Lohnforderungen in der Volkswerft Stralsund, Funkwerk Erfurt und Carl Zeiss
3. Juni 1981
Information Nr. 282/81 über unberechtigte Lohnforderungen von Werktätigen des VEB Volkswerft Stralsund, [Bezirk] Rostock, eine im Zusammenhang mit lohnpolitischen Maßnahmen im VEB Funkwerk Erfurt eingetretene Arbeitsunterbrechung sowie eine kurzzeitige Arbeitsverweigerung durch Kraftfahrer des VEB Carl Zeiss Jena
Wie dem MfS bekannt wurde, richteten insgesamt 20 Arbeiter der Abteilung Anlagenerhaltung des VEB Volkswerft Stralsund, [Bezirk] Rostock, am 18. Mai 1981 gleichlautende Eingaben1 an den Direktor der Volkswerft, in denen Forderungen zur Anhebung ihres Lohnniveaus enthalten waren.
Vorliegenden Feststellungen zufolge führten bestehende Differenzen im Lohnniveau zwischen Produktionsarbeitern für Hilfsarbeiten und Produktionsgrundarbeitern, die zur sozialistischen Hilfeleistung vorübergehend in der Abteilung Anlagenerhaltung eingesetzt waren, u. a. infolge gewährter Zuschläge, die den Produktionshilfsarbeitern nur teilweise zustehen, zu den Eingaben.
Die sofort im Zusammenwirken mit dem Staatssekretariat für Arbeit und Löhne2 eingeleiteten Überprüfungen ergaben, dass den Werktätigen der Abteilung Anlagenerhaltung Löhne entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen und Normativen gewährt werden.
In den mit den Werktätigen geführten Aussprachen akzeptierten diese die von staatlichen und gewerkschaftlichen Funktionären vorgetragenen Argumentationen und betrachteten danach ihre Eingaben als beantwortet.
Eine den 20 Werktätigen vorgeschlagene mögliche Umsetzung auf Arbeitsplätze mit höheren Verdienstmöglichkeiten wurde von ihnen zurückgewiesen.
Das Staatssekretariat für Arbeit und Löhne prüft im Zusammenwirken mit dem Ministerium für Schwermaschinen- und Anlagenbau, ob die für das III. Quartal 1981 vorgesehene Einführung neuer Lohnformen im Bereich des Vorrichtungsbaus zeitlich vorgezogen werden kann. Damit würden die Werktätigen dieses Bereiches für ein höheres Leistungsangebot auch einen höheren Lohn erzielen können.
Am 21. Mai 1981 kam es im Zusammenhang mit der Einführung neuer Grundlöhne und der Veränderung von Lohnnormativen ab 1. Juni 1981 (Beschluss des ZK der SED und darauf basierende Festlegungen des VEB Kombinat Mikroelektronik)3 nach einer etwa fünfstündigen Diskussion in der Abteilung Werkzeugbau (120 Beschäftigte im Direktoratsbereich Technik) des VEB Funkwerk Erfurt zu einer Arbeitsunterbrechung von 14.00 [Uhr] bis zum Arbeitsende gegen 16.00 Uhr.
Die im Zusammenwirken mit dem Staatssekretariat für Arbeit und Löhne geführten Untersuchungen ergaben, dass in erster Linie eine mangelhafte Leitungstätigkeit und die ungenügende Einbeziehung der Werktätigen dieses Bereiches in den Prozess der Vorbereitung der Einführung neuer Grundlöhne ursächlich für diesen Konflikt waren. (Nach vorliegender Einschätzung widerspricht die betriebliche Vorgehensweise gegenüber den Werkzeugmachern der Abteilung Werkzeugbau den Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches, wonach Veränderungen von Lohnformen mindestens zwei Wochen vor ihrer Einführung den Werktätigen bekanntgegeben und auch geklärt sein müssen.)
Die in der Zeit vom 25. bis 28. Mai 1981 von der Betriebs-, Partei- und Gewerkschaftsleitung mit Kollektivvertretern – unter Einbeziehung des Generaldirektors des VEB Funkwerk Erfurt und von Vertretern des FDGB-Bundesvorstandes – erarbeiteten Standpunkte zur differenzierten Anwendung lohnstimulierender Maßnahmen wurden zwischenzeitlich von den Beteiligten prinzipiell akzeptiert.
Am 21. Mai 1981 verweigerten drei Kraftfahrer des VEB Carl Zeiss Jena, Betriebsteil Gera, für zwei Stunden die Arbeit, nachdem zum wiederholten Male bei der Lohnzahlung Fehlbeträge zwischen 30 und 50 Mark aufgetreten waren.
Als Ursache dafür wurden organisatorische Mängel bei der Umstellung auf ein neues EDV-Programm ermittelt. Die Nachzahlungen wurden am gleichen Tag gewährleistet.
Im Zusammenhang mit den vom MfS geführten Überprüfungen wurden keine Hinweise über gezielte feindlich-negative Zielstellungen bzw. auf entsprechende Inspiratoren und Organisatoren erarbeitet.
Es wird für erforderlich erachtet, mit noch größerer Aufmerksamkeit und Umsicht auf die Beseitigung von Arbeits- und Lohnkonflikte auslösende begünstigende Umstände und Bedingungen Einfluss zu nehmen, insbesondere auf solche, die in mangelhafter Vorbereitung lohnpolitischer Maßnahmen und ungenügender Einbeziehung der Werktätigen durch staatliche, gesellschaftliche und örtliche Organe liegen.