Kirchliche Aktivitäten Jahrestag Hiroshima
9. August 1983
Information Nr. 269/83 über kirchliche Aktivitäten anlässlich des Jahrestages des amerikanischen Atombombenabwurfs auf Hiroshima am 6. August 1945
Im Zusammenhang mit dem MfS bekannt gewordenen internen Hinweisen über geplante Aktivitäten kirchlicher und feindlich-negativer Kräfte und Gruppen, anlässlich des Jahrestages des Atombombenabwurfs auf Hiroshima1 demonstrativ-provokatorisch öffentlichkeitswirksam zu werden, wurden im Zusammenwirken mit den zuständigen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften differenzierte Maßnahmen durchgeführt, um einen politischen Missbrauch der geplanten Vorhaben zu verhindern.
Durch zuständige staatliche Organe auf der Ebene der Bezirke, Kreise, Städte und Gemeinden wurden u. a. mehrfach Gespräche mit 27 kirchenleitenden Persönlichkeiten und kirchlichen Amtsträgern geführt, in denen diese ihre Zusicherung gaben, für einen ordnungsgemäßen Ablauf der geplanten Veranstaltungen und die Disziplinierung feindlich-negativer Elemente Sorge zu tragen.
Es wurde erreicht, dass eine Reihe kirchenleitender Kräfte mit den Organisatoren geplanter kirchlicher Aktivitäten Gespräche führten, um diese zu veranlassen, feindlich-negative und spektakuläre Aktivitäten sowie Aussagen feindlich-negativen Inhalts in den Veranstaltungen zu unterlassen.
Im Ergebnis vorbeugend eingeleiteter Maßnahmen wurde erreicht, dass die kirchlichen Aktivitäten im Wesentlichen
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auf kirchliche Räume beschränkt blieben,
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nur eine geringe öffentliche Resonanz fanden,
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nur vereinzelt mit politisch-negativen Aussagen verknüpft wurden.
Internen Hinweisen zufolge seien die durchgeführten Veranstaltungen weit unter den Erwartungen der Organisatoren geblieben.
Zu den einzelnen durchgeführten Aktivitäten wurde bekannt:
Hauptstadt Berlin
Am 6.8.1983 hielten sich ab 8.00 Uhr ca. 20 Personen in der Erlöserkirche Berlin-Lichtenberg auf, um den sonntäglichen Gottesdienst vorzubereiten, der von 10.00 bis 11.00 Uhr mit ca. 70 Personen durchgeführt wurde.
Am Eingang der Kirche war ein Plakat mit dem Hinweis »Fasten für das Leben«2 vom 6. bis 12.8.1983 angebracht.
Der Gottesdienst wurde von den dem MfS hinlänglich bekannten Pfarrern Linke3 (Neuenhagen) und Tschiche4 (Magdeburg) durchgeführt. Tschiche sprach über den Sinn des Fastens, die Abrüstung »in Ost und West« und den Appell zum Fasten (Text wird in der Anlage 1 beigefügt). Dazwischen wurden Lieder gesungen, Gedichte verlesen, Berichte von Überlebenden des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki vorgetragen und Lichtbilder darüber gezeigt. (Ein vervielfältigtes Material, welches in diesem Zusammenhang verteilt wurde, ist als Anlage 2 beigefügt.)
Weiterhin wurde ein von zehn Personen unterzeichneter Brief verlesen, in dem sich die Unterzeichner – darunter Pfarrer Linke mit Ehefrau, Pfarrer Tschiche mit Sohn und Annedore Havemann5 – mit einer gleichartigen Fastenaktion einzelner Personen in Frankreich solidarisieren. In diesem Brief fordern die Genannten Abrüstung »in Ost und West« und erklären, dass in der DDR ebenfalls eine Gruppe für den Frieden faste.6
Die Teilnehmer des Gottesdienstes wurden aufgefordert, am Altar Kerzen anzuzünden und dazu ihre Gedanken zu äußern. Der Aufforderung kam etwa die Hälfte der Gottesdienstteilnehmer nach, wobei u. a. folgende Gedanken geäußert wurden,
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»Ich denke an meine Freunde in Polen«.7
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»Ich denke an die, die wegen Wehrdienstverweigerung im Gefängnis sitzen«.8
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»Ich denke an die, die wegen Friedensaktivitäten verfolgt werden«.
