Aussagen auf internationaler wissenschaftlicher Konferenz, (1. Bericht)
13. April 1983
Einige besonders zu beachtende Aussagen auf der internationalen wissenschaftlichen Konferenz (1. Bericht) [O/115b]
Prof. Giuseppe Tamburrano,1 Mitglied der Nationalen Leitung der Italienischen Sozialistischen Partei:
Führte aus, Marx Gedankengebäude sei vergänglich, da es an ein bestimmtes Gesellschaftssystem gebunden sei, Marx sei »nicht mehr aktuell« (überholt).
Besonders in den westlichen Regionen schwinde der Marxismus dahin; die Arbeiterklasse im Westen – ehemals marxistisch – sei »reformistisch eingestellt«. – Behauptete weiter, alle Revolutionen in entwickelten kapitalistischen Ländern seien gescheitert, obwohl sich Marx Analyse und Vorausschau gerade auf diese bezog. Bestritt, dass der Marxismus »auf nichtentwickelte Gesellschaften angewandt« werden kann.
Bezweifelte, ob Marx in irgendeiner Beziehung zu den Revolutionen steht, die sich seit der Oktoberrevolution2 vollzogen.
Erklärte, Marx sei »durchaus kein Revolutionär« gewesen und habe als Politiker »eine eher bescheidene Rolle« gespielt.3
Genn. Francette Lazard,4 Mitglied des Politbüros der Französischen Kommunistischen Partei:
Sprach vom Ziel des Aufbaus eines »Sozialismus in den Farben Frankreichs«.5
Erklärte weiter:
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Als Philosoph habe Marx kein System hinterlassen und als Ökonom keine Doktrin entworfen sowie als Politiker kein Handbuch der Revolution verfasst.
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Seit 1917 sei der Sozialismus in das Stadium des praktischen Versuchs getreten.
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Auf dem schweren Übergang von der alten Welt der Ausbeutung zu den Wegen der Befreiung stehe nichts von vornherein fest, nichts sei von vornherein garamtiert.
Sprach vom »Abenteuer Sozialismus« mit seinen Erfolgen und Rückschlägen, Irrtümern und Errungenschaften.6
Gen. Gilberto Vieira,7 Generalsekretär des ZK der Kolumbianischen Kommunistischen Partei:
Indem er auf »Fehler« beim Aufbau des Sozialismus verwies, erwähnte er den »Personenkult«, »engstirnige nationale Tendenzen« sowie »Unkenntnis der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des sozialistischen Aufbaus«, ohne zum Ausdruck zu bringen, auf welche sozialistischen Länder sich diese Aussage beziehen soll.8
Jan Leclercq,9 Vertreter der Flämischen Sozialistischen Partei (Belgien):
Nahm zum Wettrüsten Stellung (wobei er zahlreiche Beispiele anführte, dass dadurch riesige menschliche, finanzielle, materielle und natürliche Ressourcen verschwendet werden), ohne zu erwähnen, dass der Imperialismus für das Wettrüsten verantwortlich ist; klassenindifferente Darstellung; er bezog sich auf das Wettrüsten »in der Welt« bzw. »auf internationaler Ebene«. – Nicht mehr der Mensch beherrsche das Rüstungssystem, sondern dieses System beherrsche die Menschen.10
Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Friedensbewegung erklärte er, auch in der DDR könnten »religiöses Empfinden und religiöse Eingebung die Motivierung bestimmter Jugendlicher stark beeinflussen«. Es sei falsch, »diese Motive zu verurteilen«.11
Genosse Franz Muhri,12 Vorsitzender der KP Österreichs (am 11.4.1983): Neben prinzipiellen marxistisch-leninistischen Aussagen (Notwendigkeit einer starken revolutionären Partei, ohne die die Arbeiterklasse ihre historische Mission nicht erfüllen kann; Sieg der Oktoberrevolution und Entstehung der sozialistischen Staaten als Beweis der Lebenskraft der Lehre von Marx, Notwendigkeit der Verteidigung der Grundsätze des Marxismus-Leninismus gegen bürgerliche Ideologie und Opportunismus) sprach er im Zusammenhang mit den Vorstellungen seiner Partei über den »Weg Österreichs zum Sozialismus« davon,
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dass es »kein allgemeingültiges Modell des Sozialismus geben« könne und
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dass die KP Österreichs »für den Sozialismus in Österreichs Farben« sei.13