensatzes zwischen den beiden Supermächten werden zu lassen und reiste nach mehrfachen Verschiebungen zu politischen Gesprächen Ende 1981 in die DDR. KPdSU-Generalsekretär Breschnew hatte bei seinem Arbeitsbesuch in Bonn (im November 1981) ein Treffen von Schmidt und Honecker ausdrücklich begrüßt. Auch die NATO befürwortete das deutsch-deutsche Gespräch in der Schorfheide.15
2. Zentrale Themenfelder der Berichterstattung
Matthias Braun
2.1 Das Jahr der Parteitage
Parteitage mit ihren Programmen, Direktiven und Beschlüssen bestimmten in einem erheblichen Maße das Leben der Menschen in der DDR. 1981 fanden mit dem XXVI. Parteitag der KPdSU im Februar in Moskau und dem X. Parteitag der SED im April in Berlin gleich zwei politische Großveranstaltungen dieser Art statt. In der Regel waren mit Parteitagen der jeweiligen Staatsparteien in den Ländern des Ostblocks grundlegende politische Entscheidungen für die kommenden Jahre verbunden. Die Bevölkerung verband mit solchen politischen Großereignissen stets die Hoffnung, nicht nur Antworten auf viele Fragen und Probleme des gegenwärtigen Zustandes des Landes von der sich selbst als führende Kraft verstehenden Staatspartei zu erhalten. Sie erwartete von diesen Parteitagen auch neue Impulse und eine gesicherte Perspektive für das Land, ihr weiteres eigenes Leben und das ihrer Familien. Aufgrund der engen politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen bzw. Abhängigkeiten der DDR von der Sowjetunion und ihrer Moskauer Parteiführung kam den Parteitagen der KPdSU für die weitere Existenz der DDR stets eine ganz besondere Bedeutung zu. In den »Reaktionen der Bevölkerung der DDR zum XXVI. Parteitag« werden dann auch immer wieder Fragen besorgter Bürger erwähnt, inwieweit beispielsweise der Erhalt der militärischen Stärke des Warschauer Paktes »Konsequenzen auf die Finanzhaushalte und auf die Wirtschaftslage der sozialistischen Länder haben werde«.16
Entgegen der Behauptung, dass »insbesondere der Rechenschaftsbericht als eine klare Orientierung zu den internationalen Fragen und Aufgabenstellungen zur inneren Entwicklung der UdSSR gewertet [und] die von Optimismus und Sachlichkeit getragene Atmosphäre des Parteitages in den Meinungsäußerungen der DDR-Bevölkerung hervorgehoben«17 worden sei, zeichnete sich in Wahrheit auf dem XXVI. Parteitag der KPdSU kein Wille zu einer grundlegenden Erneuerung des erstarrten Sowjetsystems ab.
Seit Anfang der 1980er Jahre sank der Zuwachs des Nationaleinkommens der UdSSR auf etwa ein Prozent. Besonders die einseitige Orientierung auf den Export von Erdgas und Rohöl machte dem Land angesichts des fallenden Ölpreises schwer zu schaffen. Außerdem wurde immer deutlicher sichtbar, dass die Sowjetunion mit ihrem ehrgeizigen Vorhaben, den technischen Rückstand zum Westen aufzuholen, gescheitert war. Hinzu kam das Unvermögen des Systems, den notwendigen Übergang von einer extensiven zu einer intensiven Nutzung der Rohstoffe und der menschlichen Arbeitskraft zu bewältigen. Die Hochrüstung zog enorme Ressourcen ab, die dem zivilen Sektor der Volkswirtschaft fehlten und letztendlich in die Stagnation trieben. Auch die Landwirtschaft blieb hinter den gesteckten Zielen der Industrialisierung zurück. Darüber hinaus mussten aus dem Westen große Mengen Fleisch zur Versorgung der Bevölkerung importiert werden. Ähnlich wie in der DDR fiel es der Sowjetunion schwer, das eigene Sozialsystem zu finanzieren. In Afghanistan verstrickte sich die Rote Armee immer mehr in einen Guerillakrieg, in dem bis Ende 1980 bereits 1 500 Sowjetsoldaten gefallen waren.18
In den drei Berichten »zur Reaktion der Bevölkerung der DDR zum XXVI. Parteitag der KPdSU«,19 die durch enorme Redundanzen und Wiederholungen gekennzeichnet sind, überwiegen dagegen die positiven Meinungsäußerungen und der von diesem Parteitag angeblich ausgehende Optimismus. Weder Generalsekretär Breschnew noch die anderen Politbüromitglieder hatten jedoch konkrete Signale für einen Aufbruch zur Lösung der gewaltigen Probleme des Landes gegeben. Die Mehrzahl der brisanten Themen und Konfliktfelder wurde kaum erwähnt. Insofern sind zahlreiche Reaktionen der DDR-Bevölkerung auf diesen Parteitag unverständlich, wenn beispielsweise von einer »offenen und konstruktiven Auseinandersetzung mit in der UdSSR noch vorhandenen Mängeln und Schwächen«20 die Rede ist. Kritische Anmerkungen, etwa der »Rechenschaftsbericht habe nichts Neues gebracht; alles sei bereits bekannt, und die Veranstaltung habe man sich ›sparen‹ können«,21 werden als Einzelmeinungen deklariert. Besonders werden in diesen Berichten Breschnews Vorschläge zur Abrüstung und Entspannung als neue Friedens- und Abrüstungsoffensive hochstilisiert. Wirklich neu an diesen Vorschlägen war nur das Angebot der UdSSR an den Westen, die im gesamten europäischen Teil der Sowjetunion stationierten bodengestützten ballistischen Raketen sowie Bomber mittlerer Reichweite in die Auflistung der eigenen Waffenbestände miteinzubeziehen. Die wachsenden Schwierigkeiten in der Wirtschaft und Landwirtschaft sowie die zunehmenden Probleme bei der Finanzierung der Sozialsysteme hätten Schwerpunktthemen des Parteitages sein müssen. Doch der neue Ministerpräsident Tichonow offerierte in seiner Rede nur eine Art Normenkatalog, fromme Wünsche, hilflose Mahnungen und Versprechungen anstelle konkreter und energischer wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Auch die dringend anstehende Vervollkommnung der Organisationsstruktur der Verwaltung wurde ein weiteres Mal auf die lange Bank geschoben. Klare Worte fielen dagegen im Zusammenhang mit Polen, die laut Berichterstattung begrüßt wurden. Nach Auffassung des KPdSU-Generalsekretärs hatten die innenpolitischen Fehleinschätzungen der polnischen Genossen einen »Boden für die Aktivierung der dem Sozialismus feindlich gesinnten Elemente« geschaffen, sodass »in Polen eine Gefahr für die Grundlagen des sozialistischen Staates entstanden« ist. »Wir werden das sozialistische Polen, das Bruderland Polen nicht im Stich lassen, werden nicht zulassen, dass Polen beleidigt wird!«22
Neben den obligatorischen Zustimmungen zur Politik der KPdSU und allenfalls kritischen Einzelmeinungen ragt eine Passage in einem der drei Berichte heraus, in der in ungewöhnlicher Weise eine Kritik an der Politik der Ostberliner SED-Führung beschrieben wird. Demnach gebe es Diskussionen unter Parteimitgliedern und »anderen fortschrittlichen Kräften«, aus denen hervorgehe, dass »auch die Partei- und Staatsführung der DDR eine ›realere Wertung der tatsächlichen Lage‹ im Interesse der weiteren Erhöhung des Vertrauensverhältnisses vornehmen [müsse]. In der DDR bestünden zu große Widersprüche zwischen manchen offiziellen Erklärungen und der täglich erlebten Praxis.«23
Wer diesbezügliche Erwartungen oder auch mit der Erhöhung der Renten, der Herabsetzung des Reisealters für Reisen in den Westen, der Verbesserung des Berufsverkehrs oder auch der Einführung der 40- bzw. 42-Stunden-Woche gerechnet hatte, um nur einige Erwartungen aus einem langen Wunschkatalog der Bevölkerung zu nennen, der wurde größtenteils enttäuscht. Bereits im Vorfeld des X. Parteitages hatte u. a. der Staatssekretär für Kirchenfragen Klaus Gysi den Vorsitzenden des BEK Bischof Schönherr darüber informiert, »dass vom kommenden Parteitag der SED keine größeren Änderungen der Politik zu erwarten seien. Alles sei auf Kontinuität eingestellt. Man wolle das Erreichte festhalten.«24
Dass der Konsumsozialismus überwiegend zulasten der Investitionstätigkeit ging und zum Zerfall des Kapitalstocks führte, versuchte die SED-Parteiführung mehr oder weniger geschickt auf dem X. Parteitag zu verschleiern. Eine Gruppe von Politbüro-Mitgliedern (Willi Stoph, Werner Krolikowski, Verteidigungsminister Heinz Hoffmann und auch Erich Mielke) hatten zwar 1980 versucht Erich Honecker und seinen Wirtschaftssekretär Günter Mittag in Moskau anzuschwärzen. Das Politbüromitglied Werner Krolikowski äußerte beispielsweise gegenüber den sowjetischen Genossen die Ansicht, dass der Planansatz für den neuen Fünfjahresplan »offen wie eine Feldscheune und die schlimmste Ungereimtheit«25 sei. Ähnliche Einschätzungen registrierte die ZAIG auch in ihren Berichten, in denen darauf verwiesen wurde, dass einzelne Wirtschaftskader kritisiert hatten, dass vor dem Parteitag noch kein Entwurf für den Fünfjahrplan 1981 bis 1985 veröffentlicht wurde und dementsprechend die einzelnen »Wirtschaftszweige vor vollendete Tatsachen«26 gestellt werden. Da das Politbüro aber letzten Endes seine Zustimmung zum Bericht des Generalsekretärs auf dem Parteitag gegeben hatte, konnte Honecker seine bisherige Politik der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik widerspruchslos fortsetzen und damit zugleich die Steigerung von Wirtschaftswachstum und Export zur vermeintlichen Stabilisierung der Lage verkünden.