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»Ich denke für [sic!] die ›Friedens- und Bürgerrechtsbewegung‹ in der DDR«.
Nach dem Gottesdienst verblieb eine Gruppe von zehn Personen mit der Absicht in der Erlöserkirche, das Fasten bis zum 12.8.1983 fortzusetzen.
Diese Personen stehen bis zu diesem Zeitpunkt täglich in der Kirche zu Gesprächen bereit.
Ein ARD-Aufnahmeteam unter Leitung des akkreditierten Korrespondenten Merseburger9 erschien am 6.8.1983 vor der Erlöserkirche und machte Aufnahmen von einer Gruppe von Personen, die sich im Gelände der Erlöserkirche aufhielt (Filmaufnahmen dazu mit Hinweis auf eine Fastenaktion einer Gruppe von DDR-Bürgern in einer »Ost-Berliner« Kirche sowie dem Verweis auf eine »unbefristete Fastenaktion in einigen westlichen Ländern« wurden am gleichen Tage im Fernsehen der BRD publiziert).
Am 6.8.1983, um 16.00 Uhr, versammelten sich am S-Bahnhof Marx-Engels-Platz10 ca. 50 Personen (Angehörige des »Friedenskreises« der Samariter-Gemeinde Berlin-Friedrichshain11 und ca. 25 Punker) und begaben sich in losen Gruppen ohne Öffentlichkeitswirksamkeit auf das Gelände der Sophienkirche Berlin-Mitte. Dort wurde unter Verantwortung von Diakon Kulisch12 und im Beisein von Stadtjugendpfarrer Passauer13 eine sogenannte Gedenkstätte eingeweiht, die als jährlicher Sammelpunkt zum Gedenken des Atombombenabwurfes auf Hiroshima dienen soll.14 Die »Gedenkstätte« besteht aus einer Messingtafel (auf einer Holzplatte an einem Holzpfahl angebracht) mit dem Text: »Für Gerechtigkeit und Frieden | 6.8.1983 | Wir werden es schaffen«
(Diese Tafel wurde am 7.8.1983 nicht mehr festgestellt.)
Bezirk Halle
In der Marktkirche Halle wurde vom 6.8.1983, 7.00 Uhr bis 7.8.1983, 12.45 Uhr, die Aktion »Fasten für den Frieden«15 mit 105 Teilnehmern (darunter befanden sich kirchliche Amtsträger und dem MfS bekannte feindlich-negative Kräfte) durchgeführt.
Am Vormittag des 6.8.1983 forderten beteiligte feindlich-negative Kräfte dazu auf, öffentlichkeitswirksame Handlungen vor der Kirche durchzuführen (Bildung einer Kette, Ansprechen von Passanten, Anbringen von Transparenten), was von kirchlichen Amtsträgern entsprechend ihren Zusicherungen gegenüber Vertretern des Staatsapparates im Wesentlichen verhindert werden konnte.
Vor der Kirche wurden jedoch ein Plakat pazifistischen Inhalts von zwei Metern Länge (Text wird als Anlage 3 beigefügt ) und weitere Plakate mit der bekannten Symbolik16 von Professor Voigt,17 der Losung »Entrüstet Euch« sowie der Aufschrift »Entweder Wald – oder Raketen« aufgestellt.
(Die Plakate wurden am 7.8.1983 mittags durch einige Teilnehmer der Fastenaktion entfernt.)
