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Maßnahmen zur Zurückdrängung der unabhängigen Friedensbewegung

8. April 1982
Information Nr. 173/82 über vorbeugend eingeleitete Maßnahmen zur Zurückdrängung und Unterbindung der von reaktionären kirchlichen und anderen feindlich-negativen Kräften ausgehenden Versuche zur Schaffung einer sogenannten staatlich unabhängigen Friedensbewegung in der DDR einschließlich erster Erkenntnisse über deren Durchsetzung sowie über den Verlauf des Gesprächs des Genossen Gysi mit leitenden kirchlichen Amtsträgern der evangelischen Kirchen der DDR am 7. April 1982

Nach dem MfS vorliegenden Erkenntnissen haben sich die Bestrebungen äußerer und innerer feindlich-negativer Kräfte, unter dem Deckmantel des Eintretens für Frieden und Abrüstung in der DDR eine sogenannte staatlich unabhängige pazifistische Friedensbewegung zu etablieren, weiter verstärkt.1

Diese Bewegung soll – langfristig angelegt – als politische und organisatorische Basis für die Schaffung einer »inneren Opposition« sowie zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit fungieren.

Die in diesem Sinne durch eine verstärkte Hetz- und Propagandatätigkeit insbesondere der westlichen Funkmedien unterstützten Angriffe reaktionärer kirchlicher und anderer feindlich-negativer Kräfte in der DDR richten sich insbesondere gegen die Friedens-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der DDR.

Bestrebungen zur Initiierung dieser sogenannten Friedensbewegung sind vor allem von Kräften im Bereich der Kirchen und Religionsgemeinschaften unter verstärkter Einbeziehung Jugendlicher festzustellen und widerspiegeln sich besonders in solchen Aktivitäten, wie

  • der weiteren Popularisierung des sogenannten Berliner Appells »Frieden schaffen ohne Waffen«,2

  • der fortgesetzten Forderung zur Einrichtung eines »Sozialen Friedensdienstes« (SOFD),3

  • den Versuchen zur Organisierung einer pazifistischen Friedensbewegung und darauf ausgerichteter öffentlichkeitswirksamer Aktionen im Zeitraum Ostern 1982 (Friedensseminare, Friedenswanderungen, Schweige- und Sternmärsche, Friedensdienst-Fahrten, Friedensmahnwachen u.  Ä.),

  • den wiederholten Versuchen zur Herstellung und zur Verbreitung von Symbolen mit pazifistischem Inhalt sowie der ständigen Beeinflussung von Jugendlichen durch klerikale Kräfte zum Tragen derartiger Symbole.4

Zur vorbeugenden Zurückdrängung und konsequenten Unterbindung dieser von reaktionären kirchlichen und anderen feindlich-negativen Kräften ausgehenden Versuche zur Organisierung von Aktivitäten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung wurden durch das MfS im engen Zusammenwirken mit anderen Schutz- und Sicherheitsorganen sowie mit staatlichen Organen und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften differenzierte Maßnahmen eingeleitet:

Durch den Staatssekretär für Kirchenfragen der DDR, Genossen Gysi,5 wurden Unterredungen mit den evangelischen Bischöfen Hempel6 (Dresden), Forck7 (Berlin), Wollstadt8 (Görlitz), Krusche9 (Magdeburg), Gienke10 (Greifswald) und Natho11 (Dessau) geführt.12

Ihnen wurde u. a. mitgeteilt, dass durch die Inkonsequenz der Kirchenleitungen feindlich-negativen Kräften durch die Kirche die Möglichkeit gegeben wird, die Kirche für ihre gegen die Verfassung der DDR gerichteten Aktivitäten zu missbrauchen. Dadurch bestehe die Gefahr, dass die Kirche in eine Konfrontationsstellung gegen den Staat hineinmanövriert werde. Insbesondere die als sogenannte Friedensinitiativen ausgegebenen Aktivitäten beeinträchtigen in erheblichem Maße die staatliche Ordnung und Sicherheit und stellen eine Herabwürdigung der Tätigkeit staatlicher Organe dar, indem der Regierung der DDR eine mangelnde Bereitschaft zur Friedenspolitik unterstellt werde. Mit allem Nachdruck forderte der Staatssekretär für Kirchenfragen, dass die Bischöfe unbedingt mit der erforderlichen Konsequenz Einfluss darauf nehmen, Aktivitäten nicht ausschließlich religiösen Charakters in ihren Landeskirchen zu verhindern.

Im gleichen Sinne wurden seitens beauftragter Mitarbeiter staatlicher Organe auf der Bezirks- und Kreisebene Unterredungen mit kirchlichen Amtsträgern geführt.

Mit dem Ziel der Unterbindung der Produktion pazifistischer Symbole wurde am 23. März 1982 durch den stellvertretenden Vorsitzenden des Rates des Bezirkes Dresden mit den Vertretern der Brüderunität Herrnhut, Bischof Gill13 und Direktor Müller,14 eine Aussprache geführt.15 Beide akzeptierten den staatlichen Standpunkt und betonten ihre Bereitschaft zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den staatlichen Organen. Am gleichen Tage führte der 1. Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates des Kreises Löbau eine Aussprache mit dem Geschäftsführer der »Abraham-Dürninger-Stiftung« und wies ihn auf die Gesetzwidrigkeit des Druckes von pazifistischen Symbolen in seinem, der Brüderunität angegliederten Betrieb hin. Das im Betrieb vorhandene Druck-Klischee wurde ohne Einwände eingezogen.

Auf der Grundlage einer durch den Minister des Innern und Chefs der DVP erlassenen Weisung an die Chefs der Bezirksbehörden und Kreisämter der DVP wurden differenzierte rechtliche Maßnahmen eingeleitet, um das Tragen und Verbreiten pazifistischer Symbole in der Öffentlichkeit zu verhindern sowie den Missbrauch religiöser Veranstaltungen zu unterbinden.

Durch die Ministerien für Volksbildung und für das Hochschul- und Fachschulwesen wurde im Zusammenwirken mit gesellschaftlichen Kräften die ideologische Auseinandersetzung mit Trägern pazifistischer Symbole begonnen. Gegenüber uneinsichtigen, sich jeder politischen Argumentation verschließenden Schülern und Studenten kommen die bestehenden Disziplinar-, Schul-, Internats- und andere Ordnungen zur Anwendung.

Nach dem MfS vorliegenden Hinweisen führten die eingeleiteten Maßnahmen zu folgenden Ergebnissen:

Am 12. März 1982 begann der Staatssekretär für Kirchenfragen der DDR mit der Unterredung mit Bischof Hempel (Dresden) seine geplante Gesprächsfolge. Bereits einen Tag danach kam es während der turnusmäßigen Tagung der Konferenz der Kirchenleitungen der evangelischen Kirchen in der DDR in Buckow zu einer Abstimmung zu den dieses Gespräch beinhaltenden Problemen. Im Ergebnis dessen wurde am 14. März eine Erklärung dieser Konferenz bekanntgegeben, in der hervorgehoben wird, dass

  • die evangelischen Kirchen in der DDR hinter der Symbolik »Schwerter zu Pflugscharen« stehen, weil diese sich aus der Bibel ableite und

  • »… die Friedensbemühungen unseres Staates den christlichen Abrüstungsimpuls nicht erübrigen«, womit der Anspruch auf eine eigene kirchliche Friedensbewegung aufrechterhalten werde.

In den folgenden Gesprächen war erkennbar, dass die Bischöfe den auf der Tagung der Konferenz der Kirchenleitungen der evangelischen Kirchen abgestimmten Standpunkt vertreten,

  • sich hinter das Symbol »Schwerter zu Pflugscharen« stellen und keine Maßnahmen gegen dessen Tragen und Verbreiten zu ergreifen beabsichtigen,

  • mögliche Konfrontationen dem Staat anlasten wollen,

  • an der These von der Berechtigung einer alternativen kirchlichen Friedensbewegung in der DDR festhalten,

jedoch bei differenzierten persönlichen Unterredungen ihre weitere Gesprächsbereitschaft mit staatlichen Organen bekundeten.