Unabhängig vom unspektakulären Verlauf und Ergebnis des X. Parteitags der SED fertigte die ZAIG zehn Berichte über die »Reaktionen der Bevölkerung«, zur Vorbereitung, zum Verlauf und zur Auswertung dieses politischen Großereignisses an,27 ergänzt durch eine umfangreiche Übersicht über die Lage in der Hauptstadt während des Parteitages.28 Wie auch bei anderen Berichten unter der Rubrik »Hinweise zur Reaktion der Bevölkerung« zu bestimmten Ereignissen sind auch diese durch unendlich viele Wiederholungen aus vorangegangen Berichten aufgebläht, sodass jeder Folgebericht nur einen sehr kleinen Teil an neuen Informationen enthält. Im Unterschied zu anderen Berichten der Serie O, etwa über die Situation in Polen29 oder das Treffen Schmidt – Honecker,30 werden in diesem Fall ungewöhnlich viele kritische Meinungsäußerungen aus der Bevölkerung zur Politik der SED aufgelistet. Weil diese Berichte nur zur internen Information des eigenen Apparates angefertigt wurden und man damit von vornherein möglichen Konflikten mit der Partei aus dem Wege ging, können sie als Hinweis an die entsprechenden Hauptabteilungen des MfS verstanden werden, frühzeitig auf ein etwaiges Störungspotenzial innerhalb der Gesellschaft aufmerksam zu machen. In diesem Sinne geht ein Bericht auch auf die Enttäuschungen über nichterfüllte Erwartungen an den Parteitag ein und bemerkte: »die Enttäuschung könnte zu den bevorstehenden Volkswahlen Auswirkungen haben«.31 Grundsätzlich war aber auch diese Berichterstattung nicht frei von schönfärbenden Meinungsäußerungen. So wurde immer wieder betont: »In vielen weiteren Diskussionen wird hervorgehoben, dass der vom Genossen Honecker vorgetragene Bericht u. a. eine Darstellung der erfolgreichen Bilanz der in allen gesellschaftlichen Bereichen der DDR erzielten hohen Arbeitsergebnisse darstelle und die Bevölkerung der DDR auf das Erreichte stolz sein könne. Begrüßt wird die Bestätigung durch den Parteitag, die weitere Verwirklichung der Hauptaufgabe in den kommenden Jahren fortzusetzen.«32
2.2 Verhältnis Staat – Kirche
»Kirche im Sozialismus« lautete seit 1971 die Ortsbestimmung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK). Die Leitung der katholischen Kirche in der DDR (Berliner Bischofskonferenz, BBK) verfolgte dagegen eine »Politik der Abstinenz« gegenüber der Partei- und Staatsführung. Diese Politik verpflichtete die Katholische Kirche in der DDR zu einer öffentlichen politischen Abstinenz in allen gesellschaftlichen Fragen, die nicht unmittelbar die Existenz der Kirche oder zentrale Inhalte der katholischen Glaubens- und Sittenlehre berührten. Darüber hinaus war in grundsätzlichen kirchenrechtlichen Angelegenheiten, etwa der für die SED-Regierung zentralen Frage einer völligen Angleichung der Diözesangrenzen an die Staatsgrenze der DDR nicht die BBK, sondern der Vatikan der Verhandlungspartner. Dieses Ziel wurde bis zum Ende der DDR nicht erreicht.
In den 1980er Jahren suchte und fand die sich entwickelnde unabhängige Friedensbewegung der DDR unter dem Dach der evangelischen Kirchen Schutz. Vor allem die Kirchenleitungen der acht evangelischen Landeskirchen und das Leitungsgremium des BEK sahen sich dabei mit Erwartungen ihrer Pastorenschaft und vor allem junger Christen und Nichtchristen konfrontiert, die ihr eine Überprüfung des eigenen Selbstverständnisses und Handlungsspielraums abverlangten.
Wie bereits in den Vorjahren richtete auch 1981 die ZAIG ihr Augenmerk ganz besonders auf die evangelischen Kirchen. Insgesamt liegen für dieses Jahr 35 Informationsberichte über sie vor, davon allein 28 Berichte überwiegend über öffentliche Sitzungen kirchlicher Gremien auf regionaler, nationaler und auch internationaler Ebene. Das besondere Interesse gilt dabei Stellungnahmen und Positionierungen der Kirchenleitungen der Evangelischen Kirchen in der DDR zu innen- als auch außenpolitischen Aspekten der SED-Politik. Dazu gehören Stellungnahmen zum Wehrunterricht in den Schulen, Forderungen nach einem Sozialen Friedensdienst (SoFd), der Senkung des Mindestumtausches für westliche Besucher in der DDR, Fragen zur Lage im Nachbarland Polen, zur Wahl eines Nachfolgers von Bischof Schönherr und immer wieder auch zur Problematik der Blues-Messen, Friedensdekaden und der Werkstattgottesdienste. In der Regel enthalten die Berichte keine Informationen zu theologischen Fragestellungen und rein innerkirchlichen Themen. Vor allem zu den Regional- und Bundessynoden sind in der Mehrzahl sehr umfangreiche Informationsberichte mit wörtlichen Zitaten von Synodalen angefertigt worden. Den Berichten über die Blues-Messen wurde sogar der komplette Programmtext beigefügt.
Die Kirchen waren zwar die einzige unabhängige gesellschaftliche Gruppe in der DDR, die auch kritische Fragen bei den für sie zuständigen Partei- und Staatsorganen vortragen konnte. Als Kirche konnte sie aber stets nur als Sprecher für eine ständig kleiner werdende christliche Minderheit auftreten. So musste sich der Vorstand der Konferenz der Kirchenleitungen (KKL) bei einer Begegnung mit Staatssekretär Gysi im Zusammenhang mit der Forderung nach einem Sozialen Friedensdienst die Frage gefallen lassen, wen man denn mit den beim Gespräch vorgebrachten »Anfragen eigentlich repräsentiere […] Die bisherigen Unterzeichner solcher Eingaben repräsentierten nicht einmal einen minimalen Bruchteil der aktiven Kirchgänger, geschweige denn der Christen.«33 Angesichts dieser Tatsache und des Umstands, dass in erster Linie die wirtschaftliche und ökonomische Krise die Stabilität und Existenz der DDR ernsthaft gefährdete, wird das latente Konfliktpotenzial zwischen Staat und Kirche in den ZAIG-Berichten gewichtiger dargestellt, als es in der Mehrzahl der Fälle war. Diese Berichte sind geeignet, die ohnehin überhöhten Ängste der SED-Führung gegenüber dem kirchlichen Leben in der DDR zu bestätigen. Schon allein das erklärte und auch praktizierte Ziel der KKL des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, »Kirche im Sozialismus« sein zu wollen, spricht dagegen.
Die große Zahl von 35 Informationsberichten zum Themenkreis Kirche – Staat stellt etwa ein Drittel der gesamten Berichterstattung der ZAIG an die Partei- und Staatsführung des Jahres 1981 dar. Sie sind geprägt vom festgefügten Feindbild des MfS und damit zugleich typisch für den eingeschränkten Blick der Tschekisten auf die gesellschaftliche Realität der DDR. Im Unterschied zu den zahlreichen sachlich und präzise gehaltenen Gesprächsvermerken und Einschätzungen des Staatssekretariats für Kirchenfragen bzw. der Mitarbeiter der Arbeitsgruppe für Kirchenfragen beim ZK der SED sind diese ZAIG-Berichte schon allein durch ihre ideologische Überformung weitaus weniger präzise.34 Aufgrund der gesellschaftlichen Sonderstellung der Kirchen fanden zahlreiche, relativ offene Gespräche von vornehmlich hohen kirchlichen Amtsträgern mit Vertretern von Partei und Regierung (vorzugsweise dem Staatssekretär für Kirchenfragen und seinen Mitarbeitern) statt, in denen beide Seiten Klartext sprachen. So verfügten die Partei bzw. die für Kirchenfragen zuständigen staatlichen Organe über ganz unmittelbare Informationen und waren nicht auf die stets mit erheblicher zeitlicher Verzögerung verteilten Informationsberichte der ZAIG angewiesen. In den der Parteiführung besonders dringlichen Fällen, etwa in der Frage des Sozialen Friedensdienstes, wartete der SED-Generalsekretär gar nicht erst den Abschluss aller Herbstsynoden der evangelischen Landeskirchen ab. In diesem Fall reagierte er sofort nach der Berichterstattung des für Kirchenfragen zuständigen Politbüromitgliedes Paul Verner über den bisherigen Verlauf einiger Synoden (am 10. November) mit einem Fernschreiben an die Ersten Sekretäre der SED-Bezirks- und Kreisleitungen. Darin gab der Generalsekretär klare Handlungsanleitungen vor, wie gegen die »erfolgten provokatorischen Angriffe gegen die Politik unseres Staates und die sozialistische Gesetzlichkeit« vorzugehen sei. Die Forderung nach einem Sozialen Friedensdienst richte sich »gegen die in der Verfassung festgelegte Wehrpflicht« und auch das Verlangen nach einseitigen Abrüstungsvorschlägen der Sowjetunion stammte Honecker zufolge aus »dem Arsenal der Imperialisten«.35 Die entsprechende ZAIG-Information »über die bisher durchgeführten Herbstsynoden evangelischer Landeskirchen in der DDR«36 wurde erst gut eine Woche später (am 18. November) erstellt und sah die Verteilung dieser Information an Honecker, Verner, Bellmann und Klaus Gysi vor, die alle bereits aktiv geworden waren und längst einen guten Überblick über die Sachlage hatten.
