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Jährliche Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche in der DDR

14. Juni 1982
Information Nr. 298/82 über die »Jährliche Konferenz« der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in der DDR

Vom 19. bis 23. Mai 1982 tagte in der »Friedenskirche« in Karl-Marx-Stadt die turnusmäßige »Jährliche Konferenz« der Evangelisch-methodistischen Kirche, an der ca. 250 Delegierte (Pastoren und Laien) aus allen Bezirken der DDR teilnahmen.

Außerdem waren Gäste aus den USA, der BRD, Österreich, Finnland, der ČSSR, der Ungarischen VR, Kuba und Westberlin anwesend, so u. a. Matthews, Marjorie1 (USA) – Bischöfin, Mohrmann, Werner2 (Hamburg/BRD) – Superintendent, Dr. Klaiber, Walter3 (Reutlingen/BRD) – Seminardirektor.

Die »Jährliche Konferenz« begann mit Beratungen in Arbeitsausschüssen, in denen über die bisher geleistete Arbeit, über Vorschläge zur künftigen Tätigkeit sowie über die Berichte der Ausschüsse debattiert wurde.

Zu Beginn der gemeinsamen Beratung der »Jährlichen Konferenz« wurden, geleitet von Bischof Härtel,4 die Tätigkeitsberichte der Ausschüsse, die Arbeit des Kirchenvorstandes sowie die Berichte der Superintendenten behandelt.

Der Konferenz lag ein Arbeitspapier vom Ausschuss für theologische Fragen zum Thema: »Zur theologischen Situation der Evangelisch-methodistischen Kirche in der DDR« vor.

Der Kirchenvorstand nahm in diesem Zusammenhang u. a. zur Arbeit der Kirche Stellung und stellte fest, dass offensichtlich aufgrund ungenügender Aktivitäten ein nachweisbarer Rückgang in der Mitgliederbewegung zu verzeichnen ist. Als »bemerkenswert« wurde dabei aber auch die Feststellung getroffen, immer stärker würden sich außerhalb der Kirche stehende Bürger mit persönlichen Sorgen und Nöten an die Kirche wenden.

Durch Bischof Härtel wurde zu Fragen des sogenannten Friedensdienstes5 informiert, dass eine Anzahl von Eingaben, besonders Jugendlicher oder Jungerwachsener, an den Kirchenvorstand gerichtet worden wären, vornehmlich mit der Forderung, die Kirche möge sich weiterhin für einen »Friedensdienst« einsetzen.

Die Konferenz beschloss, dass Bischof Härtel die Eingaben schriftlich beantwortet, wobei vor allem »das Wort« der Synode des Bundes Evangelischer Kirchen in der DDR verwandt werden soll. Es müsse bei der Beantwortung erkennbar sein, dass die Evangelisch-methodistische Kirche in Gemeinsamkeit mit den anderen Kirchen der DDR handelt.

Für die im September 1982 in Herrnhut, Kreis Löbau, Bezirk Dresden, vorgesehene Ratstagung der »Europäischen Zentralkonferenzen« wurden die Teilnehmer der Evangelisch-methodistischen Kirche in der DDR nominiert.

Der »Ausschuss christliche Friedensarbeit« der Evangelisch-methodistischen Kirche legte die Stellung der Kirche zu Fragen des Friedens und der Abrüstung in 23 Punkten dar.6

Darin wird u. a. zum Ausdruck gebracht:

  • »–

    (1) Die gegenwärtige Lage ist bedrängend wie nie zuvor.

    Die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges in Europa nimmt in erschreckendem Maße zu. …

  • (8) Hoffnungsvoll ist, dass vielen Menschen die gegenwärtige Bedrohung bewusster geworden ist. In vielen Ländern sind darum unabhängig von den Bemühungen der Regierungen und über politische und religiöse Schranken hinweg Friedensbewegungen entstanden. …

  • (14) Es ist uns bewusst, dass wir dem Frieden nur näher kommen in gemeinsamer Auseinandersetzung um tragfähige Lösungen und neue Wege. Das kann nur in der Haltung der Solidarität und nicht aus der Position des neutralen Beobachters geschehen. …

  • (17) Wir meinen, dass in der Friedensdiskussion unserer Gesellschaft das Konzept ›der Frieden muss bewaffnet sein‹ nicht der einzige Ansatz sein sollte. Wir halten es für nötig, dass der Friedens- und Abrüstungswille von Christen, der sich auch im Tragen des Symbols ›Schwerter zu Pflugscharen‹7 äußert, eine differenzierte und positive Wertung erfährt. …

  • (22) Wir ermutigen dazu, die vielfältigen Möglichkeiten christlicher Friedensarbeit auch durch Gemeindeseminare, Bibelarbeit, Fürbittgottesdienst, Schaukastenarbeit u. a. wahrzunehmen. Wir regen an, solche Aktivitäten nach Möglichkeit in Gemeinsamkeit mit den anderen Kirchen unseres Landes zu praktizieren.

    In diesem Sinne beteiligen wir uns als Kirche an der Friedensdekade 1982 und begehen den Tag der Friedensmahnung am Sonntag, dem 14.11.1982. …«

Es ist vorgesehen, die Darlegungen des »Ausschusses christliche Friedensarbeit« der Presse zu übergeben.

Der Kirchenvorstand informierte die Konferenz, dass ein Seminarist vom theologischen Seminar der BRD ein vierwöchentliches Praktikum in der Gemeinde Aue/Bezirk Karl-Marx-Stadt durchführen wird.

