Brand im VEB Zementwerk Rüdersdorf
25. November 1982
Information Nr. 598/82 über einen Brand an der Erdgasverdichterstation im VEB Zementwerk Rüdersdorf, [Kreis] Fürstenwalde, [Bezirk] Frankfurt/Oder am 1. November 1982
Am 1. November 1982, gegen 9.30 Uhr brach an der abnehmerseitigen Importerdgasverdichterstation des Werkes IV des VEB Zementwerk Rüdersdorf, [Kreis] Fürstenwalde, [Bezirk] Frankfurt/Oder, ein Brand aus, durch den diese Anlage zerstört und eine in unmittelbarer Nähe vorbeiführende Umgehungsleitung beschädigt wurde. Der Sachschaden beträgt etwa 1,6 Millionen Mark.
Infolge des Brandes mussten die Drehrohröfen des Werkes IV wegen der notwendigen Umstellung der Beheizung auf Feinsteinkohle für ca. drei Stunden außer Betrieb genommen werden.
Da das Bedienungspersonal ca. zehn Minuten vor Brandausbruch die Station zur Frühstückspause verlassen hatte, entstand kein Personenschaden.
Die Erdgasverdichterstation war von der österreichischen Firma Unitherm/Wien als vollautomatische Anlage projektiert, errichtet und am 16.4.1982 in Betrieb genommen worden.
Die durch eine Spezialkommission des Staatlichen Amtes für Technische Überwachung der DDR (SATÜ) geführten Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen des Brandes ergaben, dass am Tage der Havarie zur Durchführung von Wartungsarbeiten eine Umschaltung von der Gasschiene 1 auf die Gasschiene 2 erfolgte und unmittelbar danach der Gasfilter der Schiene 1 geöffnet wurde. (Die Anlage ist mit zwei Gasschienen ausgerüstet, von denen jeweils wechselseitig eine Gasschiene gefahren wird.)
Beim Reinigen des Filtereinsatzes kam es durch Alarmauslösung eines Temperaturbegrenzers in der Gasschiene 2 zur automatischen Rückschaltung des Gasstromes auf die Gasschiene 1. Aufgrund bestehender Unkenntnis über die Wirkungsweise der vorhandenen Automatik hat das Instandhaltungspersonal die eingebaute Einrichtung zur Blockierung dieser Automatik nicht betätigt, und es kam dadurch zum Ausströmen von Erdgas über den offenen Filter der Gasschiene 1 mit nachfolgender Entzündung.
Wie die Untersuchungen weiter ergaben, wurde der Brandausbruch dadurch begünstigt, dass das Bedienungspersonal von den Vertretern der Firma Unitherm nur in völlig ungenügender Weise in die notwendigen Schalthandlungen im Zusammenhang mit Wartungsarbeiten eingewiesen wurde. Auch die vertraglich vereinbarte Übergabe von Wartungs- und Instandhaltungsvorschriften durch den österreichischen Lieferer erfolgte bisher nicht.
Zur Durchsetzung dieses vertraglich gesicherten Anspruches haben sowohl der verantwortliche Außenhandelsbetrieb Technocommerz als auch der VEB Zementwerk Rüdersdorf bisher keinerlei Anstrengungen unternommen. Entgegen der Rechtsvorschriften der DDR haben auch die verantwortlichen Leiter im VEB Zementwerk Rüdersdorf keinerlei Instandhaltungs- und Wartungsvorschriften erarbeitet.
In die weiteren Untersuchungen werden zur Durchsetzung der bestehenden Garantieansprüche bzw. Schadensersatzforderungen gegenüber der Firma Unitherm/Wien das AHB Technocommerz und das Staatliche Vertragsgericht der DDR einbezogen. Darüber hinaus erfolgt die Prüfung eventueller Pflichtverletzungen durch das Bedienungspersonal des DDR-Betriebes.
Zur Vermeidung gleichartiger Havarien an anderen von der Firma Unitherm/Wien in der DDR errichteten Anlagen (Reglerstation Vogelsdorf des VEB Energiekombinates Berlin und Reglerstation des VEB Leunawerke »Walter Ulbricht«) hat das SATÜ mit der Überprüfung der Wartungs- und Instandhaltungsvorschriften und des Wissensstandes des Bedienungspersonals in den beiden Stationen begonnen.