Die verhältnismäßig geringe Zahl von Informationsberichten zur katholischen Kirche (fünf Berichte) hatte ihre Ursache in erster Linie in der bereits erwähnten Strategie einer Politik der Abstinenz gegenüber der Partei- und Staatsführung. Die restlichen zwei Berichte informieren über die Politik des Vatikans bzw. zum Verhältnis Vatikan – DDR. Zum letzten Thema liegen sogar zwei Berichte vor. Einer von der ZAIG verfasst, der andere in einer Übersetzung aus dem Russischen. Letzterer enthält deutlich schärfere Formulierungen als der ZAIG-Bericht.37
Verließ die Berliner Bischofskonferenz doch einmal ihr Abstinenzprinzip, indem sie etwa in einem Hirtenbrief auch zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen in der DDR Stellung bezog,38 hielt es die ZAIG sofort für notwendig, darüber ausführlich zu informieren und sogar den kompletten Text des Hirtenbriefes als Anlage beizufügen. Auch in diesem Fall informierte die ZAIG die SED-Parteiführung erst, als das Staatssekretariat für Kirchenfragen bereits in Kenntnis des geplanten Hirtenbriefes mehrfach vergeblich dem Vorsitzenden der Berliner Bischofskonferenz »dringend empfohlen hatte, die Verlesung des Hirtenwortes zu überdenken und von einer Verlesung unbedingt Abstand zu nehmen, weil diese Problematik nicht dazu angetan wäre, die loyalen Beziehungen zwischen dem Staat und der Katholischen Kirche zu fördern«.39
2.3 Die polnische Krise
Als sich im Sommer 1980 jenseits von Oder und Neiße eine breite Bewegung für nationale Selbstbestimmung und Demokratisierung entwickelte, schrillten bei der SED-Führung, wie stets wenn es um Liberalisierungsbestrebungen in den sozialistischen Nachbarländern ging, die Alarmglocken. Am 30. August 1980 musste die kommunistische polnische Partei- und Staatsführung dem überbetrieblichen Streikkomitee unter der Führung von Lech Wałęsa im »Danziger Abkommen«40 weitreichende Zugeständnisse machen. Das Wichtigste war die Zulassung einer unabhängigen Gewerkschaft. Bald darauf nahm Stasi-Minister Mielke ausführlich Stellung zu den jüngsten Ereignissen in Polen: »Hier handelt es sich um gefährliche Ereignisse in unserem Nachbarland, um das konzentrierte Wirken konterrevolutionärer Kräfte inmitten unserer Staatengemeinschaft mit allen daraus für die DDR entstehenden Gefahren. Was in Polen geschieht, das ist auch für uns in der DDR eine Kernfrage, eine Lebensfrage! Deshalb ist höchste Wachsamkeit geboten.«41
Aus diesem Grund stellte die ZAIG über das ganze Jahr 1981 verteilt immer wieder umfangreiche Informationsberichte über die innenpolitische Situation im Nachbarland Polen für die Partei- und Staatsführung zusammen. Diese Informationen geben häufig einen tiefen Einblick in die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage in Polen und die zunehmende Erosion und Machtlosigkeit der PVAP gegenüber den Aktivitäten der Solidarność. Beispielsweise stieg die Mitgliederzahl der Solidarność bis zum Juni 1981 auf 9,5 Millionen an, während die alten offiziellen Gewerkschaften 8,5 Millionen Mitglieder verloren. Die Mehrzahl der genannten »Informationen«, welche die im September 1980 installierte Operativgruppe Warschau der HA II (Spionageabwehr) geliefert hat,42 weist keinen unmittelbaren Bezug zur DDR auf. Sie wurden entsprechend der Editionsrichtlinien nicht in die Edition des Jahrganges 1981 aufgenommen. Uneingeschränkt ediert werden hingegen die aus der O-Serie stammenden Berichte zu Reaktionen aus der DDR-Bevölkerung zur Situation in Polen.43 Diese Berichte enthalten keinen externen Verteilervorschlag.
Um sich ein Bild über die Bedingungen des MfS hinsichtlich seiner Tätigkeit in Polen Anfang der 1980er Jahre machen zu können, seien einige Fakten genannt. Im Mai 1974 wurde eine »Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen dem MfS der DDR und dem Ministerium für Innere Angelegenheiten der VR Polen«44 unterzeichnet. Sie regelte neben der operativ-technischen Zusammenarbeit die Weitergabe von »Aufklärungsinformationen über den Gegner«, den Austausch von Erfahrungen bei der Bekämpfung »imperialistischer Geheimdienste« und von Informationen über die »Tätigkeit feindlicher Geheimdienste gegen Bürger der DDR und der VR Polen« sowie über »verdächtige« Westkontakte von Angehörigen beider Staaten. Mit Einverständnis des Ministers konnten die Spitzel ausgetauscht und Bürger des anderen Staates zu operativen Zwecken genutzt werden. Weitere bilaterale Vereinbarungen regelten sowohl die regulären Arbeitsbeziehungen zwischen beiden politischen Geheimpolizeien als auch zwischen dem MfS und dem Ministerium für Nationale Verteidigung der Volksrepublik Polen auf dem Gebiet der Militärabwehr. Ferner existierte eine Zusammenarbeit zwischen der Hauptabteilung XX des MfS und dem IV. Departement des polnischen Ministeriums des Innern im Rahmen der Bearbeitung der Kirchen und der Bereiche Kunst und Kultur.45
Auf die SED-Führung müssen die polnischen Ereignisse wie ein Menetekel gewirkt haben. Denn auch die PVAP hatte auf eine Modernisierungspolitik auf der Basis von Krediten westlicher Banken gesetzt und gehofft, mit den dadurch erzielten Exportgewinnen die Kredite und die Verbesserung der staatlichen Sozialleistungen bezahlen zu können. In Polen war aber ähnlich wie in der DDR dieser Plan nicht aufgegangen. Hinzu kam, dass beide Länder weder mögliche Unruhen auf den Weltmärkten noch Zinssprünge der Banken bedacht hatten. Bereits 1980 verbrauchte die Schuldentilgung 82 Prozent der polnischen Exporterlöse. Wenig später musste die polnische Regierung sogar ausländische Kredite zur Tilgung ihrer Schulden aufnehmen. Ende 1981 sah sich dann der regierende Militärrat gezwungen, eine Preiserhöhung der Lebensmittel um gigantische 240 Prozent vorzunehmen, um die Subventionskosten zu verringern. Ende 1982 war Polen ebenso wie Rumänien faktisch zahlungsunfähig geworden.
Die SED-Führung zog vor allem aus der polnischen Entwicklung den Schluss, dass die Subventions- und Sozialpolitik weiter auf hohem Niveau beibehalten werden müsse, um die Lage im eigenen Lande stabil zu halten. Die mit dieser Politik verbundenen gravierenden Probleme für die Finanz- und Volkswirtschaft der DDR wurden offensichtlich ignoriert.46
Im Kern suggerieren die O-Berichte unter der Rubrik »Reaktionen der Bevölkerung auf die Vorgänge in der VR Polen« breite Zustimmung zur offiziellen Informationspolitik und Propaganda der SED zur Lage in Polen. Ob das sich jeweils aus zahlreichen Einzeläußerungen ergebene Stimmungsbild als repräsentativ angesehen werden kann, muss offenbleiben. Die Einschätzung, dass der Konterrevolution in Polen mit aller Härte begegnet werden müsse, wurde in den »Reaktionen« nicht infrage gestellt. »›Die Tatenlosigkeit‹ der polnischen Partei- und Staatsführung habe unverzeihliche Ausmaße angenommen«.47 Eine permanente Polenfeindlichkeit sowie eine massive Verurteilung der Streiks scheinen in allen Berichten immer wieder auf. Im großen Ganzen versuchen die Berichte den Eindruck zu vermitteln, dass die Mehrzahl der Bevölkerung die Sorgen und Nöte der SED teilt, indem sie ihre »feste Verbundenheit mit der Partei- und Staatsführung der DDR sowie deren Politik« zum Ausdruck bringe.48 Letzteres gleicht dem im SED-Zentralorgan »Neues Deutschland« verbreiteten Meinungsbild. Lediglich unter dem Aspekt eines generellen Misstrauens gegenüber der Durchsetzungskraft der polnischen Partei- und Staatsführung verzeichnen die Berichte auch mancherlei Befürchtungen in der Bevölkerung, die in der gelenkten Presse nicht veröffentlicht wurden, wie etwa die Frage, ob in der VR Polen »ein Bürgerkrieg entstehe und es zu Blutvergießen komme«, ob die DDR und die anderen sozialistischen Staaten bei der Sicherung des Sozialismus in Polen »Hilfe leisten müssten« sowie die Befürchtung, dass es »zu einer erneuten Zuspitzung der internationalen Lage kommen könnte«.49 Kritische Anmerkungen zur Politik der SED wurden laut der Berichte allenfalls im Zusammenhang mit den Solidaritätslieferungen der DDR nach Polen, vornehmlich Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs in das Nachbarland, geäußert. Weiter wird die Frage aufgeworfen, ob sich die DDR diese Lieferungen angesichts der eigenen Versorgungslage leisten könne. Negative Kommentare bzw. grundsätzliche Kritik zur Polenpolitik der SED werden allenfalls unter den »in Operativen Vorgängen bearbeiteten und unter OPK stehenden Personen« ausgemacht. »Machtbefugnisse eines Militärrates seien in einem sozialistischen Staat abzulehnen«.50 Warnungen vor Einmischung in die inneren Angelegenheiten Polens, Solidaritätserklärungen mit dem polnischen Volk und der Solidarność, einschließlich einer scharfen Kritik der SED-Berichterstattung über die Ereignisse im Nachbarland, wie sie auf zahlreichen Synoden der Evangelischen Kirchen, ganz besonders auf der Herbstsynode der Kirchenprovinz Sachsen51 geäußert wurden, enthalten diese Stimmungsberichte nicht.
2.4 Volkswirtschaft, Ökonomie und Verkehrswesen
Stasi-Minister Mielke zufolge war »die Wirtschaft das entscheidende Kampffeld für das revolutionäre Handeln der Partei«.52 Dementsprechend gehörte die »Sicherung der Volkswirtschaft« von Anfang an zu den zentralen Aufgaben der Staatssicherheit. In dieser Hinsicht registrierte das MfS seit dem Ende der 1970er Jahre die sich auf wirtschaftlichem Gebiet anbahnende ökonomische Katastrophe und stellte entsprechende Materialien zusammen. Weil sich diese Krise weiter verschärfte, erteilte Mielke im Oktober 1980 dem Leiter der HA XVIII (Sicherung der Volkswirtschaft) den Auftrag, Vorschläge für die »Lösung volkswirtschaftlicher Schlüsselprobleme 1981 und im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der Direktive des X. Parteitages«53 zu unterbreiten. »Die Brisanz der Studie […] lag nicht darin, dass sie die Grundprobleme der DDR-Ökonomie offen benannte. Brisant waren vielmehr die strukturellen Kritikpunkte am Leitungssystem der Wirtschaft.«54 Als generelle Lösung wurde in der Studie »eine Bestandsaufnahme zum gegenwärtigen Zustand in der Volkswirtschaft« vorgeschlagen, die von einer »kleinen Zahl sachkundiger Genossen« angefertigt und deren Ergebnisse nur dem Politbüro der SED vorgelegt werden sollten. »Ein Hineintragen der Probleme in die Breite der Partei [sollte] vermieden« werden.55
Im MfS galt es als offenes Geheimnis, dass sich der SED-Generalsekretär in Wirtschaftsfragen ganz auf seinen Wirtschaftssekretär Günter Mittag verließ, der wiederum keine Kritik an seinen Entscheidungen duldete. Diesem Umstand scheint auch der Minister für Staatssicherheit, der selbst Mitglied des Politbüros war, weitestgehend Rechnung getragen zu haben und dementsprechend seinen Generalsekretär auch nicht über die Studie informiert zu haben.56 Es sind insgesamt 17 Berichte des ZAIG-Jahrganges 1981 zu den Themenfeldern Wirtschaft/Landwirtschaft und Verkehr überliefert. In diesen beschränkt sich die ZAIG in der Mehrzahl der Fälle auf besondere Vorkommnisse, wie Unfälle, Brände, Havarien, Diebstähle, punktuelle Arbeitsverweigerungen sowie Probleme der Energieversorgung und bei der Reichsbahn. Selbst diese, weitaus weniger brisanten Informationsberichte wurden nur sporadisch an Erich Honecker weitergeleitet.
