Rowdyhaftes Auftreten von DDR-Bürgern bei der Motorrad-WM in Brno
[ohne Datum]
Information Nr. 439/81 über rowdyhafte Ausschreitungen von DDR-Bürgern während ihres Aufenthaltes in Brno/ČSSR anlässlich des Weltmeisterschaftslaufes für Motorräder
Am 28. und 29.8.1981 kam es in den Abendstunden an der Rennstrecke (Myslivna-Kurve)1 des Weltmeisterschaftslaufes für Motorräder (28. bis 30.8.1981 Brno) durch eine größere Gruppierung von DDR-Bürgern – bis auf wenige Ausnahmen Jugendliche und Jungerwachsene – zu rowdyhaften Ausschreitungen beträchtlichen Umfangs.
Nach bisher vorliegenden Informationen begannen diese Ausschreitungen am 28.8.1981, gegen 22.00 Uhr, damit, dass aus einer Ansammlung von ca. 100 DDR-Bürgern heraus ein diensttuender Angehöriger der Miliz der ČSSR beschimpft und mit Steinen und Flaschen beworfen wurde (musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden). In der weiteren Folge wurden von den Rowdys – die Ansammlung war inzwischen auf ca. 300 Personen angewachsen – aus Sitzbänken und Brettern eine Art Barrikade errichtet und ein Verkaufskiosk in Brand gesetzt. Der Einsatz der Feuerwehr zur Brandbekämpfung wurde durch erneute Steinwürfe behindert. Ein Angehöriger der Feuerwehr wurde verletzt und musste ebenfalls in ein Krankenhaus eingeliefert werden.
Nachdem durch zwischenzeitlich zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit zum Einsatz gekommene Milizkräfte (ca. 50 Einsatzkräfte) über Megaphon in deutscher Sprache ergangene Aufforderungen zum Auseinandergehen nicht befolgt wurden, setzte die Miliz Tränengas ein. Daraufhin verringerte sich zwar die Ansammlung, jedoch wurden von ca. 100 am Ereignisort verbliebenen Personen faschistische Lieder gesungen sowie die Miliz der ČSSR und die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR beschimpft und verleumdet.
An diesem Tag wurden von der Miliz der ČSSR vier der Rädelsführerschaft verdächtige DDR-Bürger (zwischen 18 und 23 Jahre alt) zugeführt.
Am Abend des 29.8.1981 kam es am gleichen Ereignisort zu einer Ansammlung von ca. 400 Personen. Da nach Ausschankschluss (20.00 Uhr) keine alkoholischen Getränke mehr gekauft werden konnten, wurde dies zum Anlass genommen, Papierkörbe anzuzünden, faschistische Lieder zu singen und Flaschen zu zerschlagen. In der Folge wurden nach dem gewaltsamen Eindringen in zwei Kioske die Bestände an alkoholischen Getränken gestohlen, drei weitere Kioske beschädigt und dort aufgestellte Bänke und Tische zertrümmert.
Im Ergebnis der zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit durchgeführten Maßnahmen (Einsatz von 220 Kräften, zwei Wasserwerfern, Diensthunden und Tränengas) wurden 95 DDR-Bürger (darunter aus den Bezirken Cottbus 23, Dresden 24, Karl-Marx-Stadt 13) zur Klärung der begangenen Straftaten und des Umfanges der Tatbeteiligung zugeführt.
Nach bisher vorliegenden Informationen werden im Laufe des 31.8.1981 weitere Entscheidungen seitens der zuständigen Organe der ČSSR sowie Festlegungen über das weitere Vorgehen (Übergabe an die DDR-Organe) zwischen den zuständigen Organen der ČSSR und der DDR getroffen.
Durch das MfS wurden alle erforderlichen Maßnahmen zur umfassenden Aufklärung der bisher festgestellten, an den Ausschreitungen beteiligten DDR-Bürger (die Personalien der insgesamt 99 Zugeführten sind bekannt) und weiterer Tatbeteiligter, der Ursachen und Motive für die Ausschreitungen und die sie auslösenden Faktoren getroffen.
Nach bisher vorliegenden Hinweisen standen die an den Ausschreitungen Beteiligten erheblich unter Alkoholeinfluss. In einigen Fällen wurden bei DDR-Bürgern selbstgefertigte Transparente (gegrüßt wurde der Weltmeister Mang)2 sowie BRD-Fahnen festgestellt.
Hinsichtlich vorbeugender Maßnahmen waren – auch bezogen auf die Radsport-Weltmeisterschaften in der ČSSR – zahlreiche vorbeugende Aussprachen geführt, Reisen untersagt, Kontrollmaßnahmen usw. durchgeführt worden. Außerdem waren in der Zeit vom 24. bis 29.8.1981 an den Grenzübergangsstellen der DDR zur ČSSR 198 DDR-Bürger zurückgewiesen worden.
Im Zusammenhang mit Ergebnissen weiterer Untersuchungen nach Übergabe der in der ČSSR zugeführten DDR-Bürger an die zuständigen Organe der DDR werden auch Maßnahmen getroffen, um weitere Ausreisen derartiger Personen aus der DDR zu unterbinden sowie ihr weiteres Verhalten unter straffer Kontrolle zu halten.