Jährliche Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche
3. Juni 1981
Information Nr. 283/81 über die jährliche Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in der DDR
Vom 20. bis 24.5.1981 tagte in der »Friedenskirche« in Crottendorf, Kreis Annaberg (Bezirk Karl-Marx-Stadt) die turnusmäßige jährliche Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche.1 An der Konferenz nahmen ca. 250 Delegierte (Pastoren und Laien) aus allen Bezirken der DDR teil.
Gäste waren anwesend aus der ČSSR, VR Polen, Ungarische Volksrepublik, Großbritannien, Schweiz, Dänemark, Schweden, BRD und Berlin (West), so u. a.
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Pastor (Sup.-Int.) Siering, Walter – Berlin (West)
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Pastor (Sup.-Int.) Boller, Benjamin – Schweiz
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Pastor Jamny, Michał – VRP (Bydgoszcz)
Die Konferenz wurde mit der Beratung in den einzelnen Arbeitsausschüssen, eröffnet. Neben der Behandlung der Tätigkeitsberichte der verschiedenen Ausschüsse, den Berichten der Superintendenten und des Kirchenvorstandes referierte Pastor Uhlmann, Herbert,2 Plauen (Bezirk Karl-Marx-Stadt) zum Thema »Gott heißt uns, nach dem Menschen zu fragen«.
Pastor Uhlmann ging in seinem Referat davon aus, dass der Mensch im 20. Jahrhundert unablässig analysiert werde, ohne aber den Menschen in all seinen Äußerungen, Handlungen und Haltungen wahrzunehmen Diese »Kluft« sei der Bereich der Manipulationen, die die Freiheit des Menschen bedrohen. Im Abschnitt »Der Mensch im Widerspruch zur Wirklichkeit seiner Welt« führte Uhlmann aus, dass der Mensch gewollt oder ungewollt dem Kollektiv ausgeliefert sei und oftmals zur Unterordnung und Selbstaufgabe verurteilt werde. Für die Kirche ergebe sich daraus, sich mehr um die Freiheit des Menschen zu sorgen.
Bezogen auf die Erziehung der Schuljugend sagte er, das Kennzeichen sei die atheistische Grundhaltung. Durch die kommunistische Erziehung, die alles pädagogische Handeln in der DDR bestimme, komme ein ideologischer Machtanspruch zum Ausdruck, der nur im Widerspruch selbst durchgesetzt werden könne.
Uhlmann forderte, dass sich der Mensch durch die jeweiligen Verhältnisse und die gegenwärtige Wirklichkeit nicht festlegen lassen dürfe, wolle er nicht zum Unmenschen werden und Erfüllungsgehilfe sogenannter Gesetzmäßigkeiten sein. Es gehöre Mut, Selbstzucht, Wahrhaftigkeit und Bereitschaft dazu, auf Zustimmung, Anerkennung und Vorteile zu verzichten und sich nicht zu Handlungen verführen zu lassen, die man persönlich verneint.
Im weiteren Verlauf zitierte Pastor Uhlmann den Vorsitzenden der CDU der DDR, Gerald Götting,3 wonach die Kirchen darauf zu verzichten hätten, sich in staatliche Entscheidungen einzumischen. Dieser Forderung müsse vonseiten der EmK entschieden widersprochen werden.
Zum Schluss der Ausführungen regte Uhlmann an, über folgende Fragen nachzudenken:
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Wie viel Wahrheit erträgt die Kirche?
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Wie viel Verantwortung übernimmt die Kirche?
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Was ist die Kirche zu schützen und zu versorgen entschlossen?
In den Diskussionen zum Referat wurde bemängelt, dass die theologische Seite zu stark hervorgehoben worden sei und der menschliche Fortschritt, den alle Christen begrüßen würden, zu wenig betont worden sei.
Die Delegierten der Konferenz wurden durch den Bericht des Kirchenvorstandes unter anderem darüber informiert, dass die EmK den »Bund evangelischer Kirchen der DDR« in Auswertung des Vorschlages – am 9.11.1980 einen gemeinsamen »Bittgottesdienst für den gefährdeten Weltfrieden« durchzuführen – bat, bei künftigen ähnlichen Anlässen die größtmögliche Gemeinsamkeit anzustreben. Diese sei aber nur dann gegeben, wenn sie (die EmK) schon in der Entstehungsphase mit einbezogen würden.
