Pläne der Landeskirchen zur Durchführung der Friedensdekade 1981
27. Oktober 1981
Information Nr. 541/81 über Pläne und Absichten der Evangelischen Kirchen in der DDR im Zusammenhang mit der Durchführung einer sogenannten Friedensdekade vom 8. bis 18. November 1981
In der Zeit vom 8. bis 18. November 1981 führen die Evangelischen Kirchen in der DDR – analog den Aktivitäten im Jahre 1980 – eine sogenannte Friedensdekade1 unter dem Thema »Gerechtigkeit – Abrüstung – Frieden« durch.
Grundlage dafür ist ein Beschluss der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen2 aus dem Jahre 1978 über die Notwendigkeit, mit kirchlichen Veranstaltungen und Gottesdiensten die »weitere gemeinsame Verantwortung der Kirchen in beiden deutschen Staaten für den Frieden sichtbar zum Ausdruck zu bringen«.
Die diesjährige »Friedensdekade« ist nach Empfehlung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR3 zu nutzen, um »das Nachdenken und Handeln in den Gemeinden über Abrüstung, Gerechtigkeit und Frieden auch in Zukunft zu verstärken«.
Durch das Sekretariat des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR wurde für die verschiedensten Gemeindeveranstaltungen ein Arbeitsmaterial herausgegeben, das von einer Vorbereitungsgruppe der »Arbeitsgemeinschaft Christliche Jugend« (AGCJ) erarbeitet worden ist. In dieser Vorbereitungsgruppe sind Mitarbeiter der Kommission kirchliche Jugendarbeit beim Sekretariat des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR sowie Vertreter der kirchlichen Jugendarbeit der Evangelischen Landes- und Freikirchen in der DDR4 vertreten. In diesem Arbeitsmaterial wird die im Rahmen der »Friedensdekade 1980« durch Vertreter des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR und der »Evangelischen Kirche Deutschlands« (BRD) erarbeitete Gottesdienstordnung erneut zur Durchführung kirchlicher Gemeindeveranstaltungen empfohlen.
Wie aus dem Arbeitsmaterial weiter hervorgeht, ist es das Ziel der »Friedensdekade 1981«, »unterschiedliche Herausforderungen für die Christen in der DDR anzubieten, sich an der weltweiten Diskussion und an den unausweichlichen Aktionen für Abrüstung, Gerechtigkeit und Frieden zu beteiligen«. Dies verlange Informationen, »die zur Position führt und […] sachorientiert an dem aktiven Kampf gegen Gewalt, Unterdrückung und Aufrüstung teilnehmen lässt«.
Sich auf Aussagen von Bischof i. R. Schönherr5 und Albert Einstein beziehend, wird im Arbeitsmaterial weiter darauf verwiesen, dass durch Informationen, Anleitungen zu Aktionen und Gottesdiensten die Frage beantwortet werden solle, wie man ein politisch verantwortungsvoller Christ werden könne.
In dem Arbeitsmaterial werden die zehn christlichen Gebote unter dem Blickwinkel des christlichen Friedensengagements interpretiert. Die Interpretation der zehn Gebote ist geeignet, dass politisch-negative Kräfte daraus eine Diskreditierung der gesellschaftlichen Wirklichkeit in der DDR ableiten können. So wird versucht nachzuweisen, dass vor allem die Christen aufgefordert sind, nach Gerechtigkeit zu fragen und gegen Ungerechtigkeit, Privilegien, Manipulation, Lügen, Konsum-Denken, Überlastung der Kinder, ungerechtfertigte Macht- und Aufrüstungsansprüche sowie Menschenfeindlichkeit aufzutreten, ohne dass auf die gesellschaftliche Realität in der DDR Bezug genommen wird.
Im Zusammenhang mit dem Hauptthema »Erziehung zum Frieden« sollen die Probleme der Wehrerziehung, des Wehrdienstes und der »gewaltlosen Konfliktlösung« angesprochen werden. Die im Arbeitsmaterial vorgegebenen Texte für Meditation, Gebete und Lieder sind von pazifistischen Tendenzen gekennzeichnet.
(Das insgesamt 49 A4-Seiten umfassende Arbeitsmaterial liegt dem MfS im Wortlaut vor und kann bei Bedarf angefordert werden.)
Für Sonntag, den 8.11.1981, sind analog 1980 erneut »Bittgottesdienste für den Frieden in der Welt« vorgesehen. Am gleichen Tag soll um 12.00 Uhr durch ein Mittagsgeläut zu einem gottesdienstlichen Gedenken für den Frieden eingeladen werden.
Durch das MfS sind erforderliche Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen eingeleitet worden.
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