Im Verlauf der Aktion »Fasten für den Frieden« in der Marktkirche wurden von den 105 Teilnehmern u. a. folgende Diskussionen und Aktivitäten durchgeführt:
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Diskussion zum Brief des Präses der Synode der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Höppner,18 an die Gemeinden zur Friedensproblematik in Vorbereitung der Herbstsynode;19
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Diskussion über die »Teilnahme« am Wehrdienst; Betonung darauf, Rüstung sowie »Militarisierung des gesellschaftlichen Lebens« sei kein Beitrag zum Frieden, Alternative dazu sei die Verweigerung des Wehrdienstes und Organisierung einer Aktion von »unten« (Diskussion wurde vom Pfarrer Mezger20 (Halle) angeregt);
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Andacht der Theologiestudentin Günther:21 Hervorhebung der Bedeutung der sogenannten »nichtstaatlichen Friedensbewegung« in der jetzigen Zeit und der »Unterdrückung« durch den Staat; Charakterisierung der DDR als »totalitärer«22 Staat; Unterstellung einer »Unterdrückung« sowie »Behinderung« der Christen durch den Staat;
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Abfassung von Solidaritätsschreiben an die seit dem 6.8.1983 unbefristet Fastenden im kapitalistischen Ausland und Schreiben an die Delegationen der UdSSR und der USA, die in Genf verhandeln.23 Darin sind die Forderungen enthalten: Mindestverzieht auf Pershing II und Cruise Missiles in Westeuropa, Verzicht auf den Bau neuer SS-20, Abschluss eines Atomwaffensperrvertrages.
Die Schreiben sind von dem MfS bekannten feindlich-negativen Kräften aus Halle vorbereitet und durch ca. 60 Personen unterschrieben worden.
Darüber hinaus wurde von einzelnen Teilnehmern über die Tätigkeit und die Perspektive der kirchlichen »Hauskreise«24 diskutiert und eingeschätzt, dass deren Legalisierung unter Mitwirkung der Kirche notwendig sei.
Am 7.8.1983 wurden von Teilnehmern Grüße der katholischen Heilig-Kreuz-Gemeinde Halle im Auftrag von Pfarrer Herold25 überbracht.
Entgegen der in Vorbereitung der Fastenaktion gegebenen Zusicherung, dass die Marktkirche während der Dauer der Aktion »Fasten für den Frieden« – mit Ausnahme des Zeitraumes für den normalen Gottesdienst – geschlossen ist, wurde die Kirche am 6.8.1983 von 13.00 bis 20.00 Uhr für Besucher geöffnet. In dieser Zeit betraten etwa 215 Besucher die Kirche, beteiligten sich jedoch im Wesentlichen nicht an den dort stattfindenden Diskussionen.
Der normal stattfindende Gottesdienst war wie üblich mit ca. 140 Teilnehmern (außer den Fastenden) – überwiegend älteren Personen – besucht.
»Mecklenburger Friedenswanderung«26 | Bezirke Schwerin und Neubrandenburg
An der »Mecklenburger Friedenswanderung 1983« nahmen nach vorliegenden Hinweisen insgesamt ca. 65 Personen, darunter 13 aus den Niederlanden und zwei aus der BRD, die auf privater Basis und auf Einladung in die DDR einreisten (ausschließlich kirchlich gebunden), teil. Aufgrund der schlechten Witterung wurden von einzelnen kleinen Teilnehmergruppen Pkw benutzt.
Die gesamte »Friedenswanderung«, in deren Verlauf es an einzelnen Etappenorten zu Zusammenkünften mit kirchlichen Gruppen, speziell der »Jungen Gemeinde« kam, verlief im Wesentlichen programmgemäß und ohne Störungen der staatlichen Ordnung und Sicherheit. Auch von den ausländischen Teilnehmern gingen keine politischen Provokationen aus. Festgestellt wurde, dass der niederländische Staatsbürger [Name, Vorname] (29), Lehrer, sich aktiv fotografisch betätigte.