Weiter wurde mitgeteilt, dass das Ministerium der Finanzen dem Antrag der EmK zur Zahlung des Mitgliedsbeitrages in internationalen ökumenischen Gremien zustimmte.
Die Berichte der Superintendenten verwiesen auf eine rückläufige Mitgliedertendenz bei einer gleichzeitigen steigenden »Opferbereitschaft«. Die Berichte waren allgemein gehalten und berührten oberflächlich alle Arbeitsgebiete. Lediglich Superintendent Hering, Günter, Berlin, verwies in seinem Bericht auf die Bedrohung des Friedens; ohne einen Weg aufzuzeigen, wie die EmK den Kampf zur Erhaltung des Friedens unterstützen kann.
Im Bericht des Arbeitsausschusses »Evangelisation« wird hervorgehoben, die EmK stehe am Beginn der missionarischen 80er Jahre. Alle Mitglieder der EmK wurden aufgefordert, sich bewusst zu machen, »dass Evangelisation die entscheidende und ständige Lebensaufgabe der Kirche und keine Angelegenheit von Spezialisten, sondern der gesamten Gemeinde ist«.
Die vom Frauendienst der EmK organisierte Paketaktion für Gemeinden in Angola und Indien wurde als positiv eingeschätzt. Über alle Pakete liegen Empfangsbestätigungen vor. Es wurde empfohlen, die Kontakte aufrecht zu erhalten und auszubauen.
Der Ausschuss der »Gemeindedienste« berichtete über die Arbeit in den Gemeinden und deren Verantwortung für die weitere Aktivierung der Mitglieder. Lobend wurde die Tätigkeit der 1981 gebildeten zentralen Vorbereitungsgruppe des Diakonischen Werkes »Arbeit an Körperbehinderten« hervorgehoben. Es wurden weiterhin Begegnungen zwischen Behinderten und Gemeinden empfohlen.
Neben den Körperbehinderten sollen in Zukunft auch Abhängigkeitskranke (Suchtgefährdete) sowie deren Angehörige mit in die Betreuung einbezogen werden.
Im Bericht wurde weiter die Mitverantwortung für Umweltfragen betont. Dabei sei von der Tagung der Weltkonferenz 1974 »Kirche und Gesellschaft«4 auszugehen und festzustellen, dass sich seitdem die Kirchen darüber einig seien, »dass auch ihnen von Gott her Mitverantwortung für die Bewältigung der Ökologieproblematik übertragen wäre«. Wörtlich heißt es:
»In Wittenberg arbeitet unter Leitung von Dr. Peter Gensichen5 eine Arbeitsgruppe, die sich seit Langem mit der Thematik ›Naturwissenschaft und Glaube‹ befasst und in den letzten Jahren die Umwelt- und Zukunftsprobleme des technologischen Zeitalters in den Mittelpunkt ihrer Arbeit rückte. Der Ausschuss der EmK hat mit dieser Stelle Verbindung aufgenommen.«
Es sei vorgesehen, dass die EmK diese Forschungsergebnisse nutzt.
Ausgehend vom Beschluss der »Jährlichen Konferenz« von 1979, wonach sich die EmK am Programm des Ausschusses für »Gesellschaft, Entwicklung und Frieden« des ökumenischen Rates der Kirchen und der Päpstlichen Kommission »Gerechtigkeit und Frieden« bei der Suche nach einer neuen Gesellschaft beteiligt, legte der Ausschuss dar, was die EmK unter »Gesellschaft« versteht:
»die Gesellschaft sich darum zu bemühen hat, mit den Problemen von heute und morgen fertig zu werden. Es muss jeder die Freiheit haben, als Christ aufzutreten oder nicht. Nur entschiedene Christusnachfolger sind als Christen anzusprechen. Dazu gehört auch: ›das selbstlose Engagement in der Gesellschaft und der Verzicht auf die Flucht in die Unverbindlichkeit‹…
In unserer Gesellschaft tun sie das oft zu ihrem Nachteil und zum Nutzen der Gesellschaft, obgleich sie wissen, dass sie ideologisch als Widerspruch empfunden und behandelt werden, weil für sie der Absolutheitsanspruch Christi unaufgebbar ist.«
Weiter wird dargelegt:
»dass für sie der Frieden das Grundproblem unserer Zeit sei und dass der Krieg weder mit der Vernunft noch mit dem Evangelium in Übereinstimmung zu bringen ist. Deshalb soll jeder mit jedem um den Frieden bemüht sein. … Die bisher in manchen christlichen Kreisen vertretene Ansicht, dass der Völkerfriede allein oder auch nur tatsächlich über den individuellen Frieden mit Gott zu erreichen ist, halten wir (EmK) für utopisch.«
Die EmK bejahte die sozialistische Ordnung als die »bisher brauchbarste ökonomische« und betonte ihre Bereitschaft zur Mitarbeit, »trotz der bestehenden großen Mängel zwischen Theorie und Wirklichkeit«.