Während der Im Zeitraum vom 20. bis 29. März 1982 durchgeführten Frühjahrssynoden der evangelischen Landeskirchen Sachsens, der Kirchenprovinz Sachsen, Mecklenburgs, des Görlitzer Kirchengebietes und in Thüringen wurde der Standpunkt der Konferenz der Kirchenleitungen der evangelischen Kirchen – bezogen auf die Aussage zur Symbolik »Schwerter zu Pflugscharen« – zustimmend aufgenommen. Mit Ausnahme der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, wo gewisse realistischere Positionen erkennbar wurden, trugen die Frühjahrssynoden zu einer Verhärtung und Verschärfung klerikaler Positionen bei.

Besonders gravierend zeigte sich das in der von der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (Dresden) beschlossenen Kanzelabkündigung. Die in dieser Kanzelabkündigung enthaltenen Aussagen, wonach man die Haltung staatlicher Stellen zum Verbot des Tragens von Aufnähern pazifistischen Inhalts »mit tiefer Betroffenheit zur Kenntnis genommen habe«, das als »schwerwiegenden Fehler« empfinde und deshalb »weiterhin für alle eintreten werde, die um diese Friedenszeichen willen bedrängt werden« spiegeln sich in öffentlichen Stellungnahmen, »Briefen an die Gemeinden« u. ä. Dokumenten der übrigen Landessynoden wider. Die Synode der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes hat die genannte Kanzelabkündigung vollinhaltlich übernommen.

Wie dem MfS zuverlässig bekannt wurde, hat die im Ergebnis der Frühjahrssynoden und der eingeleiteten staatlichen Maßnahmen entstandene Situation zu einer breiten Reaktion unter kirchlichen Amtsträgern und Laien geführt. Der überwiegende Teil dieser Kräfte vertritt eindeutig die auf den Synoden abgestimmten und beschlossenen Standpunkte und bedient sich dieser in der öffentlichen Argumentation.

Zur Unterstützung werden von diesen Personen vielfach »Argumentationshilfen« aus Publikationen der DDR zur Symbolik »Schwerter zu Pflugscharen« herangezogen (Buch für Jugendweiheteilnehmer, Veröffentlichungen in der Zeitschrift »Horizont«16 sowie in der »Deutschen Zeitschrift für Philosophie«, Heft 1/8217). Ferner wird dem sozialistischen Staat unterstellt, mit ungeeigneten und deshalb abzulehnenden Mitteln auf die Jugend einzuwirken. Bischof Natho äußerte gegenüber dem Staatssekretär für Kirchenfragen der DDR, in dieser Frage eine »selbstkritischere Haltung zu zeigen und ehrlich zum Ausdruck zu bringen, dass die DDR gegenwärtig einen Teil der Jugend nicht mehr in der Hand habe«.

Internen Hinweisen zufolge schätzen eine Anzahl kirchlicher Amtsträger ein, dass bei einer Reihe von Trägern pazifistischer Symbole nicht Friedenswillen, sondern Opposition und Hass gegen den sozialistischen Staat Motiv ihres Handelns sind. Jene Einsichten werden von diesen Personen jedoch nicht in klare öffentliche Haltungen umgesetzt. Stattdessen mehren sich Hinweise, dass sich die Positionen bestimmter kirchlicher Kräfte weiter verhärten.

Nach streng intern vorliegenden Informationen beabsichtigt Bischof Krusche (Magdeburg) in einer Predigt auf der Tagung des Ökumenischen Jugendrates von Europa in Burgscheidungen »zur tatsächlichen politischen Situation in der DDR« Stellung zu nehmen und den ausländischen Tagungsteilnehmern Stellungnahmen von Gremien der evangelischen Kirchen in der DDR zum Tragen pazifistischer Symbole in englischer und französischer Sprache zu übergeben.

Der Bischof der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg, Forck, dokumentiert seine verhärtete Haltung in diesem Zusammenhang durch das demonstrative Tragen von pazifistischen Aufnähern.

Während eine Reihe kirchlicher Amtsträger bereit ist, zu akzeptieren, dass ein Tragen pazifistischer Aufnäher an Einrichtungen der Volksbildung und des Hoch- und Fachschulwesens nicht gestattet ist, werden Jugendliche von ihnen darin bestärkt, dem »staatlichen Druck« nicht nachzugeben und die pazifistischen Symbole außerhalb der Schulen und Universitäten öffentlich zu tragen. In diesem Sinne nutzen diese Kräfte Gottesdienste sowie verstärkt Diskussionsrunden nach Gottesdiensten, Foren und die religiöse Sichtagitation. Teilweise kam es zu einer Zuspitzung der Auseinandersetzung vor allem in der Frage des Tragens pazifistischer Symbole in der Öffentlichkeit.

In mehreren Fällen versuchten kirchliche Amtsträger gegenüber Dienststellen der DVP, »Proteste und Beschwerden« zum Einziehen pazifistischer Symbole vorzubringen. Verschiedentlich äußerten sie, derartige Vorkommnisse zu dokumentieren und forderten Jugendliche dazu auf, ihnen alle darauf bezogenen Handlungen staatlicher Organe mitzuteilen.

Zu beachten ist weiterhin die inkonsequente und auf stillschweigende Duldung abzielende Haltung verschiedener Leitungen von evangelischen Landeskirchen zu kirchlichen Amtsträgern ihrer Bereiche, die feindlich-negative Aktivitäten u. a. im Sinne des »Berliner Appells« und der »Initiative zur Errichtung eines Sozialen Friedensdienstes« unternommen haben und trotz bereits gegen sie eingeleiteter politisch-rechtlicher Maßnahmen hartnäckig auf ihren gegen die staatliche Ordnung gerichteten Position beharren sowie weitergehende feindlich-negative Aktivitäten organisieren.

Das wurde deutlich im Zusammenhang mit einer staatsanwaltschaftlichen Befragung von Pfarrer Eppelmann18 (Berlin) am 5. April 1982. Entgegen den Zusicherungen, die er im Zusammenhang mit dem gegen ihn im Februar 1982 geführten Ermittlungsverfahren gegeben hatte, übergab er keine zu damaliger Zeit im Besitz seiner Freunde befindlichen Exemplare des »Berliner Appells« an den Staatsanwalt.

Stattdessen hat er eigenen Einlassungen zufolge Unterschriftenlisten mit ca. 400 bis 500 Unterschriften »an einem sicheren Ort« deponiert.19 Er beabsichtigt, diese Unterschriftenaktion fortzuführen und nach deren Beendigung die Gesamtzahl der Unterschriften bekanntzugeben. Eppelmann weigerte sich, Namen von Verteilern und Unterzeichnern des »Berliner Appells« zu nennen. Er beharrt uneinsichtig auf seinen feindlich-negativen Positionen.

Eppelmann wurde von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Berlin-Brandenburg bisher disziplinarisch nicht zur Verantwortung gezogen.

Vorliegenden Hinweisen zufolge kann eingeschätzt werden, dass die Kirchenleitungen der evangelischen Kirchen in der DDR und maßgebliche kirchliche Amtsträger trotz der Zuspitzung der Auseinandersetzungen in der Problematik »pazifistische Symbole« weiterhin daran interessiert bleiben, Sachgespräche mit Vertretern der staatlichen Organe zu führen. In Einzelfragen sind sie bereit, staatlichen Forderungen nachzukommen, z. B. hinsichtlich des Absetzens von Veranstaltungen, bei denen der religiöse Charakter nicht gewahrt wird, der Veränderung kirchlicher Sichtagitation sowie teilweise auch der Disziplinierung ihrer Mitarbeiter. Jedoch wurden auch hier insgesamt Inkonsequenz, Kompromissbereitschaft, Beschwichtigung und Tendenzen des Taktierens erkennbar.

(Im Unterschied zur evangelischen Kirche hält der leitende katholische Klerus an der Konzeption seiner politischen »Neutralität« fest. Zu beachten sind jedoch gegenwärtig zunehmende Aktivitäten der Zentren der ideologischen Diversion, die katholische Kirche in der DDR im Sinne des politischen Pazifismus zu beeinflussen und zu Handlungen analog denen der evangelischen Kirche zu inspirieren.)

