Von sowjetischen Soldaten verschuldete Vorkommnisse im Bezirk Dresden
6. Oktober 1982
Hinweis über die Häufung von durch Angehörige der Sowjetarmee verursachten Vorkommnissen in den Kreisen Großenhain und Kamenz, Bezirk Dresden [K 2/28]
In den letzten Monaten häuften sich Feststellungen, dass durch Angehörige der Sowjetarmee, insbesondere aus im Raum Großenhain und Kamenz stationierten Einheiten der 1. Gardepanzerarmee, in der Öffentlichkeit Vorkommnisse verursacht wurden, durch die zum Teil beträchtliche Sachschäden an Volkseigentum sowie an persönlichem Eigentum von Bürgern der DDR eintraten.
Unter einem Teil der unmittelbar oder mittelbar betroffenen Bevölkerung im Raum Großenhain und Kamenz besteht Besorgnis und Unverständnis über diese, die Sicherheit und Ordnung und das Verhältnis zwischen der Bevölkerung und den Angehörigen der Sowjetarmee beeinträchtigende Entwicklung.
Bei diesen Vorkommnissen, die sich seit Mai 1982 insbesondere auf die Stadt Königsbrück und die umliegenden, an den Truppenübungsplatz angrenzenden Gemeinden sowie den Raum Großenhain konzentrieren, handelt es sich vor allem um
- –
Einbruchsdiebstähle in Bungalows, Gartenlauben, Lebensmittelverkaufsstellen sowie Wohngebäude,
- –
schuldhaft verursachte Verkehrsunfälle, Vorkommnisse der Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit im Straßenverkehr sowie Verursachung von Schäden an Forstbeständen,
- –
fahrlässig verursachte Brände (Raum des Truppenübungsplatzes Königsbrück).
Bei den Einbruchsdiebstählen wurden insbesondere Nahrungs- und Genussmittel, Obst, Gemüse, Kofferradios, Uhren, Fahrräder und Mopeds, Werkzeuge, Kfz-Teile sowie alkoholische Getränke entwendet. So wurden z. B. im Zeitraum seit dem 1. Juli 1982 im Raum Königsbrück (Glauschnitzer Straße, Hufenweg), in Schwepnitz, Nesthakenweg, und Cosel-Zeisholz, Bungalow-Siedlung, 25 Bungalow-Einbrüche verübt. Teilweise erfolgten diese Einbruchsdiebstähle auch während der Tageszeit und ohne sich von hinzugekommenen Bürgern bei der Durchführung der strafbaren Handlungen behindern zu lassen.
- –
(Insgesamt wurden durch die zuständigen Organe der DDR im Zeitraum vom 1.1. bis 21.9.1982 20 Verfahren mit 51 Bungalow-Einbrüchen an die zuständige sowjetische Militärstaatsanwaltschaft übergeben. In der Zeit vom 5.9. bis 8.9.1982 verübten bisher unbekannte Angehörige der Sowjetarmee in Königsbrück, Hufenweg 67, einen Einbruchsdiebstahl in den Bungalow des 2. Sekretärs der Bezirksleitung der SED Dresden, Genosse Lothar Stammnitz,1 bei welchem Nahrungs- und Genussmittel sowie Wertgegenstände – Kofferradio, Bohrmaschine – im Gesamtwert von 1 000 M entwendet wurden.)
Auch bei der schuldhaften Verursachung von Verkehrsunfällen, den damit verbundenen Personen- und Sachschäden und der Beeinträchtigung der Sicherheit im Straßenverkehr ist insbesondere im Raum Königsbrück eine ernste Entwicklung eingetreten.
In der Zeit vom 1.1. bis 21.9.1982 wurden in diesem Raum neun Verkehrsunfälle durch Angehörige der Sowjetarmee schuldhaft verursacht, bei denen ein DDR-Bürger getötet und weitere fünf DDR-Bürger verletzt wurden sowie Sachschäden bis zu 3 000 M eintraten.
Wesentlichste Unfallursachen waren die
- –
Abstellung von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen bei Dunkelheit ohne Beleuchtung (vier Fälle),
- –
Nichtbeachtung der Vorfahrt bzw. des Verkehrs bei Änderung der Fahrtrichtung (vier Fälle).
