Brand im VEB Waggonbau Ammendorf/Halle
10. Februar 1982
Information Nr. 73/82 über einen Brand im VEB Waggonbau Ammendorf/Halle am 9. Februar 1982
Am 9. Februar 1982, gegen 7.40 Uhr brach im VEB Waggonbau Ammendorf/Halle, Werk I – in der Rohbaufertigung für Weitstreckenpersonenwagen – ein Brand aus, der sich in der Folge auf das Dach der Produktionshalle ausbreitete.
Insgesamt wurden ca. 5 200 m2 Dachkonstruktion (28 600 m2 Dachfläche), zwei Mastix-Spritzkabinen, Maschinen, Werkzeuge und Materialien für die Seitenwand-, Türen- und Druckrahmenfertigung und den Alufolienzuschnitt sowie zwei rohbaufertige Weitstreckenpersonenwagen vernichtet.
Darüber hinaus wurden Vorrichtungen und Schweißmaschinen für die Dachmontage der Waggons und weitere zwei rohbaufertige Weitstreckenpersonenwagen beschädigt.
Ersten vorläufigen Schätzungen zufolge beträgt der Sachschaden ca. 3,4 Millionen Mark.
Personen sind nicht verletzt worden.
Nach Expertenmeinungen wird der Neuaufbau der vernichteten und beschädigten Produktionsanlagen einschließlich Instandsetzung der Halle – unter Berücksichtigung notwendiger Modernisierungsmaßnahmen – Kosten in Höhe von etwa 15 bis 20 Millionen Mark erfordern.
Es ist vorgesehen, eine behelfsmäßige Produktion (teilweise unter freiem Himmel, in anderen Produktionshallen und unter erschwerten Bedingungen) am 12. Februar 1982 wieder aufzunehmen.
Die Produktion der ausschließlich für den Export in die Sowjetunion bestimmten Weitstreckenpersonenwagen musste zunächst eingestellt werden.
Die unverzüglich gemeinsam mit Experten des Staatlichen Amtes für Technische Überwachung der DDR und der Deutschen Volkspolizei eingeleiteten Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen ergaben bisher, dass der Brand bei der Ausführung von Spritzarbeiten in einer Spritzkabine der Mastix-Anlage (6 × 28 × 7 m) am Gleis 4 der Produktionshalle ausbrach. (Diese Anlage dient dem Aufbringen von Korrosionsschutz mit Antidröhnwirkung auf der Basis eines Gemisches von Asbestfasern, Kalkmehl und Bitumen.)
Das Aufbringen dieses Gemisches erfolgt bei einer Temperatur von ca. 200 °C und einem Druck von 6,0 atü.
Nach bisherigen Feststellungen kam es bei der Durchführung der genannten Arbeiten in der Nachtschicht vom 8. Februar zum 9. Februar 1982 zur Bildung von Rissen an einem Rohrbogen der Mastix-Anlage, in deren Folge ständig geringe Mengen des zur Beheizung der Mastix-Anlage dienenden organischen Wärmeträgers (Flüssigkeit XW 15) austraten, in die Isolation des Rohrbogens einsickerten und sich gegen 7.40 Uhr entzündeten.
Trotz sofort eingeleiteter Löschversuche (Handfeuerlöscher und Kalkmehl) konnte die Brandausdehnung nicht verhindert werden.
Von der Nachtschicht waren die aufgetretenen Risse nicht gemeldet worden. Erst mit Beginn der Frühschicht machten Arbeiter den zuständigen Reparaturleiter darauf aufmerksam.
Nach dessen Rückfrage beim Brigadier (47, ohne erlernten Beruf, Rückkehrer1) der Anlagenfahrer der Mastix-Anlage über einen möglichen Zeitpunkt für die Reparatur wurde durch diesen entschieden, noch weitere zwei Weitstreckenpersonenwagen zu spritzen und erst gegen 8.30 Uhr mit der Reparatur zu beginnen.
Zur Aufklärung der Ursachen der Rohrrisse werden Laboruntersuchungen von der wissenschaftlich-technischen Leitstelle des Staatlichen Amtes für Technische Überwachung der DDR durchgeführt.
Von Experten der Deutschen Volkspolizei erfolgen gegenwärtig Untersuchungen zur Zündtemperatur des in die Isolation eingedrungenen organischen Wärmeträgers unter den konkreten Betriebsbedingungen.
Nach Vorliegen weiterer Untersuchungsergebnisse wird nachberichtet.