Reaktionen auf Kontrollberatung zwischen ZK der SED und Generaldirektoren
7. September 1982
Hinweise zu Reaktionen im Zusammenhang mit der Kontrollberatung des ZK der SED mit Generaldirektoren der Kombinate und Parteiorganisatoren des ZK über die Einhaltung der im April 1982 übernommenen Verpflichtungen (Leipzig, 3. September 1982) [O/110]
Übereinstimmend wird die überzeugende, politisch-ideologisch fundierte Orientierung des Mitgliedes des Politbüros und Sekretärs des ZK der SED, Genossen Günter Mittag,1 als maßgebend für die Haltung der Generaldirektoren und Wirtschaftsfunktionäre in den Kontrollberatungen der Industriezweige dargestellt.2
Trotz vorhandener Versuche, in den Kontrollberatungen Schwierigkeiten, Belastungen und teilweise fehlende Lösungen vordergründig zu diskutieren, stellt sich als übergreifende Reaktion eine solche Haltung dar, dass es darauf ankommt, mit hoher Staatsdisziplin eine Kampfposition zu beziehen und durch Erschließung von Reserven die Vertiefung der Zusammenarbeit, die Erarbeitung von Lösungen, die gegenwärtige komplizierte Situation zu meistern. Der Wille, die Planaufgaben und abgegebenen Verpflichtungen für 1982 zu erfüllen, ist ausgeprägt vorhanden. Für diese Positionen sprechen Haltungen und zusätzliche Verpflichtungen aus den Bereichen der Chemischen Industrie (Leuna), des Bauwesens und des Schwermaschinen- und Anlagenbaues (SKET).
Im Verlauf des Seminars war weiter zu erkennen, dass die Generaldirektoren von den Grundfragen der 4. Tagung des ZK der SED3 ausgingen und konkrete Darlegungen über die Umsetzung im Kombinat machten. Da alle Generaldirektoren zu Beginn des Seminars den einzuschätzenden Stand der Planerfüllung per 31.12.1982 und den Stand der Planvorbereitungen 1983 anhand entscheidender Kennziffern schriftlich abzugeben hatten, bestand die Möglichkeit, die mündlichen Erklärungen mit den schriftlichen zu vergleichen.
Dabei wurden große Unterschiede sichtbar. So gingen beispielsweise die Generaldirektoren in ihren Diskussionen von der Sicherung des Volkswirtschaftsplanes 1982 aus, obwohl in der summarischen Zusammenrechnung der abgegebenen Einschätzungen Abweichungen in allen wichtigen Planteilen erkennbar sind. Die gleiche Tendenz war auch für den Plan 1983 erkennbar, wo Abweichungen von der staatlichen Aufgabe um ca. 4 Mrd. zu erkennen waren.
Die Diskussion zum Stand der Vorbereitung des Planes 1983 war davon bestimmt, dass durch die Reduzierung von Fonds (Beschluss vom 17.8.1982)4 einige Produktionen nicht mehr durchführbar sind. (Vollständige Streichung von NSW-Rohstoffimporten – betrifft Herstellung von Glasseide, großes Sortiment von Elektromotoren, Edelmetalle wie Silber, Palatin und Platin, chemische Spezialprodukte für die Produktion der Mikroelektronik, Fotolack zur Herstellung von Leiterplatten und anderen elektronischen Bauelementen – könnte die Elektronikproduktion 1983 zum Erliegen bringen.)
Ersten Hinweisen zufolge wird auf der Ebene der Staatlichen Plankommission nach Wegen gesucht, diese Extreme zu mindern, Abstimmungen zwischen der Staatlichen Plankommission und den Ministerien durchzuführen, um über die positionsweise Reduzierung der Fonds im Rahmen der vorgegebenen, noch möglichen NSW-Importe keine Flächenwirkungen von diesen genannten Auswirkungen zuzulassen.
Zum Beispiel schätzte der Generaldirektor des Fotochemischen Kombinates Wolfen ein, im Bereich der Chemie wurde die Partei- und Staatsdisziplin gewahrt. Die Kontrollberatung sei realistischer, sei konkreter auf die Lage und Situation eingegangen, als das vorangegangene Seminar im April 1982.