Die Schweriner Gruppe der »Mecklenburger Friedenswanderung« (25 Personen) schloss die Wanderung am 6.8.1983, 19.30 Uhr, mit einem Gottesdienst in der Schelfkirche Schwerin ab, an dem ca. 150 Personen, darunter die Oberkirchenräte Siegert27 und Schulz,28 teilnahmen.
Im Vorlauf des Gottesdienstes wurde der aus der Berliner Erlöserkirche bekannte Appell zum »Fasten für den Frieden«29 verlesen und von den Teilnehmern angenommen. Der Gottesdienst wurde gegen 21.30 Uhr ohne besondere Vorkommnisse beendet.
In der Schelfkirche war eine Ausstellung aufgebaut, die mit Ausnahme der Kopie einer Eingabe gegen den Wehrdienst für Frauen30 und der bekannten Darstellung »Kleine Leute – große Kriege« keine Dokumente mit feindlich-negativen Aussagen enthielt.
Die Teterower Gruppe (ca. 40 Personen) führte zum Abschluss der »Friedenswanderung« in der Stadtkirche Teterow am 6.8.1983 von 14.00 bis 19.00 Uhr ein sogenanntes Friedensseminar durch, an dem ca. 100 Personen teilnahmen, die z. T. in vier Arbeitsgruppen vorwiegend theologische Gespräche zur Friedensproblematik führten.
Während dieses Seminars wurden in Form von Auslagen 50 Fotos unter dem Thema »Aus dem Leben der Jungen Gemeinden« gezeigt, darunter Fotos aus der »Jenaer Szene«, welche eine »Behinderung« der »Friedensgemeinschaft Jena«31 dokumentieren sollten. Außerdem lagen Kopien von Eingaben und Beschwerden bis zum staatlichen Verbot der für den 6.8.1983 in Jena geplanten Demonstration aus.
Der Stellvertreter für Inneres beim Rat des Bezirkes, Dr. Geisler,32 führte am 6.8.1983 mit Superintendent Timm33 (Malchin) ein Gespräch. Im Ergebnis dessen veranlasste Superintendent Timm, dass die in der Ausstellung in der Teterower Kirche befindlichen Bilder mit feindlich-negativen Aussagen entfernt wurden.34
Unter der Teterower Gruppe befanden sich die dem MfS als feindlich-negativ bekannten Mitglieder des »Friedenskreises« Berlin-Pankow,35 Misselwitz, Ruth36 und Utpatel, Henning.37 Von ihnen gingen keine öffentlichkeitswirksamen Handlungen aus.
Bezirk Gera
In der »Friedenskirche« Jena begann am 6.8.1983 eine Aktion »Fasten für den Frieden«, an der ein Teil der Kräfte der sogenannten Jenaer Friedensgemeinschaft teilnahm (20 der insgesamt 62 anwesenden Personen).
Rechtswidrige Antragsteller auf Übersiedlung in die BRD,38 die in den nächsten Tagen ausreisen werden, waren nicht anwesend.
Unter den Teilnehmern befanden sich ferner drei Personen aus anderen Bezirken der DDR.
Die Veranstaltung wurde am 6.8.1983 nachmittags in die Räume der »Jungen Gemeinde« verlagert und verlief unter Kontrolle kirchlicher Amtsträger ohne politische Provokationen nach dem vorgesehenen Programm.
Bei Beendigung der Aktion am 7.8.1983 wurden lediglich noch 15 Teilnehmer festgestellt.
Insgesamt zeigte sich, dass die Aktion »Fasten für den Frieden« von den daran Beteiligten nur symbolisch aufgefasst wurde. Außerhalb der »Friedenskirche« wurde z. B. von den Angehörigen der sogenannte Jenaer Friedensgemeinschaft ausgiebig gespeist und in erheblichen Mengen alkoholische Getränke konsumiert.
Bezirk Karl-Marx-Stadt
In der Johannes-Kirche Karl-Marx-Stadt fand am 6.8.1983 von 7.00 bis 23.00 Uhr eine Aktion »Fasten für den Frieden« statt, an der ca. 30 Personen unter Leitung von Diakon Fischer39 teilnahmen. Dabei kam es zu keinen politisch-negativen Aussagen oder bedeutsamen Vorkommnissen.