Insgesamt kann eingeschätzt werden, dass die eingebrachten Berichte der Ausschüsse ohne wesentliche Änderungen in den vorliegenden Fassungen angenommen wurden.
Die ausländischen Gäste überbrachten der Konferenz Grüße ihrer Gemeinden. Der Pastor Jamny, Michał (Bydgoszcz) legte dar, sein Land befände sich in einem »notwendigen Umbruch«, wobei er die jetzige Lage positiv bewertete. Er brachte lediglich Bedenken dahingehend zum Ausdruck, dass der Einfluss der katholischen Kirche zunehme und die evangelischen Gruppierungen »an die Wand gedrückt« würden.
Die Delegierten wurden informiert, dass Pastor Ruhnow, Wolfgang, Zwickau (Bezirk Karl-Marx-Stadt), als Strafvollzugsseelsorger bestätigt ist. Gleichzeitig wurden alle Pastoren aufmerksam gemacht, dass ein Tätigwerden des Strafvollzugspfarrers nur auf Anforderung durch einen Strafgefangenen und bei Angabe der kirchlichen Zugehörigkeit des Strafgefangenen bereits beim Aufnahmegespräch möglich ist.6
Durch Bischof Härtel7 wurde Pastor Walther, Friedmar (Karl-Marx-Stadt) ab 1982 als Nachfolger für Superintendent Meier, Karl (Zwickau) berufen.
Am 23.5.1981 fand der übliche »Abend der Jugend« zum Thema: »Freude durch Teilen« in der evangelischen Ortskirche in Crottendorf statt. Im Gegensatz zu früheren Jugendveranstaltungen wurden nur religiöse Darlegungen festgestellt. An der Veranstaltung nahmen ca. 500 Personen, überwiegend Jugendliche, aus den umliegenden Gemeinden teil.
Zum Abschluss fanden am Konferenzsonntag (24.5.1981) in fünf verschiedenen Gemeinden des Kreises Annaberg Gottesdienste statt, in denen ausländische Gäste auftraten.
Die nächste Jährliche Konferenz ist vom 2. bis 6.6.1982 in Karl-Marx-Stadt in der »Friedenskirche« geplant.
Informiert wurde während der Konferenz darüber, dass das Haus der Kirchenleitung der EmK in 8020 Dresden, Wiener Straße 56, als »Stätte der Begegnung« anlässlich der Zentralausschusstagung des ökumenischen Rates der Kirchen vom 17.8. bis 28.8.1981 in Dresden fungiert.8
Delegierte dieser Tagung sollen in Gemeinden der EmK Besuche abstatten, so voraussichtlich
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Perry, Margaret – USA – Raum Leipzig-Halle
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Toelan, Aaron – Kamerun – Raum Eberswalde-Berlin
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Bischof Matthews – USA – Raum Aue
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Best, Bruce – Schweiz – Raum Zwickau .
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Griffiths, Elaine – Australien – Raum Erfurt.
Weiter wurde bekannt, dass die EmK für 1982 eine Tagung des »Rates evangelisch-methodistischer Zentralkonferenzen« mit Konsultativkonferenz in Herrnhut, Kreis Löbau, Bezirk Dresden, vorbereitet.
Die Information ist nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.