Im weiteren Verlauf der »Jährlichen Konferenz« legten die Superintendenten in ihren Berichten die innerkirchliche Situation dar.

Dabei verwiesen sie besonders darauf, dass die individuelle Arbeit mit dem Bürger stärker gefördert werden solle, da aufgrund der bisher durchgeführten Evangelisationen keine neuen Mitglieder geworben wurden.

Superintendent Hering, Günter8 (Berlin) informierte die »Jährliche Konferenz« u. a. darüber, dass aus der Gemeinde Eberswalde, Bezirk Frankfurt/Oder, am 21. Dezember 1981 zwei Kirchenmitglieder inhaftiert und am 12. April 1982 zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Als Grund ihrer Inhaftierung wird dargelegt: …

»Sie haben ihre Meinung in politischen Fragen in ungesetzlicher Weise zum Ausdruck gebracht. Ich habe volles Verständnis dafür, wenn Kirchenglieder dem Gebot des Gewissens gehorchend in der Spannung zwischen Römer 13, 1–39 und Apostelgeschichte 5,2910 in konkreten Situationen ein NEIN sprechen müssen. Das sollten wir persönlich oder über die Kirche in aller Offenheit tun.«

(Bei diesen beiden Kirchenmitgliedern handelt es sich um die Jugendlichen Falk, Holger11/Betriebsökonom und [Name, Vorname]/Diakon in der Ausbildung, die gemäß § 220 StGB12 zu einem Jahr, sieben Monaten und einem Jahr, zehn Monaten Freiheitsentzug verurteilt wurden. Sie hatten Plakate, Handzettel sowie Losungen mit pazifistischem Inhalt angebracht bzw. verbreitet.)

Auf das Tragen des Aufnähers »Schwerter zu Pflugscharen – Micha 4«13 eingehend, sagte er, dass dies in einigen Fällen zu Konflikten und Übergriffen führte. Es habe deshalb auf verschiedenen Ebenen Aussprachen mit staatlichen Dienststellen gegeben.

Einen breiten Raum nahmen Disziplinarverfahren gegen Pastor Luderer, Eberhard14 (Schwerin) sowie Pastor Lange, Christian15 (Potsdam) ein.

Beide waren aus der Kirche ausgeschlossen worden. (Luderer wegen Verstoßes gegen die Kirchenordnung, indem er eigenmächtig »Älteste« ernannte und einsetzte und Lange wegen der von ihm beantragten Ehescheidung.)

Das Arbeitspapier zur theologischen Situation der Evangelisch-methodistischen Kirche in der DDR enthält reine theologische Probleme.

Darüber hinaus informierten der Kirchenvorstand und die Superintendenten die »Jährliche Konferenz« über bestehende ökumenische Kontakte. Es wurde eingeschätzt, dass hinsichtlich der ökumenischen Zusammenarbeit auf Ortsebene eine überwiegend positive Entwicklung bestehe.

Weiterhin wurde die bestehende enge Zusammenarbeit mit anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften, wie z. B. der römisch-katholischen Kirche, der russisch-orthodoxen Kirche, Herrnhuter Brüdergemeinde,16 Adventisten usw. gewürdigt.

Eine Anfrage des Jugendkreises der Plauener Kirchgemeinde, welche Möglichkeiten bestehen, zusätzlich zum Wehrdienst einen diakonischen Einsatz durchführen zu können, wurde dahingehend beantwortet, dass möglicherweise die Durchführung eines diakonischen Jahres genutzt werden könne.

Betont wurde weiter, von den vorgesehenen Bauvorhaben nehme der Aus- und Erweiterungsbau des Rüstzeitheimes Schwarzenshof, Kreis Rudolstadt, Bezirk Gera eine besondere Rolle ein. Durch die Zentralkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche der BRD sei dafür zunächst eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 750 TDM zugesagt worden. Die Gemeinden in der DDR würden aufgefordert, das Bauvorhaben ebenfalls aktiv zu unterstützen.

Am 21. Mai 1982 fand die »Grußstunde« der Vertreter des Staates, gesellschaftlicher Organisationen und anderer Kirchen statt, in deren Verlauf der Vertreter des Staatssekretärs für Kirchenfragen, Dr. Wilke,17 zu Problemen der Friedensbewegung auftrat. Vonseiten der Pressestelle der Evangelisch-methodistischen Kirche ist vorgesehen, die Ausführungen von Dr. Wilke in der Zeitschrift »Friedensglocke« zu veröffentlichen.

Der in den zurückliegenden Jahren bisher am Konferenzsonnabend durchgeführte »Abend der Jugend« wurde abgesetzt. Dafür wurde ein »Konferenz-Ausflug« zur Besichtigung der traditionsreichen katholischen Kirche in Wechselburg, Kreis Rochlitz, Bezirk Karl-Marx-Stadt, durchgeführt.

Die Konferenz wurde am Sonntag, dem 23. Mai 1982 mit einem Gemeindetag unter dem Thema: »Aus Vertrauen neuen Mut gewinnen« beendet.

Die nächste »Jährliche Konferenz« findet 1983 in Plauen statt. Der Termin wird noch festgelegt.

Die »Jährliche Konferenz« 1982 verlief ohne Vorkommnisse.

Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.

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    14. Juni 1982
    Information Nr. 309/82 über eine von Berlin (West) aus geplante Hetzschriften-Ballonaktion gegen die DDR

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    11. Juni 1982
    Information Nr. 308/82 über die beabsichtigte Wohnsitznahme eines Kindes aus Westberlin in der DDR