Lediglich in einem Informationsbericht über die Untersuchungsergebnisse zu baulichen Mängeln von Produktionsgebäuden und Anlagen der Chemischen Industrie vom 26. Juni 1981 wurden die drastischen Folgen der fortlaufend gesunkenen Investitionsquoten und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der chemischen Industrie und der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten deutlich. »Im Ergebnis dieser Untersuchungen wurde festgestellt, dass bei einer Reihe von Gebäuden und Anlagen die Produktionssicherheit nicht mehr gewährleistet ist und für die in diesen Anlagen arbeitenden Werktätigen eine ständige erhebliche Gefährdung ihres Lebens und ihrer Gesundheit besteht.«57 Laut Verteilervorschlag sollte diese Information der für Wirtschaftsfragen zuständige ZK-Sekretär Günter Mittag und mit Werner Krolikowski, 1. stellvertretender Vorsitzender des Ministerrates und zugleich Politbüromitglied, sowie Günther Wyschowsky, Minister für Chemische Industrie, zwei zuständige Vertreter des Ministerrates erhalten. Im Unterschied zur Mehrzahl der ZAIG-Informationen an Vertreter des Partei- und Staatsapparates ist in diesem speziellen Fall eine unmittelbare schriftliche Reaktion des Ministerrates auf den MfS-Bericht an Minister Mielke belegt. Der für Wirtschaftsfragen zuständige 1. stellvertretende Vorsitzende des Ministerrates (Werner Krolikowski) schrieb dem Minister für Staatssicherheit am 30.6.1981: »In Abstimmung mit Genossen Günter Mittag habe ich den Minister für Chemische Industrie beauftragt, mir bis zum 1. August 1981 einen Maßnahmeplan vorzulegen, der die Rang- und Reihenfolge der erforderlichen Aufgaben zur Verminderung der entstandenen Gefahren beinhaltet.«58 Angesichts der absoluten Priorität der Exportziele zulasten des Konsums und der extrem niedrig angesetzten Wachstumsraten für Investitionen (jährlich 1,5 %) waren die von Krolikowski angeregten anspruchsvollen Investitionsauflagen in der Chemieindustrie kaum zu realisieren.59 Ein anderer Bericht über die »technische Sicherheit und technologische Ordnung in Kombinaten und Betrieben der chemischen Industrie sowie in der Kohle- und Energiewirtschaft« zeigt das Dilemma der Betriebe, ihre hohen Planvorgaben nur unter Vernachlässigung der zeitaufwendigen Instandsetzungsarbeiten und Großreparaturen erfüllen zu können. Der Information ist zu entnehmen, dass allein 1980 31 Prozent aller festgestellten Mängel an überwachungspflichtigen Anlagen auf ungenügende Wartung, Revision und Instandhaltung zurückzuführen und 25 Prozent der Unfälle und Havarien aufgrund mangelhafter oder ungenügender Instandhaltung eingetreten sind. Als Hauptursache dieses Zustandes wird in der ZAIG-Information eine in vielen Fällen noch fehlende »ideologische Einstellung« genannt. »Manche sehen im konsequenten Kampf um hohe technische Sicherheit und technologische Ordnung immer noch einen die Produktion hemmenden Faktor.«60 Die wahre Ursache, ein Wirtschaften auf Kosten der Substanz angesichts fehlender Investitionsmittel, wird in diesem Bericht nicht einmal angedeutet. Interessanterweise wurde diese Information, die immerhin einige Rückschlüsse auf die angespannte wirtschaftliche und ökonomische Lage in der DDR gibt, kurz vor dem X. Parteitag der SED im April 1981 nicht herausgegeben.61 Diese Entscheidung ist im Zusammenhang mit der Nichtrealisierung des MfS-Vorschlags zu sehen, von einer »kleinen Zahl sachkundiger Genossen« eine Bestandsaufnahme der Volkswirtschaft zu erarbeiten. Dem MfS war auch nicht verborgen geblieben, dass leitende Genossen »zu den insgesamt anstehenden kritischen Fragen der Volkswirtschaft in vertraulichen persönlichen Gesprächen Vorbehalte, Besorgnisse und Unsicherheit äußern, aber offiziell – zum Teil wider besseres Wissen – Grundsatzdokumente und Vorlagen unterschreiben«.62 So konnte der SED-Generalsekretär auf dem X. Parteitag unwidersprochen verkünden, dass der Wirtschaftspolitik der Partei »ein ausgewogenes Verhältnis von Leistung und Verbrauch, von Akkumulation und Konsum«63 zugrunde liege.
Die anderen Informationsberichte zu Fragen der Wirtschaft, Landwirtschaft und dem Verkehrswesen beschäftigen sich überwiegend mit speziellen Problemen der Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie, etwa Störungen der Geflügel- und Eierversorgung,64 einer ausufernden Schweinepest65 sowie Schwierigkeiten des Rangierbetriebs bei der Reichsbahn,66 Havarieren in Heizkraftwerken und Problemen bei der Umstellung der Gasversorgung.67 Mehrfach geht es auch um Diebstahl in Industriekombinaten.68 Zumindest zwei Berichte behandeln Lohnforderungen der Werktätigen bzw. die Rückzahlung von Gewerkschaftsbeiträgen.69
Obwohl die ökonomischen- bzw. Finanzprobleme immer bedrohlicher wurden und das MfS wie auch die Staatliche Plankommission durchaus umfangreiches Material zu diesem Themenkomplex erarbeitet hatten, gelangten diese Erkenntnisse nicht in einen einzigen ZAIG-Bericht des Jahres 1981. Beispielsweise hatte die Staatliche Plankommission bereits im Juni 1980 zu bedenken gegeben, dass »die jetzige Höhe der Verschuldung« die DDR in die Lage versetzt hat, auch bei außerordentlicher Exportsteigerung nicht mehr »alle eingegangenen Zins- und Tilgungsverpflichtungen aus eigenen Devisenerlösen bezahlen zu können, da die jährlichen Zins- und Tilgungsverpflichtungen höher sind als die jährlichen Exporterlöse. Allein die zu zahlenden Zinsen machen 2/3 der Exporterlöse eines Jahres in konvertierbaren Devisen aus. Wenn die kapitalistischen Banken der DDR keinen Kredit mehr gewähren, würde schon in wenigen Monaten die Lage eintreten, dass die DDR nicht mehr zahlungsfähig ist und keine Importe mehr durchführen kann.«70 Selbst die erheblichen Valutaeinnahmen der DDR durch die jährliche Transit- und Postpauschale der Bundesrepublik, den Erlös aus dem Häftlingsfreikauf durch die Bundesregierung und den Mindestumtausch der westlichen Besucher,71 über den der SED-Generalsekretär regelmäßig informiert wurde, konnte die DDR nicht retten.
Die zunehmenden außen- und finanzwirtschaftlichen Schwierigkeiten prägten dann auch maßgeblich die Ziele des Fünfjahrplanes 1981 bis 1985, der bemerkenswerterweise erst am 3. Dezember 1981 als Gesetz verabschiedet wurde. Er sah vor allem eine Steigerung des Exports zulasten einer rigorosen Drosselung der Investitionen, des Güterverkehrs und der Konsumgüterversorgung vor. Zusätzliche Kosten wegen der ausbleibenden Rohstofflieferungen aus der Sowjetunion und Polen sowie spürbare Leistungseinbrüche in der Exportwirtschaft sprengten die ursprünglichen Kalkulationsgrundlagen des Fünfjahrplanes 1981 bis 1985.
2.5 Deutsch-deutsche Beziehungen
Die deutsch-deutschen Beziehungen waren über die Jahrzehnte hinweg durch Phasen der strikten Abgrenzung und einer mehr oder weniger großen Annäherung gekennzeichnet. Im Kontext des Beginns eines »Zweiten Kalten Krieges«72 am Anfang der 1980er Jahre schlug die SED wieder einmal einen raueren Ton gegenüber der Bundesregierung an. So überraschte das DDR-Finanzministerium die Bundesregierung am 9. Oktober 1980 mit einer Verfügung, welche den Mindestumtausch bei Besuchen in der DDR von 13 auf 25 DM pro Tag erhöhte. Nur wenige Tage später kam es zu den bereits ausführlich erwähnten »Geraer Forderungen« von Erich Honecker an die Bundesrepublik. Mehrfach verschoben, reiste dann Bundeskanzler Schmidt im Dezember 1981 zu einem Arbeitsbesuch in die DDR. Die Erwartungen der DDR-Bevölkerung an den Besuch des Bundeskanzlers waren groß.73 Schmidt hatte bereits kurz vor dem Treffen Honeckers Vertrautem, Rechtsanwalt Vogel, zu verstehen gegeben, dass für ihn die »Geraer Forderungen« nicht verhandelbar seien, über anderes könne man reden.74 Für die SED-Propaganda war allein schon die Tatsache, dass Bundeskanzler Schmidt zu einem offiziellen Arbeitstreffen in die DDR kam, ein großer Erfolg. Auf die protokollarischen Besonderheiten, die vielerlei Fragen in der Bevölkerung hervorgerufen hatten,75 ging die DDR-Presse nicht ein. Sie versuchte von vornherein die mageren Verhandlungsergebnisse zu kaschieren, indem sie die gemeinsame Erklärung beider Verhandlungsführer herausstellte, dass von deutschem Boden niemals wieder Krieg ausgehen dürfe.76 Einig schien man sich auch in der Frage der Verhängung des Kriegsrechts in Polen gewesen zu sein.77 Substantielle Fortschritte hatten die fast 15 Stunden währenden Gespräche beider Delegationen kaum gebracht. »Es wäre viel gesprochen, aber eigentlich nichts Greifbares erreicht worden«,78 lautete dann auch das enttäuschte Urteil eines DDR-Bürgers. Dagegen wird in einer Zusammenfassung der ZAIG-Berichte zum Schmidt-Besuch hervorgehoben, »dass durch die Konkretheit der Aussagen viele Fragen und Unklarheiten bis hin zu Spekulationen beantwortet worden seien«.79
Die gigantischen Auswirkungen der Sicherheitsmaßnahmen während des Schmidt-Besuchs, es kamen insgesamt allein 19 000 Stasi-Mitarbeiter und 18 000 Polizisten zum Einsatz, werden in den O-Berichten nur am Rande erwähnt. Überwiegend würden die Sicherheitsmaßnahmen in Güstrow »auf Verständnis stoßen«. Wohlgemerkt »vereinzelt wird die ›große Anzahl‹ von Sicherheitskräften als ›Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit‹« gewertet.80
2.6 Flucht/Grenzverletzungen
Der Themenkreis Flucht und Ausreise, der in anderen Jahrgängen, zum Beispiel 1978 mit 23 Informationen, breit vertreten war, spielte 1981 mit weit unter zehn Berichten nur eine untergeordnete Rolle. Ähnlich verhielt es sich beim Thema Grenzdurchbrüche von westlicher Seite (Berichte) sowie mit Asylersuchen von Bürgern aus der Bundesrepublik (eine Information). Die Informationsberichte zu Grenzdurchbrüchen listen jeweils die vom MfS ermittelten Motive und Umstände der Grenzverletzer auf. Die Berichte schließen in der Regel mit Entwürfen für Pressemitteilungen, die sowohl im »Neuen Deutschland« als auch in den entsprechenden Bezirkszeitungen veröffentlicht wurden.81
2.7 Kultur
Das kulturelle Feld des Jahres 1981 ist nicht von so nachhaltigen kulturpolitischen Skandalen wie der Biermann-Ausbürgerung (1976)82 oder auch dem Aufsehen erregenden Ausschluss von mehreren Schriftstellern aus dem Schriftstellerverband (1979)83 geprägt worden. Dessen ungeachtet blieb der Kulturbereich, der vom MfS per se als ein Hort oppositioneller Aktivitäten verstanden wurde, mit acht Informationen ein Schwerpunkt der ZAIG-Berichterstattung an die Partei- und Staatsführung.
