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6. Synode der EKU, Berlin

9. Juni 1983
Information Nr. 209/83 über die außerordentliche Tagung der 6. Synode der Evangelischen Kirche der Union (EKU) – Bereich DDR – vom 3. bis 4. Juni 1983 in Berlin

Vom 3. bis 4.6.1983 fand im evangelischen Sprachenkonvikt Berlin eine außerordentliche Tagung der 6. Synode der Evangelischen Kirche der Union (EKU) – Bereich DDR – statt.

Im Mittelpunkt der außerordentlichen Synodaltagung der EKU – Bereich DDR – standen folgende inhaltliche Schwerpunkte:

  • Erörterung des Problemkreises zur geplanten »intensiveren Gemeinschaft der evangelischen Kirchen in der DDR« (»Vereinigte Evangelische Kirche«);

  • Erörterung des neu anzunehmenden Pfarrerdienstgesetzes der EKU1 – Bereich DDR;

  • weitere innerkirchliche und theologische Probleme (Haushaltsplan 1983, Vorlage der vom Rat der EKU – Bereich DDR – erlassenen Verordnungen etc.).

An der Tagung der Synode nahmen 53 der 63 gewählten und berufenen Synodalen teil. Außer Präses Dr. Höppner2 (Magdeburg), der aus bisher unbekannten Gründen nicht zur Synodaltagung erschien, waren alle kirchenleitenden Amtsträger der EKU – Bereich DDR – auf der außerordentlichen Tagung der Synode anwesend.

Als ausländische ökumenische Gäste wurden auf der Synodaltagung begrüßt:

  • Superintendent Karzig, Christoph3 (Westberlin)

  • Präses der Synode der EKU – Bereich BRD und Berlin (West)

  • Oberkonsistorialrat Dr. Rohde, Dieter4 (Westberlin)

  • Referent in der Kirchenkanzlei der EKU – Bereich BRD und Berlin (West).

Das von Superintendent Karzig (Westberlin) verlesene Grußwort an die Synode enthielt keine politisch bedeutsamen Aussagen. Superintendent Karzig verwies lediglich unter Bezugnahme auf die zu erwartende Annahme eines neuen Pfarrerdienstgesetzes durch die Synode der EKU – Bereich DDR – darauf, dass das bisherige gemeinsame Pfarrerdienstgesetz beider EKU-Bereiche eine »sichtbare Klammer« dargestellt habe. Trotzdem stimme der Rechtsausschuss der Synode der EKU – Bereich BRD und Berlin (West) – einer Veränderung des Pfarrerdienstgesetzes der EKU – Bereich DDR – zu und stelle einer Vereinheitlichung des Pfarrerdienstrechts in der DDR nichts in den Weg,

Als einziger Vertreter westlicher Massenmedien nahm der BRD-Korrespondent Röder, Hans-Jürgen5 (epd) an der Synodaltagung teil.

Mitarbeiter westlicher diplomatischer Vertretungen wurden auf der Synodaltagung nicht festgestellt.

Obwohl auf der außerordentlichen Tagung der 6. Synode der EKU – Bereich DDR – keine Stellungnahme zu Friedensfragen und zur geplanten Stationierung neuartiger Mittelstreckenraketen in Westeuropa6 vorgesehen war, kam es im Verlaufe der Synodaltagung auf Initiative des Synodalen Prof. Dr. Müller7 (Berlin) und unterstützt durch weitere Synodale zu einer Auseinandersetzung zu diesem Problemkreis.

Prof. Dr. Müller (Berlin) hatte bereits vor der außerordentlichen Synodaltagung den Antrag an die Synode gestellt, einen Beschluss zur Friedensproblematik zu fassen, der sich in Anlehnung an den Beschluss der Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (8.–12.4.1983) gegen die für 1983 geplante Stationierung von neuartigen amerikanischen Mittelstreckenraketen in Westeuropa ausspricht und in dem die in der Prager Deklaration der Warschauer Vertragsstaaten8 enthaltenen Friedensinitiativen Unterstützung finden. (Der Antrag von Prof. Dr. Müller wird in der Anlage 1 beigefügt.)

