Probleme der Massentierhaltung von Geflügel
11. August 1981
Information Nr. 394/81 über vorliegende Untersuchungsergebnisse im Zusammenhang mit Störungen und Verlusten in der Produktion von Geflügel und Frischeiern im Zeitraum 1. Januar 1980 bis 31. Juli 1981
Vom MfS wurden gemeinsam mit Fachexperten in volkseigenen und genossenschaftlichen Landwirtschaftsbetrieben mit industriemäßig produzierenden Großanlagen für Geflügelfleisch und Eier Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen von elf größeren Schadensfällen geführt, die im Zeitraum vom 1. Januar 1980 bis 31. Juli 1981 auftraten und einen Gesamtverlust von ca. 173 000 Tieren im Wert von 1,5 Mio. Mark verursachten.
(1980 = 7 Vorkommnisse – Verlust von 85 TStck im Wert von 413 TM; 1. Halbjahr 1981 = 4 Vorkommnisse – Verlust 88 TStck im Wert von 1 071 TM.)
Vorgenannte Schadensfälle ereigneten sich in drei Kombinaten Industrielle Mast (KIM) und in acht industriell produzierenden Großanlagen anderer landwirtschaftlicher Betriebsformen (VEG, LPG und Zwischenbetriebliche Einrichtungen).
Beachtenswert ist besonders eine im Juli 1981 eingetretene Häufung derartiger Tierverluste (Verenden von 77,5 TStck Legehennen bzw. Broilern mit einem Schaden von 1 036 TM):
Zwischenbetriebliche Einrichtung Frischeierkombinat Querfurt, [Kreis] Nebra, [Bezirk] Halle, (Verenden von 14 000 Legehennen mit einem Schaden von 250 TM) am 9. Juli 1981;
VEB KIM Frischeierbetrieb Neubukow, [Kreis] Bad Doberan, [Bezirk] Rostock (Verenden von 45 000 Legehennen mit einem Schaden von 675 TM) am 12. Juli 1981 und
VEB KIM Halle, Frischeierbetrieb Gutenberg, Abteilung Broilermast Gaditz (Verenden von 18 500 Broilern mit einem Schaden von 111 TM) am 31. Juli 1981.
Wie die Untersuchungen ergaben, sind alle elf Schadensfälle durch den Ausfall der elektrischen Be- und Entlüftungsanlagen – nach bisherigen Feststellungen ohne subjektives Einwirken – hervorgerufen worden.
Der Ausfall der elektrischen Be- und Entlüftungsanlagen ist im Wesentlichen auf eine zu hohe und damit unsachgemäße elektrische Absicherung (ZBE Frischeierkombinat Querfurt), das Versagen des selbstständigen Wiederanlaufens der Motoren für die Be-und Entlüftung nach vorangegangenem Netzausfall (VEB KIM Halle, Frischeierbetrieb Gutenberg, Abteilung Broilermast) und auf witterungsbedingten Ausfall der Energieversorgung (Gewitter) zurückzuführen.
Das Eintreten vorgenannter Vorkommnisse ist jedoch nach Einschätzung der Experten auch durch eine Reihe anderer Bedingungen und Umstände begünstigt worden.
So sind u. a. mit Ausnahme der der VVB Industrielle Tierproduktion unterstellten VEB KIM die industriemäßig produzierenden Großanlagen anderer landwirtschaftlicher Betriebsformen in der Regel nicht mit Warnsignalvorrichtungen ausgestattet.
Obwohl aus diesem Grund in derartigen industriemäßig produzierenden Großanlagen eine intensivere individuelle Stallkontrolle durch den Wachdienst von vorrangiger Bedeutung ist, entspricht nach vorliegenden Erkenntnissen die Zuverlässigkeit, das physische und psychische Leistungsvermögen des Wachpersonals oftmals zu wenig der mit dieser Aufgabenstellung verbundenen hohen Verantwortung.
Wie in diesem Zusammenhang festgestellt wurde, wären bei ordnungsgemäßer bzw. intensiverer Wahrnehmung der Aufsichtspflicht bedeutende Schadensfälle vermeidbar gewesen (so u. a. Verluste in der LPG Marxwalde, [Kreis] Seelow, [Bezirk] Frankfurt/O., am 30. Januar und 20. Mai 1980 – Verenden von 25 TStck Broilern; Schaden 125 TM bzw. das bereits genannte Vorkommnis im VEB KIM Neubukow, [Kreis] Bad-Doberan, [Bezirk] Rostock).
Auch die Umsetzung der vom Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft erlassenen Weisungen zur Erhöhung der Produktionssicherheit in Großanlagen der Tierproduktion in den entsprechenden Festlegungen der Betriebe erfolgt z. T. formal, häufig werden diese ohne ausreichende Berücksichtigung der örtlich differenzierten Bedingungen nur übernommen und in der Praxis dann auch nur teilweise realisiert.
Die für die Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft verantwortlichen örtlichen Organe nehmen ihrerseits ebenfalls noch zu wenig auf die Durchsetzung geltender zentraler Regelungen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in Anlagen industriemäßiger Tierproduktion Einfluss.
In Anbetracht der volkswirtschaftlichen Bedeutung der in industriell produzierenden Großanlagen erzeugten Mengen an Geflügel und Eiern –
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im 1. Halbjahr 1981 wurden u. a. 54,8 % des Schlachtgeflügels in volkseigenen Tierproduktionsbetrieben und 30,5 % in LPG Tierproduktion erzeugt,
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38,9 % des staatlichen Aufkommens an Hühnereiern wird vom volkseigenen bzw. 8,1 % vom genossenschaftlichen Sektor der Landwirtschaft bereitgestellt –
wird im Interesse der weiteren Vervollkommnung der vorbeugenden Sicherung gebeten zu prüfen bzw. zu entscheiden,
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ob durch das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft die gegenwärtig bestehenden vielfältigen Regelungen zur Durchsetzung von Sicherheit und Ordnung in den Großanlagen der Tierproduktion mit dem Ziel der Erhöhung der vorbeugenden Wirksamkeit nicht besser in einer zentralen, für alle Produktionsrichtungen (nicht nur die Erzeugung von Geflügel betreffend) verbindlichen Ordnung zusammengefasst werden sollten,
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ob auf der Basis einer Abstimmung zwischen den Ministerien für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft und Elektrotechnik/Elektronik entsprechend den volkswirtschaftlichen Möglichkeiten die Großanlagen der Tierproduktion durchgängig mit wirksamen, funktionssicheren Warnsystemen ausgestattet und Voraussetzungen für deren sachkundige Pflege und Wartung geschaffen werden können.
Es sollte darüber hinaus im Zusammenwirken zwischen dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, dem Staatssekretariat für Arbeit und Löhne und dem Zentralvorstand der Gewerkschaft Land-, Nahrungsgüter und Forst in Abstimmung mit der Staatlichen Plankommission geprüft werden, ob Möglichkeiten verbesserter materieller Stimulierung des Wach- und technischen Wartungs- und Kontrollpersonals in den Großanlagen der Tierproduktion geschaffen werden könnten mit dem Ziel, Verbesserungen der quantitativen und qualitativen Besetzung dieser Arbeitsplätze zu erwirken.