Ab den 1980er Jahren konstatierte das MfS in seinen zentralen Analysen zu einzelnen Schriftstellern mit Genugtuung eine sogenannte Beruhigung im »Kernbereich« der DDR-Literatur. Damit waren vornehmlich die in der DDR verbliebenen kritisch-loyalen Autoren gemeint. Für diese Gruppe wurde die »Veranlassung zu gesellschaftsgemäßem Verhalten« zu einer zentralen methodischen Variante der Staatssicherheit. In solchen Fällen ging es nicht mehr darum, kritisches Denken strafrechtlich zu verfolgen oder das Entstehen partiell kritischer Texte zu verhindern, sondern deren Veröffentlichung »nur« noch einzuschränken und die betreffenden Autoren von dem Bereich zu »isolieren«, den die politische Geheimpolizei mit »politischer Untergrund« beschrieb. Dafür rückte verstärkt jene nachgewachsene Schriftstellergeneration ins Blickfeld des MfS, die sich ästhetisch alternativ definierte und organisatorisch nicht in den staatlich organisierten Literaturbetrieb eingebunden war. Speziell für diesen Personenkreis hat die Staatssicherheit 1981 die »Linie XX/9« gegründet. In ihr wurden in Abgrenzung zur »Linie XX/7« (primär zuständig für den offiziellen Kulturbetrieb)84 die »literarisch tätigen Personen« überwacht, die der staatlichen Kontrolle entzogen waren. Das betraf vornehmlich junge Schriftsteller und Künstler, die weder Kandidat noch Mitglied eines Künstlerverbandes waren bzw. eine feste Bindung an eine staatliche Institution (Verlag, Theater, Künstleragentur etc.) vorweisen konnten. Diese Akzentverschiebung in der operativen Arbeit spiegelt sich gleich in zwei Berichten wider. Dabei handelt es sich um eine ausführliche Information85 zu der von Franz Fühmann angeregten Anthologie mit Texten junger Autoren aus der alternativen Literaturszene, die bisher kaum oder noch gar nicht die Gelegenheit erhalten hatten, in der DDR gedruckt zu werden.86 Ziel dieses Projektes sollte es nach Franz Fühmanns Auffassung sein, sich »einen Überblick über die tatsächlich vorhandenen Kräfte der Generation von etwa 1940 bis 1958«87 zu verschaffen. Der zweite Bericht informiert über einen privaten Leseabend von Nachwuchsliteraten aus der alternativen Literaturszene des Prenzlauer Bergs in einer Ostberliner Wohnung. Nach Einschätzung des MfS handelte es sich bei den vortragenden Autoren um »Personen mit negativ-feindlichen Grundhaltungen«.88 Die Erstellung beider Informationsberichte ist im Zusammenhang mit den Bestrebungen von SED und MfS zu sehen, juristische Voraussetzungen für eine Kriminalisierung dieser jungen Autoren zu erarbeiten. Dazu wurde mit Unterstützung des MfS vom Sekretariat des ZK der SED im November 1981 eine »Konzeption zur Arbeit mit jungen Schreibenden und anderen am Schreiben interessierten Bürgern«89 verabschiedet, die eine Überprüfung der gegenwärtig vorhandenen gesetzlichen Grundlagen zur Erlangung der Berufsbezeichnung Schriftsteller bzw. eine Neufestlegung forderte. Künftig sollte sich als Schriftsteller nur noch der bezeichnen können, der »den Nachweis erbringt, dass er diese Tätigkeit auf der Basis einer Kandidatur des Schriftstellerverbandes bzw. einer vertraglichen Bindung zu einem Verlag […] ausübt. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, müssen die betreffenden Personen auf der Grundlage der bestehenden Gesetze durch die jeweiligen Ämter für Arbeit und Löhne geregelten Arbeitsverhältnissen zugeführt werden«.90 Letztendlich wurde das geplante Gesetz »zur Erlangung der Berufsbezeichnung Schriftsteller« nie erlassen. Offenbar hatte ein Artikel in der westdeutschen Illustrierten »Stern«91 über die beabsichtigte Erlassung dieses Gesetzes zu viel unerwünschte Öffentlichkeit erlangt, sodass die Parteiführung in Anbetracht des ohnehin schon in Gang gekommenen Massenexodus von Schriftstellern als Folge der Biermann-Ausweisung auf ein Inkrafttreten dieses Gesetzesvorhabens verzichtete. An deren Stelle sollte in Zukunft durch steuerrechtliche Regelungen die offizielle Anerkennung als freischaffender Schriftsteller erheblich eingeschränkt werden.92 Ein dritter, sich ebenfalls mit Nachwuchsproblemen beschäftigender Bericht informierte über die unzureichende »Erziehung klassenbewusster, parteiverbundener Schriftsteller« am Institut für Literatur »Johannes R. Becher« in Leipzig.93
Außerdem wurde in einer weiteren Information ausführlich über die Zunahme von Westengagements von politisch »indifferenten« Künstlern berichtet. Diese privilegierten Arbeitsbedingungen wurden ausgewählten Künstlern aus sogenannten staatspolitischen Gründen in Form von mehrjährigen Arbeitsvisa, häufig gegen die Empfehlung des MfS, von den zuständigen staatlichen Stellen auf Veranlassung des SED-Politbüros gewährt.94 Dass diese »chaotische Kulturpolitik ohne strategisches Konzept«95 auf Unverständnis und Verbitterung bei manchen Genossen-Künstlern stieß, geht u. a. aus den Berichten über den X. Parteitag der SED hervor.96
Ein dritter Schwerpunkt der Berichterstattung steht im engen Zusammenhang mit der allgemeinen Verschärfung der Ost-West-Konfrontation und der damit einhergehenden Furcht vor einer weiteren militärischen Eskalation. In diesem Kontext regte der seit den späten 1940er Jahren in der Weltfriedensbewegung engagierte Schriftsteller Stephan Hermlin ein Treffen von Schriftstellern und Wissenschaftlern aus Ost und West an, welches unter der Bezeichnung »Berliner Begegnung zur Friedensförderung« in die Geschichte einging.97 Nach Hermlins Auffassung, die er persönlich mit Generalsekretär Honecker abgestimmt hatte, sollte es sich bei der »Berliner Begegnung« um ein »Zusammenführen nach einer vieljährigen Pause mit Leuten handeln, die sehr verschiedene Standpunkte einnehmen. Das Hauptziel der Sache selbst ist, Vertrauen zu stiften.«98 Um möglichst gute Voraussetzungen für eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen zu können, bedurfte es der Schaffung besonderer Bedingungen, die mehr oder weniger darauf hinausliefen, einen Tagungsort (eine Insel) zu inszenieren, an dem die Gesetze der DDR für die Dauer der Veranstaltung außer Kraft gesetzt waren. Bei der Lösung dieser Aufgabe war die politische Geheimpolizei besonders gefordert. So lassen sich dann auch die beiden Informationsberichte über die Vorbereitung der »Berliner Begegnung«99 als eine Art Arbeitsnachweis gegenüber der Parteiführung lesen.
3. Rezeption
Matthias Braun
Über die Rezeption der Berichte durch die politischen Entscheidungsträger lassen sich nur vage Aussagen treffen. Im Rahmen dieser Edition kann die entsprechende Analyse aufgrund der Notwendigkeit einer systematischen Recherche in weit über die MfS-Quellen hinausgehenden Archivbeständen nicht geleistet werden. Die Tatsache, dass für den Jahrgang 1981 keinerlei Beleg für die Rückgabe eines Berichts existiert, jedoch drei Antwortschreiben auf zwei Informationsberichte100 vorliegen, belegt das Dilemma der Rezeptionsfrage. Vermutlich bot die Mehrzahl der Informationsberichte schon allein deshalb wenig Anlass, in konkrete Entscheidungsfindungen einzufließen, weil sie in der Mehrzahl der Fälle erst mit zeitlichem Abstand über Vorfälle und Ereignisse informierten. Der Partei- und Staatsführung lagen wie schon ausgeführt in manchen Fällen bereits umfangreiche Informationen vor, auf deren Grundlage Beschlüsse und Weisungen erfolgten, bevor die ZAIG-Berichte eintrafen.
