Probleme bei der Umstellung der Berliner Gasversorgung auf Erdgas
20. Januar 1981
Information Nr. 29/81 über den bisherigen Stand der Umstellung der Gasversorgung der Hauptstadt der DDR, Berlin, von Stadtgas auf Importerdgas
Wie dem MfS zuverlässig bekannt wurde, sind erhebliche Verzögerungen bei der geplanten Umstellung der Gasversorgung der Hauptstadt Berlin eingetreten. Des Weiteren besteht eine Reihe von Mängeln bei der Gewährleistung der Sicherheit der eingesetzten Gasherde im Zusammenhang mit der Umstellung von Stadt- auf Importerdgas.1
Die dazu gemeinsam mit Fachexperten geführten Untersuchungen ergaben im Einzelnen:
Durch die Leistungen der eingesetzten Arbeitskollektive sowie der beteiligten Leitungen konnten ab 1978 auf der Grundlage der Beschlüsse des Politbüros des ZK der SED2 und des Ministerrates der DDR3 wesentliche, für die Umstellung der Gasversorgung erforderliche Voraussetzungen geschaffen und der Umstellungsprozess bei den Tarif- und industriellen Abnehmern im April 1979 planmäßig im Stadtbezirk Pankow begonnen werden.
Im Verlauf des Jahres 1980 waren planmäßig
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74,5 km Hoch- und Niederdruckgasleitungen neu zu verlegen (Gasortsnetzrekonstruktion),
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für 70 000 Tarifabnehmer die Hausinstallationsanlagen zu sanieren und
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bei 54 000 Tarifabnehmern die Haushaltsgasgeräte auf den Einsatz von Erdgas umzurüsten bzw. umzustellen.
Diese Zielstellung wurde bisher nicht realisiert (insgesamt nur 47 km Hoch- und Niederdruckgasleitung neuverlegt, Hausinstallationsanlagen von ca. 67 000 Tarifabnehmern saniert; Umstellung/Umrüstung der Haushaltsgasgeräte von ca. 42 000 Tarifabnehmern).
Als Ursachen der eingetretenen Rückstände werden vor allem genannt
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ein höherer Aufwand bei den Instandsetzungs- und Vorbereitungsarbeiten an den Hausinstallationsanlagen,
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die unzureichende Bilanzierung der erforderlichen Bauleistungen und Zuweisung von Baukapazitäten durch das Bezirksbauamt Berlin bzw. durch das Ministerium für Bauwesen, insbesondere in den Gewerken Tiefbau und Deckenschluss,
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die nicht den Erfordernissen entsprechende Leitungstätigkeit im Bereich Anlagenbau des VEB Energiekombinat Berlin,
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die notwendige, aber für 1980 nicht geplant gewesene Beseitigung von Überhängen im Gewerk Deckenschluss aus dem Jahr 1979 (11 Tm2) und
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die Durchführung außerplanmäßiger Leistungen (Straßendeckenherstellung in Berlin-Weißensee, Unterstützung bei der Sicherung der Heizölsubstitution sowie örtlich geleiteter Installationskapazitäten).
(Entsprechende zentrale staatliche Maßnahmen zur Aufholung der Rückstände sind vorgeschlagen.)
Wie weiter festgestellt wurde, bestehen Gefahrenquellen bei der Benutzung der bis 1974 produzierten Gasherde der Typen HG 3/102 Z und HG 3/122 Z beim Einsatz von Erdgas, sofern bei der Umrüstung keine qualitätsgerechte Abdichtung des Backraumes an diesen Herden erfolgte. Sie zeigen sich vor allem dahingehend, dass unsachgemäße Bedienung dieser Gasherde und ungenügende Kontrolle durch die Nutzer, verbunden mit Undichtigkeiten am Herd, die bei Erlöschen der Flamme zu Gasaustritten aus dem Herd führen können, wodurch eine Explosionsgefahr entstehen kann. (Erdgas ist im Gegensatz zu Stadtgas nicht giftig, jedoch explosiver.)
In der Hauptstadt der DDR, Berlin, sind 12 900 Gasherde dieser Typen auf Importerdgas umgestellt worden. Nachträgliche Überprüfungen von 100 derartigen und mit Importerdgas betriebenen Gasherden zeigten, dass ca. 30 % der umgerüsteten Gasherdtypen Mängel (Undichtigkeiten) aufwiesen. Im Zeitraum vom 4. bis 24. November 1980 gemeldete 26 Störungen an den genannten Gasherden wiesen nach Experteneinschätzungen Störungen bzw. Mängel aufgrund der nicht qualitätsgerechten Ausführung der Abdichtung des Backraumes dieser Gasherde auf.
Die Probleme sind den zuständigen Organen bekannt und waren Gegenstand von Beratungen der Staatlichen Arbeitsgruppe Erdgasumstellung Berlin mit leitenden Vertretern des VEB Haushaltgeräteservice, Bezirksdirektion Berlin. Im Ergebnis dieser Beratungen wurde eine gemeinsame Anweisung beider Betriebe über die Verfahrensweise bei der Umstellung und Aussonderung mangelhafter Gasherde der Typenreihen Z am 3. Dezember 1980 in Kraft gesetzt. Mit ihrer Durchsetzung sollen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden, mögliche Havarien weitgehend auszuschließen.
Die Montage- und Reparaturkapazitäten reichen jedoch derzeitig nicht aus, um kurzfristig alle auf Importerdgas umgestellten Gasherde der gesamten Typenreihe nochmals zu überprüfen und alle festgestellten Mängel zu beseitigen, ohne dass erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die weitere Umstellung der Abnehmer auf Importerdgas entstehen.
Zwischenzeitlich wurden auf der Grundlage vorliegender Untersuchungsergebnisse vom Ministerium für Kohle und Energie Maßnahmen
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zu weiteren vorbeugenden Überprüfungen an den genannten Geräten bei gleichzeitiger Beseitigung festgestellter Mängel,
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zur Analysierung des Alterungszustandes der Geräte zwecks vordringlicher Aussonderung,
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zur beschleunigten Fortsetzung der Qualifizierung des Montagepersonals sowie
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zur Feststellung der Verantwortlichkeit von Brigaden und Monteuren für die unsachgemäße Ausführung von Montagearbeiten, vor allem zur Zurückdrängung subjektiver Faktoren, eingeleitet.
Es erscheint zweckmäßig, zu veranlassen, dass durch das Ministerium für Kohle und Energie die konsequente Realisierung dieser Maßnahmen unter Kontrolle gehalten wird.