Insbesondere sind die politischen Akzente (Krimtreffen5 der Genossen Breschnew6 und Honecker7) sichtbar geworden, die zweiseitige Zusammenarbeit und die sozialistische ökonomische Integration seien jedoch nur verbal in den Ausführungen des Genossen Mittag enthalten gewesen, über deren Forcierung habe er nichts weiter ausgesagt.
Aus weiter vorliegenden Hinweisen wird auf folgende Probleme hingewiesen:
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Die Minister erwarten die Basisvorgabe der Staatlichen Plankommission für den Volkswirtschaftsplan 1983. Der präzisierte Volkswirtschaftsplan 1982 werde als reale Basis der Leistungskennziffern für 1983 eingeschätzt. Seitens der Staatlichen Plankommission soll jedoch als Vorgabe der ursprüngliche Plan 1982 als Basis für den Volkswirtschaftsplan 1983 bei weiter reduzierten Fonds vorgesehen werden.
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Die Forderung, den täglichen Valutaeingang als entscheidende Größe der Führungstätigkeit der Generaldirektoren der Kombinate durchgängig zu praktizieren, wird generell verstanden. Es wird jedoch eingeschränkt, dass die unterschiedliche Unterstellung von AHB (Ministerien, Kombinate),8 Realisierung von Außenhandelsaufgaben durch mehrere AHB für ein Kombinat, die Valutaabrechnung nach Ländern und Unternehmen des NSW erschwert.9
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Kritisch wurde festgestellt, dass der Vorsitzende der Staatlichen Plankommission, Genosse Schürer,10 nicht an der Kontrollberatung teilnahm. Daraus wurde in einem Falle die Meinung geäußert, »dass es 1983 in gesteigertem Maße unplanmäßiger zugehe als derzeitig, oder dass die Staatliche Plankommission völlig gegenstandslos als Institution werde«.
Aus dem Bereich des Ministeriums für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau wurde zur Arbeitsweise der Staatlichen Plankommission kritisch festgestellt, dass z. B. im Zusammenhang mit NSW-Importreduzierungen bzw. Fondskürzungen ohne Beratung mit den Ministern willkürliche Streichungen erfolgen, Verflechtungsbilanzen11 und Konsequenzen von volkswirtschaftlicher Tragweite offensichtlich keine Beachtung finden. Forderungen nach verstärkter Arbeit mit Verflechtungsbilanzen durch die Staatliche Plankommission wurden ebenfalls aus dem Bereich des Ministeriums für Leichtindustrie bekannt.
Im Bereich des Ministeriums für Elektrotechnik/Elektronik sind die Generaldirektoren der Kombinate um eine Kampfposition bemüht, haben aber bisher die aufgetretenen Rückstände noch nicht soweit analysiert, dass konstruktive Lösungen, den gegenwärtig vorhandenen Rückstand, rd. 470 Mio. Valutamark, für 1982 im NSW-Export aufzuholen, nicht gesehen werden.
Zum Beispiel wird die Substitution der erfolgten Einstellung des NSW-Imports an Fotolack als kompliziert beurteilt (entscheidende Reduzierung der Elektronikproduktion für 1983 als Folge).
Die Tatsache, dass die bisherigen »Schrittmacher« Kombinate »Zeiss Jena« und »Mikroelektronik« nicht positiv im Vordergrund der Kontrollberatung standen, wurde mehrfach im Hinblick auf »vorhandene negative Entscheidungstendenzen dieser Kombinate« diskutiert.
Zusammengefasst wird festgestellt, dass die gesamten Beratungen von einer echten Arbeitsatmosphäre und der Bereitschaft gekennzeichnet waren, unter den komplizierten Bedingungen die gestellten Aufgaben konstruktiv und auf der Grundlage der von der Parteiführung, dem X. Parteitag12 und den Beschlüssen der 3. und 4. Tagung des ZK der SED13 gewiesenen Richtung zu lösen.