Am Ende zahlreicher Informationsberichte werden von der ZAIG Empfehlungen ausgesprochen. Ob diese in die politischen Entscheidungsfindungen der Adressaten einbezogen wurden, ist nicht erkennbar. Vereinzelt wurde dem Textvorschlag für eine ADN-Meldung zugestimmt.101
4. Struktur und Entwicklung der ZAIG 1981
Bernd Florath
Waren die 1970er Jahre für das gesamte MfS die Zeit des größten Wachstums, sowohl im personellen Bestand des Ministeriums als auch für dessen Aufgabenbereich, so trifft dies die ZAIG in besonderem Maße. Seit im September 1965 die Zentrale Informationsgruppe (ZIG) in die Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe umgewandelt worden war, hatte sie Schritt für Schritt um sich gegriffen, Aufgabenbereiche, die in der ihrer Einrichtung 1965 zugrunde liegenden Richtlinie nur erst angedacht waren, auch organisatorisch umgesetzt und weitere, umfangreichere Arbeitsbereiche inkorporiert. In jedem Fall war der Leiter der ZAIG, Werner Irmler, der faktisch seit 1957 das innere System der Informationssammlung, -analyse und -aufbereitung für die Unterrichtung der politischen Auftraggeber des MfS leitete, konzipierender Kopf dieser Entwicklung. Unter seiner Ägide wuchs aus einer Arbeitsgruppe, die mehr oder minder die Redaktion der nach außen gegebenen Informationen vorzubereiten hatte, gleichermaßen das Nervensystem der Stasi: Sammelpunkt und Analysezentrum der geheimdienstlichen Informationen, federführende Abteilung für die Konzipierung von Arbeitsschwerpunkten und internen Regularien. 1968 übernahm die ZAIG die Arbeitsgruppe Anleitung und Kontrolle, die Mitte der 1970er Jahre zu einem bis in die Kreisdienststellen hinabreichenden Kontrollsystem ausgebaut wurde. Die in jeder Diensteinheit etablierten Auswertungs- und Kontrollgruppen (AKG), denen die »Gewährleistung bzw. Mitwirkung bei der einheitlichen Gestaltung und ständigen Qualifizierung der politisch-operativen Auswertungs- und Informationstätigkeit, Planung der politisch-operativen Arbeit, Überprüfungs- und Kontrolltätigkeit, Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen und Weisungen« übertragen wurde, verlängerten die Eingriffsmöglichkeiten und Befugnisse der ZAIG bis in die Kreisdienststellen, da die AKG nicht allein ihren jeweiligen Dienststellenleitern, sondern – dem Linienprinzip folgend – zugleich der ZAIG unterstanden, die für ihre Arbeit Weisungsbefugnisse innehatte.102
Seit dem Beginn der 1970er Jahre wurde intensiv an der Entwicklung EDV-gestützter Datenbanken gearbeitet. Der Abschluss dieser Arbeiten, die Überführung der Zentralen Personendatenbank (ZPDB) in den regulären Betrieb, verschaffte der ZAIG in der Logik des Sicherheitsapparates einen weiteren Bedeutungszuwachs. Faktisch unterstanden ihr so Information, d. h. Auswertung und Verdichtung der in den Diensteinheiten gesammelten operativen Informationen und deren Vermittlung nach oben in die Führungsetage des MfS, und Kontrolle, d. h. die Überwachung der Anweisungen und operativen Zielsetzungen sowie der Einhaltung der internen Regularien nach unten. Nicht zuletzt zog die Inbetriebnahme der ZPDB eine ganze Reihe von Neuerungen in den Registrierungsverfahren nach sich, die auch den Weg zu den gewonnenen Informationen grundsätzlich änderte. Das Archiv des MfS, die Abteilung XII, wurde faktisch zur Materialablage degradiert, andere Altkarteien dienten allenfalls noch dezentralen Zwecken vor Ort.
Der Personalbestand der ZAIG und der ihr unterstellten AIG/AKG hatte sich seit 1972 mehr als verdoppelt, war von 390 auf 831 im Jahre 1980 angewachsen, die ZAIG in Berlin allein wuchs von 57 auf 155 Mitarbeiter.103 Bis Jahresende 1981 bestätigte die Hauptabteilung Kader und Schulung ein Planstellenvolumen von 188 Hauptamtlichen und acht OibE.104
Zusätzlich wuchs die Informationsvernetzung der ZAIG auch in den Bereich des MdI hinein. In dessen Personendatenbank (PDB) wurde eine Zentrale Auskunftsstelle eingerichtet, die dafür sorgte, dass das MfS jederzeit auf die von ihm benötigten Informationen des Meldewesens der DDR zugreifen konnte. Diese Zentrale Auskunftsstelle stellte gleichsam das Interface des MfS ins MdI dar, das zur Hälfte aus MfS-Mitarbeitern unter der Legende der Volkspolizei besetzt werden sollte: »Entsprechend seiner Funktion und Aufgabenstellung soll der MfS-Teil der Zentralen Auskunftsstelle beim Büro für Personendaten des MdI eine Arbeitsgruppe des Bereiches 3 der ZAIG werden. Seine Mitarbeiter müssten den Status von Offizieren im besonderen Einsatz (OibE) haben.«105
Neben dem enormen personellen und logistischen Aufwand zur technischen Beherrschung des Informationsaufkommens krankte die ZAIG aber vor allem daran, dass sie intellektuell nicht in der Lage war, das anfallende Material sinnvoll zu bewerten. Die Konstruktion, nach der von den Kreisdienststellen bis hinauf zur ZAIG »das Auswertungs- und Informationsorgan« nicht selbst Einsicht in laufende Arbeiten nimmt, sondern von diesen an die AIG geliefert werden, scheint abstrakt geblieben zu sein. »So gibt es noch häufig Beispiele, wo die operativ bedeutsamsten Informationen aus der IM/GMS-Arbeit, der Bearbeitung Operativer Vorgänge und der Durchführung der OPK sowie von anderen Diensteinheiten eingehende operativ bedeutsame Informationen nicht an das Auswertungs- und Informationsorgan zur Auswertung übergeben und demzufolge nicht in den vorhandenen Informationsspeichern überprüft, erfasst und gespeichert werden.«106 Als Ursache des Missstandes wurde einerseits die mangelhafte »kadermäßige Voraussetzung« ausgemacht. Ob darunter schlicht die Unterbesetzung der entsprechenden Referate zu verstehen ist oder deren intellektuelle Überforderung, verbarg der Autor des Berichtes in höflichem Formulierungsnebel. Klar benannt ist hingegen die Verursachung von Informationsstockungen »auf der Grundlage von Leiterentscheidungen«, die meinten, dass die Informationen die AIG »nichts ›angehen‹«.107
Informationsblockaden durch die kleinen Stasifürsten und intellektuelles Unvermögen bzw. – wie es im Bericht vornehm formuliert wird – »unzureichendes Wissen über Inhalt und Methodik des Einschätzungsprozesses« behinderten die Geburt der schönen neuen Welt der alles wissenden Stasi in der Stasi. Denn auch wenn den Auswertern der AIG »das gesamte Informationsaufkommen undifferenziert – einschließlich des vollständigen Posteinganges von anderen Diensteinheiten (z. B. auch Anschreiben zu Kaderproblemen) an die Auswertungs- und Informationsorgane zur Auswertung übergeben wird«, wurde allenfalls deren Lähmung erreicht.
Das Funktionieren des Systems setzte voraus, dass die EDV-gestützte Verwaltung der Informationen jederzeit den Zugriff auf jede beliebige dieser Informationen ermöglichte, so diese für eine politisch-operative Fragestellung von Nutzen wäre. Diese Verwaltung von Daten gewann indes nur Sinn, wenn es gelang, auch gehaltvolle Fragen zu stellen, was sich hingegen am Prinzip der inneren Konspiration rieb. So musste innerhalb des MfS, in dem die Abschirmung jedes einzelnen arbeitsteiligen Vorganges Arbeitsprinzip war, in dem zugleich aber auch die sinnvolle Bewertung von Einzelinformationen abgefordert wurde, was deren Kontextualisierung voraussetzte, gleichsam das Unmögliche möglich gemacht werden.
Dem diente der Rücklauf von Informationen, die die Hierarchie von unten nach oben hinauf gelaufen waren, dort gefiltert, sortiert und interpretiert wurden, um schließlich wieder hinab in die Diensteinheiten oder zumindest auf die Schreibtische ihrer Leiter zu fallen. Sie war sicher für jene Empfänger, die am Anfang der Kette gestanden haben, kein Gewinn an Information im Detail, sondern vielmehr die ihnen verordnete gültige Interpretation dessen, was sie taten. Ob diese Sprachregelung ihrem Tun hilfreich war oder es eher deformierte, soll hier nicht weiter hinterfragt werden. In jedem Falle dienten die rücklaufenden Informationen der Instruktion, Abrichtung und Konditionierung der Mitarbeiter des MfS. Sie gaben ihnen einen Interpretationsrahmen, innerhalb dessen sie die Erwartungen höherer Leitungen an die Ergebnisse ihrer Tätigkeit ermessen oder zumindest erahnen konnten.
Der Bereich 1 der ZAIG, der für die Analyse der einkommenden Berichte, die Herstellung der Informationen und Berichte zuständig war, war von den umfangreichen Änderungen der Abteilung zumindest quantitativ weniger betroffen. Geleitet wurde er von Oberst Rudi Taube. Er untergliederte sich in sechs Arbeitsgruppen nach den Schwerpunkten der Linien des MfS. Unter der Leitung von Oberstleutnant Karl Fischer wurden in AG 5 die Reden des Ministers ausgearbeitet, die sechste Arbeitsgruppe pflegte die Dokumentation der ZAIG. Die an Bedeutung gewinnende Opposition in der DDR führte im Laufe des Jahres 1981 zur Neueinrichtung der AG 6, die sich mit der Analyse der Aktivitäten des MfS auf der Linie XX befasste und so aus dem Aufgabenbereich der AG 2 herausgelöst wurde. Die AG 5 ging 1985 im neu geschaffenen Bereich 6 der ZAIG auf, der neben der Referentenarbeit für den Minister die gesamte Öffentlichkeitsarbeit vereinen sollte. (Vgl. Abb. I und II.)
Für die neue AG 6 sieht Irmler in seinem »Struktur- und Stellenplan der ZAIG« vom 1.8.1981 fünf neue Planstellen und folgenden Aufgabenbereich vor: »Wahrnehmung der Federführung im gesamten MfS für die analytische Arbeit zu ausgewählten politisch-operativen Schwerpunktproblemen mit Querschnittscharakter – u. a. auf den Gebieten politisch-ideologische Diversion, gegnerische Kontaktpolitik/-tätigkeit, politische Untergrundtätigkeit, Jugend, Reaktion der Bevölkerung der DDR usw.«.108 Vier Planstellen wurden bereits 1981 in die Struktur geplant, vier weitere für 1982 beantragt.
