Reaktionen von Wirtschaftsfunktionären zum Referat von Mittag
29. April 1981
Hinweise zur Reaktion von Wirtschaftsfunktionären auf das Seminar des ZK der SED mit den Generaldirektoren und Parteiorganisatoren der Kombinate [Bericht O/98]
Zum bisherigen Verlauf des Seminars1 wurden eine Reihe von Hinweisen bekannt, aus denen hervorgeht,2 dass das Eröffnungsreferat des Genossen Mittag3 positiv aufgenommen wurde.
Die Mehrzahl der Wirtschaftsfunktionäre zeigte sich beeindruckt von der prinzipiellen Härte und Klarheit der Aufgabenstellung, insbesondere den damit verbundenen Bedingungen, dass es für den zu erwirtschaftenden Leistungsanstieg weder zusätzliches Material noch NSW-Importe geben werde.4
In Gesprächen wird hervorgehoben, dass die Orientierung5 zur Überbietung der Planaufgaben um zwei bis drei Tage unbedingt richtig und aufgrund der Tatsache, dass die Wettbewerbsbewegung in den Kombinaten dazu eine solide Basis biete, auch weitgehend real sei.6 Das wirke der Tendenz entgegen, unreale Verpflichtungen zu übernehmen oder die Lösung anstehender Probleme über eine entsprechende Preisentwicklung anzustreben.
Verschiedentlich äußern Generaldirektoren in diesem Zusammenhang Besorgnis dahingehend, dass bestimmte, durchaus richtige zentrale Orientierungen falsch ausgelegt werden könnten. Als Beispiel dafür wird die Zielstellung verschiedener Betriebe der Leichtindustrie angeführt, die z. T. Überbietungen des Planes um drei bis zwölf Tage anstreben. Es wird befürchtet, dass einige Generaldirektoren der Leichtindustrie diese Steigerung der industriellen Warenproduktion zu einem Teil über Preisveränderungen realisieren wollen.7
8 Es werden jedoch auch Zweifel geäußert, ähnliche Zielstellungen auch 1982 und in den übrigen Jahren des 5-Jahrplanzeitraumes erreichen zu können. Da die Daten des 5-Jahrplanes noch nicht vollständig vorlägen, sei für eine Diskussion über die Entwicklung 1982 bis 1985 noch keine ausreichende reale Grundlage vorhanden.9
Einen breiten Raum in den Gesprächen nahmen die Probleme im Zusammenhang mit dem Einsatz von Industrierobotern ein. Die Notwendigkeit des Robotereinsatzes wird allgemein anerkannt. In einigen Kombinaten mit weniger oder noch nicht ausreichend erkannten Einsatzmöglichkeiten, wie z. B. den Energiekombinaten, wird jedoch10 befürchtet, dass mit zentralen Beauflagungen zum Robotereinsatz von den eigentlichen Hauptproblemen der betrieblichen Gesamtaufgabenstellungen wegorientiert werden könnte. Einige Generaldirektoren sehen auch11 die Gefahr gewisser Parallelentwicklungen,12 was zu einem unvertretbar hohen volkswirtschaftlichen Aufwand führe. Während von einem Teil der Tagungsteilnehmer auf einen verstärkten Austausch von Kenntnissen und Erfahrungen13 dazu orientiert wird, sieht ein anderer Teil die Lösung in erster Linie in einer Zentralisation der Roboterfertigung.
Sehr aufgeschlossen werden die Probleme des Einsatzes der Mikroelektronik zur weiteren Rationalisierung der hauptsächlichsten Produktionsprozesse aufgenommen.14
Verschiedentlich wird von Generaldirektoren die nach ihrer Auffassung ungenügende zentrale Anleitung kritisiert. Sie beziehen das insbesondere darauf, dass aus Kombinatssicht noch zu viele Probleme unzureichend mit den zuständigen Ministerien, mit der Staatlichen Plankommission, aber auch mit den Fachabteilungen des ZK der SED abgestimmt werden können.15
(Als konkretes Beispiel wird u. a. das Problem der notwendigen Rationalisierung der Heizölablösungen in den Energiekombinaten angeführt.)
Im Zusammenhang mit der Realisierung von NSW-Exporten durch die Kombinate wird die Frage aufgeworfen, dass es dort Probleme geben könne, wo diese Exporte auf Kapazitätserweiterungen durch Investitionen basieren, die aufgrund zentraler Entscheidungen jedoch einzustellen sind.16
Erfreut zeigten sich die Generaldirektoren darüber, dass ihre Position sowohl auf dem X. Parteitag als auch im Rahmen des Erfahrungsaustausches weiter17 aufgewertet worden sei.18
Gleichzeitig wurde in internen Gesprächen jedoch zum Ausdruck gebracht, dass die ständige Hervorhebung der Generaldirektoren solcher Kombinate wie Carl Zeiss Jena, PCK Schwedt, Leuna-Werke und Werkzeugmaschinenkombinat »Fritz Heckert« für ungerechtfertigt und die Leistungen der anderen abwertend gehalten wird.