Flucht einer Familie in Kolumbien
28. August 1982
Information Nr. 477/82 über das ungesetzliche Verlassen der DDR durch einen in Kolumbien eingesetzten Kundendienstingenieur aus dem VEB Carl Zeiss Jena mit Familie
Nach dem MfS vorliegenden Informationen hat der seit Mitte 1981 in Kolumbien eingesetzt gewesene [Name, Vorname] (32), geb. am [Tag, Monat] 1949, tätig gewesen als Kundendienstingenieur des VEB Carl Zeiss Jena in Bogota (Diplom-Ingenieur) (seit 1970 bei Zeiss tätig gewesen), wohnhaft gewesen: Jena-Lobeda, [Straße, Nr.], mit seiner ebenfalls in Kolumbien weilenden Ehefrau (beide parteilos), [Name, Vorname 2] (32), geb. am [Tag, Monat] 1949, seit Juni 1982 Leiterin des Sekretariats der Botschaft der DDR in Kolumbien sowie den beiden [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben] Kindern die DDR unter Missbrauch seines dienstlichen Aufenthaltes ungesetzlich am 25.8.1982 verlassen.
Nach den bisher vorliegenden Informationen hat [Name] Verbindungen zur Botschaft der BRD in Kolumbien aufgenommen und Reisedokumente der BRD für sich und seine Familie erhalten. Sofort nach Bekanntwerden der Verratshandlung wurden Maßnahmen zur Verhinderung der Ausreise eingeleitet. Durch die kolumbianischen Sicherheitsorgane lag zunächst die Zustimmung für die Verhinderung der Ausreise und Überstellung der Personen an die Botschaft der DDR vor. Die offensichtlich am 26.8.1982 geplante Ausreise nach der BRD (Frankfurt/Main) konnte dadurch nicht erfolgen und soll nunmehr am 28.8.1982 realisiert werden, nachdem die kolumbianische Regierung die freie Ausreise der Familie [Name] garantiert haben soll.
Durch die Botschaft der DDR in Kolumbien wird weiterhin versucht, auf die dortigen Organe Einfluss im Sinne der Unterbindung der Ausreise zu nehmen.
Nach bisherigen Feststellungen sind für das ungesetzliche Verlassen der DDR persönliche Gründe maßgeblich. Insbesondere unter dem Einfluss der Ehefrau sind – wie nachträglich bekannt wurde – Möglichkeiten der medizinischen Behandlung der beiden Kinder im nichtsozialistischen Ausland in Erwägung gezogen worden.
Zurzeit wird überprüft, welche Kenntnisse [Name] durch seine Tätigkeit bei Zeiss in Jena bzw. in Kolumbien besitzt. Seine Ehefrau besitzt nur einen begrenzten Einblick, sodass bei einem eventuellen Verrat keine schwerwiegenden Folgen eintreten können.
In Meldungen westlicher Nachrichtenagenturen (dpa, AP, AFP) und in den darauf basierenden, von Funkmedien der BRD bzw. Westberlins verbreiteten Meldungen wurde [Name] fälschlicherweise als »DDR-Diplomat«/»Zweiter Sekretär der Botschaft« bezeichnet.