Abbildung I
Bereich I der Zentralen Auswertungs- und Informationsgruppe Anfang 1979109
Abbildung II
Bereich I der Zentralen Auswertungs- und Informationsgruppe Anfang 1986110
Aus Umgliederungen und Erweiterungen der ZAIG, so klagt Irmler am Jahresende, ergaben sich »zusätzliche, komplizierte und meist kurzfristig terminisierte Aufgaben, sodass sich insgesamt 1981 eine an Umfang und Kompliziertheit äußerst angespannte Arbeitssituation ergab«.111 Den allein für die ZPDB eingestellten jungen Mitarbeitern, »von denen eine ganze Reihe noch parteilos sind«, mussten erst »solch grundlegende Eigenschaften und Verhaltensweisen wie militärische Disziplin, Verschwiegenheit, Wachsamkeit und Geheimhaltung, hohe Einsatzbereitschaft, vorbildliches Verhalten im Freizeitbereich usw. systematisch« anerzogen werden.112 Kadergespräche alle drei Monate verdichteten die interne Kontrolle, konnten aber nur zu 50 Prozent tatsächlich umgesetzt werden. Disziplinschwierigkeiten ergaben sich »überwiegend« bei »vor relativ kurzer Zeit zur Diensteinheit Zuversetzte[n], bei denen es zum Teil schon in ihren vorherigen Diensteinheiten Anzeichen für ihr jeweiliges Fehlverhalten gab, ohne dass uns in dieser Richtung entsprechende vorbeugende Hinweise gegeben wurden«. Bei den so als von außen hineingetragenen Problemen fanden Diebstahl, Alkoholismus und unerlaubte, resp. nicht gemeldete Westkontakte besondere Erwähnung.113
5. Berichtsarten
Bernd Florath
Neben den Informationen, die teilweise über Einzelereignisse Bericht erstatten, teilweise bestimmte Problemkomplexe umfassender analysieren, stellte die ZAIG für interne Empfänger O- und K-Berichte her, die »Reaktionen der Bevölkerung« resp. »Verschiedenes« wiedergeben.
Ausschließlich die Einzelinformationen waren auch für externe Empfänger gedacht, wobei der Verteiler erst nach Abfassen der Information von Irmler vorgeschlagen und von Mielke entschieden wurde. Einige dieser Informationen übergab Mielke dann persönlich an Honecker, inwieweit er über solche, die im Verteiler Honecker als Adressaten nicht auswiesen, diesem mündlich berichtete, ist aufgrund der Überlieferung kein eindeutiger Befund möglich. Allerdings gibt es Hinweise auf eine solche Praxis dort, wo explizit auf die mündliche Weitergabe verwiesen wird (201/81, 326/81, 458/81). In der Regel wurden die Einzelinformationen an die politisch zuständigen Personen der Partei- und Staatsführung gesandt, wobei in der Handhabung des Verteilers keine zwingende Logik durchscheint, d. h. sie erfolgte nicht konsequent nach den Zuständigkeiten in Partei und/oder Regierung, sondern nach der nicht immer nachvollziehbaren Logik Mielkes, ob und wer über einen bestimmten Vorgang zu unterrichten sei. So entschied Mielke, die Information 461/81, auf deren Verteilervorschlag Irmler Herbert Krolikowski vorgesehen hatte, nicht an den 1. Stellvertreter des Außenministers, in dessen Zuständigkeitsbereich die Arbeit westdeutscher Korrespondenten tatsächlich fiel, sondern ausschließlich an ZK-Sekretär und Politbüromitglied Joachim Herrmann ausliefern zu lassen.
Andere Informationen bleiben in ihrem Charakter aus anderen Gründen schwer zu deuten: In der Einzelinformation 132/81 wird über einen tödlichen Grenzzwischenfall berichtet, bei dem wesentliche Teile des Sachverhaltes, der dem MfS nachweisbar präzise bekannt war, in grober Weise verfälscht werden: Der namentlich bekannte Erschossene wird zu einer unbekannten Person, aus den einer Exekution gleichen Schüssen aus nächster Nähe ein Schusswaffengebrauch aus 120 bis 150 Metern. Da nicht unterstellt werden kann, dass das MfS die Parteiführung vorsätzlich in der Sache täuschen wollte, ist davon auszugehen, dass es sich um die Fixierung einer politischen Sprachregelung handelt, von der der Adressat nach Empfang annehmen konnte, dass sie in allen infrage kommenden Institutionen als gültiges Statement zum Sachverhalt verwendet würde. Tatsächlich ist der Todesfall bis zum Ende des SED-Regimes konsequent verfälscht, die Identität des Toten verleugnet worden. Erst die Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft nach 1990 brachten die Tatsachen zutage.114
O- und K-Berichte waren in der Regel nur für interne Adressaten bestimmt, obgleich einige offenbar im Prozess der Erstellung diese Verwendungseinschränkung nicht von Anfang an trugen. Innerhalb des MfS sollten sie, wie bereits beschrieben, der politischen Orientierung dienen, was im Anschreiben Irmlers an die Leiter der Diensteinheiten und der AKG (persönlich) zum K-Bericht 1/109 »Probleme der Versorgung der Bevölkerung im 2. Halbjahr 1981« unterstrichen wird: »Als Anlage werden Ihnen – ausgehend von entsprechenden zentralen Beschlüssen – Hinweise zu einige Problemen der Versorgung der Bevölkerung der DDR im 2. Halbjahr 1981 und zu Maßnahmen bezüglich der Vervollkommnung der Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handel sowie zur Qualifizierung der Leitung und Planung im sozialistischen Handel zur Kenntnis und zur Beachtung in der politisch-operativen Arbeit übersandt. Diese Hinweise sind streng intern zu behandeln und von Ihnen persönlich aufzubewahren. Im Januar 1982 ist das Material eigenständig zu vernichten.«115
6. Druckauswahl und Formalia
Bernd Florath
Sämtliche ZAIG-Berichte des Jahrganges 1981 umfassen ca. 985 Seiten. Vollständig liegen sie auf der beiliegenden CD-ROM in Form einer Datenbank vor, die eine komfortable Volltextrecherche ermöglicht. Die Auswahl im Buch versucht einerseits, möglichst das Spektrum an Typen der Berichte und Informationen abzubilden. Andrerseits wurden inhaltlich bedeutsame Dokumente aufgenommen, die für das Jahr 1981, aber auch darüber hinaus von historischem Gewicht sind.
Die Wiedergabe der Dokumente folgt grundsätzlich dem Original. Die Rechtschreibung ist den heute gültigen Normen angeglichen. Offensichtliche Schreibfehler wurden stillschweigend korrigiert, wobei der Lautstand beibehalten wurde. Auffällige Fehlschreibungen wurden im Text korrigiert, in der Fußnote die Schreibweise des Originals aber dokumentiert.
Zum Schutz von Persönlichkeitsrechten der Personen, über die das MfS berichtete, wurden ihre Namen, wo kein Einverständnis zur öffentlichen Nennung vorlag, anonymisiert. Um die Lesbarkeit des Dokumentes dennoch zu gewährleisten, wurden die Anonymisierungen derselben Personen mit eindeutigen Nummern innerhalb eines Dokumentes versehen. Gegebenenfalls wurde diese eindeutige Nummerierung über mehrere inhaltlich zusammenhängende Dokumente aufrechterhalten, worauf im Dokumentenapparat hingewiesen wird. In Einzelfällen wurden Sachverhalte getilgt, um die Persönlichkeitsrechte davon betroffener Personen zu schützen. Diese Tilgungen sind im edierten Text mit [Passage mit schutzwürdigen Interessen nicht wiedergegeben] gekennzeichnet.
Gemäß § 32a des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) wurden Personen der Zeitgeschichte und Funktionsträger öffentlicher Institutionen vor der Veröffentlichung von Dokumenten, die Informationen über sie enthalten und die über ihre Funktionstätigkeit hinausgehen, benachrichtigt. Einige Betroffene, die nicht zu diesen Personenkreisen gehören, wurden darüber hinaus um eine Einwilligung zur Publikation der in den Berichten zu ihrer Person enthaltenen Daten gebeten. In den betreffenden Antworten wurden teilweise wichtige und interessante inhaltliche Anmerkungen zu den in den Quellen thematisierten Sachverhalten gemacht, die ganz oder auszugsweise in den Fußnoten dokumentiert sind.
7. Schlussbetrachtungen
Matthias Braun
Die ZAIG-Berichte des Jahrganges 1981 wie auch anderer Jahrgänge geben den interessengeleiteten Blick des MfS auf die Gesellschaft der DDR wieder. Sie beruhen auf der speziellen Wahrnehmung (geheimpolizeilicher Sicht) der MfS-Offiziere, der über weite Strecken ein festgefügtes Feindbilddenken und eine besondere »Parteiergebenheit« zugrunde liegt. Aus dieser Perspektive wird ein breites Spektrum von sicherheitsrelevanten Ereignissen, Anlässen, Zuständen sowie von Reaktionen, vornehmlich der eigenen Bevölkerung auf gesellschaftspolitische Ereignisse, zu Informationsberichten verarbeitet. Diese Berichte werden entsprechend der Interessenlage der Leitung des MfS sowohl zur politischen Entscheidungshilfe an ausgewählte Kader des Partei- und Staatsapparates verteilt bzw. zur gezielten internen Information an die Leiter ausgewählter Hauptabteilungen verschickt. Unverkennbar sind alle Berichtsreihen des Jahrgangs 1981 von den Mustern parteilicher Berichterstattung geprägt, die nur in seltenen Ausnahmen unmittelbare Kritik an den Entscheidungen der SED-Führung einschließt. Die Mehrzahl der Berichte geht über die bloße Beschreibung von problematischen Zuständen und Ereignissen in der Gesellschaft nicht hinaus. In der Regel werden die Kontexte, Ursachen und Hintergründe ausgespart, in denen sich die behandelten Sachverhalte/Themen abspielen. Die Konstellationen, in der die beschriebenen Akteure handeln, sind so nur bedingt verstehbar. Die grundsätzliche Zwickmühle der Berichterstattung besteht darin, dass die Berichte auf den Ergebnissen der operativen Diensteinheiten bei der Überprüfung nach Normabweichungen im realen Leben, als Quelle für potenzielle bzw. bereits existierende Störungen beruhen. Die Berichte sind in der Regel so verfasst, dass kein Zweifel an einem festen Klassenstandpunkt der Berichterstatter aufkommen kann. Diese Gegebenheiten schränkten von vornherein einen zentralen Auftrag des MfS ein, der eine umfassende Information der Partei- und Staatsführung über alle Problemlagen in Politik, Wirtschaft, Ökonomie und Gesellschaft vorsieht. Als Folge der verordneten Selbstzensur werden in der Regel nur das Fehlverhalten bzw. die mangelnde ideologische Reife einzelner Leiter/Mitarbeiter in staatlichen Betrieben und Institutionen oder feindliche Einflüsse von außen als logische Ursachen benannt. Komplizierter verhält es sich bei den »Reaktionen aus der Bevölkerung«. Hier lassen sich kritische Stimmen aus allen Teilen und Schichten der Gesellschaft, darunter auch Mitglieder der SED, nicht gänzlich aussparen. Ganz davon abgesehen, dass in den 1980er Jahren der wachsende Unmut und die Kritik an der Politik der SED immer unüberhörbarer wird. Keiner der von der ZAIG zusammengestellten Stimmungsberichte resp. »Reaktionen der Bevölkerung« auf den XXVI. Parteitag der KPdSU, den X. Parteitag der SED, die Lage in Polen und das Treffen Schmidt – Honecker, wurde an die Mitglieder der Partei- und Staatsführung weitergeleitet. Das bedeutet aber nicht, dass sie deren Inhalt nicht zur Kenntnis bekommen haben – mancher Bericht wurde zum Beispiel Erich Honecker von Mielke mündlich mitgeteilt.