Von Mitte März 1982 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden durch Kräfte der DVP über 1 000 Feststellungen zu pazifistischen Aufnähern, Aufklebern, Abzeichen u. ä. Gegenständen getroffen. Sie wurden überwiegend ohne wesentliche Vorkommnisse eingezogen.

In diesem Zusammenhang wurden über 250 Personen zugeführt, darunter, neun Personen wiederholt. Gegen eine Person wurde ein Ermittlungsverfahren wegen öffentlicher Herabwürdigung gemäß § 220 StGB20 eingeleitet, gegen drei Personen Ordnungsstrafverfahren durchgeführt.

Die bisher durchgeführten politisch-offensiven Maßnahmen im Bereich der Ministerien für Volksbildung und für das Hoch- und Fachschulwesen führten zu einem erheblichen Rückgang des öffentlichen Tragens von pazifistischen Symbolen an diesen Einrichtungen.

Die Abstandnahme vom Tragen dieser Symbole ist nach vorliegenden Hinweisen jedoch in vielen Fällen nicht mit einer Änderung der politisch-ideologischen Haltung der Betreffenden verbunden. Zugenommen haben in diesen Bereichen allgemein Diskussionen zu Fragen des Friedenskampfes. In beachtenswertem Umfang wurden dabei pazifistische, klassenneutrale und objektivistische Positionen deutlich, die sich u. a. in Forderungen nach einem »Sozialen Friedensdienst«, nach mehr Spielraum für die Kirche zur »Propagierung ihres Friedenskonzepts« und in der Übernahme pazifistischer Losungen, wie »Frieden schaffen ohne Waffen«,21 zeigten. Als hartnäckige Verfechter derartiger, politisch-ideologischer Positionen sowie als Träger pazifistischer Symbole wurden vorwiegend Kinder kirchlicher Amtsträger sowie aus stark religiös gebundenen Elternhäusern und Mitglieder der Jungen Gemeinde festgestellt.

Im Osterzeitraum 1982 finden wie in jedem Jahr zahlreiche traditionelle Veranstaltungen religiösen Charakters statt.

Nach dem MfS vorliegenden internen Hinweisen beabsichtigen jedoch reaktionäre kirchliche und andere feindlich-negative Kräfte unter Missbrauch kirchlicher Einrichtungen und religiöser Veranstaltungen im Zeitraum Ostern 1982 die Durchführung von öffentlichkeitswirksamen sogenannten Friedensinitiativen. Dabei sind vor allem nachfolgend genannte kirchliche Veranstaltungen unter dem Gesichtspunkt eines möglichen politischen Missbrauchs besonders zu beachten:

Berlin – Hauptstadt der DDR

Die »Feier der Osternacht« am 10.4.1982 – Beginn 22.00 Uhr – in der Erlöserkirche in Berlin-Lichtenberg unter aktiver Mitwirkung des hinlänglich bekannten Personenkreises um Pfarrer Eppelmann. Im Rahmen dieser Veranstaltung unter dem Motto »Aus dem Dunkel ins Leben« sind u. a. Lesungen biblischer Texte, Gebete, eine Predigt, Spielszenen (z. B. der von Pfarrer Wesenberg22 ausgearbeitete Sketsch zum Thema »Wir sind aufgerüstet und engen unser Leben ein«), Jazz-Rock-Musik sowie Gesprächsrunden vorgesehen. Des Weiteren ist vorgesehen, bei der Darstellung der biblischen Abhandlung des Leidensweges von Jesus Christus in der Kirche ein Holzkreuz aufzustellen. Die Initiatoren der Osternacht beabsichtigen damit, den Teilnehmern dieser Veranstaltung die Möglichkeit zu geben, ihre auf einem Zettel geschriebenen »persönlichen Leiden« an dem Kreuz anzubringen. Vor der Kirche auf kircheneigenem Gelände soll ein kleines Osterfeuer abgebrannt werden (Belehrung über Brandschutzbestimmungen ist erfolgt).

Zur Publizierung dieser Veranstaltung wurden ca. 1 000 Einladungen hergestellt, die vorwiegend in den »Jungen Gemeinden« der Kirchenkreise der Hauptstadt verteilt wurden.

Die Geschäftsstelle der Evangelischen Studentengemeinden in der DDR (Sitz Berlin) führt in der Zeit vom 9.4. bis 11.4.1982 ihre alljährlich stattfindende ökumenische Osterkonferenz in der Stephanusstiftung Berlin-Weißensee diesmal zum Thema »Die Friedensbewegung in den 50er-Jahren« durch.

Bezirk Dresden

Auf Beschluss der Synode der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes vom 28.3.1982 wird am 11.4.1982 die »Kanzelabkündigung« der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens in allen Kirchengemeinden des Görlitzer Kirchengebietes in Gottesdiensten verlesen. (In dieser »Kanzelabkündigung« bekennt sich die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens u. a. zu dem Symbol »Schwerter zu Pflugscharen«.)

Der Kreisjugendpfarrer in Kamenz, Heidig,23 plant in der Nacht vom 10.4. zum 11.4.1982 die Durchführung eines sogenannten Ostermarsches in Kamenz und will dafür über 100 Jugendliche gewinnen.

Bezirk Karl-Marx-Stadt

Der Jugendwart Heiße,24 Kreis Marienberg, plant in der Nacht vom 10.4. zum 11.4.1982 die Durchführung eines sogenannten Ostermarsches von Marienberg nach Drebach (beide Bezirk Karl-Marx-Stadt) mit Jugendlichen. An dem Marsch will sich auch eine kleine Gruppe religiös gebundener Jugendlicher aus Annaberg beteiligen.

Der dem MfS bekannte Diakon Roßbach25 (Jocketa, Kreis Plauen) beabsichtigt, in der Zeit vom 8.4. bis 12.4. 1982 ein Treffen junger Christen aus Jocketa und Umgebung mit Bürgern aus der BRD durchzuführen. Er stellte deshalb neun Anträge auf Einreisen von BRD-Bürgern in die DDR. Die Anträge werden nicht bearbeitet.

Bezirk Halle

Am 10.4.1982 bzw. 11.4.1982 soll in der Paulskirche und in der Marienkirche (beide in Halle) je eine kirchliche Veranstaltung, hauptsächlich mit Jugendlichen, stattfinden, an deren Vorbereitung der dem MfS hinlänglich bekannte Personenkreis um Diakon Rochau26 (Mitunterzeichner des »Berliner Appells«) beteiligt ist. Die Veranstaltungen sollen sich u. a. auch mit der »SOFD«-Problematik und dem Inhalt des »Berliner Appells« befassen.

Durch das MfS wurden im engen Zusammenwirken mit den anderen staatlichen Organen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften differenzierte politische und rechtliche Maßnahmen eingeleitet, um ein Wirksamwerden der geplanten feindlichen Aktivitäten und politischen Provokationen unter Missbrauch religiöser Veranstaltungen konsequent zu unterbinden und darauf Einfluss zu nehmen, dass die Veranstaltungen der Kirchen ausschließlich religiösen Charakter tragen.

Die Inspiratoren und Organisatoren derartiger Vorhaben wurden bzw. werden unter Zugrundelegung des Sachverhalts und unter Beachtung der Rechtsnormen belehrt und verwarnt. Sie werden dabei ausdrücklich auf die strafrechtlichen Konsequenzen im Falle der Fortsetzung ihrer rechtswidrigen Aktivitäten hingewiesen.

(Durch das prinzipielle und konsequente Vorgehen der zuständigen staatlichen Organe wurde u. a. erreicht, dass der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Hempel, die vom Arbeitskreis »Sozialer Friedendienst«-Initiator: Pfarrer Wonneberger,27 Dresden, längerfristig für Ostern geplante republikweite »Friedenssternfahrt« mit Endziel in Dresden untersagte.)

Durch rechtzeitig eingeleitete zielgerichtete und, komplexe Maßnahmen ist es bisher gelungen, die Formierung reaktionärer kirchlicher und anderer feindlich-negativer Kräfte zu einer sogenannten unabhängigen pazifistischen Friedensbewegung und ein von diesen Personenkreisen ausgehendes organisiertes und öffentlichkeitswirksames Auftreten zu unterbinden.

