Katholische Berliner Bischofskonferenz
13. September 1983
Information Nr. 305/83 über die Tagung der Katholischen Berliner Bischofskonferenz am 5./6. September 1983 in Graal-Müritz, [Bezirk] Rostock
Am 5. und 6. September 1983 trat in Graal-Müritz die Berliner Bischofskonferenz zu einer planmäßigen Sitzung zusammen.
Nach dem MfS streng intern vorliegenden Informationen ging Kardinal Meisner1 (Berlin) in seinem Bericht an die Berliner Bischofskonferenz auch auf Probleme im Zusammenhang mit dem Besuch des Papstes in der VR Polen2 sowie der Haltung der katholischen Kirche zu aktuellen Friedensaktivitäten ein.
Kardinal Meisner informierte über seine Teilnahme an der Reise des Papstes durch die VR Polen und hob wiederholt hervor, dass dieser Papst eine hohe Bedeutung für die Weltkirche habe, da er mit seinem persönlichen Engagement und Einsatz unermüdlich für die Weltkirche wirke. Das habe nicht zuletzt seine zweite Reise nach Polen bewiesen,3 die zukunftsträchtig angelegt gewesen sei.
Meisner berichtete von einzelnen Stationen seiner Reise4 und darüber, dass der Papst gerade unter den jungen Leuten ein hohes Ansehen genieße. Daraus gelte es auch für die katholische Kirche in der DDR die richtigen Schlussfolgerungen für eine konkrete Arbeit unter der Jugend zu ziehen.
Meisner erklärte, dass ihm jene Predigten des Papstes nicht gefallen hätten, in denen dieser mehr als Primas von Polen5 und nicht als Papst der katholischen Weltkirche aufgetreten sei.6 Das habe er den Papst auch wissen lassen.
Weiter habe Meisner darüber informiert, dass sich der Vorsitzende der »Deutschen Bischofskonferenz« (BRD), Kardinal Höffner7 (Köln), an den Papst gewandt und wegen solcher Passagen in den Predigten des Papstes und des Bischofs Gulbinowicz8 (Wroclaw) interveniert habe, die Probleme der Zugehörigkeit der Gebiete zu Polen zum Inhalt hatten.9
Meisner schlug abschließend vor, aufgrund der wirtschaftlichen Lage in der VR Polen zu prüfen, ob die katholische Kirche in der DDR eine weitere Hilfssendung in die VR Polen senden kann. Entsprechende Konsultationen in dieser Frage sollen mit dem Staatssekretariat für Kirchenfragen geführt werden.
Zu einigen aktuellen Friedensaktivitäten führte Meisner aus, dass man mit Besorgnis »gewisse Aktivitäten« evangelischer Kreise betrachten müsse, da diese »bestimmte Interessen« katholischer Kreise tangieren.
Es gebe im Zusammenhang mit den inzwischen durchgeführten »Fastenaktionen«,10 den »Nachtwachen« u. Ä., Versuche evangelischer Kreise, auch die katholische Kirche in diese Aktivitäten einzubeziehen.
Die katholische Kirche habe vom Fasten ein anderes biblisches Verständnis und würde bei ihren bisherigen Verhaltensweisen in diesen Fragen bleiben. Alle anwesenden Bischöfe stimmten dieser Position zu.
Kardinal Meisner informierte weiter darüber, dass die Evangelische Akademie Loccum (BRD) Vorbereitungen zu einem Gespräch mit Vertretern verschiedener Kirchen der Welt über die Bilanzierung bisheriger Friedensaktivitäten treffe.
Nach einer Mitteilung der »Deutschen Bischofskonferenz« (BRD) an die Berliner Bischofskonferenz sollen Einladungen hierzu ergehen an die »Evangelische Kirche Deutschlands« (EKD), die Kirchen in der DDR und die Russisch-Orthodoxe Kirche. Es sei beabsichtigt, eventuell auch die Amerikanische Katholische Bischofskonferenz einzuladen. (Die Berliner Bischofskonferenz sei um Meinungsäußerung gebeten worden.)
Kardinal Meisner äußerte sich empört über die Art und Weise der Einladung und erwog, der »Deutschen Bischofskonferenz« zu empfehlen, in dieser Frage eine Klärung zwischen der Konferenz Europäischer Kirchen und dem Vatikan herbeizuführen. (Eine Entscheidung wurde hierzu in der Bischofskonferenz nicht getroffen.)
In seinem Bericht ging Bischof Meisner ferner darauf ein, dass er zu einem Essen und zu einem Gespräch mit dem ehemaligen Bundeskanzler der BRD, Helmut Schmidt,11 während dessen besuchsweisen Aufenthaltes in der DDR eingeladen worden war.12 Er habe diese Einladung mit dem Hinweis auf das Stattfinden der Konferenz abgelehnt.
Meisner hob in diesem Zusammenhang hervor, dass die katholische Kirche bei ihrer bisherigen Haltung bleibe und an Gesprächen mit politischen Persönlichkeiten nicht teilnehme. Das treffe erst recht für Einladungen zu solchen Gesprächen in den Räumen der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR zu. Von dort hätte er auch die Einladung zu dem Gespräch mit Schmidt erhalten.
Im weiteren Verlauf der Bischofskonferenz wurde der in der Beratung im Juni 1983 eingebrachte Vorschlag behandelt, aus Anlass des »Heiligen Jahres 1983/84« am 23. Oktober 1983 ein »gemeinsames Wort der Bischöfe in der DDR an die Gläubigen« zu verlesen.
Kardinal Meisner schlug vor, davon Abstand zu nehmen, da man bereits mitten im »Heiligen Jahr« sei. Als Ersatz dafür schlug er vor, sich am 16. Oktober 1983 aus Anlass des 5. Jahrestages der Übernahme des Pontifikats durch Papst Johannes Paul II. mit einem gemeinsamen Wort der Bischöfe an die Gläubigen zu wenden.
Meisner begründete seinen Vorschlag damit, mit dieser Würdigung eine frühere Praxis der katholischen Kirche aufzuleben in den Ländern, wo ein Nuntius seinen Sitz habe, jeden Jahrestag der Amtsübernahme des Papstes als apostolischen Staatsfeiertag zu begehen. Die Bischöfe stimmten diesem Vorschlag zu. Kardinal Meisner erklärte sich bereit, den von ihm vorgelegten Entwurf des »Wortes der Berliner Bischofskonferenz« zum 5. Jahrestag der Wahl von Papst Johannes Paul II. zu überarbeiten und fertigzustellen. (Durch das MfS sind Maßnahmen zur rechtzeitigen Beschaffung eingeleitet worden.)
Im Zusammenhang mit dem o. g. Vorhaben der Berliner Bischofskonferenz wurde nach Abschluss der Beratung streng intern bekannt, dass Kardinal Meisner plane, aus Anlass der Amtsübernahme durch Papst Johannes Paul II. am Sonnabend, den 22. Oktober 1983, 11.00 Uhr, in der Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale einen Festgottesdienst abzuhalten.
Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.