Die Entscheidung, ob und an wen ein Bericht verteilt wurde, traf in letzter Konsequenz der Minister persönlich. Häufig fällte diese Entscheidung schon der Leiter der ZAIG, Werner Irmler. Gelegentlich wurden Berichte ohne Angabe von Gründen auf Entscheidung des Leiters der ZAIG bzw. des Ministers zurückgehalten. In besonderen Fällen behielt sich Erich Mielke ohnehin vor, seinen Generalsekretär persönlich zu informieren. Dies hatte z. B. zur Folge, dass Erich Honecker »über die Zündung eines selbstgefertigten Knallkörpers im Stadtzentrum von Schwerin«116 oder über die Brandstiftung eines jungen Mannes in der Berliner S-Bahn117 informiert, mit der Beschreibung der bedrohlichen Situation in Produktionsanlagen der chemischen Industrien118 aber von Mielke nicht behelligt wurde.
In der Summe stellen die ZAIG-Berichte des Jahres 1981, die auf den Tiefenbohrungen der operativen Abteilungen des MfS beruhen, eine Fundgrube für die Erforschung der DDR-Geschichte der frühen 1980er Jahre dar. Sie ermöglichen dem Zeithistoriker wie auch dem geschichtsinteressierten Laien nicht nur tiefe Einblicke in die Informationspolitik des MfS. Diese Quellen geben darüber hinaus Auskunft über die Funktionsmechanismen des SED-Machtapparates auf dem Hintergrund einer sich immer stärker zuspitzenden gesellschaftspolitischen Krise in der DDR. Dabei veranschaulichen die ZAIG-Berichte des Jahres 1981 noch stärker als etwa die Berichte des Jahrgangs 1977, dass es sowohl dem Minister für Staatssicherheit und seinen Mitarbeitern als auch der SED-Führung, unabhängig von gelegentlichen Meinungsverschiedenheiten, primär um den Erhalt der eigenen Macht ging.119 Beide politischen Eliten versuchten auf ihre Weise vor den Zeichen der Zeit die Augen zu verschließen und trugen so zum Untergang ihrer eigenen Macht bei.
Anhang
Tabelle 1: Adressaten der Berichte 1981 außerhalb des MfSName, Vorname, Funktion | Information Nr. (auch: Nr. des O- bzw. K-Berichtes) | Anzahl |
---|---|---|
Arndt, Otto (Jg. 1920) | 8 | |
Axen, Hermann (Jg. 1916) | 2 | |
Bellmann, Rudi (Jg. 1919) | 23, 30, 39, 74, 80, 81, 130, 173, 174, 209, 221, 244, 245, 270, 281, 283, 284, 298, 324, 362, 373, 447, 496, 527, 528, 541, 551, 590, 600, 619 | 30 |
Böhme, Hans-Joachim (Jg. 1931) | 1 | |
Dickel, Friedrich (Jg. 1913) | 9, 27, 65, 78, 322, 171, 178, 203, 223, 248, 250, 300, 419, 576, 663 | 15 |
Dohlus, Horst (Jg. 1925) | 3 | |
Donda, Arno (Jg. 1930) | 4 | |
Ewald, Manfred (Jg. 1926) | 3 | |
Fischer, Oskar (Jg. 1923) | 50, 51, 52, 53, 109, 205, 206, 207, 208, 267, 325, (ohne S. 3), 372 (weitergeleitet an Nier), 384 (weitergeleitet an Nier), 385 (weitergeleitet an Nier), 429, 527, 563, 564, 565, 566, 589, 651 | 22 |
Gysi, Klaus (Jg. 1912) | 173, 174, 209, 221, 244, 245, 270, 281, 283, 284, 298, 324, 326 (»mündlich durch Mielke informiert«), 346, 362, 373, 447, 496, 528, 541, 551, 590, 600, 619 | 24 |
Hager, Kurt (Jg. 1912) | 10 | |
Hartig, Günter | 525 (Berichte fürSZSvgl. Donda, Arno) | 1 |
Hellmann, Rudolf (Jg. 1926) | 65, 151b | 2 |
Hering, Werner (Jg. 1930) | 1 | |
Herrmann, Joachim (Jg. 1928) | 7 | |
Höfner, Ernst (Jg. 1929) | 1 | |
Hoffmann, Hans-Joachim | 6 | |
Hoffmann, Heinz (Jg. 1910) | 3 | |
Honecker, Erich (Jg. 1912) | 9, 11, 22, 23, 26, 27, 30, 108, 109, 128 (Übergabe durch Mielke persönlich), 130, 140, 151a, 181, 209, 221, 268, 269, 284, 286, 287, 296 (»durch Mielke z.K.«), 298 (über Mielke persönlich), 324, 325, 326 (»mündlich durch Mielke informiert«), 337, 345, 346, 348, 405, 429 (durch Mielke persönlich übergeben), 447, 457, 458 (»durch Minister mündlich erledigt«), 496, 530, 589, 590, 606, 608 (»durch Minister am 24.11 übergeben«), 632 (»durch Minister übergeben«), 651, 662, 665, 672 (über Mielke am 4.1.82), 248 (»nach Japanreise«), 663 | 48 |
Jarowinsky, Werner (Jg. 1927) | 3 | |
KGB (»AG«) | 50, 109, 205, 268, 325 (ohne S. 3, mit Bildbericht), 348, 358, 406, 447, 458, 498, 563, 606, K 2/24, O/93c | 15 |
König, Herta | 12, 24, 28, 49, 64, 77, 82, 99, 110, 129, 131, 141, 152, 177, 191, 201, 210, 222, 234, 246, 272, 285, 297, 312, 323, 336, 347, 349, 371, 374, 383, 404, 416, 418, 448, 459, 475, 484, 497, 508, 518, 539, 542, 577, 599, 609, 620, 633, 653, 666, 671 | 51 |
Krolikowski, Herbert (Jg. 1924) | 4 | |
Krolikowski, Werner (Jg. 1928) | 9 | |
Kuhrig, Heinz (Jg. 1929) | 2 | |
Mahlow, Bruno (Jg. 1937) | 534 (alle Informationen als Weitergabe vom Leiter derAbt.Internationale Beziehungen Sieber) | 1 |
Mecklinger, Ludwig (Jg. 1919) | 1 | |
Mittag, Günter (Jg. 1926) | 10 | |
Modrow, Hans (Jg. 1928) | 1 | |
Naumann, Konrad (Jg. 1928) | 10, 22, 62, 80, 140, 181, 204, 287, 298, 299, 311, 324, 345, 362, 373, 395. 619, 172, 179, 247, 249, 664 | 22 |
Neumann, Alfred (Jg. 1909) | 1 | |
Nier, Kurt (Jg. 1927) | 4 | |
Ragwitz, Ursula (Jg. 1928) | 8 | |
Rauchfuß, Wolfgang (Jg. 1931) | 1 | |
Renckwitz, Fritz (Jg. 1921) | 1 | |
Scheibe, Herbert (Jg. 1914) | 2 | |
Schürer, Gerhard (Jg. 1921) | 1 | |
Singhuber, Kurt (Jg. 1932) | 1 | |
Steger, Otfried (Jg. 1926) | 1 | |
Stoph, Willi (Jg. 1914) | 2 | |
Streletz, Fritz (Jg. 1926) | 2 | |
Tisch, Harry (Jg. 1927) | 1 | |
Verner, Paul (Jg. 1911) | 23, 30, 39, 65, 74, 80, 81, 108, 109, 130, 151b, 173, 174, 209, 221, 244, 245, 270, 271, 281, 283, 284, 298, 313, 324, 346, 362, 373, 384, 385, 447, 496, 527, 528, 541, 551, 590, 600, 619, 665, 672 | 41 |
Wyschofsky, Günther (Jg. 1929) | 1 |
Information Nr. 447 wurde über Oberst Paul Kienberg (Leiter HA XX) an »befreundete Organe VRB, ČSSR, Kuba, Polen, UVR« weitergeleitet.
Tabelle 2: Name und Funktion der Adressaten innerhalb des MfS 1981Name, Vorname | Funktion |
---|---|
Carlsohn, Hans | Leiter des Sekretariats des Ministers |
Eggebrecht, Heinz | Leiter des zentralen Büros der SV Dynamo |
Geisler, Otto | Leiter der Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) |
Giersch, Jean | ZAIG/1, AG 2, Offizier für Sonderaufgaben |
Göbel, Heinz | ZAIG/1, AG 3, Offizier für Sonderaufgaben |
Großer, Karl | ZAIG/1, Leiter AG 2 |
Hackenberg, Günter | ZAIG/1, stellv. Leiter |
Hähnel, Siegfried | Leiter der BV Berlin |
Irmler, Werner | Leiter ZAIG |
Kienberg, Paul | Leiter HA XX |
Kleine, Alfred | Leiter HA XVIII |
Mielke, Erich | Minister für Staatssicherheit |
Mittig, Rudi | Stellv. Minister für Staatssicherheit |
Mühlberger, Peter | Rechtsstelle |
Neiber, Gerhard | Stellv. Minister für Staatssicherheit |
Opitz, Willi | ZAIG/2 Leiter der AG 2 |
Paroch, Benno | Stellv. Leiter der HA XX |
Poppitz, Peter | ZAIG/1, Leiter der AG 3 |
Rebohle, Eberhard | ZAIG/1, AG 2, Offizier für Sonderaufgaben |
Schorm, Ursula | ZAIG/1, AG 2, Offizier für Sonderaufgaben |
Stern, Primus | ZAIG/1, AG 2, Offizier für Sonderaufgaben |
Taube, Rudi | Leiter ZAIG/1 |
Volpert, Heinz | Leiter des Sonderbereichs Devisenbeschaffung im Büro der Leitung |
Wolf, Markus | Stellv. Minister für Staatssicherheit, Leiter der HV A |