Friedensgottesdienst, Potsdam Babelsberg
3. September 1983
Information Nr. 294/83 über die Durchführung eines »Friedensgottesdienstes« am 1. September 1983 in der Friedrichskirche in Babelsberg, [Bezirk] Potsdam
Anlässlich des Weltfriedenstages fand am 1. September 1983 in der Zeit von 18.00 bis gegen 21.45 Uhr in der Babelsberger Friedrichskirche ein von Pfarrer Domrös1 organisierter sogenannter Friedensgottesdienst unter dem Motto »Ich bin – also ist Frieden« statt, an dem nach vorliegenden Hinweisen ca. 450 Personen teilnahmen, von denen die Mehrzahl Jugendliche und Jungerwachsene waren.
(Zur Teilnahme an dieser Veranstaltung war in der unmittelbar zurückliegenden Zeit intensiv – u. a. mittels Handzetteln – aufgefordert worden.)
Der »Friedensgottesdienst« enthielt über den Rahmen religiöser Tätigkeit hinausgehende Elemente. So war vor dem Kircheneingang ein Tisch mit einer Vielzahl aus Modelliermasse geformten Panzern aufgestellt, die von den Teilnehmern zu Häusern, Bäumen und Tieren umgestaltet wurden. Die Aufforderung dazu erfolgte durch eine Sichtagitation mit der Aufschrift »Demontiert die Panzer – baut ein Dorf«. Ferner war die Möglichkeit gegeben, Bilder und Plakate zu malen.
Vor der Predigt führten Jugendliche eine Pantomime vor, die den Gegensatz zwischen Rüstung und friedlicher Arbeit zum Ausdruck bringen sollte.
Der Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Forck,2 hielt die Predigt, die folgende inhaltliche Schwerpunkte und Orientierungen enthielt:
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Atomrüstung ist ein Verbrechen an der gesamten Menschheit.
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Die Verantwortung der Christen für den Frieden: Beten reicht nicht aus.
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Die »Friedenskreise«3 der Evangelischen Kirche müssen immer wieder Aktivitäten entfalten.
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Man kann nur etwas für den Frieden tun, wenn man sich auch informiert.
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Rüstung verhindert wirksame Hilfe für die 3. Welt.
In seiner Predigt ging Bischof Forck im Weiteren auf die am 1. September 1983 in der Hauptstadt der DDR, Berlin, versuchten demonstrativen Handlungen von Personen um Pfarrer Eppelmann4 ein und bedauerte in diesem Zusammenhang das »Nichtzustandekommen einer Friedenskette« vor den Botschaften der UdSSR und der USA in der DDR.5 Die Ursache dafür sei nach Forck die vorherige Informierung von Mitarbeitern westlicher Massenmedien und deren Aktivitäten am Ereignisort.
Nach internen Hinweisen habe Forck erst durch die Mitteilung in westlichen Massenmedien sowie eine Information durch den Konsistorialpräsidenten Stolpe6 Kenntnis erhalten.
Stolpe habe dazu zum Ausdruck gebracht, dass diese Aktion nach den geltenden Bestimmungen erlaubnispflichtig gewesen wäre7 und weiter bemerkt, dass das Ganze nicht als kirchliche Veranstaltung zu bezeichnen sei.
Nach der Predigt von Bischof Forck verlasen Jugendliche die auf der VI. Vollversammlung des »Ökumenischen Rates der Kirchen« in Vancouver/Kanada8 beschlossene »Erklärung zu Frieden und Gerechtigkeit«9 sowie ein Schreiben, in dem auf zehn Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin aufmerksam gemacht wird, die mit einer Aktion »Fasten für das Leben«10 für Fortschritte bei den Genfer Abrüstungsverhandlungen11 einzutreten gedenken. In diesem Zusammenhang wurde gefordert, dass die DDR mithelfen solle, das Leben dieser Personen zu retten.
Eine geplante sogenannte Fragestunde wurde nicht durchgeführt.
Während der gesamten Durchführung des »Friedensgottesdienstes« konnten keine provokativ-demonstrativen Handlungen festgestellt werden.
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