In weiteren Kirchen in der DDR wurde am 6.8.1983 und 7.8.1983 in normalen Gottesdiensten des amerikanischen Atombombenabwurfs auf Hiroshima gedacht und zum »Fasten für den Frieden« Stellung genommen. Dabei gab es nach bisher vorliegenden Informationen keine feindlich-negativen Angriffe.
Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.
Anlage 1 zur Information Nr. 269/83
[Wir hungern nach Abrüstung – Fasten für das Leben]
Appell | Ankündigung eines Fastens | Beginn: 6. August 1983
Wenn das nukleare Wettrüsten vor dem 6. August 1983 nicht gestoppt worden ist, werden acht oder mehr Menschen verschiedener Nationalitäten ein unbegrenztes Fasten beginnen.
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung trägt die Last von Unterdrückung, Elend und Hunger, während die reichen Länder gewaltige Mengen an Geld für den immer gefährlicher werdenden atomaren Rüstungswettlauf ausgeben.
Als Antwort auf diese unerträgliche Situation
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demonstrierten Millionen Menschen in den Jahren 1982 und 1983 für atomare Abrüstung und Frieden;40
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wurden dem Generalsekretär der Vereinten Nationen am 9. Juni 1983 während der Zweiten Sondersitzung über Abrüstung 90 Millionen Unterschriften überreicht;41
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am 13. Dezember 1982 stimmten bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen 122 von 159 Ländern für eine Resolution, die alle Mächte aufruft, ihre atomaren Arsenale und die Produktion spaltbaren Materials für militärischen Gebrauch einzufrieren;42
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am 12. März 1983 verlangte in New Delhi die Schlusserklärung des Gipfeltreffens der Blockfreien Länder das Einfrieren von Tests, Produktion, Lagerung und Entwicklung von atomaren Waffen.43
Durch das Fasten vereinigen wir unsere Stimme mit diesen drängenden Forderungen zum Einfrieren atomarer Waffen. Wir antworten auf die höchste Form der Gewalt, auf die Atombombe, mit Fasten, das Gandhi44 die höchste Form der Gewaltlosigkeit nannte.
Appell an die Menschen
Wir haben das Versagen von Regierungen und internationalen Verhandlungen erlebt. Die Völker müssen nun vereinigt ihre starke Stimme erheben und sagen, dass sie nichts Geringeres mehr akzeptieren werden als einen sofortigen Stopp des atomaren Rüstungswettlaufs! Wir rufen alle Menschen auf, die das Leben erhalten wollen, sobald als möglich die entschlossensten Handlungen zu unternehmen, zu denen sie in der Lage sind, wie Demonstrationen, Verbreitung von Petitionen, Schaffung örtlicher Initiativgruppen, Fastenaktionen, ziviler Ungehorsam, etc.
Appell an die Institutionen
Wir appellieren an alle religiösen, beruflichen, politischen und humanitären Organisationen, klar Stellung für ein nukleares Einfrieren zu beziehen und angemessene Aktionen zu organisieren.
Appell an die Regierungen
Hören Sie auf den Appell der Völker der Welt! Warten Sie nicht darauf, dass andere Nationen den ersten Schritt zum Stopp der atomaren Hochrüstung unternehmen. Ermutigen Sie die Schritte, die von anderen Nationen unternommen werden. Unternehmen Sie konkrete Aktionen, die der Dringlichkeit der Lage entsprechen.
Wir halten folgende zwei Maßnahmen für dringlich und vorrangig:
1. a) Die Pershing-11-Raketen und Cruise Missiles der USA und NATO dürfen weder in Europa noch anderswo stationiert werden.
b) Die nichtatomaren Länder und Großbritannien müssen sich weigern, diese Raketen auf ihrem Gebiet zu stationieren, zumindest aber die Stationierung aufschieben.
c) Demontage der SS-20-Raketen durch die Sowjetunion.