Vorliegenden Erkenntnissen zufolge sind jedoch nach wie vor maßgebliche kirchliche Kräfte bestrebt, die von ihnen verfolgte Zielstellung, vor allem mittels Versuchen zur verstärkten Einflussnahme unter der Jugend, zu realisieren. In diesem Vorgehen werden sie durch gegnerische Kräfte von außen, insbesondere durch die Zentren der ideologischen Diversion, aktiv unterstützt.

Die entschiedene Zurückweisung aller diesbezüglichen Aktivitäten erfordert eine zielgerichtete Fortsetzung und Vertiefung der offensiven politisch-ideologischen Auseinandersetzung mit jeglichen Erscheinungsformen des politischen Pazifismus und klassenneutralen Positionen in Grundfragen des Kampfes um die Erhaltung und Verteidigung des Friedens in allen gesellschaftlichen Bereichen, besonders unter jugendlichen Personenkreisen.

Streng internen Hinweisen zufolge hatte das Gespräch des Staatssekretärs für Kirchenfragen, Genosse Gysi, mit Mitgliedern der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR am 7.4.1982 in der Hauptstadt der DDR, Berlin, folgenden Verlauf:

Am Gespräch nahmen kirchlicherseits alle Bischöfe der evangelischen Landeskirchen, außer Dr. Hempel, Dresden (wegen Erkrankung entschuldigt), teil.

(Eine vollständige Teilnehmerliste des Gesprächs wird als Anlage 2 beigefügt.)

Durch Genosse Gysi wurden zu Beginn des Gesprächs grundsätzliche Positionen der Politik von Partei und Regierung zu kirchlicherseits interessierenden Problemen und Fragen vorgetragen und im Zusammenhang damit über das von der Volkskammer beschlossene Wehrdienst- und Grenzgesetz informiert.

Seine Ausführungen beinhalteten weiterhin generelle Standpunkte von Partei und Regierung zur Friedenspolitik der DDR (in Bezug auf die beschlossenen Gesetze), zur kirchlichen Kampagne »Schwerter zu Pflugscharen« sowie zur Interpretation kirchlicher »Friedensaktivitäten« in der DDR, insbesondere auch während der Frühjahrssynoden der evangelischen Landeskirchen in der DDR. Er betonte den Willen des Staates, die Linie des 6.3.1978 fortzusetzen.

Nach den Ausführungen des Genossen Gysi verständigten sich die kirchenleitenden Vertreter in einer kurzen Pause hinsichtlich ihres weiteren Auftretens und beauftragten Bischof Leich,28 Eisenach und Oberkonsistorialrat Kramer,29 Magdeburg, die Standpunkte der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR vorzutragen.

Bischof Dr. Krusche, Magdeburg, trat nach der Pause als erster Diskussionsredner auf und betonte, dass der Staatssekretär »den anwesenden Vertretern der Kirchen in den letzten 105 Minuten viel zugemutet habe«.

Durch das Vorgehen staatlicher Organe gegenüber Jugendlichen, die sich den »Friedensgedanken zu eigen gemacht haben«, seien diese Jugendlichen und auch die anwesenden Vertreter der Kirche »schwer irritiert, bestürzt und verletzt worden«.

Bischof Krusche wies die prinzipiellen Aussagen des Staatssekretärs zur sogenannten Friedensarbeit der Kirchen als »Unterstellungen« zurück. Der Bund und seine Gliedkirchen hätten sich bereits mehrfach zu den Friedensbemühungen der DDR geäußert.

Krusche bat darum, dass anschließend die »vorbereiteten Meinungen« von Vertretern des Bundes zur Kenntnis gegeben werden.

Oberkonsistorialrat Kramer, Magdeburg, äußerte sich zu Fragen, die sich nach Meinung der Leitung des Bundes aus dem neuen Wehrdienstgesetz30 ergeben, wobei folgende Aussagen und Fragen bemerkenswert sind:

  • Gibt es eine Veränderung hinsichtlich der Baueinheiten? Werden Reservisten, die ihren Dienst vorher in Baueinheiten abgeleistet haben, jetzt in reguläre Einheiten eingegliedert?

  • Was ist unter der Formulierung – Reservedienst gibt es nur in Einheiten der NVA – zu verstehen?

  • Können Kirchen Rückstellungsanträge für in kirchlicher Ausbildung Stehende beantragen? (Verweis auf § 1431)

  • Wird die vormilitärische Ausbildung32 für alle Jugendlichen angestrebt oder ist sie Pflicht?

  • Wenn Frauen im Mobilmachungsfall eingezogen werden, werden sie dann auch schon bei Mobilmachungsübungen mit einbezogen?

  • Ist einem Reservisten, der bisher den Grundwehrdienst absolviert hat, auch die Gewissensentscheidung »Dienst ohne Waffe« möglich?

  • Unterliegt ein Reservist, der bisher keinen Grundwehrdienst abgeleistet hat, ebenfalls der Militärgesetzbarkeit? (Verweis auf § 38, Abs. 3/G33)

  • Das Wehrgesetz beinhaltet die Formulierung »treu und ergeben der SED dienen«. Können Bürger, die aus Gewissensgründen die führende Rolle der SED ablehnen, zur Erfüllung dieser Forderung genötigt werden?

Anschließend äußerte sich Bischof Leich, Eisenach, zur Position der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR hinsichtlich der Maßnahmen der Ordnungskräfte gegenüber Jugendlichen, »die ein Friedenszeugnis geben wollen«.

Sein Diskussionsbeitrag beinhaltete im Wesentlichen die Aussagen:

  • Diese Maßnahmen stellen eine »Einschränkung des öffentlichen Zeugnisses« der Kirchen dar. Sie beeinträchtigen die Glaubens- und Gewissensfreiheit und die Entwicklung der Jugend. Das mühsam entstandene Vertrauen wird angetastet, der innere Frieden dieser Jugendlichen wird infrage gestellt.

  • Die Maßnahmen der Ordnungskräfte gingen nicht auf schriftlich fixierte Verordnungen bzw. Gesetze zurück. Für die Kirchenleitung sei es schwer gewesen, Argumente zu finden, da keine entsprechenden Veröffentlichungen vorlagen.

    Das Gesagte solle vom Staat unter dem Begriff des »evangelischen Protestes« verstanden werden.

Zur Friedensfrage seien drei Stichworte zu nennen:

  • 1.

    Unbestritten sei die notwendige eigenständige Friedensverantwortung bzw. Friedensarbeit der Kirchen. Vom Vorwurf der »unabhängigen Friedensbewegung« grenze sich die Kirche ab.

  • 2.

    Das Symbol »Schwerter zu Pflugscharen« formuliere die »christliche Hoffnung auf eine Endzeit, ein Endziel«, aber auch die Verantwortung für die gewaltlose Lösung von Konflikten heute. Das Symbol stelle ein Zeichen für die Abrüstung in Übereinstimmung mit der Friedenspolitik der DDR dar.

  • 3.

    Das »Schlagwort« Pazifismus sollte differenzierter ausgelegt werden; nationale und staatliche Sicherheitsbedürfnisse müssten selbstverständlich gewahrt bleiben. Aber es sollte Möglichkeiten geben, dass der Pazifismus auch im politisch wirksamen Sinne eventuelle Muster entwerfe.

Konsistorialpräsident Stolpe,34 Berlin, bekannte sich ausdrücklich zur Politik des 6. März 1978.35 Allerdings seien Leute innerhalb der Kirche durch staatliche Maßnahmen »erschreckt« worden und das erschwere die Fortführung dieser Politik.

»Viele wussten nichts von Eppelmann, sie sind erst durch staatliche Reaktionen mit dieser Frage konfrontiert worden.« Er sei in Sorge über die offensichtlich jetzt an die Transportpolizei ergangene Orientierung, »die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung« zu unterbinden.

»Sind die staatlichen Maßnahmen auf innerkirchliche Entwicklungen angemessen? Hier wird nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen, sondern mit Haubitzen auf Schmetterlinge.«

Es solle möglich sein, zur Realisierung des Bedürfnisses nach Frieden verschiedene Meinungen zu haben.