Auf der Sitzung des Rates der EKU – Bereich DDR – am 1.6.1983 in Berlin wurde jedoch vor allem durch die Bischöfe Dr. Forck9 (Berlin) und Dr. Krusche10 (Magdeburg) durchgesetzt, dass der Rat der EKU – Bereich DDR – die Behandlung der Friedensfrage auf der bevorstehenden außerordentlichen Synodaltagung ablehnte.

Daraufhin verfasste der Präses der Synode der EKU – Bereich DDR – Superintendent Karpinski11 (Berlin) eine Erklärung an die Synode, die er gemeinsam mit dem Antrag von Prof. Dr. Müller (Berlin) in schriftlicher Form allen Synodalen während der außerordentlichen Synodaltagung aushändigte.

In dieser Erklärung forderte Präses Karpinski in politisch-realistischen und den Antrag von Prof. Müller unterstützenden Erläuterungen die Synode auf, den Rat der EKU zu beauftragen, sich zur Friedenssicherung zu äußern. (Die Erklärung von Superintendent Karpinski wird in der Anlage 2 beigefügt.)

Politisch-realistische Synodale (Bischof Dr. Gienke12/Greifswald; Konsistorialpräsident Stolpe13/Berlin; Präses Karpinski/Berlin; Präses Affeld14/Greifswald; Moderator Grüber15/Hohenbruch; Dr. Romberg16/Berlin; Prof. Dr. Müller/Berlin) waren in der daran anschließenden Debatte bemüht, einen Synodalbeschluss zu erreichen, in dem durch den Rat der EKU – Bereich DDR – »in Aufnahme der Intentionen des Antrages (von Prof. Dr. Müller) sobald wie möglich zu der gegenwärtigen Gefahr für den Frieden politisch wirksam Stellung« genommen wird.

Dagegen traten mit unterschiedlichen Positionen die Synodalen Bischof Dr. Krusche (Magdeburg), Oberkonsistorialrat Dr. Schultze17 (Magdeburg), Pfarrer Schorlemmer18 (Wittenberg), Pfarrer Baier19 (Görlitz), Pfarrer Wutzke20 (Garz), Konsistorialrätin Cynkiewicz21 (Berlin) und Präses Becker22 (Berlin) auf.

So erklärte z. B. der Synodale Pfarrer Baier (Görlitz), indem er sich gegen den Antrag von Prof. Dr. Müller wandte, dass es »wohl nicht im Sinne der Synode sein könne, proöstliche oder prowestliche Erklärungen abzugeben, sondern lediglich profriedliche«.

In dieser kontroversen Debatte wurde den politisch-realistischen Kräften durch die Synodalen aus den theologischen Fakultäten der staatlichen Universitäten (Prof. Dr. Kehnscherper23/Greifswald und Dozent Dr. Winkler24/Halle-Wittenberg) ungenügende Unterstützung gewährt.

Im Ergebnis dieser Diskussionen wurde durch die Synode bei 36 Zustimmungen, zehn Gegenstimmen, fünf Enthaltungen der Beschluss gefasst, dass die Erklärung des Präses Karpinski an die Synode lediglich »zustimmend zur Kenntnis« genommen und der Rat der EKU – Bereich DDR – gebeten wird, darüber zu beraten.

Im Ergebnis langwieriger Plenar- und Ausschussdebatten wurden des Weiteren von der Synode alle Vorlagen zu den innerkirchlichen und theologischen Problemkreisen (VEK, Pfarrerdienstgesetz, Haushaltsplan 1983 etc.) angenommen. Diese Diskussionen verliefen ohne politisch bedeutsame Aussagen.

Zum Abschluss der außerordentlichen Synodaltagung wurde die Synode darüber informiert, dass auf der Sitzung des Rates der EKU – Bereich DDR – am 1.6.1983 in Berlin Bischof Dr. Wollstadt25 (Görlitz) zum Vorsitzenden des Rates der EKU – Bereich DDR – und Konsistorialpräsident Kramer26 (Magdeburg) zu dessen Stellvertreter wiedergewählt wurden.

Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.

Anlage 1 zur Information Nr. 209/83

Antrag

Synode möge beschließen:

Die Außerordentliche Synode der EKU – Bereich DDR – erklärt, eingedenk ihres im Glauben an Gottes Ja zum Leben begründeten kategorischen Nein zu Massenvernichtungsmitteln aller Art, angesichts der geplanten Einführung strategisch qualitativ neuer Waffensysteme in Westeuropa, beunruhigt von der wachsenden Gefährdung für Frieden und Sicherheit:

Die Synode hört dankbar zustimmend von Kirchen in der Ökumene Stimmen, die das politische Gewissen schärfen, wie die Erklärung der römisch-katholischen Bischöfe27 und des Nationalen Kirchenrates in den USA28 und die Erklärung des Moderamens des Reformierten Bundes in der BRD.29 Die Synode begrüßt und unterstützt solche Initiativen von Politikern und Regierungen, die eine Rückkehr auf den Weg politischer Entspannung fördern und friedlicher Koexistenz und Abrüstung dienen, wie die insbesondere in den USA um sich greifende Freeze-Bewegung,30 den von Schweden unterbreiteten und von der DDR unterstützten schwedischen Vorschlag, in Mitteleuropa eine von atomaren Gefechtsfeldwaffen freie Zone zu schaffen,31 sowie die weiterführenden Vorschläge in der Prager Deklaration der Warschauer Vertragsstaaten und insbesondere einen Erstschlagsverzicht weiterer Staaten und einen völkerrechtlich verbindlichen Gewaltverzicht.

Die Synode erklärt mit der Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg:

»Alle Betroffenheit findet ihren Ausdruck in der Angst vor den vorhandenen Pershing I und SS-20-Raketen, vor der 1983 zu erwartenden Stationierung neuartiger Mittelstreckenraketen Pershing II und Cruise Missiles und vor der als Antwort darauf drohenden Weiterentwicklung neuer Waffensysteme auf beiden Seiten. In diesem Wettlauf gegenseitiger Bedrohung wird das Klima von Abschreckung und Bedrohung verschärft. Deshalb sprechen wir uns gegen die für 1983 angekündigte Aufstellung neuartiger Mittelstreckenraketen in Westeuropa aus.«

gez. Hanfried Müller

Umdr. A 122/83

Anlage 2 zur Information Nr. 209/83

Erklärung des Präses der Synode zum Antrag von Prof. Dr. Müller

Synode der Evangelischen Kirche der Union – Bereich DDR – Berlin 3./4. Juni 1983

Bevor wir zu den Sachgegenständen der Tagesordnung dieser außerordentlichen Synode kommen, möchte ich Folgendes erklären:

1. Der Synodale Prof. Dr. Müller hat unter Einhaltung der dafür vorgesehenen Fristen einen Antrag gestellt, den wir Ihnen jetzt verlesen werden.

(Verlesen des Antrages)

Nach § 16 GO32 hatte ich als Präses zu prüfen, ob dieser Antrag in die Zuständigkeit der Synode fällt, und dann das Einvernehmen mit dem Rat herbeizuführen darüber, ob dieser Antrag auf die Tagesordnung dieser Synode gesetzt werden soll. Nach ausführlicher Erörterung in der Ratssitzung am 1.6.1983 ist es nicht zu diesem Einvernehmen gekommen.