2. Den sofortigen Stopp der Tests von Kernwaffensprengköpfen und Trägerraketen und die Unterzeichnung eines umfassenden Testsperrvertrags.
Andere wichtige Maßnahmen:
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Eine Initiative aller Regierungen, um zu verlangen, dass die Atommächte die Resolution der Vereinten Nationen verwirklichen, die zu einem multilateralen und bilateralen Einfrieren der Atomwaffen und ihrer Trägerraketen aufrufen.
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Ein Moratorium der fünf Atommächte45 in Bezug auf Entwicklung, Tests, Produktion und Lagerung von Atomwaffen und ihrer Trägerraketen.
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Die Streichung des Trident-Programms durch Großbritannien.46
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Ein Votum des Kongresses der Vereinigten Staaten über eine Resolution zugunsten des atomaren Einfrierens und die Weigerung, Gelder für Militärprogramme zu genehmigen, die mit einer solchen Resolution nicht vereinbar sind, etc.
Die Regierungen müssen diese oder andere Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, die Dynamik des atomaren Wettrüstens zu stoppen.
Wir alle können in dieser atomaren Gefahr nicht überleben, wenn nicht Völker, Institutionen und Regierungen handeln, schnell und in entschiedener Weise. Wenn solche Handlungen geschehen, werden wir uns freuen und unser Fasten beenden.
Wir nennen unser Fasten ein Fasten für das Leben, denn das ist es, ein Fasten, um sicherzustellen, dass die ganze Menschheit das Recht hat, befreit von der Not des Hungers und der Drohung des atomaren Holocausts zu leben.
Paris, 28. April 1983 The fasters for Life:47
Rev[erend] Kohjima (Japan)48 | Charles Gray (USA)49 | Dorothy Granada (USA)50 | André Larivière (Québec)51 | Didier Mainguy (France)52 | Jacky Guyon (France)53 | Solange Fernex (France)54 | Michel Nodet (France)55 | Kontaktadresse: Gerd Büntzly,56 [Straße, Nr.], 6501 Ober-Olm, | Tel.: [Nr.]
Anlage 2 zur Information Nr. 269/83
[In der Erlöserkirche Berlin-Lichtenberg verteiltes Material Fasten für das Leben]
Lied: In Ängsten die einen; und die andern leben, und die andern leben und sie leben nicht schlecht. In Hunger die einen, und wir andern leben, und wir andern leben, die im Hunger leben schlecht.
Ref: Kyrie, Kyrie-eleison. Herr, guter Gott erbarme dich //
2. Gefangen die einen und die andern leben, und die andern leben und sie leben nicht schlecht. Geschunden die einen und wir andern leben und wir andern leben, die Geschundenen leben schlecht.
Kyrie …
ÖRK-Vollversammlung, Vancouver/Kanada, 5./6. August 1983:57
1. Schwestern und Brüder, die ihr heute gekommen seid, lasst uns von Neuem geloben, so zu leben, dass das Recht ströme wie Wasser, dass Friede Wirklichkeit und die Würde eines jeden Menschen sichtbar werde. Lasst uns einen Bund schließen miteinander und versuchen, einen neuen Anfang zu machen. Lasst uns feierlich erklären, dass wir in Frieden sind mit allen Menschen guten Willens.
Alle: Wir suchen Frieden mit allen Menschen
2. Wir bekräftigen, dass unsere Sicherheit nicht in Waffen liegt; wir suchen eine gerechte Wirtschaftsordnung, in der jeder Mensch teilhat an den Reichtümern der Welt; wir suchen Gerechtigkeit in den Beziehungen zwischen Menschen, die beruhen auf der Solidarität der ganzen Menschheitsfamilie.
Alle: Wir bekräftigen die Gerechtigkeit für alle Menschen
3. Wir entscheiden uns für Engagement anstatt Gleichgültigkeit. Wir entscheiden uns, freundlich mit der Erde und miteinander umzugehen, anstatt Ausbeuter zu sein. Wir entscheiden uns für Mündigkeit anstatt Untertanengeist. Wir entscheiden uns, Stifter eines warmen Friedens zu sein, anstatt Hüter eines kalten Krieges.