Stolpe sprach die Erwartung aus, dass der Staatssekretär für Kirchenfragen auf andere staatliche Organe einwirken könne, um »Ruhe in die ganze Angelegenheit zu bringen«.

Präsident Domsch, Dresden, wandte sich gegen eine »Verleumdung des Symbols Schwerter zu Pflugscharen«. Versuche, mit Mitteln der Überzeugung auf junge Menschen einzuwirken, gingen offensichtlich zurück. In der Mehrzahl der Fälle werde jetzt von den Sicherheitsorganen »gehandelt«.

Von einer Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche zur Bereinigung der schwierigen Situation könne in vielen Fällen nicht mehr die Rede sein. Domsch führte als »Beispiel« an, in Pirna sei den staatlichen Erwartungen zur Absetzung einer von der Kirche vorgesehenen Veranstaltung entsprochen worden. Dennoch habe die Polizei im Anschluss an einen Gottesdienst Verhöre durchgeführt und weitere Polizeimaßnahmen praktiziert.

(Sofortige Überprüfungen ergaben, dass dieser Sachverhalt nicht den Tatsachen entspricht.)

Domsch führte weiter aus, die Kirchenleitung habe für Vertrauen in staatliche Entscheidungen geworben; aber durch die zzt. praktizierten Maßnahmen werde dieses Vertrauen wieder zerstört. Er äußerte die Befürchtung, dass nach den sich jetzt vollziehenden Maßnahmen die Entwicklung der Beziehungen zwischen Staat und Kirche langsamer als bisher vorangehe.

Sich anschließende Diskussionen beinhalteten weiter:

Pastor Christoph Stier,36 Rostock

  • Die derzeitige Praxis der staatlichen Organe gegenüber der Jugend ließe keine Differenzierung zu. Das staatliche Vorgehen bezichtige die betreffenden Jugendlichen ohne Ausnahme als Staatsfeinde.

  • Das staatliche Vorgehen würde Ursache und Wirkung umkehren. Erwachendes Bewusstsein für den Frieden werde verboten.

Bischof Krusche, Magdeburg

  • Der 6.3.1978 wird als Grundlage der Entwicklung unserer Beziehungen beiderseits bejaht. Aber es scheint so, als wollten »bestimmte Leute in den staatlichen Organen den 6.3. nicht mehr«.

  • Aufseiten der Kirche besteht Sorge, dass bei staatlichen Organen »Verhaltensmuster in fast neurotischer Atmosphäre zutage treten«.

  • Es gibt eine verhängnisvolle Entwicklung, die Kirche kann staatliches Verhalten gegenüber Jugendlichen nicht mehr verständlich machen.

  • Die Kirche ist bereit, mit zu überlegen wie es zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Staat und Kirche kommen kann.

Bischof Forck, Berlin, ergänzte mit der Bemerkung, dass »eine schlimme Lage« entstanden sei. Der Staat solle öffentlich erklären, dass es »Übergriffe« gegeben hat. Gegebenenfalls sei eine solche Erklärung im »ND« zu veröffentlichen.

Nach der prinzipiellen Antwort von Staatssekretär Gysi zu den aufgeworfenen Fragen betonten einige der Anwesenden nochmals die »Verschlechterung der Beziehungen« zwischen Staat und Kirche.

Bischof Leich fragte, ob das Tragen des Symbols »Schwerter zu Pflugscharen« in Schule und in der Öffentlichkeit verboten sei.

Bischof Wollstadt,37 Görlitz, meinte, dass die »Rechtsunsicherheit« für die Argumentation gegen das Abzeichen ein großes Problem wäre.

Oberkirchenrat Müller,38 Schwerin, verwies auf § 214 StGB39 und stellte fest, »dass nur beim Nachweis des Missbrauchs des Symbols gegen die Träger vorgegangen werden kann«.

Konsistorialpräsident Stolpe äußerte seine persönliche Bereitschaft für die Gestaltung einer »ruhigen Phase« der Beziehungen zwischen Staat und Kirche. Er habe die Erwartungshaltung des Staates »weg mit dem Symbol« verstanden.

Bischof Dr. Giencke, Greifswald, bedankte sich im Auftrag der Gesprächsteilnehmer für diese Zusammenkunft. Er nahm Entscheidungen staatlicher Organe des Bezirkes Rostock zur Weiterführung des kirchlichen Lebens trotz der Maul- und Klauenseuche zum Anlass, dem Vorsitzenden des Ministerrates, Genossen Stoph, ausdrücklich für die getroffenen Entscheidungen zu danken.

Die Zusammenkunft mit den kirchenleitenden Kräften verlief in einer sehr ernsten Form. Es erfolgte eine beiderseitige klare Bestimmung der Positionen. Seitens der kirchenleitenden Kräfte waren Bemühungen erkennbar, keine weitere Eskalation vorzunehmen, wobei gleichzeitig eine differenzierte Haltung zum Ausdruck kam (Bischöfe Gienke, teilweise Leich, Oberkonsistorialrat Stolpe) und die Polarisierung der Kräfte erfolgte.

Zusammenfassend ist jedoch keine Einsicht der kirchenleitenden Kräfte deutlich geworden. Über Lösungswege wurde nicht konkret gesprochen. Beiderseits wurde das Interesse an weiteren Gesprächen bekundet.

Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.

Anlage 1 zur Information Nr. 173/82

Übersicht über die von den staatlichen Organen realisierten Maßnahmen in der Hauptstadt Berlin und in den Bezirken der DDR zur vorbeugenden Zurückdrängung und konsequenten Unterbindung der von reaktionären kirchlichen und anderen feindlich-negativen Kräften ausgehenden Versuche zur Organisierung von Aktivitäten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung

Berlin – Hauptstadt der DDR

  • 1.4.1982 Gespräch des Sektorenleiters für Kirchenfragen des Magistrats von Berlin mit Generalsuperintendent Grünbaum (Aufforderung, Pfarrer Linke – Neuenhagen, Kreis Strausberg, zu veranlassen, von ihm angebrachte pazifistische Losung zu entfernen),

  • geplantes Friedensseminar der Evangelischen Studentengemeinde Berlin am 10.4.1982 unter Beteiligung von 20 aktiven Mitgliedern der Evangelischen Studentengemeinden der DDR (Arbeitskreise Frieden) nach Einspruch Bischof Forcks abgesetzt. An vorgesehenen Teilnehmerkreis wurde Empfehlung gegeben, an der »Feier der Osternacht« (10.4.1982, Erlöserkirche Berlin-Lichtenberg) teilzunehmen.

  • Geschäftsstelle der Evangelischen Studentengemeinden in der DDR führt vom 9.4. bis 11.4. 1982 ökumenische Osterkonferenz in der Stephanusstiftung Berlin-Weißensee durch.

Beide Veranstaltungen stehen unter operativer Kontrolle.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 122 Aufnäher und sechs Losungen mit pazifistischem Inhalt festgestellt. 28 Personen wurden zugeführt.

An Einrichtungen der Volksbildung bzw. des Hoch- und Fachschulwesens wurden sechs Studenten als Träger pazifistischer Symbole festgestellt (fünf Studenten der Humboldt-Universität, ein Student Ingenieurhochschule Wartenberg).

Der am 2.4.1982 von der DVP zugeführte Krüger, Thomas (22), Theologiestudent am Sprachenkonvikt Berlin, weigerte sich, den Aufnäher »Schwerter zu Pflugscharen« zu entfernen.

In einem am 5.4.1982 erneut geführten Gespräch verwies er darauf, dass auch Bischof Forck den Aufnäher »Schwerter zu Pflugscharen« trage.

Die Tochter des als Verbindungsperson Havemanns40 feindlich-negativ bekannten Pfarrers Meinel, Meinel, Katharina (16), Schülerin der EOS Berlin-Friedrichshagen, weigerte sich trotz mehrmaliger Aussprachen den Aufnäher »Schwerter zu Pflugscharen« in der Schule nicht zu tragen.41

Vom 26.3. bis 2.4.1982 blieb sie dem Schulunterricht unentschuldigt fern. Sie wurde darüber informiert, dass sie nur bis zum Abschluss der 10. Klasse an der Schule verbleiben kann. Einem Antrag der Direktorin der Schule und dem Vorschlag der Leitung der FDJ-Grundorganisation, sie nicht zur Abiturstufe zu delegieren, hat der Stadtbezirksschulrat von Berlin-Köpenick zugestimmt.

