Verhinderung eines Grenzdurchbruches an der GÜSt Hirschberg
17. Januar 1981
Information Nr. 26/81 über einen verhinderten gewaltsamen Grenzdurchbruch nach der BRD an der Grenzübergangsstelle Hirschberg am 15. Januar 1981
Durch die Organe des MfS wurde am 15. Januar 1981, gegen 3.45 Uhr, an der Grenzübergangsstelle Hirschberg ein gewaltsamer Grenzdurchbruch mit einem Lkw vom Typ Jelcz Sattelschlepper1 verhindert und der Täter festgenommen.
Die bisher durch das MfS geführten Untersuchungen ergaben:
Der Täter [Name, Vorname] (26), wohnhaft: Bad Blankenburg, [Straße, Nr.], erlernter Beruf: Gummifacharbeiter, zuletzt tätig gewesen als Kfz-Einsatzleiter im VEB Schlachthof Rudolstadt, Gera, durchfuhr mit einem zuvor vom Kfz-Park seines Betriebes entwendeten betriebseigenen Lkw den ca. 2 km vor der Grenzübergangsstelle Hirschberg in Blintendorf befindlichen Kontrollpunkt der Deutschen Volkspolizei unter Missachtung der auf »rot« geschalteten Lichtsignalanlage. In der weiteren Folge fuhr der Täter mit überhöhter Geschwindigkeit in den Bereich der Grenzübergangsstelle ein, wobei er einen Schlagbaum der Vorkontrolle durchbrach und mehrere Felder der Fahrspurleiteinrichtung sowie der gläsernen Trennwand zwischen den Fahrspuren zerstörte.
Entsprechend der auf der Grundlage festgelegter Handlungsvarianten zur Verhinderung eines gewaltsamen Grenzdurchbruches unverzüglich eingeleiteten Maßnahmen wurde das Fahrzeug mittels Sperreinrichtungen auf dem Territorium der Grenzübergangsstelle zum Stehen gebracht und der Täter ohne Anwendung der Schusswaffe festgenommen. Auswirkungen auf den Kontroll- und Abfertigungsprozess traten nicht ein, da sich zu diesem Zeitpunkt lediglich sechs Reisende auf dem Territorium der Grenzübergangsstelle befanden. (In westlichen Massenmedien wurde über das Vorkommnis berichtet.)
Die Untersuchungen zum Persönlichkeitsbild des Täters ergaben:
[Name] entstammt einer Arbeiterfamilie und erlernte im VEB Transportgummi Bad Blankenburg den Beruf eines Gummifacharbeiters. Während der Zeit seiner Berufsausbildung wurde er wegen begangener krimineller Delikte in drei Fällen (Nötigung und sexueller Missbrauch Jugendlicher, Diebstahl/Hehlerei, vorsätzliche Körperverletzung) jeweils auf Bewährung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Nach Ableistung seines Wehrdienstes nahm er eine Tätigkeit als Kraftfahrer im VEB Schlachthof Rudolstadt auf, qualifizierte sich zum Berufskraftfahrer und wurde aufgrund guter beruflicher Arbeit im Juli 1980 als Kfz-Einsatzleiter eingesetzt.
Durch [Name] wurden seinen Einlassungen zufolge ständig die Programme der elektronischen Massenmedien des Gegners verfolgt, unter deren Einfluss sich bei ihm eine politisch-negative Einstellung zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR herausbildete und er zu der Auffassung gelangt war, dass in der BRD bessere Lebensverhältnisse bestehen. In seinem Arbeitsbereich täuschte er eine positive Einstellung zur DDR vor, übernahm aus karrieristischen Gründen im September 1980 die Funktion eines FDJ-Sekretärs und ersuchte im November des gleichen Jahres um Aufnahme als Kandidat der SED.
Wie die bisherigen Untersuchungen weiter ergaben, kam es in der letzten Zeit häufig zu Auseinandersetzungen mit seiner Ehefrau (Arbeiterin, Mitglied der SED), die sich gegen den ständigen Empfang der elektronischen Massenmedien des Gegners wandte und das von karrieristischen Motiven gekennzeichnete Auftreten und Verhalten des [Name] nicht billigte.
Aufgrund seiner negativen politisch-ideologischen Haltung sowie einer Auseinandersetzung mit seinem Abteilungsleiter fasste [Name] spontan den Entschluss, die Staatsgrenze der DDR gewaltsam nach der BRD zu durchbrechen.
Die Untersuchungen werden fortgeführt.