Unwillen unter Kreisen der Bevölkerung lösen auch die ständigen Fahrten mit schwerer Technik durch die Stadt Königsbrück und die umliegenden Ortschaften aus, wodurch sich der Zustand der Fahrbahnen ständig verschlechtert und erhebliche Lärmbelästigungen, insbesondere in den Nachtstunden, eintreten.
So wurden teilweise erhebliche Schäden im Raum des Truppenübungsplatzes Königsbrück durch Einheiten/Angehörige dadurch herbeigeführt, dass mit Panzerfahrzeugen häufig (z. B. zwischen Großdittmannsdorf und Glauschnitz sowie vom Objekt Königsbrück in die Laußnitzer Heide) nicht die gekennzeichneten Panzerstraßen, sondern öffentliche Straßen, vor allem Wirtschaftswege des Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes, benutzt werden, wodurch erhebliche Schäden (Schäden an Wirtschaftswegen und den Forstbestandsrändern) eingetreten sind, die auf ca. 100 000 M geschätzt werden.
Weitere Schäden an Forstbeständen wurden in den letzten Wochen durch das Einschlagen von hochwertigem Sägeholz sowie durch das nicht genehmigte Abfahren von Langroh- und Stammholz (das zum Ausbau von Stellungen verwandt wurde) verursacht. Der bisherige Gesamtverlust wird auf 1 000 Festmeter Holz im Werte von ca. 60 000 M geschätzt.
Beträchtliche Schäden an forstwirtschaftlichen Beständen entstanden auch durch die fahrlässige Verursachung von Bränden, die überwiegend auf das Anlegen offener Feuerstellen zurückzuführen waren. So musste z. B. der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb Kamenz seit Beginn des Jahres 1982 zur Bekämpfung von durch Angehörige der Sowjetarmee verursachten Bränden 62 Einsätze (Ersteinsatz und nachträgliches Ablöschen) durchführen.
Erregung unter Teilen der unmittelbar betroffenen Bevölkerung löste vor allem auch das umfangreiche Brandgeschehen auf dem und in der Umgebung des Truppenübungsplatzes Königsbrück aus. Allein in der Zeit vom 23.8.1982 bis 6.9.1982 kam es zu 15 durch Angehörige der Sowjetarmee fahrlässig verursachten Waldbränden, die überwiegend durch den unsachgemäßen Umgang mit offenen Feuerstellen entstanden. Die zur Bekämpfung der Waldbrände erforderlichen Löschmaßnahmen der Feuerwehren Königsbrück, Schwepnitz, Laußnitz und Schmorkau fanden dabei in mehreren Fällen keine Unterstützung durch verantwortliche Offiziere der in diesem Raum in Bereitschaft gelegenen Einheiten der Sowjetarmee.
Bei diesen Waldbränden (Randgebiet des Truppenübungsplatzes Königsbrück sowie Umgebung der Ortschaften Bohra, Röhrsdorf, Neuendorf, Rohna, Kroppen und Zeisholz) wurden insgesamt 450 Hektar Waldbestand, davon ca. 100 Hektar verwertbaren Nutzholzes, vernichtet.
Neben diesen Vorkommnissen ist die erhebliche Lärmbelästigung der Bevölkerung, insbesondere in den Nachtstunden, in der Umgebung des Flugplatzes der Sowjetarmee Großenhain Gegenstand zunehmender Diskussionen, von diesbezüglichen Eingaben an örtliche Organe und Vorsprachen von Bürgern in medizinischen Einrichtungen, um Krankschreibungen zu erwirken. In Einzelfällen, so z. B. aus dem Kreiskrankenhaus Großenhain, äußerten Ärzte beeinträchtigende Auswirkungen auf durchzuführende medizinische Operationen.
Übereinstimmend wird die Auffassung vertreten, dass eine konsequentere Durchsetzung von Ordnung, Sicherheit und Disziplin durch die Kommandeure und Politorgane in den Einheiten der in diesem Raum stationierten bzw. übenden Einheiten dazu beitragen würde, die Mehrzahl derartiger Vorkommnisse vorbeugend zu verhindern und negative Auswirkungen auf das freundschaftliche und vertrauensvolle Verhältnis zwischen der Bevölkerung und den Angehörigen der Sowjetarmee auszuschließen.