Bischof Forck, Berlin, hatte sich bereits am 29.3.1982 in einer Eingabe an den Stellvertreter für Inneres beim Magistrat von Berlin gegen diese Entscheidung gewandt.

Bezirk Dresden

  • 23.3.1982 Gespräch des Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes für Inneres mit den Verantwortlichen für die Brüder-Unität Herrnhut, Gill, Theodor (54), Bischof der Brüder-Unität und Müller, Christian (46), Direktor der Brüder-Unität,

  • 23.3.1982 Gespräch des 1. Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Kreises Löbau mit dem Geschäftsführer der Fa. Abraham-Dürninger-Stiftung (Herrnhut),

  • 25.3.1982 Gespräch des Abteilungsleiters für Inneres beim Rat des Kreises Riesa mit Pfarrer Pech,

  • 30.3.1982 Gespräch des Stellvertreters des Oberbürgermeisters des Rates der Stadt Dresden für Inneres mit Kirchenreferent Schulze sowie mit den Pfarrern Berger und Wonneberger,

    • 2.4.1982 Gespräch des Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes mit Kirchenpräsident Domsch,

    • Plan des Jugendwerkes Uhlig (Bauda, Kreis Großenhain) zur Durchführung eines sogenannten Ostermarsches für »Frieden, Freiheit und Abrüstung«,

    • Plan der Pfarrer Biskupski42 und Pech (Riesa) zur Durchführung eines Marsches zu drei Kirchen in der Kreisstadt Riesa.

Beide Vorhaben wurden verhindert.

Pfarrer Wonneberger (Dresden) sagte bei einer Zusammenkunft von Mitgliedern der Arbeitskreise »Sozialer Friedensdienst«43 am 20.2.1982 die ursprünglich für Ostern geplante »Friedensdienstfahrt« (Fahrradsternfahrt aus verschiedenen Orten der DDR mit Endziel Dresden am 10.4.1982) ab.

Auf Beschluss der Synode der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes wird am 11.4.1982 die »Kanzelabkündigung« der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (Dresden) in allen evangelischen Kirchgemeinden des Görlitzer Kirchengebietes in den Gottesdiensten verlesen. Kontrollmaßnahmen sind eingeleitet.

Kreisjugendpfarrer Heidig44 (Kamenz) plant in der Nacht vom 10.4. zum 11.4.1982 die Durchführung eines sogenannten Ostermarsches in Kamenz. Maßnahmen zur Verhinderung bzw. zur Überwachung sind eingeleitet.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 218 Aufnäher und 15 Losungen mit pazifistischem Inhalt festgestellt. 34 Personen wurden zugeführt.

An Einrichtungen der Volksbildung wurden 591 Schüler als Träger pazifistischer Symbole festgestellt.

Bezirk Potsdam

  • 25.3.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Jüterbog mit Superintendent Göbel (Jüterbog),

  • 26.3.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Brandenburg mit Superintendent Koopmann (Brandenburg),

  • 30.3.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Oranienburg mit Superintendent Koll (Oranienburg),

  • 1.4.1982 Gespräch des Referenten für Kirchenfragen Königs Wusterhausen mit Pfarrer Ritter (Königs Wusterhausen),

  • 2.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Neuruppin mit Superintendent Esselbach (Neuruppin),

  • 2.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Nauen mit Superintendent Steinlein (Nauen).

Am 1.4.1982 wurde durch das MfS eine Befragung des Esselbach, Leopold (51), Superintendent (Schwiegersohn des Bischofs i. R. Schönherr), durchgeführt. Die Befragung verlief sachlich.

Am 2.4.1982 erfolgte eine Befragung des Freimark, Hans-Peter (36), Pfarrer. F. trat uneinsichtig und provokatorisch auf und lehnte die Unterschrift zum Protokoll ab.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 96 Aufnäher und fünf Losungen mit pazifistischem Inhalt festgestellt. 39 Personen wurden zugeführt.

An Einrichtungen der Volksbildung wurden 56 Schüler als Träger pazifistischer Symbole festgestellt.

Generalsuperintendent Bransch orientierte, pazifistische Aufnäher nicht demonstrativ an Schulen und Hochschulen, jedoch in der Öffentlichkeit weiterhin zu tragen.

Bezirk Erfurt

  • 1.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates der Stadt Erfurt mit Superintendent Lauszat (Erfurt),

  • 2.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Nordhausen mit Superintendent Jaeger (Nordhausen).

Durch die Kräfte der DVP wurden insgesamt 40 Aufnäher und vier Losungen mit pazifistischem Inhalt festgestellt. Sieben Personen wurden zugeführt.

Drei Studenten der Hochschule für Architektur und Bauwesen, Weimar, wurden als Träger pazifistischer Symbole festgestellt.

Bezirk Frankfurt/Oder

  • 29.3.1982 Gespräch des Referenten für Kirchenfragen beim Rat des Kreises Strausberg mit Pfarrer Linke (Neuenhagen),

  • 30.3.1982 Gespräche des Referenten für Kirchenfragen beim Rat des Kreises Fürstenwalde mit den Pfarrern Matzke und Mieke45 sowie mit Jugenddiakon Bunzel,

  • 31.3.1982 Gespräch des Referenten für Kirchenfragen beim Rat des Kreises Eberswalde mit Superintendent Scheel.

Durch den Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes für Inneres wurde mit Bräuer, Heinz (66), Pfarrer, eine Aussprache zum Entfernen pazifistischer Losungen aus einem Schaukasten geführt.

Durch das MfS wurden am 29.3.1982 mit den Personen Hückstädt, Eberhard (46), Hänsel, Claus46 (39), Görke, Johanna (39) (alle Personen sind als freischaffende Grafiker tätig), Befragungen im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des »Berliner Appells« durchgeführt.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 48 Aufnäher und drei Losungen mit pazifistischem Inhalt festgestellt. Zwei Personen wurden zugeführt.

An Einrichtungen der Volksbildung wurden 78 Schüler als Träger pazifistischer Symbole festgestellt.

Bezirk Leipzig

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 23 Aufnäher und elf Losungen mit pazifistischem Inhalt festgestellt. Sieben Personen wurden zugeführt.

Bezirk Cottbus

  • 26.3.1982 Gespräch des stellvertretenden Vorsitzenden des Rates des Kreises Herzberg mit Superintendent Nehrkorn (Herzberg),

  • 27.3.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates der Stadt Cottbus mit Superintendent Koch (Cottbus),

  • 30.3.1982 Gespräch des stellvertretenden Vorsitzenden des Rates der Stadt Lübben mit Superintendent Herbruch (Lübben),

  • 1.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Luckau mit Superintendent Vogel (Luckau),

  • 1.4.1982 Gespräch des Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes für Inneres mit Superintendent Sein (Senftenberg).

  • Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 121 Aufnäher mit pazifistischem Inhalt festgestellt. 24 Personen wurden zugeführt.

  • Im Stadtgebiet Cottbus wurde am 26.3.1982 in zehn Fällen pazifistisches Material in Hausbriefkästen eingeworfen. (Darunter auch beim Kandidaten des Politbüros und 1. Sekretärs der Bezirksleitung der SED, Genossen Walde). Der Täter wurde ermittelt.

Bezirk Magdeburg

  • 30.3.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Salzwedel mit Superintendent Hempel (Salzwedel),

  • 1.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Klötze mit Superintendent Rugge (Klötze),

  • 2.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Halberstadt mit Pfarrer Dr. Gabriel (Halberstadt),

  • 5.4.1982 Gespräche des Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes für Inneres mit den Oberkonsistorialräten Dr. Schütze und Müller.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 90 Aufnäher und neun Losungen mit pazifistischem Inhalt festgestellt. 27 Personen wurden zugeführt.

Bezirk Halle

  • 31.3.1982 Gespräche des Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes für Inneres mit Propst Abel und Superintendent Hartmann,

  • 31.3.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Bernburg mit Kreisoberpfarrer Birkner.