Alle: Wir wählen das Leben für die ganze Schöpfung
4. Wir tun uns zusammen mit Schwestern und Brüdern in aller Welt. Wir tun uns zusammen zu Gemeinschaften des Widerstandes gegen die Bedrohung durch Hunger und Ungerechtigkeit, gegen die Bedrohung durch atomare Zerstörung.
Alle: Wir widerstehen gemeinsam den Mächten des Todes
5. Heute müssen wir uns entscheiden zwischen Leben und Tod.
Alle: Wir wählen das Leben? Auf dass wir und unsere Kinder leben
Schweigeminute
6. Lasst uns hier und jetzt ein Zeichen des Friedens austauschen, ein Symbol des wirklichen Friedens, der noch aussteht. Tragt den Frieden überall hin, lasst die Liebe in allem spürbar werden, was ihr tut, jetzt und jederzeit.
Kanon: Herr, gib uns deinen Frieden, gib uns deinen Frieden, Frieden, gib uns deinen Frieden, Herr gib uns deinen Frieden.
Was wir glauben:
Ich werde nicht glauben ans Haben und Behalten, an Unfrieden und Krieg, an geballte Fäuste.
Ich will glauben ans Schenken und Empfangen, an offene Reden und Vorzeichen. Ich glaube an geöffnete Hände.
Ich werde nicht glauben, dass Menschen besser sind, weil sie mehr verdienen, schöner wohnen, geschickt und klug sind.
Ich will glauben, dass Menschen besser sind, weil sie sich mehr kümmern um ihre Mitmenschen.
Ich werde nicht glauben an Mauer, Grenzen, Rassen. Ich will glauben an freie Länder, offene Häuser, gastfreie Menschen in allen Farben des Regenbogens.
Ich werde nicht glauben an ein unglückliches Ende – alles verschmutzt und verbraucht. Ich will glauben an einen neuen Anfang, wo alles geheilt und gleich verteilt ist.
Ich werde nicht glauben an die Angst zu sterben. Ich will glauben an die Freude zu leben zusammen mit so vielen.
Ich werde nicht glauben an einen Geist, der uns voneinander trennt. Ich will glauben an den Geist Gottes, den Geist von Jesus, der Menschen zusammenführt bis alles vollendet ist.
Lied: Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du unser Gott alleine.
(EKG 139)
Gebet des Franz von Assisi:58
O Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens: | dass ich Liebe übe, da wo man sich hasst, | dass ich verzeihe, da wo man sich beleidigt, | dass ich verbinde, da wo Streit ist, | dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht, | dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt, | dass ich die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält, | dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert, | dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Ach Herr, lass uns mich trachten, nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste, | nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe, | nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn Wer da hingibt, der empfängt, | wer sich selbst vergisst, der findet, | wer verzeiht, dem wird verziehen, | und wer da stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Anlage 3 zur Information Nr. 269/83
Text des am 6. August 1983, 12.00 Uhr, an der Marktkirche in Halle festgestellten ca. zwei Meter langen weißen Plakates (Tapete)
»Wir hungern nach Abrüstung.
Hier in dieser Kirche fasten heute und morgen | ca. 100 Leute.
Sie üben Solidarität mit 13 Leuten aus den USA, | Kanada, Frankreich, Japan und der BRD, | die heute unbegrenzt fasten anlässlich des 38. | Jahrestages des Abwurfes der Atombombe.
Wir fordern mit ihnen, das Wettrüsten zu | beenden und auf die Aufstellung neuer Raketen | und Raketensysteme in Ost und West zu verzichten | und den Abschluss eines Atomsperrvertrages.
Unsere Kirche steht ihnen heute in der Zeit | zwischen 13.00 und 20.00 Uhr offen.«