Schwerer Zugunfall zwischen Genshagener Heide und Diedersdorf
[ohne Datum]
Information Nr. 556/82 über einen schweren Bahnbetriebsunfall auf dem südlichen Berliner Außenring zwischen den Bahnhöfen Genshagener Heide und Diedersdorf, Bezirk Potsdam, am 31. Oktober 1982
Am 31. Oktober 1982, gegen 19.20 Uhr fuhr auf dem südlichen Berliner Außenring zwischen Genshagener Heide und Diedersdorf – zweigleisig elektrifizierte Hauptstrecke der Deutschen Reichsbahn – der Güterzug Nr. 55 143 auf den Personenzug Nr. 11 485 (Werder – Berlin-Karlshorst) von hinten hart auf.
Dadurch entgleisten die Diesellok des Güterzuges und der letzte Wagen des Personenzuges, verkeilten sich ineinander und wurden stark beschädigt.
(Der Personenzug befuhr den genannten Streckenabschnitt zum Zeitpunkt des Unfalls mit einer Geschwindigkeit von ca. 10 km/h.)
Durch den Unfall wurden insgesamt acht Personen (Lokführer des Güterzuges und sieben Reisende) getötet und 49 verletzt (davon 21 noch in stationärer Behandlung).
Der eingetretene Sachschaden beträgt nach bisherigen Untersuchungen ca. 1,5 Mio. Mark.
Zum Unfallhergang und zu den Ursachen liegen gegenwärtig folgende Ergebnisse vor:
Wegen eines Kabelschadens trat auf dem südlichen Außenring seit 14.57 Uhr eine Signalblockstörung auf, wodurch alle Streckensignale rot ausleuchteten.
Für die Zeit der Störung war Fahren auf Sicht (permissives Fahren) angeordnet. Auf dem Streckenabschnitt war zum Zeitpunkt des Ereignisses dichter Nebel vorhanden, mit einer Sichtweite von ca. 10 m.
Entgegen für diese Situation festgelegter betrieblicher Weisungen (Höchstgeschwindigkeit 10 km/h) wurde der Güterzug (42 Waggons, 1 476 t Last) durch den Triebfahrzeugführer (39) mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h gefahren. Genaue Aufzeichnungen über die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit enthält der Fahrtenschreiber nicht.
Der tödlich verunglückte Triebfahrzeugführer hatte vor dem Unfall über Signalfernsprecher mit der Fahrdienstleiterin des Stellwerkes Genshagener Heide Rücksprache geführt. Dabei war ihm der Auftrag »permissive Fahrweise« sowie der Hinweis erteilt worden, dass sich vor ihm ein Personenzug befindet.
Die Fahrdienstleiterin gibt darüber hinaus an, im Verlaufe des Gesprächs den Eindruck gewonnen zu haben, dass es der Triebfahrzeugführer eilig hatte, da er ihr gegenüber bemerkte, »um 19.00 Uhr Feierabend zu machen«.
(Der verunglückte Triebfahrzeugführer übt diese Tätigkeit seit zwei Jahren mit guten Leistungen und hoher Einsatzbereitschaft aus. Am Tage des Unglücks befand er sich seit 7.00 Uhr im Dienst.)
Der betroffene Streckenabschnitt ist ab 1. November 1982, 12.45 Uhr, wieder eingleisig, ab 18.00 Uhr zweigleisig befahrbar.
Zur Sicherstellung des Reiseverkehrs wurde Schienenersatzverkehr eingerichtet.
Die Untersuchungen werden fortgesetzt.