Durch das MfS wurde am 5.4.1982 eine Befragung mit Pfarrer Dr. Neher durchgeführt.

Am 10.4.1982 bzw. 11.4.1982 soll in der Paulskirche und in der Marienkirche (Halle) je eine kirchliche Veranstaltung, hauptsächlich mit Jugendlichen, stattfinden, an deren Vorbereitung der dem MfS hinlänglich bekannte Personenkreis um Diakon Rochau beteiligt ist. Maßnahmen zur Verhinderung bzw. Überwachung sind eingeleitet.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 136 Aufnäher mit pazifistischem Inhalt festgestellt. 30 Personen wurden zugeführt.

An Einrichtungen der Volksbildung wurden 24 Schüler als Träger pazifistischer Symbole festgestellt.

Bezirk Karl-Marx-Stadt

  • 2.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Marienberg mit Superintendent Fritz (Marienberg),

  • 3.4.1982 Gespräche des Sektorenleiters für Kirchenfragen beim Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt mit Kirchenpräsident Domsch und Oberkirchenrat Rau (Karl-Marx-Stadt).

Am 31.3.1982 wurden der Jugendwart, Heiße (Marienberg), und Pfarrer Burkhardt47 (Pfaffroda), einer Befragung durch das MfS unterzogen.

  • Jugendwart Heiße (Marienberg) plant für die Nacht vom 10.4. zum 11.4.1982 einen sogenannten Ostermarsch von Marienberg nach Drebach mit Jugendlichen.

  • Der Diakon Roßbach (Jocketa) plant für die Zeit vom 8.4. bis. 12.4. 1982 ein Treffen junger Christen aus Jocketa, Kreis Plauen, und Umgebung mit Bürgern aus der BRD und stellte hierzu neun Einreiseanträge.

Maßnahmen zur Verhinderung bzw. zur Überwachung wurden eingeleitet.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 15 Aufnäher und drei Losungen mit pazifistischem Inhalt festgestellt.

An Einrichtungen der Volksbildung wurden zwölf Schüler als Träger pazifistischer Symbole festgestellt.

Bezirk Gera

  • 1.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Zeulenroda mit Kreisjugendpfarrer Wagner (Zeulenroda),

  • 2.4.1982 Gespräch des Kirchenreferenten des Rates des Bezirkes Gera mit Superintendent Herden.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 80 Aufnäher und fünf Losungen mit pazifistischem Inhalt festgestellt. Acht Personen wurden zugeführt.

Am 30.3.1982 wandten sich insgesamt drei Pfarrer mit »Anfragen und Beschwerden« an örtliche Dienststellen der DVP im Zusammenhang mit den Aufnähern »Schwerter zu Pflugscharen«. Unter diesen Personen befand sich auch der feindlich-negativ bekannte Superintendent Große (Saalfeld, Bezirk Gera). G. ersuchte um Auskunft, auf welcher rechtlichen Grundlage die DVP das Abtrennen der Aufnäher vornehme.

Bezirk Suhl

  • 31.3.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Suhl mit Superintendent Koch,

  • 31.3.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Schmalkalden mit Dekan Schreiter,

  • 1.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Meiningen mit Superintendent Dr. Victor,48

  • 2.4.1982 Gespräch des Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes für Inneres mit Oberkirchenrat von Frommannshausen.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 32 Aufnäher mit pazifistischem Inhalt festgestellt.

Bezirk Schwerin

  • 31.3.1982 Gespräch des Bürgermeisters der Stadt Schwaan mit Pastor Kruse (Schwaan),

  • 1.4.1982 Gespräch des Stellvertreters für Inneres des Rates der Stadt Schwerin mit Jugendpfarrer Wergin (Schwerin),

  • 2.4.1982 Gespräch des Leiters der Abteilung für Kirchenfragen beim Rat des Bezirkes mit Superintendent Sagert (Güstrow).

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt zwölf Aufnäher festgestellt. Drei Personen wurden zugeführt.

An Einrichtungen der Volksbildung wurden elf Schüler als Träger pazifistischer Symbole festgestellt.

Bezirk Rostock

  • 1.4.1982 Gespräche des Stellvertreters des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes mit Bischof Gienke (Greifswald) und mit den Oberkirchenräten Plath und Horter.

  • Am 29.3.1982 fand in der Evangelischen Studentengemeinde Greifswald unter Leitung von Studentenpfarrer Lucht ein sogenannter offener Abend mit ca. 60 Teilnehmern statt. Von den Teilnehmern wurden dabei zum Teil neuartige pazifistische Aufnäher

    • Panzer, gekreuzt durchgestrichen

    • Dinosaurier mit der Unterschrift: »Warum die Dinosaurier? Zuviel Panzer, zuwenig Gehirn!«

      getragen. Zehn Personen hatten den Aufnäher »Schwerter zu Pflugscharen« demonstrativ mit weißem Stoff übernäht.

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 32 Aufnäher mit pazifistischem Inhalt festgestellt. Sechs Personen wurden zugeführt.

An Einrichtungen der Volksbildung wurden neun Schüler als Träger pazifistischer Symbole festgestellt.

Bezirk Neubrandenburg

2.4.1982 Gespräche des Stellvertreters für Inneres des Rates des Kreises Ueckermünde mit den Pfarrern Gürtler und Gaster (Ueckermünde).

Durch Kräfte der DVP wurden insgesamt 21 Aufnäher und eine Losung mit pazifistischem Inhalt festgestellt.

Acht Personen wurden zugeführt.

An Einrichtungen der Volksbildung wurden sechs Schüler als Träger pazifistischer Symbole festgestellt.

Anlage 2 zur Information Nr. 173/82

[Mitglieder der KKL, die am Gespräch mit Gysi teilnahmen]

Mitglieder der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR, welche am Gespräch mit dem Staatssekretär für Kirchenfragen, Genossen Gysi, am 7.4.1982 in Berlin teilgenommen haben.

  • Bischof Dr. Krusche, Werner – Magdeburg

  • Bischof Dr. Gienke, Horst – Greifswald

  • Bischof Dr. Rathke, Heinrich – Schwerin

  • Bischof Dr. Wollstadt, Hans-Joachim – Görlitz

  • Kirchenpräsident Natho, Eberhard – Dessau

  • Bischof Dr. Forck, Gottfried – Berlin

  • Landesbischof Leich, Werner – Eisenach

  • Präsident Domsch, Kurt – Dresden

  • OKR Dr. Schulze, Siegfried – Dessau

  • OKR Völz, Eberhard – Görlitz

  • OKR Kramer, Martin – Magdeburg

  • OKR Mitzenheim, Hartmut – Eisenach

  • OKR Stolpe, Manfred – Berlin

  • OKR Müller, Peter – Schwerin

  • OKR Dr. Plath, Siegfried – Greifswald

  • Superintendent Große, Ludwig – Saalfeld

  • Superintendent Jaeger, Joachim – Nordhausen

  • Frau Kahl, Hanna – Oberfrauendorf

  • Herr Böttcher, Rolf – Grünhain

  • Pastor Stier, Christoph – Rostock

  • Frau Schultheiss, Christina – Stadtroda

  • OKR Lewek, Christa – Berlin

  • OKR Dr. Demke, Christoph – Berlin

  • OKR Dr. Zeddies, Helmut – Berlin

  • Präsident Dr. Rogge, Joachim – Berlin

Geplante Aktivitäten im Rahmen der Ostermarschbewegung 1982 in der BRD, anderen nichtsozialistischen Staaten und Westberlin

Bisher liegen folgende Erkenntnisse über geplante Aktionen im Osterzeitraum vor:

»Ostermarsch Ruhr 82« vom 10. April bis 12. April 1982 von Duisburg nach Dortmund (Marschstrecke/Etappen: Duisburg – Mülheim – Essen – Gelsenkirchen – Bochum – Dortmund). Teilnahme u. a. der DKP, des Marxistischen Studentenbundes Spartakus,49 der »Deutschen Friedensgesellschaft/Verband der Kriegsdienstgegner«,50 des »Komitees für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit«,51 des VVN/Bund der Antifaschisten,52 der SDAJ,53 der DFU54). Unterstützung durch die »Grünen«, einige Bezirke der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen sowie der Gewerkschaft ÖTV, den JUSO-Landesverband NRW und durch Professoren und Assistenten der Dortmunder Universität sowie Juristen und Justizangestellte Dortmunds.

