Zum Verlauf der Berliner Begegnung zur Friedensförderung (3)
21. Dezember 1981
Information Nr. 662/81 über Aktivitäten von Havemann zur Popularisierung eines sogenannten Berliner Appells als »eigenständigen Beitrag« zur Friedensbewegung
Nach dem MfS streng intern vorliegenden Hinweisen hatte Havemann1 von Anfang an nicht die Absicht, an der »Berliner Begegnung« teilzunehmen. Seinen Äußerungen zufolge habe er einen »eigenen Beitrag zur Friedensbewegung vorbereitet«.
Dabei handle es sich um eine von ihm in Abstimmung mit Pfarrer Eppelmann2 gefertigte Ausarbeitung mit der Bezeichnung
»Berliner Appell«3 – Welt ohne Waffen.4
Untergliedert in neun Punkten werden darin folgende Behauptungen und Forderungen formuliert:
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Ein kommender Krieg kann nur ein Atomkrieg sein;
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nur Soldaten in Panzern und Herrscher in Bunkern sind geschützt;
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Europa und die Sowjetunion sind die Bedrohten; Amerika will abseits stehen;
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Neutralisierung Deutschlands nach dem Beispiel des Potsdamer Abkommens;
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Verzicht auf Machtdemonstrationen in der DDR an Staatsfeiertagen;
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Ersatzdienst statt Wehrdienst;
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Zivilverteidigung dient psychologischer Kriegsvorbereitung, deshalb Abschaffung der Zivilverteidigung.
Verbunden mit der Aufforderung zu Unterschriftsleistungen durch DDR-Bürger wird weiter gefordert,
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für junge Christen einen »Wehrersatzdienst«5 einzuführen;
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eine Volksabstimmung gegen den Wehrdienst in der DDR durchzuführen;
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»Kriegskinderspielzeug« weder herzustellen, noch zu verkaufen.
Havemann beabsichtigt, dieses Pamphlet zuerst gemeinsam mit Eppelmann und »einigen Freunden« zu unterzeichnen sowie auch den Schriftstellern Stefan Heym,6 Stephan Hermlin7 und Günter de Bruyn8 zur Unterschriftsleistung zustellen zu lassen.9
Zur weiteren Popularisierung beabsichtigt er, mit den Erstunterzeichnern eine Gesprächsrunde zu organisieren und davon Videoaufzeichnungen mit dem Ziel der Veröffentlichung in westlichen Medien anzufertigen.
Darüber hinaus wolle er den Wortlaut seines »Berliner Appells« in der Westpresse veröffentlichen und auf eigene Kosten in 8 000 Exemplaren in Listenform drucken lassen, um damit an öffentlichen Plätzen in der Hauptstadt der DDR, Berlin, und in der DDR Unterschriften zu sammeln.
Im Rahmen der durchzuführenden Aktivitäten rechnet Havemann mit Verhaftungen und vertritt die Auffassung, dass westliche Medien darüber informieren sollten.
Pfarrer Eppelmann will sich gleichfalls an diesen Aktionen zur Popularisierung von Havemanns »Berliner Appell« beteiligen. Internen Äußerungen Eppelmanns zufolge werde er seine Kirchenleitung offiziell um Genehmigung bitten, den »Appell« für seine Arbeit verwenden zu dürfen. Würde die Kirchenleitung dieses Vorhaben ablehnen, beabsichtigen Eppelmann u. a. Jugendpfarrer diesen »Appell« zu Weihnachten von der Kanzel zu predigen.10
Durch das MfS sind geeignete Maßnahmen eingeleitet worden, um die beabsichtigten Aktivitäten Havemanns und der einbezogenen Kräfte sowie deren weitere Vorhaben aufzuklären, diesen entgegenzuwirken und die vorgesehenen öffentlichkeitswirksamen Handlungen zu unterbinden.
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