Forderung nach Rückerstattung von FDGB-Mitgliedsbeiträgen in Beiersdorf
3. Februar 1981
Information Nr. 63/81 über Forderungen mehrerer Werktätiger der Gießerei Beiersdorf des VEB Motorenwerk Cunewalde, [Kreis] Löbau, [Bezirk] Dresden, nach Rückerstattung bereits bezahlter FDGB-Mitgliedsbeiträge
Wie dem MfS bekannt wurde, stellten am 28. Januar 1981 im Zusammenhang mit der monatlichen Arbeitsschutzbelehrung insgesamt fünf nur in der Nachtschicht eingesetzte Arbeiter der Gießerei Beiersdorf des VEB Motorenwerk Cunewalde, [Kreis] Löbau, [Bezirk] Dresden, Forderungen nach Rückerstattung der FDGB-Mitgliedsbeiträge.
Wie die daraufhin unverzüglich eingeleiteten Untersuchungen ergaben, erfolgte in der am darauffolgenden Tage geführten Aussprache mit den Beteiligten eine weitergehende Präzisierung ihrer Vorstellungen. Sie forderten u. a., abwechselnd auch in der Tagesschicht eingesetzt zu werden, aber gleichzeitig die ihnen für Nachtschichten gewährte Zusatzprämie (0,80 bis 1,00 M) auch bei Tagesschichten weiterzuzahlen, Ferienplätze für die gesamten Familienangehörigen während der Saison bereitzustellen und für eine Verbesserung der ständigen Arbeitsmittel (Dieselameisen)1 zu sorgen sowie für ein abwechslungsreicheres Essen einzutreten.
In der Aussprache mit dem APO-Sekretär brachten sie weiter zum Ausdruck, künftig solange keine Mitgliedsbeiträge mehr bezahlen zu wollen, bis vorgenannte Forderungen erfüllt wären. Gleichzeitig betonten sie, trotz der angesprochenen Probleme ihre täglichen Produktionsaufgaben zu erfüllen und es zu keiner Arbeitsniederlegung kommen zu lassen.
Der Brigadier und ein weiterer Gießereiarbeiter distanzierten sich von den Auffassungen der fünf Arbeiter, entrichteten ihren FDGB-Beitrag und baten die APO-Leitung um Unterstützung bei der Lösung der Probleme dieser Brigade.
Im Verlauf der Untersuchungen wurden erhebliche Mängel in der Leitungstätigkeit der Gießerei festgestellt. U. a. werden den in der Nachtschicht eingesetzten Arbeitern ungerechtfertigte Zugeständnisse hinsichtlich Entlohnung und Arbeitszeitauslastung zugebilligt und es wurden ungenügende Kontrollen zu den Arbeitsergebnissen ausgeübt.
Nach vorliegenden Einschätzungen handelt es sich um ein zwar hohe Arbeitsergebnisse erreichendes, aber politisch-moralisch labiles Arbeitskollektiv (nur geringer Bildungsgrad), dem teilweise als Querulanten bezeichnete Werktätige angehören, die für ständige Unruhe mit verantwortlich sind.
In den am 30. Januar 1981 mit allen Beteiligten durchgeführten individuellen Aussprachen durch den Sekretär der BPO und der APO sowie den Vorsitzenden des Kreisvorstandes des FDGB wurden die Auffassungen die Qualität des Werkessens, die Bereitstellung von Ferienplätzen und die Wartung und Pflege der Arbeitsmittel betreffend, als unbegründet nachgewiesen. Dies wurde von den fünf Gießereiarbeitern der Nachtschicht akzeptiert.
Hinsichtlich der verlangten Klärung von Lohnforderungen bei evtl. Wechsel in die Tagesschicht (Weiterzahlung der für Nachtschichten gewährten Zusatzprämie) wurde in beiderseitigem Einverständnis eine nochmalige Prüfung und Entscheidung vereinbart.
Des Weiteren distanzierten sie sich von ihrer Handlungsweise, zahlten die noch ausstehenden FDGB-Mitgliedsbeiträge und bezeichneten eine Reihe von ihnen benutzter Argumente als spontan unüberlegt, von ihnen niemals als ernsthaft in Erwägung gezogen.
Insgesamt wird eingeschätzt, dass es sich bei der Handlungsweise der fünf beteiligten Gießereiarbeiter um einen Test zur Durchsetzung persönlicher Forderungen gehandelt habe.
Wie weiter festgestellt wurde, werden die Leitungskader und die Leitungstätigkeit in der Gießerei allgemein als relativ schwach bezeichnet. Daraus wird die Schlussfolgerung gezogen, dass es auch in Zukunft keine Garantie für eine Wiederholung derartiger Vorkommnisse geben werde.
Weiter wurde bekannt, dass bereits am 18. Dezember 1980 der Bereichsleiter der Gießerei, [Name] (der Leitung des VEB Motorenwerk Cunewalde sind dessen organisatorische Schwächen bekannt; gegenwärtig stehe jedoch kein Ersatzkader zur Verfügung), die Behauptung aufgestellt hatte, die in der Nachtschicht beschäftigten sechs Arbeiter der Gießerei hätten Forderungen nach »Freien Gewerkschaften« wie in Polen und Absichtsbekundungen zum Austritt aus dem FDGB geäußert. Die dazu geführten Untersuchungen ergaben eindeutig, dass [Name] diese Falschmeldung ausschließlich zur Verschleierung seiner eigenen Leitungsschwächen abgesetzt hatte (Einleitung von Erziehungsmaßnahmen durch die Kreisleitung der SED).