Die Regierung der BRD soll in einem Aufruf aufgefordert werden, ihre Zustimmung zum NATO-Raketenbeschluss55 zurückzunehmen.

(Ende März 1982 verbot die Dortmunder Stadtverwaltung die Benutzung des neuen und des alten Marktes für die dort geplante Abschlusskundgebung des »Ostermarsches Ruhr 82«.) Es wird mit 50 000 Teilnehmern an dieser Kundgebung gerechnet.

Ostermarsch von Friedensinitiatoren des Niederrheins am 10. und 11.4.1982 (Zielstellung ähnlich der Bonner Friedensdemonstration vom 10.10.1981) in zwei Etappen.

Marsch nach Ansbeck (10.4.1982), wo 1983 US-Pershing-II-Raketen stationiert werden sollen.

Marsch nach Mönchengladbach (11.4.1982) und Abschlusskundgebung

  • Sternmarsch am 10.4.1982 zur Münchner Freiheit in München mit Abschlusskundgebung und Kulturprogramm 17.00 Uhr,

  • Sternmarsch am 10.4.1982 zum Nervengaslager im Käferthaler Wald (Mannheim),

  • Sternmarsch am 11.4.1982 zur Feuerbacher Heide mit Abschlusskundgebung (Stuttgart),

  • Regionalostermärsche in Heilbronn, Karlsruhe, Pfulendorf, Ulm/Neuulm, Großengstlingen, Whyl sowie mit Friedenskräften aus der Schweiz und Frankreich in Richtung Basel (Baden-Württemberg),

  • Ostermarsch am 10.4.1982 in Kaiserslautern,

  • Ostermarsch am 11.4.1982 nach Frankfurt/Main: Abschlusskundgebung in Frankfurt/Main auf dem Römerberg: vorher – ebenfalls am 11.4.1982 – acht Mittagskundgebungen in Offenbach, Walldorf, Bonames, Sachsenhausen, Höchst, Bockenheim sowie im Waldstadion und im Günthersburgpark,

  • Sternmarsch auf Bielefeld am 10.4.1982,

  • Marsch von Osnabrück nach Bramsche am 11.4.1982,

  • Marsch zum Maschsee-Nordufer mit Friedensfest (Hannover),

  • Ostermärsche in Aurich, Cloppenburg und Rodenkirchen am 11.4.1982 (Weser-Ems),

  • Ostermarsch mit Abschlusskundgebung in Oldenburg vom 10. bis 12.4.1982,

  • Ostermarsch mit Großkundgebung in Bremen am 10.4.1982,

  • Ostermarsch in der Garlstedter Heide am 12.4.1982,

  • ökumenischer Gottesdienst und Kundgebung in Kellinghusen, Marsch von Kellinghusen nach Itzehoe am 9.4.1982 sowie Ostermarsch nach und durch Hamburg am 10.4.1982 zum Friedensfest, vormittags mit Aktionen vor Rüstungsbetrieben bzw. -anlagen,

  • dezentrale Aktionen in Flensburg/nördliches Schleswig-Holstein u. a. vor dem Atomsprengkopflager Flensburg/Meyn am 10.4.1982 sowie Kundgebung in Kiel am 11.4. 1982,

  • Ziele von Auto- und Fahrradkorsos der »Ostermarschierer« sowie von »atomwaffenfreien Ostereier-Suchaktionen« und anderen Friedensmärschen sollen in Bayern Landsberg am Lech, Bad Tölz, Mühldorf am Inn, Teißendorf in Oberbayern, das Altmühltal und München sein.

  • »Friedensfest« in Rabenau-Londorf (Kreis Gießen), organisiert von Friedens- und Bürgerinitiativen, am 10.4.1982 (Fahrradkorso und Kundgebung).

Die »Münchener Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung«56 rief zu einem »österlichen Protestspaziergang« von Niederaichbach in den Kräninger Forst auf, in dem 1983 mit dem Bau eines NATO-Munitionsdepots begonnen werden soll.

Der »Bundesverband Bürgerinitiative Umweltschutz«57 (BBU) beschloss, sich zu Ostern an den Friedensmärschen in allen großen Städten der BRD zu beteiligen.

Sternmarsch aller Friedenskräfte in Westberlin zur Siegessäule (Tiergarten) am 12.4.1982. Als Veranstalter tritt die »Jugendinitiative gegen Aufrüstung«58 Westberlin, die in allen Westberliner Stadtbezirken Organisationskomitees gebildet hat, in Erscheinung. Der Landesjugendring Westberlin59 hat zur Beteiligung an den Demonstrationszügen aus verschiedenen Stadtbezirken zur Siegessäule aufgerufen. Der Sozialistische Jugendverband »Karl-Liebknecht« (SJV),60 die SEW61 und andere fortschrittliche Kräfte Westberlins haben die Absicht, sich daran zu beteiligen.

  • In Großbritannien hat die »Kampagne für Nukleare Abrüstung« zu regionalen Ostermärschen für Frieden, Abrüstung, gegen die Stationierung der Mittelstreckenraketen usw. aufgerufen.

  • In der Schweiz soll am 11.4.1982 ein Ostermarsch unter der Losung »Wir wollen nicht zu Tode verteidigt werden!« stattfinden.

  • In Österreich ist im Monat April 1982 eine »Hiroshima-Staffette« geplant.

Auf Initiative der in skandinavischen Ländern wirkenden Bewegung »Frauen für Frieden«62 soll im Sommer 1982 ein Friedensmarsch von etwa 200 Frauen aus den erwähnten Ländern von Stockholm nach Minsk (über Leningrad und Moskau) stattfinden.

Diese Bewegung, die im Jahre 1981 eine Friedensdemonstration von Kopenhagen nach Paris veranstaltet hatte, will sich mit der geplanten Aktion nun auch an Menschen im »Osten« wenden, wie seitens der Organisatoren erklärt wurde. Dementsprechend soll in den zentralen Losungen für Abrüstung »in Ost und West« eingetreten werden: »Nein zu Atomwaffen in Europa – Ost und West«, »Nein zu Atomwaffen in aller Welt«, »Ja zu Abrüstung und Frieden«.

Der Marsch soll am 12. Juli 1982 in Stockholm beginnen, durch Finnland führen und am 17. Juli 1982 Leningrad erreichen. Danach sind Moskau und – Anfang August – Minsk das Ziel.

Es sollen Charterreisen aus skandinavischen Ländern in die sowjetischen Städte organisiert werden, um die Zahl der Teilnehmer an den dort vorgesehenen Veranstaltungen zu erhöhen.

Die Organisatoren teilten nach Gesprächen in Moskau mit, das sowjetische Friedenskomitee63 und das sowjetische Frauenkomitee64 hätten den nordischen Organisationen zugesichert, auf ihrer Route durch alle großen Städte marschieren zu können. »Offizielle sowjetische Friedensgruppen« würden sich dem Marsch anschließen. Alle Bürger, die dies wollten, könnten sich an dem Marsch in den Städten beteiligen. Die 200 skandinavischen Frauen sollen in einem Sonderzug – begleitet von 40 bis 50 sowjetischen Teilnehmern – von Stadt zu Stadt transportiert werden.

(Nach Aussagen von Funktionären der KP Dänemarks habe die UdSSR zu diesem Friedensmarsch eine »flexible Haltung« eingenommen.)

  1. Zum nächsten Dokument Verlauf der Frühjahrsynoden der evangelischen Landeskirchen

    8. April 1982
    Information Nr. 174/82 über einige bedeutsame Erkenntnisse zum Verlauf und zu den Ergebnissen der bisher durchgeführten Frühjahrstagungen der Synoden der evangelischen Landeskirchen in der DDR

  2. Zum vorherigen Dokument Statistik Einnahmen Mindestumtausch (29.3.1982–4.4.1982)

    7. April 1982
    Information Nr. 175/82 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 29. März 1982 bis 4. April 1982