Äußerungen Hans-Jochen Vogel, Schwerin und Potsdam
19. Oktober 1983
Information Nr. 350/83 über Äußerungen des Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bundestag, Hans-Jochen Vogel, während seines Aufenthaltes in den Bezirken Schwerin und Potsdam am 15. und 16. Oktober 1983
In den Gesprächen mit dem Stellvertreter des Oberbürgermeisters und Leiter der Abteilung Inneres beim Rat der Stadt Schwerin, Genossen Heydrich,1 erklärte Vogel,2 er habe sich völlig der Sache des Friedens verschrieben; er werde seine ganze Kraft für die Erhaltung des Friedens einsetzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe es Überlebende gegeben, die von den vielen Verbrechen und Gräueltaten berichten konnten. Nach einem Dritten Weltkrieg würde es keine Überlebenden geben. Aus diesem Grunde dürfe es niemals wieder zum Krieg kommen.
Er äußerte, die Vorschläge der UdSSR müssten allen unterbreitet werden, um Verständnis dafür zu erreichen. Die Bürger der BRD seien erschrocken gewesen, als sie erfuhren, wie viele SS-20-Raketen die UdSSR stationiert habe.3 Juri Andropow4 habe jedoch genügend Vorschläge zur Reduzierung unterbreitet, die die volle Unterstützung der SPD finden würden.5
Indem er auf die Unterstützung der Friedensinitiativen der UdSSR durch die DDR verwies, hob er hervor, dass beide deutsche Staaten all ihren Einfluss auf die Erhaltung des Friedens in Europa geltend machen sollten. Beide Staaten müssten alles tun, um die ihren Systemen innewohnenden Kräfte, die am Frieden interessiert sind, zu mobilisieren mit dem Ziel, den Friedenskampf breiter zu gestalten. Zwischen dem Vorsitzenden des Staatsrates der DDR und Politikern der BRD und Westberlins habe es fruchtbare Gespräche gegeben. BRD-Politiker würden in der DDR Schlange stehen.
Vogel stellte die Frage, warum die DDR in der Vergangenheit so sensibel auf die Darstellung des Symbols »Schwerter zu Pflugscharen« reagiert habe und weshalb es aufgrund dieser »Bewegung« zu einer Zuspitzung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche gekommen sei.6 Er persönlich habe dieses Symbol in einem Buch, das ihm der Justizminister der UdSSR schenkte, vorgefunden. Der Antwort, dass es in der Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche in der DDR grundsätzlich eine positive Tendenz gibt, sich aber einzelne Kräfte nicht an die getroffenen Übereinkünfte halten, stimmte Vogel zu. Er erklärte weiter, dass es eine gute Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche gibt, dass jedoch einige Kirchenvertreter streitbare Auffassungen vertreten, wobei es notwendig sei, die Ansichten auszutauschen. Der katholische Bischof Theising7 und Domprediger Herbert8 hätten ihm (Vogel) gegenüber ebenfalls bestätigt, dass es zwischen dem Rat der Stadt Schwerin und der Kirche ein positives Verhältnis und eine gute Zusammenarbeit gibt.
Vogel äußerte, zahlreiche Bürger der BRD seien verwundert gewesen, dass Franz Josef Strauß9 von Erich Honecker empfangen wurde.10 Strauß habe das nicht verdient. Dadurch sei auch die SPD in gewisse Schwierigkeiten geraten.
Vogel interessierte sich sehr für verschiedene Bereiche der Kommunalpolitik in der DDR und ihre unmittelbaren Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Er sprach sich anerkennend über die Kommunalpolitik in Schwerin, besonders über die Entwicklung der Stadt, die Baumaßnahmen im Neubaugebiet, die Schulpolitik, die Sozialpolitik, u. a. die niedrigen Mietpreise und die zur Verfügung stehenden Kindergartenplätze, die Pflege des kulturellen Erbes aus. Beeindruckt äußerte er sich über die hohe Sachkenntnis des Genossen Heydrich in diesen Fragen. Auch in diesem Zusammenhang äußerte er die Überzeugung, dass es die DDR mit ihrer gesamten Friedenspolitik ehrlich meint.
Er äußerte die Absicht, im Verlaufe der nächsten Jahre erneut die DDR besuchen zu wollen.