2. Ich möchte betonen, dass es für niemanden unter uns eine Frage war, ob das Anliegen berechtigt ist. Die akute Bedrohung des Friedens treibt uns alle um. Wir sind alle dankbar über die wachsende Erkenntnis in unseren Gemeinden und Kirchen, dass Friedensverantwortung unabdingbar zum Zeugnis und Dienst unserer Kirche gehört. Auch die Evangelische Kirche der Union ist herausgefordert, sich diesen drängenden Fragen unserer Zeit vom Zeugnisauftrag her zu stellen. Zunehmend wird klarer, wie die Bedrohung des Friedens durch die fortschreitende Eskalation von immer neuen und immer gefährlicheren Waffensystemen in alle Lebensbereiche eindringt. Die Bundessynode, die Synoden der Gliedkirchen und viele Kirchen in der Ökumene, mit denen wir verbunden sind, haben im letzten Jahr mit großem Nachdruck auf diese gefährliche Situation hingewiesen. Ich möchte das mit den Worten der Berlin-Brandenburger Synode sagen:

»Unsere Position ist: Wir sagen Nein | zu Geist und Logik der Abschreckung, | zu allen Arten von Massenvernichtungsmitteln, | wir sind der Überzeugung, dass | kein Ziel oder Wert die Auslösung eines Krieges | rechtfertigen kann; | wir unterstützen alle Versuche: | die Waffenarsenale zu verringern, | ein System der wechselseitigen Sicherheit zu entwickeln, | die Fragen der Sicherheit aus dem Bereich militärischer | Planspiele in den Bereich politischer Lösungen | zu überführen, | durch vertrauensbildende Maßnahmen das politische | Klima zwischen den Großmächten zu verbessern, | durch Schaffung atomwaffenfreier Zonen die akute | Kriegsgefahr zu vermindern.«

Aus der Fülle der bedrängenden Probleme muss im Jahre 1983 mit besonderem Nachdruck auf die Verschärfung der Lage durch die Rüstungssituation in Europa hingewiesen werden. Es ist zu befürchten, dass noch in diesem Jahr weitere Massenvernichtungswaffen in Europa aufgestellt werden und die gegenseitige Bedrohung ein Ausmaß annimmt, das alles infrage stellen würde, was in den vergangenen Jahren erreicht schien.

Wir geben unserer großen Sorge Ausdruck, dass dies das Ende der in Helsinki erreichten Verständigung über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa33 bedeuten würde. Wenn die Politik der Verträge und Gespräche durch eine Eskalation der Abschreckung abgelöst würde, bestünde die akute Gefahr eines Krieges. Lasten und Folgen dieses Wahnsinns würden die Menschen auf beiden Seiten zu tragen haben.

3. Es ist keine Frage, dass es der Anstrengung aller bedarf, eine solche Entwicklung zu verhindern. Auch wir in der Evangelischen Kirche der Union müssen uns dem stellen. Die Frage ist nur, wie dies am besten geschehen kann.

Wir meinen, dass es gerade wegen des Ernstes dieses Anliegens nicht möglich ist, es auf dieser außerordentlichen Synode sachgerecht und angemessen zu verhandeln. Wenn wir nicht lediglich andere zitieren oder aus dem Augenblick heraus formulieren wollen, müssen wir nach einem anderen Weg suchen, der dem Anliegen besser gerecht wird.

Dies sollte in Gemeinschaft mit anderen, nämlich im Zusammenwirken mit dem Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR, mit dem Bereich Bundesrepublik Deutschland und Berlin-West und mit den mit uns verbundenen Kirchen in der Ökumene geschehen.

4. Der Rat wird sich der Frage stellen, in welcher Weise er selbst die Sache aufnehmen und in die Überlegungen der anderen einbringen kann.

Wir meinen, dass ein gemeinsames Bemühen, einer weiteren Eskalation zu wehren, dem Anliegen des Antragstellers, das unser aller Anliegen ist, besser gerecht wird, als es eine Aufnahme in die bereits völlig überfüllte Tagesordnung dieser außerordentlichen Synode gewesen wäre.

gez. Karpinski

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    15. Juni 1983
    Information Nr. 218/83 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 6. Juni 1983 bis 12. Juni 1983

  2. Zum vorherigen Dokument Einnahmen, Mindestumtausch, 30.5.–3.6.1983

    7. Juni 1983
    Information Nr. 208/83 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 30. Mai 1983 bis 5. Juni 1983